Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150437/9/Lg/Gru

Linz, 07.07.2006

 

 

 

VwSen-150437/9/Lg/Gru Linz, am 7. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach der am 30. Juni 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des K. P., vertreten durch WKG W. - K. - G. Rechtsanwälte GmbH, H., 47 A., gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 10. April 2006, Zl. BauR96-156-2004, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

  1. Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 34 Stunden herabgesetzt.
  2.  

  3. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs. 2, 19 VStG.

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen verhängt, weil er am 4.8.2004 um 12.05 Uhr als Lenker eines LKW mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem behördlichen Kennzeichen S. die mautpflichtige Bundesstraße A, Mautabschnitt W. - Ö., km 14 benützt habe, ohne dass die für die Benützung der Autobahn vorgeschriebene fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet worden sei. Es sei festgestellt worden, dass das Fahrzeuggerät (Go-Box) für die Entrichtung der Maut ein ungenügendes Mautguthaben aufgewiesen habe.
  2.  

  3. In der Berufung wird vom Bw vorgebracht, dass im Straferkenntnis im Wesentlichen der bisherige Akteninhalt wiedergegeben und die einschlägigen gesetzlichen Normen angeführt worden seien. Solche pauschal gehaltenen Ausführungen seien nicht geeignet, die vorgenommenen Argumentationen nachzuvollziehen. Konkrete Hinweise, warum die Erstbehörde dies annimmt, lege sie nicht dar.

In der Begründung des Straferkenntnisses seien die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Die Behörde habe in der Begründung den festgelegten Sachverhalt und die Stellungnahme der Partei anzuführen; die aus Tatsachen gezogenen Schlüsse seien so darzulegen, dass sie im Rahmen der Begründung überprüfbar seien.

Begründungsmangel stelle im Sinne des § 42 (2) Z 3 lit. c VwGG einen wesentlichen Verfahrensmangel dar.

Bei der eigentlichen Begründung begnüge sich die Bezirkshauptmannschaft Schärding mit phrasenhaften Formulieren, die lediglich zum Nachteil des Berufungswerbers gereichen würden.

 

Beantragt wird die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu das Straferkenntnis zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Bezirkshauptmannschaft Schärding zurückzuverweisen, jedenfalls aber die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der A. vom 28.9.2004 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf, wonach die GO-Box ein ungenügendes Mautguthaben aufgewiesen habe und dadurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei.

Gemäß § 19 Abs. 4 BStMG sei der Zulassungsbesitzer am 5.8.2004 schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufgefordert worden. Dieser Aufforderung sei aber nicht entsprochen worden.

 

Nach Strafverfügung vom 29. Oktober 2004 äußerte sich der Bw dahingehend, dass er bei der Fa. R. in A. als Kraftfahrzeuglenker in einem unselbständig erwerbstätigen Verhältnis beschäftigt und die Installierung der sogenannten "Go-Box" von seiner Arbeitgeberin veranlasst worden sei. Zum Beweis könne die Geschäftsführung der Fa. R. einvernommen werden. Wenn dem Bw ein Verstoß gegen § 20 Abs. 2 BStMG vorgeworfen werde, dann habe er jedenfalls nicht vorsätzlich, sondern fahrlässig gehandelt. Seine Arbeitgeberin habe als zivilrechtliche Eigentümerin der Fahrzeuge für diese Installierung verantwortlich gezeichnet. Sein Aufgabenbereich als Berufskraftfahrer umfasse nicht die Überprüfung der "Go-Box" auf ihre Funktionalität, dies sei von der Geschäftsleitung übernommen worden und sei daher auch einzig und allein diese verantwortlich, dass die Box funktioniert bzw. auch aufgeladen ist. Der Bw selbst habe keinerlei Möglichkeit gehabt, eine Aufladung vorzunehmen.

Daher könne dem Bw ein Verschulden im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG nicht zugerechnet werden, da fahrlässiges Verhalten nach den Bestimmungen des BStMG nicht der Strafbarkeit unterliege und daher sei das Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung zu bringen.

