Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150245/7/Lg/Hu

Linz, 22.09.2004

 

 

 VwSen-150245/7/Lg/Hu Linz, am 22. September 2004

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 21. September 2004 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des P H, H, W, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 13. Februar 2004, Zl. BauR96-2-2002, wegen Übertretungen des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes 1996 (BStFG), zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 110 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 36 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen.

 

II. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 11 Euro. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu zahlen.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19 und 20 VStG.

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 220 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt, weil er als Fahrzeuglenker am 14.1.2002 um 8.45 Uhr mit einem näher bezeichneten Pkw die mautpflichtige A25 "Linzer Autobahn" bei Abkm 6,050, Gemeindegebiet Weißenkirchen, in Fahrtrichtung Wels benützt habe, ohne die vorgeschriebene zeitabhängige Maut vor der mautpflichtigen Straßenbenützung ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Der Berufungswerber habe damit gegen § 13 Abs.1 BStFG verstoßen und sei gemäß dieser Bestimmung in der genannten Höhe zu bestrafen gewesen.
  2.  

    In der Begründung wird auf die Anzeige des LGK Oberösterreich vom 18.1.2002 Bezug genommen. Im Einspruch gegen die Strafverfügung habe sich der Berufungswerber dahingehend gerechtfertigt, dass zum Zeitpunkt der Kontrolle sehr wohl eine Vignette an der Windschutzscheibe befestigt gewesen sei. Diese sei aufgrund eines Tausches der Frontscheibe von der defekten Windschutzscheibe abgelöst und an der neuen Frontscheibe wieder angebracht worden. Dies könne vom Werkstätteninhaber R J bezeugt werden.

     

    R J habe, im Rechtshilfeweg einvernommen, zeugenschaftlich bestätigt, dass die Frontscheibe des gegenständlichen Fahrzeuges am 26.1.2001 ausgetauscht wurde. Ob die sich bereits auf der defekten Windschutzscheibe befindliche Vignette abgelöst und an der neuen Frontscheibe befestigt wurde, entziehe sich seiner Kenntnis, da die Reparatur nicht durch seine Firma, sondern durch die Firma H F erfolgt sei.

     

    Beweiswürdigend wird festgehalten, dass die an der Frontscheibe befestigte Jahresvignette deutliche Spuren einer unzulässigen Wiederverwendung aufgewiesen habe. Im rechten oberen Bereich der Vignette sei das Sicherheitsmerkmal "UNGÜLTIG" deutlich abzulesen gewesen und im linken oberen Bereich sei das Wort "UNGÜLTIG" teilweise erkennbar gewesen. Weiters sei die Jahreszahl 2001 durch die neuerliche Verwendung beschädigt worden.

     

    In rechtlicher Hinsicht wird ausgeführt, dass gemäß Pkt. 8 der Mautordnung nur dann im Sinne des § 7 Abs.1 BStFG vorschriftsmäßig entrichtet sei, wenn die Vignette nach Ablösung der Trägerfolie direkt innen auf der Windschutzscheibe gut sichtbar und unbeschädigt aufgeklebt wurde. Gemäß § 7 Abs.9 BStFG habe der Fahrzeuglenker, wenn die Mautvignette zerstört wird, vor der nächsten mautpflichtigen Straßenbenützung eine Ersatzvignette anzubringen.

     

  3. In der Berufung wird vorgebracht, dass das Straferkenntnis nicht an den (ausgewiesenen) Vertreter des Beschuldigten, sondern lediglich an den Beschuldigten selbst, zugestellt worden sei. Es liege daher keine wirksame Zustellung vor, weshalb dem Straferkenntnis keinerlei Wirkung zukomme. Selbst wenn man Heilung des Zustellmangels infolge späterer Kenntnis des Vertreters des Beschuldigten annehme, sei zu beachten, dass (aufgrund des Windschutzscheibenwechsels durch die Firma F) dem Beschuldigten die Schadhaftigkeit der Vignette unverschuldet nicht erkennbar gewesen sei. Diese sei ihm nicht aufgefallen und er sei von der Reparaturwerkstatt nicht darauf hingewiesen worden. Einem Normalbürger habe der Schaden nicht auffallen können, da er mit freiem Auge nicht erkennbar sei. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass der Beschuldigte kurze Zeit vorher eine Verkehrskontrolle gehabt habe, bei der die Vignette überprüft und nicht beanstandet worden sei, was die fehlende leichte Erkennbarkeit der Schadhaftigkeit der Vignette verdeutliche.
  4.  

    Ferner sei davon auszugehen, dass sowohl das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz als auch die Mautstreckenverordnung gemäß § 34 Bundesstraßenmautgesetz 2003 zur Tatzeit bereits außer Kraft gesetzt gewesen sei und daher nicht mehr dem Rechtsbestand angehört habe. Somit sei dem Bescheid die gesetzliche Grundlage entzogen.

     

    In eventu wird die Anwendung des § 21 VStG beantragt, da der Beschuldigte Mindestrentner sei und 219 Euro monatlich beziehe. Außerdem sei der Beschuldigte unbescholten und sein Verschulden sehr gering.

