Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160082/6/Br/Gam

Linz, 22.12.2004

 

 

 VwSen-160082/6/Br/Gam Linz, am 22. Dezember 2004

DVR.0690392
 
 
 
 
 
 

E R K E N N T N I S
 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Dr. E K Rechtsanwalt, S, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 19. Oktober 2004,
Zl.: VerkR96-537-2004, wegen einer Übertretung der StVO 1960, nach der am
22. Dezember 2004 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

  1. Der Berufung wird im Punkt 1) Folge gegeben; das Straferkenntnis wird in diesen Punkten behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z2 VStG betreffend eingestellt; im Punkt 2) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 19, § 24, § 45 Abs.1 Z2, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG;

 

II. Zum Punkt 1) entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge; im Punkt 2) werden dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten als Kosten für das Berufungsverfahren 14,40 Euro auferlegt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 und § 64 Abs.1 u. 2, VStG;

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber zwei Geldstrafen (je 72 Euro und im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 24 Stunden) wegen Übertretungen nach § 38 Abs.5 iVm § 38 Abs.1 lit.d und § 52 lit.a Z6 c StVO 1960, jeweils iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 verhängt, weil er am 22.11.2003 um ca.
14.35 Uhr den PKW, Kennzeichen auf der Pyhrnautobahn A 9 bei Akm. 28,374 im Gemeindegebiet von Klaus in Richtung Wels gelenkt habe, wobei er

  1. als Lenker eines Fahrzeuges bei rotem Licht als Zeichen für "Halt" das Fahrzeug nicht vor dem Lichtzeichen angehalten habe und
  2. als Lenker entgegen dem Verbotszeichen "Fahrverbot für alle Kraftfahrzeuge" gefahren sei.

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte in der Begründung des Straferkenntnisses inhaltlich Folgendes aus:

"Die im Spruch angeführten Verwaltungsübertretungen sind durch das Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen.

 

Im gegenständlichen Verfahren haben Sie die Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen bestritten und Sie rechtfertigten sich im wesentlichen dahingehend, dass zum Vorfallszeitpunkt beim Überkopfwegweiser auf der Autobahnabfahrt Klaus kein Rotlicht eingeschaltet war und auch die Umleitung nicht aktiviert war. Eine rechtswirksame Verordnung für die Sperre wird bezweifelt. Als Zeugen werden Herr K T und Herr DI. G J benannt.

 

Hierüber hat die Behörde nachstehendes erwogen:

 

Die Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen wurden durch die dienstliche Wahrnehmung eines Gendarmeriebeamten der Autobahngendarmerie Klaus festgestellt. Die Behörde geht davon aus, dass einem ausschließlich im Verkehrsüberwachungsdienst tätigen Gendarmeriebeamten zugebilligt werden kann, dass Ihnen angelastete Verhalten richtig und objektiv festzustellen sowie wiederzugeben.

 

Als Zeuge am 13.9.2004 einvernommen gibt RI T der VAASt Klaus zusammenfassend an, dass wegen einer fotogrammetrischen Vermessung einer Unfallstelle durch den Gendarmerieposten Kirchdorf/Krems die A 9 in Fahrtrichtung Linz bei der Abfahrt Klaus am 22.11.2003 in der Zeit von 14,18 Uhr bis 15,08 Uhr gesperrt wurde (auf eine im Akt befindliche Beilage wurde verwiesen) und der Verkehr für die Dauer der Sperre von der A 9 bei der Abfahrt Klaus auf die B 138 abgeleitet. Für diese Sperre wurde von der Autobahnmeisterei Ardning beim Überkopfwegweiser bei Km. 28,374 beide Lichtsignale auf Rot geschaltet sowie die Einblendung der Verkehrszeichen "Fahrverbot (in beiden Richtungen)" mit dem Zusatz "Autobahn gesperrt" angezeigt. Es wären jedoch einige Fahrzeuglenker trotz Sperre auf der Autobahn weitergefahren und wurden daher von den Beamten angehalten und beamtshandelt.

