Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150311/9/Lg/Gru/Hu

Linz, 14.03.2006

 

 

VwSen-150311/9/Lg/Gru/Hu Linz, am 14. März 2006

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des H B, vertreten durch Rechtsanwälte T & Partner, F, I, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 3. Juni 2005, Zl. BauR96-75-2005, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

  1. Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die Geldstrafe wird auf 200 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 17 Stunden herabgesetzt.
  2.  

  3. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 20 Euro.

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs. 2, 19, 20 VStG.

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden verhängt, weil er am 20.1.2005 um 3.41 Uhr in Fahrtrichtung Suben als Lenker eines Kfz mit dem Kennzeichen ... und einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen im Gemeindegebiet von Weibern, Bezirk Grieskirchen, Oberösterreich, die Innkreisautobahn A8, bei ABKM 37,400 benützt habe, ohne dass die für die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes vorgeschriebene fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet worden sei.
  2.  

    In der Begründung des Straferkenntnisses wird auf den Einspruch gegen die Strafverfügung Bezug genommen. Zitiert wird ferner eine Anzeige der ASFINAG vom 26.1.2004, wonach gegenständlich eine falsch eingestellte Kategorie (Achsenzahl) vorgelegen sei. Den vorgebrachten Rechtfertigungsgründen werden die Pflichten des Fahrzeuglenkers gemäß § 8 Abs. 2 BStMG entgegen gehalten, wonach sich der Lenker vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit der Geräte zur elektronischen Mautentrichtung zu vergewissern habe. Hätte der Bw dies im ausreichenden Maße getan, so hätte ihm bei gebotener Aufmerksamkeit bzw. Sorgfalt auffallen müssen, dass die Achsanzahl am Gerät nicht richtig eingestellt gewesen sei. Eine Einvernahme des angebotenen Zeugen (Mitarbeiter der Go-Box-Verkaufsstelle) sei entbehrlich gewesen, da eine evtl. Zeugenaussage nichts an der Verantwortlichkeit und des Verschuldens des Lenkers geändert hätte. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der Bw einem Mitarbeiter einer Go-Box-Verkaufsstelle die Anweisung gegeben hätte, die Go-Box auf die höchste Kategorie einzustellen. Dem Argument des Vorbringens eines Dauerdeliktes wird entgegengehalten, dass allenfalls ein fortgesetztes Delikt in Betracht kommt, aber unter den angegebenen Voraussetzungen (Deliktsverwirklichungen am 12.1.2005, am 20.1.2005 und am 26.1.2005 bei mehrfachen Verlassen des mautpflichtigen österreichischen Straßennetzes) i.S.d. § 22 VStG das Kumulationsprinzip zur Anwendung gelange.

     

  3. In der Berufung wird vom Bw im Wesentlichen vorgebracht, dass die Go-Box wegen eines Defekts bereits auf einer Raststätte bei Innsbruck am 29.12.2004 ausgetauscht worden sei. Dabei sei die Basiskategorie - entgegen der anderslautenden Anweisung des Bw - vom Mitarbeiter der Go-Box-Vertriebsstelle anstatt auf 4 auf 2 Achsen eingestellt worden. Der Bw habe sich auf die Richtigkeit dieser Einstellung verlassen. Dem Bw sei erst anlässlich der Betretung am 26.1.2005 die Falscheinstellung der Box bewusst geworden. Weiters wird vorgebracht, dass, sollte man der vorgetragenen Auffassung nicht folgen, sämtliche Verstöße in der Zeit vom 29.12.2004 bis 26.1.2005 als Dauerdelikt zu behandeln seien. Sollte man auch dieser Auffassung nicht folgen, so seien die Verstöße als fortgesetzte Handlung und sohin als rechtliche Handlungseinheit zu betrachten.

 

Schließlich wurden nochmals die finanziellen Verhältnisse des Bw bekannt gegeben.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 26.1.2005 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Als Beanstandungsgrund ist angegeben, dass die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges mit 4 höher gewesen sei als die mit 2 eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät und dadurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei. Der Bw sei gem. § 19 Abs. 2 BStMG mündlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden, er habe dieser Aufforderung jedoch nicht entsprochen.

