Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-150389/10/Lg/Hue

Linz, 08.06.2006

 

 

 

VwSen-150389/10/Lg/Hue Linz, am 8. Juni 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 27. April 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des J. K., 25 F., H., vertreten durch Rechtsanwalt Mag. M. K., 23 B., B., gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 14. Dezember 2005, Zl. BauR96-203-2004, betreffend der Abweisung eines Antrages um Aufhebung einer Strafverfügung vom 8. Juni 2004, Zl. BauR96-203-2004, gem. § 52a VStG zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen (§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Berufungswerbers (Bw) vom 29. Dezember 2005 um Aufhebung der Strafverfügung des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 8. Juni 2004, Zl. BauR96-203-2004, von Amts wegen gem. § 52a VStG betreffend einer Bestrafung nach dem BStMG abgewiesen.

 

Begründend wird angeführt, gem. § 52a Abs. 1 VStG können der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegende Bescheide, durch die das Gesetz zum Nachteil des Bestraften offenkundig verletzt worden ist, von Amts wegen sowohl von der Behörde als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden und sich aus dem klaren Wortlaut des § 68 Abs. 7 AVG ergebe, dass niemandem auf die Ausübung des der Behörde zustehenden Abänderungs- und Aufhebungsrechtes ein Anspruch zustehe. Der Bw habe am 6. Februar 2004 das Sattelzugfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen BN auf dem mautpflichtigen österreichischen Straßennetz gelenkt. Dabei sei um 10.36 Uhr im Gemeindegebiet von K. in Niederösterreich festgestellt worden, dass bei der GO-Box eine zu niedrige Achsenzahl eingestellt worden sei. Wegen dieser Verwaltungsübertretung sei der Bw von der Bezirkshauptmannschaft Baden am 8. Juni 2004 bestraft worden. Um 17.04 Uhr des selben Tages sei ebenfalls eine zu niedrig eingestellte Achsenzahl bei der GO-Box im Gemeindegebiet von W. in Oberösterreich in Fahrtrichtung W. festgestellt worden, weshalb von der belangten Behörde eine Geldstrafe verhängt worden sei. Diese Feststellungen ließen den Schluss zu, dass der Bw am Vormittag des 6. Februar 2004 Richtung Oberösterreich unterwegs gewesen sei, am Nachmittag das mautpflichtige Straßennetz verlassen und in Folge während der Heimfahrt um 17.04 Uhr die I. in Fahrtrichtung Niederösterreich benützt habe. Es sei davon auszugehen, dass die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit einer falsch eingestellten Achsenzahl jedenfalls mit Unterbrechungen erfolgt sei. Eine Deliktseinheit in Form eines fortgesetzten Delikts sei nicht erkennbar und deshalb das Kumulationsprinzip des § 22 VStG anzuwenden gewesen.

 

2. In der Berufung wird vorgebracht, dass entgegen der Darstellung der Erstbehörde eine Deliktseinheit und eine Doppelbestrafung vorliegen würde. Nach der Judikatur des VwGH stünden für das Erfordernis der zeitlichen Kontinuität selbst mehrmonatige Intervalle nicht entgegen. Der Bw sei des Weiteren zur Tatzeit nicht Richtung Niederösterreich sondern Richtung S. (Staatsgrenze) unterwegs gewesen. Beantragt wird die Einvernahme des Bw und eines Amtssachverständigen aus dem Verkehrswesen (ohne Angabe des diesbezüglichen Beweisthemas).

 

Beantragt wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides nach Durchführung einer Berufungsverhandlung.

 

Mittels Schreiben vom 26. April 2006 modifizierte der Bw den Berufungsantrag dahingehend, dass primär dem Antrag vom 10. März 2005 (Antrag auf Abänderung der Strafverfügung) stattgegeben werden solle und lediglich in eventu die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides begehrt werde. Weiters wurde um Einvernahme des Bw im Rechtshilfeweg ersucht.

 

3. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27. April 2006 wurden seitens des (Vertreters des) Bw keine Ergänzungen vorgebracht.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

§ 52a VStG sieht vor, dass der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegende Bescheide, durch die das Gesetz zum Nachteil des Bestraften offenkundig verletzt worden ist, von Amts wegen aufgehoben oder abgeändert werden können. Diese Voraussetzung der Offenkundigkeit der Rechtswidrigkeit ist gegenständlich nicht gegeben.

 

Eine offenkundige Verletzung des Gesetzes zum Nachteil des Bestraften wird etwa dann vorliegen, wenn das zur Last gelegte Verhalten gar nicht strafbar ist, wenn die Verjährungsbestimmungen oder die Regelung des § 51 Abs. 7 VStG missachtet wurden oder der für die Verletzung der Verwaltungsvorschrift vorgesehene Strafrahmen z.B. durch Anwendung einer unrichtigen Strafdrohung überschritten wurde. In dem letztgenannten Fall wird die Strafe neu zu bemessen sein. Fragen der Beweiswürdigung werden in der Regel nicht Gegenstand eines Vorgehens nach § 52a VStG zu sein haben (vgl. Hauer - Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, S. 1693).