 

Als Zeuge am 2.4.2004 einvernommen gibt Herr K T unter anderem an, dass er sich am 22.11.2003 als Beifahrer im Fahrzeug, Kennzeichen befunden hätte. Die Fahrt erfolgte auf der A 9 Richtung Linz, den Überkopfwegweiser in Höhe der Ausfahrt Klaus hätte er zu spät wahrgenommen. Im Zuge der Weiterfahrt konnte er keine Abschrankungen auf der Autobahn feststellen und auch die Ampelanlage bei der darauffolgenden Tunneleinfahrt wäre auf grün gestellt gewesen. Als Zeuge am 4.5.2004 einvernommen gibt Herr DI. J G zusammenfassend an, dass er am 22.11.2003 um ca. 14.30 Uhr mit seinem PKW, Kennzeichen die A 9 in Richtung Wels befuhr und beim Überkopfwegweiser grünes Licht ausstrahlte und auch keine Sperre ersichtlich war.

 

Im Hinblick auf die zeugenschaftlichen Aussagen des Gendarmeriebeamten, welche detailliert und überzeugend erscheinen hat die Behörde keinerlei Veranlassung den diesbezüglichen Ausführen keinen Glauben zu schenken. Der Gendarmeriebeamten unterliegt überdies aufgrund seines Diensteides und seiner verfahrensrechtlichen Stellung der Wahrheitspflicht und muß bei deren Verletzung mit straf- bzw. dienstrechtlichen Sanktionen rechnen. Hingegen treffen Sie in Ihrer Eigenschaft als Beschuldigter keine derartigen Pflichten bzw. Sanktionen. Abschließend kann daher festgestellt werden, dass Sie gemäß § 5 Absatz 1 VStG 1991 nicht glaubhaft machen konnten, dass Sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Bei erwiesenem Tatbestand der Ihnen zur Last gelegten Zuwiderhandlungen war sohin spruchgemäß zu entscheiden und die zu verhängenden Geldstrafen unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG 1991 festzusetzen.

 

Bezüglich des Strafausmaßes ist auszuführen:

 

Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO ist für die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen jeweils eine Geldstrafe von bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Arreststrafe von bis zu zwei Wochen vorgesehen.

 

Gemäß § 19 VStG 1991 ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenige Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Nach Abs. 2 dieser Norm sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- u. Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens Bedacht zu nehmen.

 

Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32-35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden und die Einkommens- Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Im konkreten Fall wurden bei der Strafbemessung das Ausmaß Ihres Verschuldens und das Vorliegen einer Vormerkungen bei der BH Gmünd gewertet und somit die Erschwerungs- u. Milderungsgründe gegeneinander abgewogen, sowie Ihre Einkommens- Vermögens- und Familienverhältnisse berücksichtigt. Hiebei wurde von der amtlichen Schätzung ausgegangen, da Sie diese trotz Aufforderung vom 25.5.2004 bis dato nicht bekannt gegeben haben. Die verhängte Geldstrafe erscheint aus den angeführten Gründen dem Erfordernis des § 19 VStG entsprechend. Gegen eine niedere Straffestsetzung sprechen auch general und spezialpräventive Erwägungen; es soll nämlich die Strafe als spürbares Übel sowohl den Täter als auch andere Personen von der Begehung gleichartiger Verwaltungsübertretungen abhalten.

 

Die Entscheidung über die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen."

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen und wie folgt ausgeführten Berufung:
"I. Berufungserklärung:

In außen bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebe ich gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 19. 10. 2004, VerkR96-537-2004,
 

BERUFUNG
 
Ich fechte das vorstehend angeführte Straferkenntnis seinem ganzen Inhalte nach an.
 