 

Anlässlich der Lenkererhebung legte der Bw in Kopie ein Schreiben an die Bezirkshauptmannschaft Graz bei, in der er sich im Wesentlichen wie in Teilen der später eingebrachten Berufung rechtfertigte und ergänzte, dass er sich derzeit bemühe, Name und Adresse des Mitarbeiters der Go-Box-Vertriebsstelle zu ermitteln, um ihn als Zeuge für die falsche Achsenzahleinstellung namhaft zu machen.

 

In einem ergänzenden Schreiben der ASFINAG vom 4.4.2005 wurden Beweisfotos und eine Einzelleistungsinformation übermittelt. Es erfolgte darin der Hinweis, dass in den gesetzlichen Grundlagen eine Mitwirkungspflicht des Fahrers verankert sei. Die Go-Box sei zwar am 29.12.2004 ausgetauscht worden, die Angaben des Lenkers "er habe darauf vertraut, dass die Go-Box richtig eingestellt wird", könnten auf Grund der Mitwirkungspflicht des Lenkers nicht nachvollzogen werden. Weiters wird angemerkt, dass der Lenker der mündlichen Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut nicht nachgekommen sei.

 

Nach Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme/Aufforderung zur Rechtfertigung äußerte sich der Bw im Wesentlichen wie in der später eingebrachten Berufung und beantragte die Vernehmung des Mitarbeiters der Go-Box-Vertriebsstelle als Zeugen. Zur Strafbemessung wurde ein monatliches Nettoeinkommen von 1.500 Euro, kein Vermögen und die Unterhaltspflicht für die Ehegattin angegeben.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

Nach Ausschreibung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde vom Bw um Akteneinsicht bzw. um Verlegung der Verhandlung ersucht. Daraufhin wurde seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 14. Oktober 2005 der gewünschte Akt zur Einsicht übermittelt und gleichzeitig mitgeteilt, dass eine Terminverschiebung der bereits ausgeschriebenen Berufungsverhandlung aus organisatorischen Gründen nicht möglich sei.

 

In einer Berufungsergänzung vom 20.10.2005 äußerte sich der Bw dahingehend, dass der Tatvorwurf der Sache nach nicht bestritten werde, den rechtlichen Ausführungen könne er aber nicht folgen, da die drei Verwaltungsübertretungen in einem engen zeitlichen Zusammenhang, nämlich innerhalb von 14 Tagen, erfolgt seien und er hätte daher - ausgehend von einem fortgesetzten Delikt - nur einmal bestraft werden dürfen. Diesbezüglich sei auf die Rechtsprechung des VwGH vom 28.6.2005, Zl. 2004/11/0028, zu verweisen, wonach in einem Verfahren mehrer Verwaltungsübertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz ausgesprochen worden sei, dass für den Fall, dass zwischen Tathandlungen gleicher Art in Ansehung desselben Arbeitnehmers nicht mehr als 2 Wochen liegen, jedenfalls von einem fortgesetzten Delikt auszugehen sei. Es sei daher in diesem Fall unzulässig, den Beschuldigten gesondert hinsichtlich der drei Verwaltungsübertretungen zu bestrafen.

 

Weiters sei der Lenker gem. § 19 Abs. 2 BStMG anlässlich der Betretung nach § 20 mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern gewesen, diese Voraussetzung sei aber bei den Übertretungen vom 12. und 20.1.2005 nicht gegeben. Eine Unmöglichkeit, in diesen beiden Fällen den Zulassungsbesitzer gem. § 19 Abs. 4 BStMG zur Bezahlung der Ersatzmaut aufzufordern, sei nicht vorgelegen, sodass die Voraussetzungen für die Anwendung des § 19 Abs. 5 BStMG - wie im gegenständlichen Fall vom Mautaufsichtsorgan gehandhabt - nicht vorgelegen seien. Außerdem stelle § 19 leg.cit. keine Kann-, sondern eine Mussbestimmung dar.

