Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150274/17/Lg/Gru/Hu

Linz, 07.03.2006

 

 

VwSen-150274/17/Lg/Gru/Hu Linz, am 7. März 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 2. März 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des J R vertreten durch Rechtsanwälte Dr. W B und Mag. P M B, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 23. November 2004, Zl. BG-BauR-7216-2004f Ma, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird im Schuldspruch keine Folge gegeben; im Strafausspruch jedoch mit der Maßgabe, dass die Geldstrafe auf 200 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt wird. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist dahingehend zu korrigieren, dass die verletzte Verwaltungsvorschrift § 20 Abs. 2 i.V.m. § 6 BStMG zu zitieren ist. Als für die Strafbemessung maßgeblichen Bestimmungen sind § 20 Abs. 2 BStMG i.V.m. § 16 Abs. 2 und § 19 VStG zu zitieren.
  2.  

  3. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 20 Euro. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19, 20 VStG.

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden verhängt, weil er am 5. Juli 2004 gegen 6.59 Uhr das Kfz über 3,5 t, Intern. Kennzeichen A, Kennzeichen ..., im Gemeindegebiet Wels, Bezirk Wels-Stadt, auf der A 25, Mautabschnitt Wels ÖBB-Terminal Wels, bis zu km 14,58, gelenkt habe, ohne dass die für die Benützung von Autobahnen vorgeschriebene fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet worden sei. Dies sei von den automatischen Kontrolleinrichtungen des Mautsystems Österreich unter der Deliktsnummer 626469 festgestellt worden. Die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges sei höher gewesen, als die eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät. Tatsächliche Achsenzahl: 4, eingestellte Achsenzahl:3.
  2.  

    In der Begründung des Straferkenntnisses wird auf den Einspruch gegen die Strafverfügung Bezug genommen. Weiters wird auf die von der ÖSAG übermittelte Einzelleistungsinformation samt Beweisfotos sowie auf die Anzeige der Asfinag hingewiesen, wonach zweifelsfrei hervorgehe, dass die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges höher gewesen sei als die eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät.

     

  3. In der Berufung wird vorgebracht, dass seitens des Bw bereits im erstinstanzlichen Beweisverfahren als Rechtfertigung zum Strafvorwurf, "dass aus der durch die ASFINAG/ÖSAG als Meldungslegerin in Vorlage gebrachten Einzelleistungsinformation (datierens mit 5.7.2004) ersichtlich ist, dass ..... mit der eingestellten Achsenzahl 3 gefahren wurde, obwohl aus einem ebenso angeschlossenen Beweisfoto ..... zweifelsfrei hervorgeht, dass die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges höher war als die eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät, nämlich 4.", entgegnet worden sei, dass auf der Go-Box die Einstellung der Achsenzahl ordnungsgemäß erfolgt sei und ein technischer Fehler der automatischen Kontrolleinrichtung des Mautsystems Österreichs vorliegen müsse. Zum Nachweis sei der Antrag gestellt worden, die Asfinag möge die von ihr angebotenen Beweismittel und darüber hinaus auch sämtliche Beweisbilder der weiteren mit dem Fahrzeug des Bw passierten Kotrollbalkens in Vorlage bringen, zumal diese im Zuge der automatischen Deliktserfassung Lichtbilder angefertigt haben müsse. Die Meldungslegerin habe dies mit dem Hinweis auf "Datenschutzgründen" abgelehnt und es - trotz der Behauptung eines "Kontrollfehlers" - unterlassen, Ausführungen zu Ablauf oder Zuverlässigkeit der technischen Datenerfassung darzustellen, sondern habe lediglich auf die Einzelleistungsinformation hingewiesen.

 

Dem sei - wie auch im erstinstanzlichen Verfahren - entgegenzuhalten, dass sich auf der durch die Europass Lkw-Mautsystem GmbH erstellten Einzelleistungsinformation der ausdrückliche Vermerk befinde, "dass in keinem Fall eine Verantwortung oder Haftung für die Aktualität, Vollständigkeit und Richtigkeit der Einzelleistungsinformationen übernommen wird, sodass - vermeintlich aus technischen Gründen - zugestanden wird, dass die darin angeführten Daten unaktuell, unvollständig und unrichtig sein können."