Weiters wird vorgebracht, dass hier § 5 Abs. 2 VStG zur Anwendung gelangen müsse bzw. hätte die Behörde bei rechtsrichtiger Beurteilung gem. § 21 VStG vorgehen können. Sein Verschulden sei gering, er sei bisher unbescholten und die Folgen der Übertretung unbedeutend.

Unabhängig davon habe die A. als Betreibergesellschaft der Mauteinrichtungen bzw. als Straßenerhalterin die Möglichkeit, zivilrechtlich gegen den Arbeitgeber des Bw vorzugehen. Es bedürfe unabhängig davon nicht der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens gegen den Bw.

Beantragt wird die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu eine Abmahnung im Sinne des § 21 Abs. 1 VStG.

 

Einer ergänzenden Stellungnahme der A. ist zu entnehmen, dass offensichtlich im Zuge einer Fahrt auf dem mautpflichtigen Straßennetz das aufgeladene Mautguthaben beinahe zur Gänze aufgebraucht worden sei und daher seitens der A. keine Mautabbuchungen mehr vorgenommen hätten werden können. Weiters erfolgte der Hinweis, dass in den gesetzlichen Grundlagen eine Mitwirkungspflicht des Fahrers verankert sei, wonach dieser auf die Signaltöne der Go-Box zu achten habe. "Die Box gibt zwei Signaltöne ab, sobald das Guthaben Euro 30 unterschreitet und in Folge vier Signaltöne, wenn das Guthaben gänzlich aufgebraucht ist. Sollte dieser Fall eintreten, so ist sofort die nächste Vertriebsstelle aufzusuchen. Dort kann die Go-Box mit neuem Guthaben aufgeladen werden und die geschuldete Maut nachentrichtet werden. Das zur Neige gehende bzw. nicht vorhandene Mautguthaben wird dem Lenker also durch die erfolgten Signaltöne mitgeteilt.

Unseren Aufzeichnungen zufolge wurde das Mautguthaben auf einer Fahrt am 7. Juli bereits auf € 0,46 minimiert. Bei Fahrtantritt am 4. August konnten somit noch zwei Abbuchungen á € 0,20 erfolgen. Danach war das Mautguthaben aufgebraucht und hätte der Nutzer die nächste Vertriebsstelle im Raum Wels aufsuchen müssen."

Als Beilage sind zwei Fotoaufnahmen und eine Einzelleistungsinformation angeschlossen.

 

Dazu äußerte sich der Bw in einer Stellungnahme vom 16.12.2004 dahingehend, dass er weder von seinem Arbeitgeber noch von der Ö. eine Einweisung in den Gebrauch bzw. die Betriebsart der Go-Box erhalten habe. Außerdem wurden ihm keine Vormerkblätter bezüglich der Bedeutung der verschiedenen Signaltöne zur Verfügung gestellt.

Betreffend die im Schreiben der Ö. angeführte Mitwirkungspflicht, dass sich der Fahrer selbst überzeugen müsse, dass die Go-Box noch über ausreichendes Mautguthaben verfügt, sei diesbezüglich auszuführen, dass selbst die Ö. in ihrem Schreiben nicht darlegt, wo bzw. wie man Derartiges auf der Go-Box ablesen könne. Faktum sei, dass dies überhaupt nicht möglich sei.

Eine solche Mitwirkungspflicht des Fahrers sei überhaupt nicht möglich, da man einzig und allein nur die eingestellte Achsenzahl ablesen könne, weitere Ablesungen können nicht vorgenommen werden.

Daher ergebe sich, dass die technischen Voraussetzungen für eine gesetzlich normierte Mitwirkungspflicht einerseits überhaupt nicht gegeben seien und andererseits die Voraussetzungen dafür, dass man von einer Verletzung der Mitwirkungspflicht ausgehen könne, nicht vorliegen würden.

Aus diesem Grund werden die bisher gestellten Anträge im Einspruch vom 12.11.04 vollinhaltlich aufrecht erhalten.