 

In beiden Fällen hätte eine schriftliche Aufforderung an den Zulassungsbesitzer erfolgen müssen, daher wären diese beiden Verfahren mangels ordnungsgemäßer Aufforderung zur Bezahlung der Ersatz einzustellen gewesen (UVS Tirol vom 4.11.2004, 2004/29/060).

 

Bestritten werde überhaupt, dass den Bw ein Verschulden an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung trifft, da er sich anlässlich des Austausches der Go-Box durch einen Vertragspartner der Asfinag darauf verlassen habe können, dass dieser die Go-Box - wie ihm vom Bw aufgetragen worden sei - für ein Fahrzeug mit 4 Achsen einstelle. Weiters führt der Bw an, dass, sofern die Berufungsbehörde dennoch davon ausgehe, dass der Beschuldigte zu bestrafen sei, die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 VStG vorliegen würden. Dem Beschuldigten sei lediglich - wenn überhaupt - ein geringfügiges Verschulden vorzuwerfen, da er ja Maut bezahlt habe, allerdings auf Grund der falschen Einstellung eine zu geringe. Außerdem sei er anlässlich der Anhaltung am 26.1.2005 vom Mautaufsichtsorgan nicht auf die Möglichkeit der Entrichtung der Nachmaut, wenigstens für die zu wenig entrichtete Maut vom 26.1., hingewiesen worden (dieser Aufforderung wäre der Beschuldigte natürlich sofort nachgekommen). Es wäre sohin von der Verhängung einer Geldstrafe abzusehen und eine Ermahnung zu erteilen gewesen. Weiters seien auch die Voraussetzungen für die Anwendung des § 20 VStG vorgelegen, da die Milderungs- die Erschwerungsgründe erheblich überwiegen.

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass die beiden von der Erstbehörde in deren Straferkenntnis angeführten Anzeigen dem den Beschuldigtenvertretern übermittelten Akt nicht beigeschlossen gewesen seien.

 

Beantragt wird

 

Abschließend wird bekannt gegeben, dass der Bw an der Berufungsverhandlung am 21.10.2005 auf Grund seiner Fernfahrertätigkeit nicht teilnehmen könne und darüber hinaus auf die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung verzichte.

 

Daraufhin wird die für 21.10.2005 angesetzte Berufungsverhandlung abberaumt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1 Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

 

Punkt 8.2.2. der Mautordnung besagt, dass bei Ausgabe der GO-Box eine Basiskategorie entsprechend der vorhandenen Achsenanzahl des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges eingestellt wird (die Basiskategorie stellt die Untergrenze für eine manuelle Umstellung durch den Nutzer dar). Der Kraftzeuglenker hat vor jedem Fahrtantritt die Kategorie entsprechend Punkt 8.2.4.2. zu überprüfen.

 

Nach Punkt 8.2.4.2. der Mautordnung hat sich der Nutzer vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die Funktionstüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als zwei Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage). Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gemäß Punkt 8.2.2.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs. 2 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 zu keiner Betretung, so hat die ASFINAG den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organes der öffentlichen Aufsicht beruht und die Geltendmachung der Haftung gemäß § 23 weder offenbar unmöglich noch wesentlich erschwert sein wird. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen drei Wochen ab Ausfertigung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

 

Scheidet auch eine schriftliche Aufforderung gemäß Abs. 4 aus, so ist anlässlich einer Kontrolle der ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut jenes Fahrzeuges, mit dem die Tat begangen wurde, der Zulassungsbesitzer mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht und die Tat nicht bereits verjährt ist. Die Aufforderung ist an den Lenker zu richten, der bei der Leistung der Ersatzmaut als Vertreter des Zulassungsbesitzers fungiert. Ihr wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen (§ 19 Abs. 5).

 

4.2. Im gegenständlichen Fall steht fest, dass der Bw eine Mautstrecke ohne ordnungsgemäße Mautentrichtung (nämlich mit falsch eingestellter Achsenzahl bei der GO-Box) benützt hat. Unstrittig ist, dass der Bw mündlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden ist.