Trotz dieser klaren Vorbehalte des die automatischen Kontrolleinrichtungen des Mautsystems Österreichs betreibenden Unternehmens, welches die Fehlerhaftigkeit des Systems ausdrücklich eingestehe und hiefür jede Haftung ablehne, lege die Erstbehörde die Einzelleistungsinformation dem Strafbescheid zu Grunde und laste dem Bw eine falsche Einstellung der Kategorie/Achsenzahl auf der Go-Box an. Dies, obwohl er als Berufskraftfahrer stets - und so auch am 5.7.2004 - eine korrekte Achsenzahleinstellung vorgenommen habe, da er davon keinen persönlichen Vorteil oder Nutzen beziehen würde, zumal die entsprechenden Abgaben jeweils seitens des Dienstgebers abzuführen seien.

Ungeachtet der aufgezeigten Widersprüchlichkeiten und der vom Bw noch ergänzend gestellten Beweisanträge habe es die Erstbehörde unterlassen, vor Durchführung der Beweiswürdigung eine vollständige Beweiserhebung zu veranlassen. Dies wäre umso mehr erforderlich gewesen, als die Fehleranfälligkeit der elektronischen Datenerfassung bereits Gegenstand einer Prüfung durch den Rechnungshof sei, zumal es lt. Medienberichten täglich zu 14.000 Übertragungsfehlern komme und somit unrichtige Daten erfasst und weitergegeben werden würden.

Angesichts dieser Umstände, insbesondere aber der Tatsache, dass sich die Meldungslegerin selbst auf Urkunden (Einzelleistungsinformationen) berufe, die durch die erstellende Firma ohne jegliche Gewährleistung auf Richtigkeit ausgefertigt werden würden, sei der gegen den Bw erhobene Strafvorwurf nicht gerechtfertigt. Da die Meldungslegerin keine weiteren Unterlagen zum Nachweis der Richtigkeit der Datenerfassung vorgebracht habe, stelle die durch die Erstbehörde dem Strafbescheid zugrundegelegte "Zweifelsfreiheit" des Nachweises der Tat offensichtlich lediglich eine bloße Vermutung zulasten des Bw dar.

 

Es wird der Antrag gestellt, der UVS möge im Zuge einer mündlichen Verhandlung - gegebenenfalls nach Durchführung der in I. Instanz nicht behandelten Beweisanträge - das erstinstanzliche Straferkenntnis vollinhaltlich beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

Dem Akt liegt eine Lenkeranzeige der ASFINAG/ÖSAG vom 3.9.2004 zugrunde, die den gegenständlichen Tatvorwurf enthält. Als Beanstandungsgrund ist angegeben, dass die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges mit 4 höher gewesen sei als die mit 3 eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät und dadurch sei die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden.

Gemäß § 19 Abs. 4 BStMG sei der Zulassungsbesitzer am 7.7.2004 schriftlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden, dieser Aufforderung sei er aber nicht nachgekommen.

 

Gegen die Strafverfügung vom 17.9.2004 wurde vom Bw Einspruch erhoben und um Übersendung des diesbezüglichen Ausdruckes der ASFINAG ersucht.

In einer Stellungnahme vom 18.10.2004 rechtfertigte sich der Bw dahingehend, dass er - seiner Erinnerung nach - die Einstellung der Go-Box stets ordentlich vorgenommen habe und seines Erachtens im Zusammenhang mit der Erfassung der Maut offensichtlich ein technischer Fehler gegeben sei. Es wird beantragt, die ASFINAG/ÖSAG möge die Beweismittel und erfassten Beweisbilder - insbesondere die sämtlicher auf der A 25 vorangehender Kontrollbalken - unter der Deliktsnummer 626469 vorlegen. Bezüglich dieses Beweisantrages sei festzuhalten, dass der Bw am 5.7.2004 auch andere Kontrollbalken passiert habe und ein Vergleich dieser Daten objektivieren würde, ob ein technischer Defekt vorgelegen sei. Der Bw könne mit Sicherheit angeben, dass er die Einstellung an der Go-Box richtig durchgeführt habe und er vertrete daher die Auffassung, dass es sich um einen Fehler im automatischen Erfassungssystem handeln müsse.