 

Seitens der A. wurde am 28.3.2006 auf Anfrage der belangten Behörde ein Go-Box-Guide zur Verfügung gestellt mit dem Hinweis, dass diese Information jeder Go-Box beiliege.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

Über Anforderung des Unabhängigen Verwaltungssenates übermittelte die A. noch eine Einzellleistungsinformation für die Zeit vom 3.8.2004 bis 5.8.2004.

 

 

 

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der Vertreter des Bw dar, die gegenständliche Go-Box sei im April 2004 für den gegenständlichen Lkw angekauft, der Bw sei im Mai in den Betrieb eingetreten und der Vorfall sei im August 2004 gewesen. Der Bw habe weder vom Arbeitgeber eine Einschulung in die Handhabung der Go-Box erhalten, noch sei ihm Informationsmaterial ausgehändigt worden, da der vorhergehende Lenker den Informationszettel verlegt habe.

Bei der Anschaffung der Go-Box durch die Firma R. sei eine Abbuchungsermächtigung über die Visa-Kreditkarte erteilt worden. Auf Grund einer Umstellung auf Mastercard kurz vor dem Vorfall, haben keine weiteren Abbuchungen mehr vorgenommen können.

 

Der Zeuge R. sagte aus, dass es sich gegenständlich um einen Dreiachskranwagen gehandelt habe und dafür am 14.3.2004 in S. bei der Tankstelle eine Post-Pay-Go-Box erworben worden sei, wofür man allerdings eine Mastercard brauche. Es sei ihm schon beim Verkauf gesagt worden, dass die Abbuchung mit einer Visacard nicht funktionieren würde. Daraufhin habe er sich entschieden, keine Post-Pay-Go-Box, sondern eine Pre-Pay-Box zu kaufen. Diese habe der Zeuge mit 100 Euro aufgeladen, was er mit einem Beleg nachweisen könne. Am Montag darauf habe er seine Frau gebeten, eine Mastercard zu ordern, was sie auch getan habe.

Der Zeuge sei beim Go-Box-Kauf nicht davon informiert worden, dass eine Umstellung vom Pre-Pay-System auf das Post-Pay-System wieder bei der Verkaufsstelle erfolgen müsse. Er hätte somit für diese Umstellung wieder nach S. fahren müssen, was er aber erst im Gefolge des gegenständlichen Vorfalles erfahren habe. Diese Problematik sei deshalb erst im August aufgefallen, da mit dem gegenständlichen Fahrzeug kaum auf der Autobahn gefahren werde und auf der Pre-Pay-Go-Box ein Guthaben von 100 Euro aufgeladen gewesen sei. So sei es passiert, dass die 100 Euro sukzessive verbraucht worden seien, und zwar genau zu dem Zeitpunkt der gegenständlichen Fahrt des Bw.

Der Zeuge habe bis zum gegenständlichen Vorfall geglaubt, dass auf Grund des Besitzes der Mastercard zunächst die 100 Euro abgebucht würden und dann der jeweilige Fahrer die Abbuchung mittels Mastercard vornehmen würde.

Gegen das Ersatzmautangebot habe der Zeuge Einspruch erhoben und die 200 Euro an die A. direkt bezahlt. Die A. habe die 200 Euro 14 Tage später wieder rückübermittelt.

 

Der Zeuge legte die Ersatzmautzahlungsaufforderung der A. vom 6.8.2004 vor. Mit Schreiben vom 20.8.2004 sei seitens der Firma R. "Einspruch" erhoben worden mit der Begründung, dass sie aus ihrer Sicht für die Maut gerüstet gewesen sei. Aus einer Umsatzübersicht ergebe sich, dass die von der Firma R. am 15.9.2004 überwiesene Ersatzmaut von der A. am 21.9.2004 rücküberwiesen worden sei.

 

Der Zeuge erklärte, dass die Fristversäumung für die Ersatzmautzahlung darauf zurückzuführen sei, dass er den "Einspruch" verfasst und daraufhin mehrmals mit der A. telefoniert habe. Auf Grund dieser Telefonate habe er dann die Ersatzmaut doch bezahlt.