 

Mit dem Vorbringen des Bw, er habe sich auf die Richtigkeit der Einstellungen der Achsenzahl durch den Mitarbeiter der Go-Box-Vertriebsstelle verlassen, verkennt der Bw, dass sich diese Einstellung nur auf die Basiskategorie beziehen kann. Diese stellt lt. Punkt 8.2.2. der Mautordnung die Untergrenze für eine manuelle Umstellung durch den Lenker dar. Auf einer von der ASFINAG übermittelten Fotoaufnahme ist zu erkennen, dass es sich beim Kfz mit dem deutschen Kennzeichen ... um einen zweiachsigen Sattelzug handelt. Diese Achsenzahl entspricht der Einstellung der Basiskategorie der GO-Box. Allerdings war am Sattelzug am Tattag - auch das ist aus der Fotoaufnahme klar ersichtlich - ein dreiachsiger Auflieger angekoppelt. Offensichtlich wurde seitens des Bw verabsäumt, vor Fahrtantritt die Kategorie zu überprüfen und die geänderte Achsenzahl (4) manuell umzustellen. Richtigerweise hat der Mitarbeiter der Go-Box-Vertriebsstelle die Basiskategorie auf 2 Achsen eingestellt. Jede höhere Basiseinstellung der Kategorie wäre widersinnig, da der Sattelzug auch ohne Auflieger mautpflichtige Straßen benützen kann und ein Rückstellen der Achsenzahl auf richtigerweise 2 Achsen in diesem Fall unmöglich gemacht werden würde.

 

Eine Einvernahme des Verkäufers der Go-Box, dessen Namen und ladungsfähige Adresse dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich übrigens nicht bekannt gegeben wurde, war entbehrlich, da eine diesbezügliche Aussage an den oben angeführten Fakten nichts ändern würde.

 

Der Bw bringt vor, dass am 29.12.2004 die Go-Box beim gegenständlichen Lkw ausgetauscht worden ist. Falls der Bw damit zum Ausdruck bringen wollte, dass die GO-Box zur Tatzeit defekt war, ist dem entgegenzuhalten, dass solche Defekte notorisch äußert unwahrscheinlich sind und das bloße Faktum, dass die GO-Box ausgetauscht wurde, keinesfalls zwingend auf ein technisches Versagen schließen lässt. Übrigens war die ausgetauschte Go-Box zur Tatzeit nicht mehr im gegenständlichen Lkw.

 

Dem Bw ist vorzuwerfen, dass er seinen Pflichten als Fahrzeuglenker gem. Pkt. 8.2.4.2. der Mautordnung jedenfalls am Tattag nicht nachgekommen ist, da er erst anlässlich einer Kontrolle am 26.1.2005 auf die falsch eingestellte Achsenzahl aufmerksam wurde.

 