Bis zum Vorliegen der Ergebnisse des durchzuführenden Beweisverfahrens wird die Einstellung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

Mit Schreiben vom 27.10.2004 wurden von der ÖSAG eine Einzelleistungsinformation vom Tattag sowie die dazugehörigen Beweisbilder übermittelt und darauf hingewiesen, dass die Go-Box ordnungsgemäß abgebucht, der Nutzer jedoch eine falsche Achseneinstellung (3) vorgenommen hat, was laut Einzelleistungsinformation klar ersichtlich sei. Weiters erging der Hinweis, dass alle Beweisbilder von der A25 aus Datenschutzgründen nicht zur Verfügung gestellt werden können.

 

In einer Stellungnahme vom 17.11.2004 wies der Bw - wie bereits in seiner Rechtfertigung vom 18.10.2004 - darauf hin, dass er mit Sicherheit die richtige Achseinstellung an der Go-Box vorgenommen habe und es daher auch von den anderen Kontrollbalken entsprechende Lichtbilder geben müsse. Es sei unzutreffend, dass die Vorlage dieser Aufnahmen aus Gründen des "Datenschutzes" verweigert werden dürfe; sollten keine weiteren Aufnahmen vorhanden sein, möge dies von der Meldungslegerin bekannt gegeben werden. Wenn sich die ÖSAG auf die beigebrachte Einzelleistungsinformation vom 27.10.2004 beruft, sei entgegnend festzuhalten, "dass auf dieser explizit vermerkt wird, dass in keinem Fall eine Verantwortung oder Haftung für die ....(...).... Richtigkeit der Einzelleistungsinformation übernommen wird". Da die Meldungslegerin durch diese Anmerkung die Richtigkeit der Aufstellung selbst relativiere, könne kein schlüssiger Nachweis gesehen werden, dass vom Bw zum Tatzeitpunkt eine falsche Achseinstellung auf der Go-Box vorgelegen sei. Da offensichtlich von weiteren Kontrollbalken keine Beweisbilder angefertigt worden seien, hätten diese scheinbar keinen "Impuls" für eine Lichtbildaufnahme erhalten, woraus sich bestätigen ließe, dass ein technischer Fehler bei der elektronischen Erfassungseinrichtung vorgelegen haben müsse. Angesichts der lt. Printmedien publik gemachten Umstände, dass es im Zusammenhang mit der Erfassung der LKW-Maut täglich zu 14.000 Übertragungsfehlern komme und 669 von 800 Mautbalken Abbuchungsprobleme verursachen, stelle die dem Bw vorgeworfene Verwaltungsübertretung offensichtlich einen derartig technischen "Abbuchungsfehler" dar.

Es wird beantragt, der Meldungslegerin aufzutragen,

Weiters wird nochmals die Einstellung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

Seitens der Asfinag wurde auf Anfrage des UVS mit Schreiben vom 4.8.2005 mitgeteilt, dass die Einzelleistungsinformation lediglich Informationszwecken dient und im Internet abgerufen werden könne. Der angeführte Zusatz "hinsichtlich der Vollständigkeit wird seitens EUROPASS angeführt um den Nutzer darauf aufmerksam zu machen, dass die Einzelleistungsinformation keinesfalls als Rechnung gewertet werden darf bzw. sich die Abbuchungen innerhalb eines gewissen Zeitraumes noch hinsichtlich der Vollständigkeit ändern können."