II. Berufungsbegründung:

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis erkennt mich die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems für schuldig, dass ich am 22. 11. 2003 um ca. 14.35 Uhr mit meinem PKW Kennzeichen auf der Pyhrnautobahn A 9 bei Akm 28,374 im Gemeindegebiet von Klaus in Richtung Wels gelenkt hätte, wobei ich als Lenker eines Fahrzeuges bei rotem Licht als Zeichen für "Halt" das Fahrzeug nicht vor dem Lichtzeichen angehalten habe und als Lenker entgegen dem Verbotszeichen "Fahrverbot für alle Kraftfahrzeuge" gefahren sei. Ich hätte dadurch die Bestimmungen der § 38 Abs. 5 StVO i.V.m. § 38 Abs. 1 lit. d StVO und
§ 52 lit. a Zif. 6 c StVO verletzt. Das angefochtene Straferkenntnis ist aus mehreren Gründen rechtswidrig: a) Entgegen den Ausführungen der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems war beim Überkopfwegweiser bei Km 28,374 kein Lichtsignal auf Rot geschaltet sowie auch keine Einblendung des Verkehrszeichens "Fahrverbot in beiden Richtungen" mit dem Zusatz "Autobahn gesperrt" angezeigt.

 

Entgegen den Ausführungen der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems ist dem als Zeugen vernommenen Revierinspektor T der Verkehrsaußenstelle Klaus nicht zu folgen. Dieser selbst hatte keine persönliche Wahrnehmung von dem beim Überkopfwegweiser angezeigten Ge- und Verboten. Die am 17. 5. 2004 aufgenommene Niederschrift der Zeugen Revierinspektor K T stellt keine taugliche Grundlage für das gegenständliche Straferkenntnis dar. In dieser Zeugenaussage wurde nur auf die Angaben in der Anzeige verwiesen. Die Anzeige enthält keinen Hinweis darauf, dass der Zeuge selbst den Überkopfwegweiser kontrolliert hat. Schon aus diesem Grund wäre den Ausführungen des Zeugen Revierinspektor K T nicht zu folgen gewesen. Vielmehr wäre den Ausführungen des Zeugen Dipl.-Ing. J G zu folgen gewesen. Dieser hat ganz eindeutig ausgeführt, dass beim Überkopfwegweiser grünes Licht vorhanden war und keine Sperre ersichtlich war. Dabei handelt es sich um einen Zeugen, der tatsächlich eine persönliche Wahrnehmung gemacht hat. Revierinspektor T hat keine persönliche Wahrnehmung gemacht. Bei richtiger Beweiswürdigung hätte somit die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems davon ausgehen müssen, dass beim Überkopfwegweiser bei Km 28,374 der Autobahn A 9, kein Lichtsignal auf rot geschaltet war, sondern grün war und auch kein Fahrverbot angezeigt wurde. Schon aus diesem Grund hätte die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 VStG einstellen müssen.

 

b) Selbst wenn man davon ausgehen sollte, dass beim Überkopfwegweiser bei Straßenkilometer 28,374 auf der A 9 tatsächlich die Lichtsignale auf rot geschaltet waren und die Einblendung des Verkehrszeichens "Fahrverbot in beiden Richtungen" mit Zusatz "Autobahn gesperrt" angezeigt wurden, hätte dennoch die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems keine Strafe verhängen dürfen.

 

Aus der Anzeige ergibt sich, dass die Sperre angeblich von der Autobahnmeisterei Ardning angeordnet wurde. Die Autobahnmeisterei Ardning ist diesbezüglich keinesfalls befugt. Aus dem Verwaltungsstrafakt ergibt sich eine Verordnung des Bundesministeriums für Verkehrs, Innovation und Technologie vom 14. 8. 2003, GZ 138009/69-II/ST5/03. Gemäß Punkt I. dieser Verordnung wurde das Teilstück der Pyhrnautobahn A 9 zwischen den Anschlussstellen "Schön" und "St. Pankraz" einschließlich der Rampen der Anschlussstellen "St. Pankraz" und "Klaus" zur Autobahn erklärt. Gemäß II. dieser Verordnung wurden in diesem neuen Abschnitt Verkehrsbeschränkungen und Verkehrsverbote erlassen, die aus dem der OSAG vorgelegten Plan des Zivilingenieurbüros nast consoluting Ziviltechniker GmbH, Lindengasse 38, 1070 Wien, A 9 Pyhrnautobahn; Abschnitt Schön- Lainberg-Nord, km 25,304 bis 39,518, Stand 7. 8. 2003, GZG 301/02 (969), ersichtlich sind, wobei dieser Plan einen integrierenden Bestandteil dieser Verordnung bildet. Aus diesem Plan ergeben sich bei Straßenkilometer 28,374 folgende Verkehrsbeschränkungen: 80 kmh, 50 kmh, 30 kmh, Autobahn gesperrt, Umleitung Klaus. Eine derartige Verordnung ist von vornherein unbestimmt. Diese Verordnung kann in keiner für die Allgemeinheit ausreichender Sicherheit abgewiesen werden, welche der in der vorhin angeführten Beschränkungen nur tatsächlich wirksam sind. Andererseits ist eine derartige Verordnung in einer derartigen Form absolut undeutlich und in sich widersprüchlich. Es kann wohl nicht gleichzeitig Sperre der Autobahn in Form eines Fahrverbotes erlassen werden und gleichzeitig Geschwindigkeitsbeschränkungen. Wenn die Autobahn gesperrt ist, sind wohl Geschwindigkeitsbeschränkungen obsolet. Inwieweit welche Geschwindigkeitsbeschränkungen gelten, geht aus der Verordnung ebenfalls nicht hervor. Es ergibt sich weder aus dem Text noch aus dem Plan.