Der Bw geht von der Auffassung aus, dass es sich bei den festgestellten Verwaltungsübertretungen am 12. Jänner 2005, am 20. bzw. 26. Jänner 2005 um ein fortgesetztes Delikt handelt und deshalb zu einer Tateinheit zusammenzufassen sind. Dem ist entgegen zu halten, dass ein fortgesetztes Delikt dann gegeben ist, wenn eine Mehrheit von an sich selbständigen, nacheinander gesetzten Handlungen, deren jede für sich den Tatbestand desselben Delikts erfüllt, durch ein gemeinsames Band zu einer rechtlichen Einheit verbunden ist. Die Einzelhandlungen müssen in einem zeitlichen Zusammenhang stehen, wobei sie nicht durch einen großen Zeitraum unterbrochen werden dürfen (vgl. VwGH 2003/05/0201 vom 18.3.2004). Von einem fortgesetzten Delikt kann - abgesehen davon, dass in so einem Fall Vorsatz vorliegen müsste - aber jedenfalls dann nicht ausgegangen werden, wenn der Bw - wie im gegenständlichen Fall - durch Verlassen einer mautpflichtigen Strecke das gegenständliche Delikt abgeschlossen hat, da mit jeder neuerlichen Benützung einer mautpflichtigen Strecke eine neuerliche Deliktsverwirklichung beginnt. Dies insbesondere im Hinblick darauf, dass der Lenker laut Punkt 8.2.4.2. der Mautordnung iVm § 8 Abs. 2 BStMG vor jeder Fahrt auf dem mautpflichtigen Straßennetz u.a. die richtig eingestellte Kategorie (Achsenzahl) zu überprüfen hat. Dieser Verpflichtung ist der Bw - was von ihm selbst nicht bestritten wird - weder vor dem (erstmaligen) Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes am 12. Jänner 2005 noch am 20. bzw. 26. Jänner 2005 vor dem neuerlichen Auffahren auf das mautpflichtige Straßennetz nachgekommen. Hinzu kommt, dass zwischen den Begehungszeitpunkten der ggst. Verwaltungsübertretungen 6 bis 8 Tage, also große Zeiträume, liegen. Ein fortgesetztes Delikt kann schon aus diesen Umständen heraus nicht vorliegen. Auch eine Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustandes (Dauerdelikt) - so die Formulierung der Höchstgerichte - liegt aufgrund der Fahrtunterbrechungen bzw. Verlassen des mautpflichtigen Netzes nicht vor (vgl. hiezu nochmals die Lenkerverpflichtungen von Pkt. 8.2.4.2. der Mautordnung). Folgerichtig war der Bw unter Anwendung des Kumulationsprinzips (§ 22 VStG) deshalb für die Verwaltungsübertretungen anlässlich der Fahrten am 12., 20. und 26. Jänner 2005 mehrmals zu bestrafen.

Wenn der Bw vorbringt, das Ersatzmautangebot sei nicht ordnungsgemäß erfolgt, so ist dem entgegen zu halten, dass ein mündliches Ersatzmautangebot gem. § 19 Abs. 2 BStMG an die Voraussetzung der Betretung gebunden und dadurch limitiert ist. Von "Betretung" kann nur dann gesprochen werden, wenn vom Organ das Verhalten einer Person unmittelbar wahrgenommen wird, und zwar, wie der Verfassungsgerichtshof zu § 35 VStG aussprach, ohne dass es noch weiterer Erhebungen (Befragungen) bedarf (VfSlg 10.327/1985). "Eine Betretung ohne Täter" (die bloße Feststellung der Gegebenheit eines Delikts) ist begrifflich ausgeschlossen. In dieser Form präsentiert sich aber der gegenständliche Sachverhalt, da der Lenker bei der Feststellung des Delikts (am 20.1.2005 um 3.41 Uhr) nicht ermittelt worden ist.

Zur Ansicht, dass somit ein schriftliches Ersatzmautangebot gem. § 19 Abs. 4 BStMG gestellt hätte werden müssen, vertritt Wessely, ZVR 07/08, 2004, Seite 232, zur verwaltungsstrafrechtlichen Verfolgung ausländischer Täter, ZfV 2000, S 393, und ZVR 2004, Z. 232, die Ansicht, dass die Strafverfolgung bzw. -vollstreckung in jenen Fällen unmöglich oder wesentlich erschwert ist, in denen der Verpflichtete seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz in einem Staat hat, mit dem kein entsprechendes Rechtshilfeübereinkommen besteht und er auch sonst über keinen ausreichenden Inlandsbezug (z.B. Vermögenswerte oder Arbeitsplatz im Inland) verfügt. Das Bestehen von Rechtshilfeübereinkommen schließt diese Annahme regelmäßig aus, sofern die Durchführung des Verfahrens und Vollstreckung der Strafe - einschließlich der Ersatzfreiheitsstrafe - sichergestellt werden kann. Der Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen BGBl 1990/526 entspricht diesen Anforderungen insoweit nicht, als eine Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe nicht in Betracht kommt.