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung gab der Sachverständige auf Anfrage des Bw bekannt, dass zwischen Maut- und Kontrollbalken zu unterscheiden sei, wobei zu den ca. 100 in Österreich stationierten fixen Kontrollbalken noch 25 mobile Kontrollen kämen, damit sich die Fahrer nicht auf die diversen Kontrollen einstellen können. Diese Situation beziehe sich auf das gesamte österreichische Straßennetz. Der Sachverständige informiere weiters, dass nachvollziehbar sei, welche Kontrollplätze der Fahrer passiert bzw. welche Achsenzahl er eingestellt habe. Auf Befragen gab der Bw bekannt, dass er zwischen 6 und 7 Uhr morgens von zu Hause weggefahren sei. Der Vertreter des Bw verwies auf den im Akt aufliegenden Einzelleistungsnachweis, wonach der Bw um 6.54 Uhr bei der ersten Kontrollstelle in Wels-West vorbeigefahren sei. Daraus ist freilich nicht ersichtlich, dass die Achsenzahl korrekt eingestellt war. Lediglich auf Fotos ist die tatsächliche Achsenzahl ersichtlich. Auf Anfrage des Bw gab der Sachverständige bekannt, dass jedes Auto fotografiert und mit der tatsächlich eingestellten Achsenzahl verglichen werde. Bei Differenzen werde das Foto abgespeichert, ansonsten werde es gelöscht. Dies erfolge mittels eines Softwareprogramms. Die Frage, ob ein Foto vorhanden sein müsste, wenn vor 6.59 Uhr bereits eine Kontrolle erfolgt wäre, wurde seitens des Sachverständigen bejaht.

Der Bw erinnere sich, dass er am gesamten Betretungstag den Anhänger mit gehabt hätte und von anderen Bezirkshauptmannschaften keine weitere Strafe für diese Fahrt bekommen habe.

Über Befragen gab der Bw bekannt, dass er selbst die Achsenzahl eingestellt hatte und zwar in der Weise, dass er mit dem Finger so lange auf dem Taster blieb, bis die entsprechende Achsenzahl aufleuchtete, im konkreten Fall die Ziffer 4.

Der Sachverständige legte auf Anfrage, ob es technisch möglich oder wahrscheinlich ist, dass trotz richtiger Achszahleinstellung eine falsche Abbuchung erfolgt, dar, dass aus technischer Sicht eine unabsichtliche Verstellung nicht nachvollziehbar sei. Eine Möglichkeit der unbeabsichtigten Verstellung der Achsanzahl bestehe allerdings darin, dass ein vor die Go-Box gelegtes Teil (etwa ein Autoatlas) auf den Taster drückt und dadurch den Druckwiderstand überwindet.

Auf Befragen, ob die Go-Box einen Defekt insofern haben kann, als die Achsenzahl 4+ aufscheint und die Abbuchung für nur 3 Achsen erfolgt, legte der Sachverständige dar, dass bei der Go-Box der einzige mechanische Bauteil der Drucktaster sei. Es sei daher technisch nicht nachvollziehbar, dass die Statusanzeige z.B. bei einer eingestellten Achsenanzahl 4+ mit Strom versorgt werde und von einem Achsenstatus z.B. 2 ein Funksignal ausgehe, weil nur von der beleuchteten Statusanzeige das Signal mit dem entsprechenden Kontrollportal kommuniziere. Außerdem unterliege die Go-Box bei der Erzeugung einem Qualitätssicherungssystem, d.h. sie werde auf ihre Funktionalität geprüft. Wenn man von der Möglichkeit ausgehe, dass es sich um einen konstruktiven Mangel der Go-Box handeln würde, dann sei davon auszugehen, dass dieser Fehler nicht temporär auftrete, sondern permanent. Außerdem sei festzuhalten, dass, wenn die Go-Box vorher oder nachher verwendet worden ist, dieser Fehler ebenso aufgetreten sein müsste.