     

  5. Aus dem Akt ist ersichtlich:
  6.  

    Laut Anzeige des LGK Oberösterreich vom 18.1.2002 habe die gegenständliche Vignette deutliche Spuren einer unzulässigen Wiederverwendung aufgewiesen. Es sei auch keine gültige Vignette mitgeführt worden. Im rechten oberen Bereich der Vignette sei vollständig "UNGÜLTIG" leserlich gewesen, an dem linken Bereich sei "UNGÜLTIG" teilweise erkennbar gewesen. Weiters sei die Jahreszahl 2001 durch die neuerliche Verwendung beschädigt worden. Der Lenker habe trotz Aufforderung die Mautgebühr und die in der Mautordnung vorgesehene Ersatzmaut nicht sofort bezahlen wollen und dies laut zum Ausdruck gebracht. Der Lenker habe sich uneinsichtig gezeigt und angegeben, dass die Windschutzscheibe gewechselt worden und dabei die Vignette abgelöst und wieder angebracht worden sei. Er werde mit Sicherheit keine Strafe bezahlen.

     

    Im Einspruch gegen die Strafverfügung wurde vorgetragen wie oben ausgeführt. In der Folge wurde eine Rechnung der Firma F über den Windschutzscheibenwechsel vorgelegt. Ferner befindet sich die erwähnte Niederschrift über die Vernehmung von J R im Akt. Mit Schreiben vom 16.12.2003 gab der Vertreter des Berufungswerbers die Einkommenshöhe des Berufungswerbers bekannt und verwies auf das bisherige Vorbringen.

     

  7. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung bestätigte der Meldungsleger zeugenschaftlich die Darstellung des Sachverhaltes in der Anzeige hinsichtlich des Vorbringens des Berufungswerbers betreffend den Windschutzscheibenwechsel und des Angebots der Ersatzmaut. Hinsichtlich der Ungültigkeitsmerkmale habe der Zeuge keine exakte Erinnerung mehr; er müsse diesbezüglich auf die Anzeige verweisen. Er sei aber sicher, die Anzeige seiner Wahrnehmung konform verfasst zu haben.
  8.  

    Der Vertreter des Berufungswerbers beantragte in eventu die Anwendung des § 20 oder des § 21 VStG. Dies im Hinblick auf das geringe Verschulden des Berufungswerbers.

     

  9. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Hinsichtlich des in der Berufung angesprochenen Zustellmangels liegt Heilung infolge tatsächlichen Zukommens (§ 7 ZustG) vor.

 

Die in der Berufung angezogene Frage des zeitlichen Geltungsbereiches (vgl. dazu allgemein Walter-Mayer, Grundriss des Österreichischen Bundesverfassungsrechts, 8. Auflage, Rz. 487 ff) ist anhand der Auslegung der einschlägigen Bestimmungen zu beantworten: § 34 BStMG über das Außerkrafttreten des BStFG ist dahingehend zu verstehen, dass das BStMG (und darauf bezogene Verordnungen) auf Sachverhalte anzuwenden ist, die sich nach dem 1.1.2003 ereignen (vgl. § 33 Abs.1 BStMG über das Inkrafttreten), auf zeitlich zuvor gelegene Sachverhalte jedoch das BStFG anwendbar bleibt. MaW: Der zeitliche Rechtsfolgenbereich des BStMG endete nicht mit dem 31.12.2002; eine andere Auslegung ("Amnestie") ginge, ohne durch den Wortlaut erzwungen zu sein, an der naheliegenden Absicht des Gesetzgebers vorbei.

 

In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ist von der Richtigkeit der Darstellung des Meldungslegers auszugehen, wonach die Ungültigkeitsmerkmale der Vignette sichtbar waren. Schon daraus ergibt sich die Tatbestandsverwirklichung in objektiver Hinsicht. Das selbe ist, wie ebenfalls im angefochtenen Straferkenntnis zutreffend festgestellt, im Hinblick auf die Wiederverwendung der auf einer zerstörten bzw. ausgetauschten Windschutzscheibe aufgeklebten Vignette zu sagen.

 

Das Verhalten des Berufungswerbers ist auch schuldhaft, da er sich über die Rechtsvorschriften bezüglich der Vorgangsweise bei Windschutzscheibenwechsel nicht ausreichend informiert hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unterliegt jeder Verkehrsteilnehmer, auch im Hinblick auf die Vorschriften des BStFG, der Pflicht, sich über die geltenden Rechtsvorschriften zu informieren. Dazu kommt, dass dem Berufungswerber bei angemessener Sorgfalt die Ungültigkeitsmerkmale auffallen hätten müssen.

 

Die Tat ist daher dem Berufungswerber in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

 

Bei der Bemessung der Strafhöhe sind die Unbescholtenheit des Berufungswerbers, das Tatsachengeständnis und der durch die Besonderheit der Situation gegebene herabgesetzte Verschuldensgrad zu berücksichtigen. Im Hinblick auf diese Umstände erscheint es vertretbar, das außerordentliche Milderungsrecht (§ 20 VStG) voll auszuschöpfen und die Geldstrafe auf 110 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 36 Stunden herabzusetzen. Der Verschuldensgrad ist jedoch nicht so gering, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt wäre.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

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