Nach einer gegenüber dem Unabhängigen Verwaltungssenat geäußerten Rechtsmeinung scheidet eine schriftliche Aufforderung an deutsche Zulassungsbesitzer zur Zahlung der Ersatzmaut schon deshalb aus, da eine Zugriffsmöglichkeit der Asfinag auf das deutsche Kraftfahrzeugregister den Abschluss eines eigenen bilateralen Vertrages zur Voraussetzung hätte (der gegenständlich nicht vorliegt), zumal auf das zitierte Rechtshilfeabkommen ein derartiges Zugriffsrecht der Asfinag nicht gestützt werden kann. Demzufolge wurde deshalb anlässlich der Kontrolle am 26.1.2005 dem Lenker (= Bw) für die Verwaltungsübertretung am 20.1.2005 die Ersatzmaut gem.  § 19 Abs. 5 leg.cit. mündlich angeboten.

 

Es wäre daher nach den beiden zitierten Rechtsauffassungen (wenn auch mit unterschiedlicher Begründung) von der Richtigkeit der - hier vorliegenden - Vorgangsweise (§ 19 Abs. 5 BStMG - mündliche Aufforderung) auszugehen. Der Unabhängige Verwaltungssenat schließt sich im Ergebnis dieser Auffassungen an. Es ließe sich darüber hinaus überhaupt die Auffassung vertreten, dass es ausreicht, wenn überhaupt ein Ersatzmautangebot (schriftlich oder mündlich) mit allen im Gesetz definierten Informationen (wie Identifikationsnummer, Kontonummer, Zahlungsfrist ...) gestellt wurde und es nicht darauf ankommt, auf welchem Weg das Ersatzmautangebot dem Zulassungsbesitzer übermittelt wird.

 

Bezüglich des Arguments, dass der Bw vom Mautaufsichtsorgan nicht auf die Möglichkeit der Nachentrichtung der Maut hingewiesen worden sei, ist zu bemerken, dass die Nachzahlung spätestens 70 km und innerhalb eines Zeitraumes von 5 Stunden ab dem Zeitpunkt des Durchfahrens der ersten Mautabbuchungsstelle, an der keine ordnungsgemäße Mauttransaktion stattgefunden hat, möglich ist. Unabhängig davon, dass eine solche Nachentrichtung der Maut vom Lenker selbst zu initiieren ist, wäre eine solche 2 Wochen nach der Tat nicht mehr möglich gewesen (vgl. Pkt. 7 der Mautordnung).

 

Dem Bw ist daher vorzuwerfen, dass er sich auf die Richtigkeit der Einstellungen der Achsenzahl durch den Mitarbeiter der Go-Box-Vertriebsstelle verlassen habe. Der Lenker ist für die korrekte Einstellung der Go-Box verantwortlich und ihn trifft die Pflicht, sich über die Funktionsweise des Gerätes zu informieren und - selbst! - von der Funktionstüchtigkeit des Geräts zu überzeugen (vgl. auch die näheren Bestimmungen unter Pkt. 8.2.4. der Mautordnung). Indem der Bw dies - immerhin zwischen dem 29.12.2004 und dem 26.1.2005 - unterließ, machte er sich eines fahrlässigkeitsbegründenden Sorgfaltsverstoßes schuldig. Dem allfälligen Einwand der Unkenntnis der einschlägigen Vorschriften wäre die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach auch ausländische Lenker im Bereich des Bundesstraßenmautwesens die Pflicht trifft, sich entsprechend zu informieren, entgegen zu halten.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und - da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind - auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Im Zweifel ist zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass er bloß übersehen hat, die geänderte Achsenzahl manuell umzustellen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde. Im Hinblick darauf, dass zur Unbescholtenheit als weiterer Milderungsgrund die wenigstens teilweise Mautentrichtung tritt (ein Umstand, der auch nach der Mautordnung die Höhe der Ersatzmaut beeinflusst und der regelmäßig zum Aufgriff der Täter führt), erscheint es vertretbar unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts (§ 20 VStG), die Strafe auf die Hälfte herabzusetzen. Die Tat bleibt jedoch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt wäre.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Dr. Langeder

 

 

 

 

 

 

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