 

Zu Zeitungsberichten, wonach in tausenden Fällen Abbuchungsfehler pro Tag erfolgt seien und auf die Frage, ob sich daraus nicht eine Fehleranfälligkeit des Systems ergebe, die im gegenständlichen Fall relevant sein könnte, legte der Sachverständige dar, dass aus technischer Sicht dazu festzustellen sei, dass ein kleiner Teil dieser Abbuchungsfehler auch tatsächlich passiert sei. Diese Abbuchungsfehler seien in die Probephase gefallen, bevor das System "scharf" geschaltet und tatsächlich Mauteinnahmen erhoben worden seien. Bei diesem Probebetrieb stellten sich einzelne Unzulänglichkeiten heraus. Es sei z.B. festgestellt worden, dass bei Fahrzeugen, die mit sogenannten metallisierenden Scheiben zur Wärmedämmung ausgerüstet sind, die Go-Box mit dem Mautportal nicht oder nur sehr schwer kommuniziere. Ein derartiger Fehler mache sich darin bemerkbar, dass es bei einem Mautportal zu einer Abbuchung und bei dem darauffolgenden oder beim übernächsten es zu keiner Abbuchung komme. Dieser Fehler sei mittlerweile erkannt und dadurch behoben, dass es spezielle Go-Boxen gebe bzw. dass die Hersteller sogenannter metallisierender Windschutzscheiben ein "Fenster" freigelassen hätten, bei dem die Kommunikation der Go-Box mit dem Mautportal einwandfrei funktioniere. Eine weitere Möglichkeit von Abbuchungsfehlern habe darin bestanden, dass die Go-Box falsch montiert war. Entsprechend der Mautverordnung sei die Go-Box im Bereich oberhalb des Lenkrades zu montieren und in der Stellung, dass sich in der Entstellung der Scheibenwischer die Go-Box oberhalb der Scheibenwischer befinde. Scheibenwischer, die oberhalb oder auf der Go-Box stünden, seien eine mögliche Ursache für eine Nichtabbuchung. Wenn die Kommunikation durch z.B. den Scheibenwischer mit dem Mautportal gestört sei, dann werde dadurch nicht das Signal verändert, z.B. das Signal, das von der Statusanzeige 3 gesendet werde, sondern lediglich der Kommunikationsaufbau verhindere, d.h. es werde das korrekte Signal von der Go-Box gesendet, aber es treffe nicht beim Empfänger des Mautportals ein. Eine Signalumwandlung durch den Scheibenwischer könne nicht erfolgen, es könne lediglich zu einer Unterbrechung des Kommunikationsaufbaus führen. In Bezug auf die Kommunikation der Go-Box mit dem Mautbalken sei festzustellen, dass es sich um eine Abfrage auf Mikrowellenbasis handle und jedem Status ein eigenes Abfrageprotokoll zuzuordnen sei. Es gehe darum um zeitlich unterschiedliche Signale, die mit einer leichten Phasenverschiebung gesendet werden, sodass das eintreffende Mikrowellensignal genau einem bestimmten Status zugeordnet werden könne. Zu der Frage, ob das Signal zwar von der Go-Box richtig gesendet werde, aber durch irgendeine Störung im Übertragungsbereich falsch am Empfänger ankomme, sei festzustellen, dass die verwendeten Systeme nach den entsprechenden Richtlinien für Mikrowellentechnik in Bezug auf die Nahfeldkommunikation geprüft wurden und die dafür vorgesehenen elektrotechnischen und elektronischen Nachweise, die für eine korrekte Arbeitsweise garantieren, nach und vor Inbetriebnahme des Systems nachgewiesen wurden. Zu der Frage, ob ein Mobiltelefon (Handy) die Kommunikation beeinflussen könne, sei festzustellen, dass die verwendeten Handys in einem anderen Frequenzbereich arbeiten als die Go-Box kommuniziert.

Auf die Frage, was es mit der Formulierung in § 8 Abs. 2 Bundesstraßen-Mautgesetz auf sich habe, wonach sich der Lenker vor, während und nach der Fahrt von der Funktionsfähigkeit des Gerätes zu vergewissern habe und wie diese Vergewisserung konkret erfolgen solle, legte der Sachverständige dar, dass die eingestellte Achsenzahl optisch auf der Go-Box angezeigt werde und zum anderen bei jeder Durchfahrt durch ein Maut- oder Kontrollportal eine akustische Abbuchungsinformation durch einen oder zwei Piepstöne - je nach Abbuchungsmodus - erfolge. Der Sachverständige erläuterte auf Befragen, dass die Go-Box über eine durch ein rotes Lämpchen gekennzeichnete Störanzeige verfüge bzw. dass auch dann eine Störung gegeben sei, wenn beim Durchfahren eines Mautbalkens vier oder gar kein Signalton erfolge.