Das System funktioniere so, dass, wenn man eine Kreditkarte habe und der A. die Kartennummer bekannt gebe und die A. außerdem die Nummer der Go-Box kenne, dann werde von der Karte über die A. automatisch abgebucht. Dies sei das Post-Pay-System.

Der Zeuge R. habe aber diesbezüglich nicht mit der A. telefoniert, weil er gedacht habe, die Umstellung gehe automatisch. Das dies nicht so sei, habe er im Zuge des gegenständlichen Vorfalls erfahren.

Der Bw sei kein Fernfahrer, sondern ein Kranfahrer, der nur ab und zu die Autobahn benutze. Es habe daher auch keine Schulung über die Funktionsweise der Go-Box gegeben. Der Zeuge selber sei desinformiert gewesen.

 

Dem Zeugen wurde vorgehalten, dass nach der Mautordnung auch die Visacard verwendbar sei und die Umstellung vom Pre-Pay-System auf das Post-Pay-System bei jeder Vertriebsstelle erfolgen könne, sogar bei unbemannten.

Der Zeuge sagte dazu aus, dass er mit bestem Gewissen behaupten könne, von der A.-Mitarbeiterin in S. eine andere Auskunft erhalten zu haben. Allerdings habe die Verkäuferin die Visacard nicht angesehen und beim Ankauf der Go-Box habe er keine Informationen bezüglich Umstellen vom Pre-Pay-System auf das Post-Pay-System bekommen.

 

Der Bw räumte ein, dass er sich nach der gängigen Rechtsauffassung über die Rechtslage zu erkundigen gehabt hätte. Gegenständlich sei es aber so gewesen, dass er einen Lkw mit installierter Go-Box übernommen habe und er nicht von Seiten des Arbeitgebers entsprechend informiert worden sei. Wenn überhaupt, läge nur leichte Fahrlässigkeit vor, sodass mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden könne. In eventu werde die Anwendung des § 20 VStG beantragt. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass der Bw die Erfahrung gemacht habe, dass die Box ja funktioniert habe, wenn er gelegentlich die Autobahn benützt habe. Es sei daher für ihn die Situation unvorhergesehen gewesen.

 

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

 

Punkt 8.2.4.2. der Mautordnung besagt u.a., dass der Kraftfahrzeuglenker im eigenen Ermessen und in eigener Verantwortung für ein rechtzeitiges Wiederaufladen des Mautguthabens zu sorgen hat.

 

Punkt 8.2.4.3.2. der Mautordnung besagt, dass der Nutzer (Lenker) währen der Fahrt u.a. folgendes akustisches Signal zu beachten hat: Vier kurze Signal-Töne: Es hat keine Mautentrichtung stattgefunden, weil insbesondere vom Nutzer Bestimmungen der Mautordnung Teil B nicht beachtet wurden oder bei GO-Box Sperre aufgrund technischer Mängel bzw. festgestellter Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Mauteinhebung eingetreten ist. In diesem Fall hat dann jeder Nutzer seiner Nachzahlungsverpflichtung im Sinne von Punkt 7.1 im vollem Umfang nachzukommen, andernfalls der Tatbestand der Mautprellerei gemäß Punkt 10 verwirklicht wird.

 

Gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung besteht für ordnungsgemäß zum Mautsystem und mit einem zugelassenen Fahrzeuggerät ausgestattete Kraftfahrzeuge die Möglichkeit der Nachzahlung der Maut im Falle einer Nicht- oder Teilentrichtung der geschuldeten Maut, die auf technische Gebrechen des zugelassenen Fahrzeuggerätes oder des Mautsystems, auf einen zu niedrigen Pre-Pay-Kontostand, ein gesperrtes Zahlungsmittel oder die Verwendung einer falschen (zu niedrigen) Kategorie zurückzuführen ist; dies jedoch ausnahmslos nur wenn alle in der Mautordnung näher definierten Bedingungen erfüllt werden.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs. 2 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 zu keiner Betretung, so hat die A. den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organes der öffentlichen Aufsicht beruht und die Geltendmachung der Haftung gemäß § 23 weder offenbar unmöglich noch wesentlich erschwert sein wird. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen drei Wochen ab Ausfertigung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

 

5.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw eine Mautstrecke ohne ordnungsgemäße Mautentrichtung (nämlich ohne ausreichendem Mautgut-haben) benützt hat. Unstrittig ist ferner, dass der Zulassungsbesitzer gem. § 19 Abs. 4 BStMG zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden ist.

Dem Einwand des Bw, dass er nicht über die Handhabung bzw. Funktionsweise der GO-Box unterrichtet worden sei, ist entgegenzuhalten, dass der Lenker verpflichtet ist, sich mit den rechtlichen und faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung mautpflichtiger Strecken auf geeignete Weise vertraut zu machen. Diesbezügliche Informationen sind u.a. der Mautordnung zu entnehmen, die kostenlos im Internet bzw. gegen geringe Gebühr bei der A. erhältlich ist. Dies ist gegenständlich offensichtlich nicht geschehen.

Dem Vorbringen des Bw, er habe keine Möglichkeit gehabt, die Go-Box aufzuladen und auf der Go-Box sei lediglich die Einstellung der Achsenzahl ablesbar, ist mit Punkt 8.2.4.2. der Mautordnung entgegenzuhalten, dass der Lenker vor Benützung einer Mautstrecke in eigener Verantwortung für ein rechtzeitiges Wiederaufladen des Mautguthabens zu sorgen hat und ihm dieses Wiederaufladen bei jeder Go-Box-Vertriebsstelle auch problemlos möglich ist. Weiters wurde der Bw durch die akustischen Signale der Go-Box gem. Punkt 8.2.4.3.2. der Mautordnung auf den Guthabenstand hingewiesen (viermaliges Piepsen bei jeder Durchfahrt eines Mautportals bei Nichtentrichtung der Maut bzw. zweimaliges Piepsen, nachdem das Guthaben bei der GO-Box 30 Euro unterschritten hatte). Im Übrigen bietet Punkt 7. der Mautordnung für Fälle wie diesen die Möglichkeit einer Nachentrichtung der Maut an. Es obliegt aber dem Lenker, diese Nachentrichtung zu initiieren. Dies ist gegenständlich offensichtlich nicht geschehen.

Dem Bw ist daher vorzuwerfen, dass er nicht für ein ausreichendes Guthaben Vorsorge getroffen hat, wodurch es zur Benützung einer mautpflichtigen Strecke ohne Mautentrichtung gekommen ist. Weiters hat der Bw die akustischen Signale der GO-Box nicht beachtet. Auf die Nachzahlungsmöglichkeit im Sinne von Punkt 7.1 der Mautordnung für Fälle wie diesen (vgl. dazu Punkt 5.4.2 der Mautordnung) sei nochmals verwiesen.

 

Dem Vorbringen, der Zulassungsbesitzers habe die Ersatzmaut bezahlt, ist entgegenzuhalten, dass das Ersatzmautangebot mit Schreiben vom 6.8.2004 ("Ausfertigung" - § 19 Abs. 4 BStMG), die Einzahlung jedoch erst am 15.9.2004 erfolgte. Damit wurde die gesetzlich vorgesehene dreiwöchige Frist für die Bezahlung der Ersatzmaut überschritten. Schon aus diesem Grund war die Entrichtung der Ersatzmaut unwirksam. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass in den Erläuterungen zum Ersatzmautangebot - unbestritten - detailliert über die Dauer und die Berechnung der Frist sowie über die Konsequenzen ihrer Versäumung aufmerksam gemacht wurde. Das Ersatzmaut-Angebot enthält neben einer Tatbeschreibung mit Auflistung aller Kontrollfälle, die gesetzlichen Grundlagen des BStMG, die Deliktnummer, die Bankverbindung auf dem beigegebenen Zahlschein, die Zahlungsfrist und vor allem die Höhe der Ersatzmaut. Zur ausdrücklich mit drei Wochen angegebenen Zahlungsfrist erfolgt noch folgender Hinweis: "Die Frist von drei Wochen berechnet sich ab dem Tag der Ausstellung dieser Forderung." Ferner wird darauf aufmerksam gemacht, dass die Risiken des Überweisungsverkehrs den Zulassungsbesitzer treffen und dass die Überweisung mehrere Tage in Anspruch nehmen kann. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass verspätete Einzahlungen rücküberwiesen und in einem nachfolgenden Behördenverfahren nicht berücksichtigt werden. Schließlich ist eine Telefonnummer eines Informationsdienstes zur Zahlungsaufforderung angegeben. § 19 Abs. 4 BStMG schreibt lediglich vor, dass die Aufforderung eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten hat. Das Vorhandensein dieser Angaben wurde nicht bestritten bzw. durch die vorgelegten Belege bestätigt. Die Ansicht des Zulassungsbesitzers, der Schriftverkehr mit der A. würde die Frist hemmen, ändert nichts daran, dass das Fristversäumnis den Strafausschließungsgrund der (rechtzeitigen) Ersatzmautentrichtung nicht zustande kommen ließ.

