Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150358/2/Lg/Hue/Hu

Linz, 24.03.2006

 

 

 

VwSen-150358/2/Lg/Hue/Hu Linz, am 24. März 2006

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des L B, A, K, vertreten durch Rechtsanwälte B, H, P & Partner, A, K, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 20. September 2005, Zl. BauR96-219-2005, betreffend die Zurückweisung eines Einspruchs gegen eine Strafverfügung vom 30. Juni 2005, Zl. BauR96-219-2005, als verspätet und die Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Verspätung der Einbringung eines Einspruchs gegen die Strafverfügung vom 30. Juni 2005, Zl. BauR96-219-2005, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben (§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde

  1. der Einspruch des Berufungswerbers (Bw) vom 9. September 2005 gegen die Strafverfügung des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 30. Juni 2005, Zl. BauR96-219-2005, betreffend einer Bestrafung nach dem BStMG als verspätet zurückgewiesen und
  2. der Antrag des Bw vom 9. September 2005 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen.

 

Begründend wird zu

a) angeführt, gemäß § 49 Abs. 1 VStG betrage die Einspruchsfrist gegen eine Strafverfügung zwei Wochen. Die Strafverfügung sei dem Bw am 8. Juli 2005 eigenhändig zugestellt worden. Dieser Termin gelte als Zustellungstag und löse die Rechtsmittelfrist aus. Aus dem Akt sei kein Zustellfehler ersichtlich. Der Einspruch gegen die Strafverfügung sei vom Rechtsvertreter des Bw erst am 9. September 2005, somit nach Ablauf der zweiwöchigen Einspruchsfrist, eingebracht worden. Da das Rechtsmittel bis spätestens 22. Juli 2005 einzubringen gewesen wäre, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen. Begründend wird betreffend

b) angeführt, gemäß § 71 Abs. 1 Ziffer 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gehindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Die gegenständliche Strafverfügung vom 30. Juni 2005, BauR96-219-2005, sei mittels Auslandsrückschein eigenhändig zugestellt worden. Die vorgelegte eidesstattliche Erklärung des Bw widerspreche diesem Faktum.

 

2. In der Berufung wird zum Verfahrensgegenstand vorgebracht, dass der Bw die Strafverfügung vom 30. Juni 2005 nicht persönlich übernommen habe, da er sich seit Mai 2005 ununterbrochen in Spanien aufhalte. Die Strafverfügung sei von einer anderen Person entgegengenommen worden und diese habe den Bw darüber nicht informiert bzw. nicht informieren können.

 

Beantragt wird die Aufhebung des gegenständlichen Bescheides als auch die Aufhebung der Strafverfügung vom 30. Juni 2005.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Der Bw wurde mit Strafverfügung vom 30. Juni 2005, Zl. BauR96-219-2005, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 bestraft. Die Zustellung dieses Bescheides erfolgte am 8. Juli 2005 mittels internationalem Rückschein, auf dem die belangte Behörde zusätzlich den Vermerk "eigenhändig" angebracht hat. Die Unterschrift des Übernehmers der Sendung ist unleserlich.

 

Mittels Fax vom 9. September 2005 brachte der rechtsfreundliche Vertreter des Bw sowohl einen Einspruch gegen die Strafverfügung als auch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein und begründete dies verfahrensgegenständlich im Wesentlichen damit, dass der Bw sich seit geraumer Zeit im Ausland aufhalte und ihm die gegenständliche Strafverfügung nicht bekannt sei. Am 27. August 2005 sei ihm von seiner Tochter eine Zahlungsaufforderung zu diesem Strafbescheid zugegangen.

Mittels Schreiben vom 15. September wurde der belangten Behörde eine eidesstattliche Erklärung vorgelegt, in der der Bw vorbringt, dass er sich seit Mai 2005 in Spanien aufhalte. Die Unterschrift auf dieser Erklärung weist keine Ähnlichkeit mit der Unterschrift des Übernehmers der Strafverfügung vom 30. Juni 2005 auf.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Bescheid.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1. Gemäß § 48 Abs. 2 VStG sind Strafverfügungen zu eigenen Handen zuzustellen.

 

Die Abgabestelle des Bw liegt in der Bundesrepublik Deutschland. Die Art der Zustellung richtet sich ebenso wie die Wirkung der Zustellung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nicht nach den Bestimmungen des österreichischen Zustellgesetzes, sondern es ist dies nach deutschem Recht zu beurteilen (vgl. etwa VwGH 2000/03/0320 vom 29.1.2003).

 

Gemäß Art. 3 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl.Nr. 1990/526, wird Amts- und Rechtshilfe nach dem Recht des ersuchten Staates geleistet. Die Vornahme von Zustellungen ist in Art. 10 des genannten Vertrages geregelt. Gemäß dessen Art. 10 Abs. 1 werden Schriftstücke im Verfahren nach Art. 1 Abs. 1 unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vorschriften übermittelt. Wird ein Zustellnachweis benötigt, ist das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Versendungsformen "Eigenhändig" und "Rückschein" zu versenden.

 

4.2. Aus dem Akt ist ersichtlich, dass die Strafverfügung vom 30. Juni 2005, Zl. BauR96-219-2005, am 8. Juli 2005 übernommen worden ist. Aufgrund der Unähnlichkeit der Unterschrift auf dem Rückschein und der Unterschrift auf der eidesstattlichen Erklärung geht der erkennende Verwaltungssenat - im Zweifel - von einem Ersatzempfänger aus. Der Bw war zu diesem Zeitpunkt - nach eigenen Angaben - ortsabwesend. Der internationale Rückschein für diese Strafverfügung enthielt den Zusatz "eigenhändig".

Im Hinblick auf § 48 Abs. 2 VStG und auch darauf, dass nach Art. 10 Abs. 1 des zitierten Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland die Zustellung im gegenständlichen Fall, in dem die Zustellung durch die Post möglich war und ein Zustellnachweis über die erfolgte Zustellung benötigt wurde, jedenfalls "eigenhändig" zu erfolgen hatte, war eine Ersatzzustellung nicht zulässig (vgl. neben vielen VwGH 2002/06/0009 vom 30.3.2005, VwGH 2002/03/0152 vom 9.9.2004 und VwGH 84/07/0292 vom 22.12.1987).

 

Die Ersatzzustellung der Strafverfügung vom 30. Juni 2005 stellt eine mangelhafte Zustellung dar, die ab dem Zeitpunkt geheilt ist, ab dem der Bw von dieser Strafverfügung tatsächlich Kenntnis erlangt hat (laut eigenen Angaben durch eine Zahlungsaufforderung vom 27. August 2005; vgl. VwGH 2001/03/0210). Der Einspruch vom 9. September 2005 gegen die Strafverfügung war somit nicht verspätet.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Bei diesem Ergebnis ist die im gegenständlichen Bescheid ausgesprochene Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand obsolet geworden und es war somit auch dieser Spruchteil zu beheben.

 

Wenn der Bw in seiner Berufung zusätzlich die Aufhebung der Strafverfügung vom 30. Juni 2005 beantragt, ist ihm mit § 49 Abs. 2 VStG zu entgegnen, dass durch den nunmehr rechtzeitig eingebrachten Einspruch vom 9. September 2005 die gesamte Strafverfügung außer Kraft getreten ist und die belangte Behörde das ordentliche Verfahren einzuleiten hat.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Langeder

 

 

 

 

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