Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300686/2/Gf/Sta

Linz, 04.07.2005

VwSen-300686/2/Gf/Sta Linz, am 4. Juli 2005

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des M B, G, S, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Steyr vom 30. Mai 2005, Zl. Pol-165/04, wegen zwei Übertretungen der Rechtsanwaltsordnung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Beschwerdeführer hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 66 Abs. 1 VStG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Steyr vom 30. Mai 2005, Zl. Pol-165/04, wurde über den Beschwerdeführer jeweils eine Geldstrafe in Höhe von 500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 48 Stunden) verhängt, weil er es als Obmann eines Vereines zu vertreten habe, dass einerseits in einem Schreiben vom 13. Mai 2004 in einem Konkursfall sowie durch Abgabe einer Vollmachtsbekanntgabe an das BG Steyr am 3. Mai 2005 eine den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit ausgeübt wurde; dadurch habe er jeweils eine Übertretung des § 8 der Rechtsanwaltsordnung, RGBl.Nr. 96/1868, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 128/2004 (im Folgenden: RAO), begangen, weshalb er gemäß § 57 Abs. 2 RAO zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der dem Rechtsmittelwerber angelastete Sachverhalt auf Grund einer Anzeige der Oö. Rechtsanwaltskammer als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe hervorgekommen; auf die vom Beschwerdeführer selbst angegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse sei entsprechend Bedacht genommen worden.

1.2. Gegen dieses ihm am 2. Juni 2005 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 8. Juni 2005 - und damit rechtzeitig - unmittelbar bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass der Verein keine entgeltlichen Parteienvertretungen durchgeführt habe, zumal dieser lediglich kostendeckend arbeite. Außerdem hindere § 8 RAO nicht daran, jemandem einen Rat zu erteilen oder juristischen Beistand zu leisten, ohne einen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen.

Schließlich erweise sich der Spruch des Straferkenntnisses insbesondere im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal der gewerbsmäßigen Begehung als nicht ausreichend konkretisiert.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu eine Herabsetzung der verhängten Strafe beantragt.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Steyr zu Zl. Pol-165/04; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses entspricht insofern nicht den Anforderungen des § 44a Z. 1 VStG, weil danach völlig offen bleibt, durch welches konkrete Verhalten der Rechtsmittelwerber eine den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit ausgeübt haben soll. Allein die "Verfassung eines Schreibens", wie dies im Spruch angeführt ist, ist nämlich nicht schon per se geeignet, diesen Tatbestand zu erfüllen. Vielmehr hätte die belangte Behörde näher umschreiben müssen, auf Grund welcher Formulierungen in diesem Schreiben welche Vorschriften der RAO als verletzt anzusehen sind.

3.2.1. Gemäß § 57 Abs. 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 und 2 RAO begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 6.100 Euro zu bestrafen, der unbefugt die den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit der umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung ausübt.

Von diesem Vorbehalt ist jedoch nach § 8 Abs. 3 RAO einerseits die Parteienvertretung auf Grund sonstiger gesetzlicher Bestimmungen sowie die Auskunftserteilung oder Beistandsleistung durch Personen oder Vereinigungen, soweit sie nicht unmittelbar oder mittelbar dem Ziel wirtschaftlicher Vorteile dieser Personen oder Vereinigungen dient, explizit ausgenommen.

3.2.2. Im gegenständlichen Fall ist der Verein des Beschwerdeführers als Parteienvertreter in einem bezirksgerichtlichen Verfahren eingeschritten.

Anders als § 10 Abs. 1 AVG für das Verfahren vor den Verwaltungsbehörden lässt § 29 ZPO auch in jenen Zivilverfahren, in denen kein Anwaltszwang herrscht, eine Bevollmächtigung von bzw. eine Vertretung durch juristische Personen nicht zu (vgl. OGH v. 25. Mai 1993, 5 Ob 514/93).

Damit ein solches Verhalten - von den prozessualen Konsequenzen einer demgemäß rechtswidrigen Handlung abgesehen - jedoch darüber hinaus auch die Qualität einer behördlich strafbaren Übertretung erlangt, hätte die belangte Behörde - eben davon ausgehend, dass eine "sonstige gesetzliche Bestimmung" i.S.d.
§ 8 Abs. 3 RAO im gegenständlichen Fall nicht vorliegt - feststellen und entsprechend belegen müssen, dass der Rechtsmittelwerber diese Parteienvertretung nicht bloß (wie im Spruchpunkt 2. angeführt) "gewerbsmäßig" (wofür eine bloße Gewinnerzielungsabsicht hinreicht), sondern sogar "berufsmäßig" (also im Sinne eines Beitrages zur Sicherung seines Lebensunterhaltes) ausübt. [Dass es sich nicht um eine bloße (unentgeltliche) Beistandsleistung i.S.d. § 8 Abs. 3 RAO handelte, hat die Erstbehörde hingegen auf Grund des insoweit unmissverständlichen Wortlautes der "Vollmachtsbekanntgabe" vom 3. Mai 2004 hingegen zutreffend beurteilt.]

Tatsächlich finden sich hiefür aber weder in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses noch im vorgelegten Akt entsprechende Anhaltspunkte, geschweige denn stichhaltige Nachweise - ganz abgesehen davon, dass in dessen Spruch entgegen § 44a Z. 2 VStG auch die Bestimmung des § 9 VStG nicht angeführt ist.

3.3. Im Ergebnis war daher aus allen diesen Gründen der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. G r o f

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