 

Zur Behauptung, dass es sich bei den beiden festgestellten Verwaltungsübertretungen am 6. Februar 2004 um 10.36 Uhr und um 17.04 Uhr um ein fortgesetztes Delikt handelt und diese deshalb zu einer Tateinheit zusammenzufassen sind, ist dabei für den Bw nichts zu gewinnen. Ein fortgesetztes Delikt ist dann gegeben, wenn eine Mehrheit von an sich selbständigen, nacheinander gesetzten Handlungen, deren jede für sich den Tatbestand desselben Delikts erfüllt, durch ein gemeinsames Band zu einer rechtlichen Einheit verbunden ist. Die Einzelhandlungen müssen in einem zeitlichen Zusammenhang stehen, wobei sie nicht durch einen großen Zeitraum unterbrochen werden dürfen (vgl. VwGH 2003/05/0201 vom 18.3.2004). Von einem fortgesetzten Delikt kann - abgesehen davon, dass in so einem Fall Vorsatz vorliegen müsste - aber jedenfalls dann nicht ausgegangen werden, wenn der Bw - wie im gegenständlichen Fall - durch Fahrtunterbrechungen (am Tattag jedenfalls zwischen 12.01 Uhr und 12.40 Uhr, zwischen 13.57 Uhr und 16.17 Uhr und zwischen 16.30 Uhr und 17.04 Uhr) das jeweilige Delikt abgeschlossen hat, mithin mit jeder neuerlichen Fahrt auf einer mautpflichtigen Strecke eine neuerliche Deliktsverwirklichung beginnt. Dies insbesondere im Hinblick darauf, dass der Lenker laut Punkt 8.2.4.2. der Mautordnung vor jeder Fahrt auf dem mautpflichtigen Straßennetz u.a. die richtig eingestellte Kategorie (Achsenzahl) zu überprüfen hat. Dieser Verpflichtung ist der Bw offensichtlich weder vor dem (erstmaligen) Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes am Tattag in Niederösterreich noch vor den neuerlichen Fahrten nach Fahrtunterbrechungen nachgekommen.

Wenn durch die Begehung von gleichen Übertretungshandlungen zu verschiedenen Zeitpunkten jeweils eine Verwaltungsübertretung begangen wird (kein fortgesetztes Delikt vorliegt), hat die Behörde für jedes Delikt eine gesonderte Strafe auszusprechen. Bei Nichtbeachtung dieser Vorschrift ist der Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet (vgl. VwGH 2005/02/0015 vom 15.4.2005). Folgerichtig war der Bw unter Anwendung des Kumulationsprinzips (§ 22 VStG) deshalb für die Verwaltungsübertretungen anlässlich der Fahrten am 6. Februar 2004 mehrmals zu bestrafen. Es ist in diesem Zusammenhang im gegenständlichen Fall nicht von einer Offenkundigkeit einer Gesetzesverletzung sondern sogar von der Richtigkeit der Gesetzesanwendung auszugehen.

 

Der Bw geht - richtigerweise - davon aus, dass er zur Tatzeit (17.04 Uhr) nicht Richtung Niederösterreich (vgl. dazu die Formulierung "Fahrtrichtung W." im Spruch der Strafverfügung vom 8. Juni 2004, Zl. BauR96-203-2004) sondern Richtung Staatsgrenze S. unterwegs gewesen ist. Die diesbezügliche Formulierung der Fahrtrichtung im Spruch der Strafverfügung ist im Hinblick auf § 44a VStG nicht zu beanstanden, da es sich möglicherweise zwar um einen Fehler im Spruch dieses Strafbescheides handelt, der aber mit Sicherheit kein offenkundiger Fehler ist und auch auf keine falsche Tatsachenannahme der belangten Behörde schließen lässt.

 

Das Erfordernis der offenkundigen Gesetzesverletzung liegt daher gegenständlich - offenkundig - nicht vor.

 

Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass auf § 52a VStG nicht einmal Anspruch auf Bescheiderlassung besteht (vgl. Hauer - Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, S. 1693 und u.a. VwGH 99/11/0240 v. 24.8.99). Wenn die Behörde - wie im gegenständlichen Fall - bescheidmäßig entscheidet, so liegt dieser Entscheidung jedenfalls Ermessen zugrunde. Gegenständlich liegen - wie dargelegt - die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anwendung von § 52a VStG nicht vor (keine offenkundige Rechtswidrigkeit der Strafverfügung). Selbst wenn man diesbezüglich anderer Auffassung wäre (so zu einem Recht auf Ermessensentscheidung gelangte), wäre für den Unabhängigen Verwaltungssenat eine fehlerhafte Ermessensausübung der Behörde nicht erkennbar bzw. würde der Oö. Verwaltungssenat das Ermessen nicht in eine andere Richtung ausüben.

 

Abschließend ist zu bemerken, dass der Unabhängige Verwaltungssenat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt hat. In dieser öffentlichen mündlichen Verhandlung kam es zu keinen Tatsachenvorbringen. Die beantragte Einvernahme des Bw im Rechtshilfeweg kam nicht in Betracht, da nicht erkennbar ist, zu welchem nach den obigen Gesichtspunkten relevanten Thema eine solche Einvernahme stattfinden könnte und im Übrigen ja auch von Seiten des (Vertreters des) Bw kein Thema bekannt gegeben wurde.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Langeder

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum