Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160022/11/Kof/He

Linz, 11.11.2004

 

 

 VwSen-160022/11/Kof/He Linz, am 11. November 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn DM vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. CP gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 30.8.2004, VerkR96-25571-2002, wegen Übertretungen des § 4 StVO nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2004 einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat 20 % der verhängten Geldstrafen zu zahlen.

 

 

Der Berufungswerber hat somit zu entrichten:

377 Euro

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt insgesamt (48 + 48 + 24 =) ....................120 Stunden.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19 und 24 VStG.

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

 
 

Entscheidungsgründe:

Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das in der Präambel zitierte Straferkenntnis wie folgt erlassen:

"Sie haben am 27.09.2002 um 03.00 Uhr im Gemeindegebiet Traun, auf der B 1, Wiener Bundesstraße, Nähe Kreuzung Pizzamannstraße - B 1, bei Strkm. 193,20, aus Fahrtrichtung Linz kommend, das KFZ mit dem pol. Kz...... gelenkt, und es dabei nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem Ihr Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, unterlassen,

  1. das von Ihnen gelenkte Fahrzeug sofort anzuhalten,
  2. an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, weil Sie sich vom Unfallort entfernten und daher Ihre Fahrtauglichkeit nicht mehr festgestellt werden konnte,
  3. die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten bzw. der Personen, in deren Vermögen der Schaden entstanden ist, unterblieben ist.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

  1. § 4 Abs.1 lit.a und § 99 Abs.2 lit.a Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960)
  2. § 4 Abs.1 lit.c und § 99 Abs.2 lit.a Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960)
  3. § 4 Abs.5 und § 99 Abs.3 lit.b Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960)

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Gemäß

1. 109 Euro

48 Stunden

§ 99 Abs.2 lit.a StVO 1960

2. 109 Euro

48 Stunden

§ 99Abs.2 lit.a StVO 1960

3. 72 Euro

24 Stunden

§ 99 Abs.3 lit.a StVO 1960

Summe: 290 Euro

  

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

29 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10 % der Strafe

(je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/...........) beträgt daher 319 Euro."

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 21.9.2004 eingebracht.

 

 

 

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:

 

Am 10.11.2004 wurde beim UVS eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an welcher der Bw, dessen Rechtsvertreter sowie die Zeugen Herr P.T. (= Unfallgegner des Bw) sowie Frau S.T. (Beifahrerin im Pkw des Bw) teilgenommen haben.

 

Aus dem Verfahrensakt sowie der öffentlichen mündlichen UVS-Verhandlung ergibt sich nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

 

Der Bw lenkte am 27.9.2002 um 03.00 Uhr einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten Pkw auf der B 1 - Wiener Bundesstraße von Linz kommend in Fahrtrichtung Wels. Bei Strkm. 193,20 (=Gemeindegebiet Traun) kollidierte er seitlich mit dem entgegenkommenden Pkw, gelenkt von Herrn P.T.

Beide Fahrzeuge wurden bei diesem Verkehrsunfall auf der jeweils linken Seite stark beschädigt; siehe den im Verfahrensakt enthaltenen Unfallbericht des Gendarmerieposten Traun, insbesondere die darin enthaltenen Lichtbilder (Kopien).

 

Der Bw hielt seinen Pkw nicht an, sondern fuhr weiter und stellte diesen am Gelände eines näher bezeichneten Autohauses - welches ca. 200 Meter von der Unfallstelle entfernt ist - ab. Der Bw stieg aus, begutachtete den Schaden an seinem Pkw und telefonierte mit seinen Eltern.

 

Da der Bw vom Abstellplatz seines Pkw aus weder den Unfallgegner (Herrn P.T.), noch dessen Pkw gesehen hatte, ging er nach ca. 10 Minuten - in der Annahme, der Unfallgegner habe nicht an der Unfallstelle angehalten -- nicht zur Unfallstelle zurück, sondern mit seiner Beifahrerin, welche in unmittelbarer Nähe wohnt, (zu ihr) nachhause.

 

Der Unfallgegner des Bw, Herr P.T. hielt unmittelbar nach dem Verkehrsunfall am Straßenrand an.

Anschließend stieg er aus und hielt nach dem Unfallgegner (= der Bw) Ausschau, welchen er jedoch nicht sehen konnte. Da er kein Handy mithatte, hielt er einen vorbeikommenden Lkw-Lenker an, welcher die Gendarmerie verständigte.

 

Diese kam nach ca. 10 Minuten und begann nach der Sachverhaltsaufnahme.

 

Der Gendarmerieposten Traun hat mit Verkehrsunfallanzeige vom 15.10.2002 an den Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Linz-Land gegen den Bw wegen des Vergehens nach § 94 StGB Anzeige erstattet.

Der Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Enns hat am 16.4.2003, GZ: 11 BAZ 792 /02a das Strafverfahren gegen den Bw gemäß § 90 Abs.1 StPO zurückgelegt.

 

Gemäß Art. IV Abs. 2 Verkehrsrecht-Anpassungsgesetz 1971 ist die Zeit von der Erstattung der Strafanzeige wegen eines Verkehrsunfalles (= 15.10.2002) bis zum Einlangen der Mitteilung bei der zuständigen Verwaltungsbehörde, dass die Anzeige wegen eines Verkehrsunfalles vom öffentlichen Ankläger zurückgelegt wurde (= 18.4.2003) in die Verjährungsfrist (§ 31 Abs.2 VStG) nicht einzurechnen.

 

Die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 6.5.2003, VerkR96-25571-2002 wurde daher innerhalb der in § 31 Abs.2 VStG enthaltenen sechsmonatigen Frist erlassen, sodass Verfolgungsverjährung nicht eingetreten ist.

 

Wurde das gerichtliche Strafverfahren gemäß § 90 Abs.1 StPO - mangels Erfüllung eines gerichtlich strafbaren Tatbestandes - zurückgelegt, so darf eine Bestrafung wegen einer Verwaltungsübertretung stattfinden;

VwGH vom 23.3.1984, 81/02/0387 - zitiert in Pürstl-Somereder, StVO, 11. Auflage, E212 zu § 99 StVO (Seite 1043).

 

Gemäß § 4 Abs.1 lit.a StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.

 

Von einem sofortigen Anhalten iSd Bestimmung kann nicht die Rede sein, wenn das beteiligte Fahrzeug nicht unmittelbar nach Kenntnisnahme des Verkehrsunfalles am Unfallort, sondern erst in einiger Entfernung (hier: 200 Meter) davon angehalten wird; VwGH vom 19.2.1982, 81/02/0276 -zitiert in Pürstl-Somereder, aaO, E33 zu § 4 StVO (Seite 69); in diesem Erkenntnis hat der VwGH ausgesprochen, dass eine Anhaltung von 40 Meter nach dem Unfallort nicht als "sofortiges Anhalten" iSd § 4 Abs.1 lit.a StVO angesehen werden kann.

 

Der Bw ist möglicherweise nach dem Verkehrsunfall kurz stehen geblieben und erst anschließend zum Parkplatz des Autohauses weitergefahren;

vgl. die Zeugenaussage der Frau S.T. bei der UVS-Verhandlung.

Der Tatbestand nach § 4 Abs.1 lit.a StVO ist jedoch auch dann verwirklicht, wenn der mit einem Verkehrsunfall in einem ursächlichem Zusammenhang stehende Lenker eines Kfz aus irgendwelchen Gründen kurz anhält, dann aber sofort weiterfährt, ohne den Lenkerverpflichtungen nachzukommen; VwGH vom 2.7.1979, 1781/77 - zitiert in Messiner, StVO, 10. Auflage, E51 zu § 4 StVO (Seite 107).

 

Der Bw hat daher den Tatbestand nach § 4 Abs.1 lit.a StVO verwirklicht.

 

Gemäß § 4 Abs.1 lit.c StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.

 

Der Lenker eines Fahrzeuges, der nach einem Verkehrsunfall die Fahrt ohne anzuhalten fortsetzt und nicht wieder rechtzeitig zur Feststellung des Sachverhaltes zur Unfallstelle zurückkehrt, übertritt mit diesem (einen) Verhalten nicht nur § 4 Abs.1 lit.a, sondern auch § 4 Abs.1 lit.c StVO, VwGH vom 9.11.1988, 88/03/0047 - zitiert in Messiner, aaO, E61 zu § 4 StVO (Seite 108).

 

Tatsache ist, dass der Bw - nachdem er seinen Pkw am Parkplatz des Autohauses, welcher ca. 200 Meter von der Unfallstelle entfernt ist, angehalten hat - nicht zur Unfallstelle zurückgekehrt ist. Dass der Bw aus dieser Entfernung den Pkw des Unfallgegners nicht gesehen hat, mag durchaus zutreffen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Bw verpflichtet gewesen wäre, zur Unfallstelle zurückzugehen.

Dass ihm dieses "Zurückgehen" zum Ort des Verkehrsunfalles unzumutbar gewesen wäre, behauptet der Bw selbst nicht.

 

Der Bw hat somit auch den Tatbestand des § 4 Abs.1 lit.c StVO verwirklicht.

 

Wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, haben die in § 4 Abs.1 StVO genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmerie-dienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen.

Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn diese Personen einander ihren Namen und ihre Anschriften nachgewiesen haben (§ 4 Abs.5 StVO).

 

Der Bw hat weder mit dem Unfallgegner, Herrn T.P. Name und Adresse ausgetauscht noch vom Verkehrsunfall die nächste Gendarmeriedienststelle verständigt. Gegenteiliges behauptet der Bw selbst nicht.

 

Der Bw hat somit auch den Tatbestand des § 4 Abs.5 StVO erfüllt.

 

Zusammenfassend ist nochmals festzustellen:

Die Gendarmerie hat ca. 10 Minuten nach dem Unfall mit der Sachverhaltsaufnahme begonnen; siehe den im Verfahrensakt enthaltenen Unfallbericht sowie die Zeugenaussage des Unfallgegners des Bw, Herrn P.T.

 

Der Bw wäre objektiv verpflichtet gewesen und subjektiv - insbes. da er beim Verkehrsunfall nicht verletzt wurde - in der Lage gewesen, nach dem Verkehrsunfall

 

 

 

Die einzige "Maßnahme", welche der Bw nach dem Verkehrsunfall gesetzt hat, war, dass er bei Nacht (ca. 3.00 Uhr) vom Parkplatz des Autohauses F., wo der Bw nach dem Verkehrsunfall seinen Pkw abgestellt hatte, somit aus einer Entfernung von ca. 200 m in Richtung Unfallstelle gesehen hat und dort weder den Unfallgegner, noch dessen Pkw erkennen konnte.

 

Allein aufgrund dieser vermeintlichen Beobachtung durfte der Bw niemals den Schluss ziehen, der Unfallgegner habe die Unfallstelle verlassen bzw. Fahrerflucht begangen; Überdies wird die Verpflichtung zum sofortigen Anhalten nicht dadurch außer Kraft gesetzt , dass der Unfallgegner nicht ebenfalls sofort anhält; VwGH vom 21.12.1992, 91/03/0298 - Pürstl - Somereder, aaO, E49 zu § 4 StVO (Seite 71).

 

Tatsache ist, dass der Unfallgegner angehalten hat, an der Unfallstelle verblieb, die Gendarmerie verständigen ließ, welche nach ca. 10 Minuten zur Unfallstelle kam und die Unfallaufnahme durchgeführt hat.

 

Dem Bw ist somit sein Verhalten auch subjektiv vorwerfbar - es liegt jedenfalls fahrlässiges Verhalten iSd § 5 Abs.1 VStG vor!

 

Die Berufung ist daher hinsichtlich des Schuldspruches abzuweisen.

 

Betreffend die Strafbemessung wird auf die zutreffende Begründung im Straferkenntnis der belangten Behörde verwiesen;

ein derartiger Verweis ist nach der Rechtsprechung des VwGH zulässig - siehe die

Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I, E 48, E 58 und E 60 zu § 60 AVG (Seite 1049ff) zitierten VwGH-Entscheidungen.

 

Zusätzlich wird auf die Erkenntnisse des VwGH vom 20.3.2003, 99/03/0316 sowie v. 29.6.1994, 92/03/0269 verwiesen, in welchen Geldstrafen bei Übertretungen nach

als rechtmäßig bestätigt wurden.

 

Die von der belangten Behörde festgesetzten Geldstrafen sind zum Teil deutlich niedriger und daher keinesfalls als überhöht anzusehen.

 

Die Berufung ist daher auch hinsichtlich der verhängten Geldstrafen bzw. der Strafhöhen abzuweisen.

 

 

 

 

Gemäß § 64 Abs.2 VStG beträgt der Kostenbeitrag für das Verfahren I. Instanz 10 % und für das Berufungsverfahren weitere 20 % der verhängten Strafen (= 29 bzw. 58 Euro).

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Kofler

 

 
Beschlagwortung:
§ 4 Abs.1 lit.a, § 4 Abs.1 lit.c, § 4 Abs.5 StVO

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