Weiters wurde darauf hingewiesen, dass es unstrittig sei, dass gegenständlich mit vier Achsen gefahren wurde. Der Bw gab auf Anfrage die genaue Situierung der Go-Box an der Windschutzscheibe bekannt. Diese sei im mittleren Bereich der Windschutzscheibe gelegen, vom Lenker aus gesehen rechts, ein bis zwei Handbreit über dem Armaturenbrett.

Der Sachverständige korrigierte die Sichtweise des Bw, wonach man einen Knopf betätigen müsse, um die richtige Achsenzahleinstellung zu erkennen, dahingehend, dass die eingestellte Achsenzahl durch ein permanent leuchtendes Lämpchen signalisiert werde. Der Bw behauptete, dass er vor Fahrtantritt stets solange den Taster drücke, bis die entsprechende Achsenzahl aufscheine.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

Punkt 8.2.2. der Mautordnung besagt, dass bei Ausgabe der GO-Box eine Basiskategorie entsprechend der vorhandenen Achsenanzahl des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges eingestellt wird (die Basiskategorie stellt die Untergrenze für eine manuelle Umstellung durch den Nutzer dar). Der Kraftzeuglenker hat vor jedem Fahrtantritt die Kategorie entsprechend Punkt 8.2.4.2. zu überprüfen.

 

Nach Punkt 8.2.4.2. der Mautordnung hat sich der Nutzer vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die Funktionstüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als zwei Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage). Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gemäß Punkt 8.2.2.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs. 2 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 zu keiner Betretung, so hat die ASFINAG den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organes der öffentlichen Aufsicht beruht und die Geltendmachung der Haftung gemäß § 23 weder offenbar unmöglich noch wesentlich erschwert sein wird. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen drei Wochen ab Ausfertigung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

 

5.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw eine Mautstrecke mit einem Kfz mit vier oder mehr Achsen benützt hat. Unstrittig ist ferner, dass der Zulassungsbesitzer im Sinne des § 19 Abs. 4 BStMG zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden ist.

 

Dem Vorbringen des Bw, dass ein technischer Fehler der automatischen Kontrolleinrichtung des Mautsystems Österreichs vorliegen müsse und es zudem laut Medienberichten täglich zu insgesamt 14.000 Übertragungsfehlern gekommen sei, ist die Aussage des verkehrstechnischen Sachverständigen, an deren Richtigkeit und Schlüssigkeit der Unabhängige Verwaltungssenat keinen Zweifel hat und der der Bw nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist, entgegenzuhalten, dass aus technischer Sicht eine "unabsichtliche" Verstellung auszuschließen ist (das Vorliegen von Sonderkonstellationen - Verrücken des Autoatlas, "falsche" Scheibenwischerstellung - wurde gegenständlich nicht behauptet). Die Drucktaste weist einen relativ großen Widerstand auf und hat eine kleine Masse (konstruktive Ausführung), sodass davon ausgegangen werden muss, dass durch fahrdynamische Einflüsse Beschleunigen, Bremsen etc. eine unbeabsichtigte Verstellung, sprich Betätigung des Drucktasters, auszuschließen ist. Weiters sind bei Einhaltung der Mautordnung, mit der darin vorgesehenen Mitwirkung des Lenkers, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine für den Fahrer nicht erkennbaren Abbuchungsprobleme zu erwarten. Dabei ist nicht aus den Augen zu verlieren, dass gegenständlich die Problematik nicht in einer Kommunikationsunterbrechung (Nichtabbuchung), sondern in einer fehlerhaften Einstellung der Achsenzahl liegt. Ein selbsttätiges Verstellen der Achsenanzahl der Go-Box kann bei Einhaltung der Bestimmungen der Mautordnung - wie bereits oben ausgeführt wurde - ausgeschlossen werden. Ein Systemfehler (ein technischer Defekt des Systems außerhalb der Go-Box) ist notorisch äußerst unwahrscheinlich, was durch die Aussagen des Sachverständigen bestätigt wird. Widerlegt wird die - ohnehin nur als Implikation einer nicht glaubwürdigen Behauptung sich ergebende - Erwägung eines Systemfehlers zusätzlich daraus, dass - wie aus der vorliegenden Einzelleistungsinformation ersichtlich ist - der Bw am Tattag auf einer Strecke zwischen 6.54 Uhr und 11.33 Uhr insgesamt 10 Mautportale durchfahren hat, die alle offensichtlich ordnungsgemäß funktioniert und die bei der Go-Box eingestellte Achsenzahl (3) registriert und abgebucht haben.