Wenn der Bw die Meinung vertritt, dass ihn keinerlei Lenkerverpflichtungen in Zusammenhang mit der Benutzung von Mautstrecken treffen, ist mit § 8 Abs. 2 BStMG zu entgegnen, dass sich der Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden hat. Gemäß Punkt 8.2.4.2. der Mautordnung hat sich der Lenker vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die Funktionstüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als zwei Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage). Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gemäß Punkt 8.2.2.

Wenn der Bw im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens äußerte, die A. könne zivilrechtlich gegen eine nicht ordnungsgemäße Mautentrichtung vorgehen und es keines Verwaltungsstrafverfahrens bedürfe, ist ihm mit § 20 Abs. 2 BStMG entgegen zu halten, wonach eine Verwaltungsübertretung begeht, wer eine Mautstrecke benützt, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten. Folgerichtig kam es deshalb zu einer Anzeige der A..

Wenn auch anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Tage getreten ist, dass der Zulassungsbesitzer (Arbeitgeber) versucht hat, für die Voraussetzungen zur ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut zu sorgen, ist ihm dennoch vorzuwerfen, dass er sich insbesondere betreffend der verschiedenen Zahlungsmodalitäten nicht ausreichend (z.B. über die Mautordnung) informiert hat. Jedenfalls konnte der Zulassungsbesitzer nicht davon ausgehen, dass ein Vertragsabschluss mit einem Kreditunternehmen alleine - ohne zusätzliche Kontaktnahme mit der A. (über jede Go-Box-Vertriebsstelle) - bereits ein automatisches Umstellen der Zahlungsmodalität (Umstellung der Go-Box vom Pre-Pay- zum Post-Pay-Verfahren) bewirkt. Keinesfalls entbinden etwaige (vergebliche) Aktivitäten des Zulassungsbesitzers, für eine ordnungsgemäße Entrichtung der Maut zu sorgen, den Lenker (=Bw) von seinen Lenkerverpflichtungen.

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und - da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind - auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend wirkt eine Rechtsunkenntnis bzw. eine vorliegende Unkenntnis der Gebrauchsvorschriften für die GO-Box. Wie sich nicht zuletzt aus den schriftlichen Rechtfertigungen des Bw ergibt, hat sich dieser offensichtlich in keiner Weise mit den rechtlichen und faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung mautpflichtiger Straßen vertraut gemacht. Dieser Verpflichtung ist er nicht nachgekommen. Die Nichtentrichtung der Maut am Tattag ist dem Bw durch die akustischen Signale zur Kenntnis gelangt oder hätte ihm bei gehöriger Aufmerksamkeit zur Kenntnis gelangen müssen. Obwohl der ermittelte Sachverhalt wenig Anhaltspunkte dafür bietet, sei im Zweifel zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit ausgegangen, die entgegen der Rechtsansicht des Bw zur Strafbarkeit ausreicht.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass ohnehin die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde. Mildernd wirkt lediglich die Unbescholtenheit. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt wäre. Bei An-wendung derselben Strafbemessungsgründe war die Ersatzfreiheitsstrafe auf 34 Stunden herabzusetzen; dies erspart dem Bw die Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

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