 

Zur Auffassung des Bw, dass bei jedem Mautbalken Fotoaufnahmen angefertigt werden, ist darauf hinzuweisen, dass zwischen Maut- und Kontrollbalken zu unterscheiden ist. In Österreich gibt es etwa 800 Mautbalken, davon sind 100 Kontrollbalken, d.h. dass bei diesen ein Lichtbild angefertigt wird, dazu kommen noch 25 mobile Kontrollen. Aus dem Einzelleistungsnachweis ist klar ersichtlich, welche Achsenzahl eingestellt war. Eine Falschabbuchung ist nur in Verbindung mit dem im Akt befindlichen Foto feststellbar.

 

Wenn der Beschuldigte bemängelt, dass im Spruch des Straferkenntnisses weder die Fahrtrichtung noch § 8 BStMG angeführt sind, so ist dem entgegenzuhalten, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses alle Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Strafnorm, nämlich des § 20 Abs. 2 BStMG, anspricht (und ausreichend konkretisiert). Einer Aufnahme von Elementen weiterer Tatbestände in den Spruch des Straferkenntnisses bedarf es nicht. Zur Tatortkonkretisierung wird darauf hingewiesen, dass in beiden Fahrtrichtungen Mautpflicht besteht und eine Doppelbestrafung schon alleine deshalb auszuschließen ist, weil der Bw zur im Spruch angegebenen Tatzeit nur in einer Fahrtrichtung eine Mautstrecke benutzt haben kann.

 

Wenn der Bw den Zusatz auf der Einzelleistungsinformation, dass "in keinem Fall eine Verantwortung oder Haftung für die Aktualität, Vollständigkeit und Richtigkeit der Einzelleistungsinformation übernommen wird" kritisiert, wird darauf hingewiesen, dass diese lediglich Informationszwecken dient und auch im Internet abgerufen werden kann. Dieser Hinweis wird angeführt, um den Nutzer darauf aufmerksam zu machen, dass die Einzelleistungsinformation keinesfalls als Rechnung gewertet werden darf bzw. sich die Abbuchungen innerhalb eines gewissen Zeitraumes noch hinsichtlich der Vollständigkeit ändern können. Aus dieser Formulierung kann keinesfalls auf ein fehlerhaft funktionierendes Mautsystem geschlossen werden.

 

Dem Bw ist vorzuwerfen, dass er seinen Pflichten als Fahrzeuglenker gem. Punkt 8.2.4.2. der Mautordnung nicht nachgekommen ist, da er die geänderte Achsenzahl nicht manuell umgestellt hat.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und - da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind - auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Im Zweifel ist zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass er übersehen hat, die Achsenzahl manuell umzustellen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde. Im Hinblick darauf, dass zur Unbescholtenheit als weiterer Milderungsgrund die wenigstens teilweise Mautentrichtung tritt (ein Umstand, der auch nach der Mautordnung die Höhe der Ersatzmaut beeinflusst und der regelmäßig zum Aufgriff der Täter führt), erscheint es vertretbar unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts (§ 20 VStG), die Strafe auf die Hälfte herabzusetzen. Die Tat bleibt jedoch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt wäre. Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Langeder

 

 

 

 

 

 

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