 

Im übrigen ergibt sich aus der Verordnung vom 14. 3, 2003 kein Hinweis, warum zum Vorfallszeitpunkt, also konkret am 22. 11. 2003, ein Fahrverbot bestehen sollte. Es ist wohl klar, dass ab dem 14. 8. 2003 oder zumindest zwischen diesen Zeitpunkten ab dem Zeitpunkt des 22. 11. 2003 dieser Autobahnabschnitt sehr wohl benützbar war. Inwiefern dann eine Verordnung erfolgte, dass die Autobahn in diesem Teilstück gesperrt ist, ist aus der Verordnung nicht ersichtlich. Es ist nicht einmal eine weitere Verordungsermächtigung "für irgendwen" ersichtlich. Die Verordnung des Bundesministeriums für Verkehrs, Innovation und Technologie vom 14. 8. 2003 stellt sicherlich keine taugliche Rechtsgrundlage der von der Behörde verhängten Strafe dar.

 

Vollkommen klar ist, dass der Autobahnmeisterei Ardning keine Befugnis eingeräumt ist, Ge- und Verbote in Form einer Verordnung zu erlassen. Aus dem gesamten Verwaltungsstrafakt geht nicht hervor, wer sonst die Verordnung erlassen haben sollte.

Auch geht sonst keine Rechtsgrundlage hervor, auf Grund derer die angeblich vorhandenen Ge- und Verbote angeordnet wurden. Jedenfalls durften - wenn man den Ausführungen in der Anzeige Glauben schenken will - die angeblich vorhandenen Gebote und Beschränkungen auch nicht wegen Gefahr im Verzug angeordnet werden, wenn man davon ausgeht, dass der Grund für die angebliche Dauer der Sperre fotogrammetrische Vermessungsarbeiten waren, wegen eines am Vortag stattgefundenen tödlichen Verkehrsunfalls.

 

Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass keine taugliche Rechtsgrundlage für die von der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems erfolgte Bestrafung vorliegt.

 

III: Berufungsanträge:

Zusammenfassend stelle ich an den Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Oberösterreich nachstehende

 

BERUFUNGSANTRÄGE

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Oberösterreich möge:

  1. eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumen
  2. das angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 19. 10. 2004, Zahl VerkR96-537-2004, aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren gem. § 45 VStG einstellen

 

Gmünd, am 29.10.2004 Dr. E K

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Verfahrensakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer gesondert beantragten öffentlichen mündlichen Verhandlung war hier in Wahrung der durch Art. 6 EMRK intendierten Rechte erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems, Zl.: VerkR96-537-2004.

Dem Akt angeschlossen findet (finden) sich die Verordnung(en) der bezughabenden verkehrsleitenden Beschränkungsmaßnahmen. Diese Akteninhalte wurden im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung verlesen.

 

5. Folgender Sachverhalt gilt aufgrund der Aktenlage als erwiesen:

 

5.1. Der Berufungswerber war offenbar mit seinem PKW auf der im Straferkenntnis angeführten Wegstrecke unterwegs.

Zur Frage der rechtswirksamen Erlassung des hier die Strafe stützenden, jedoch bestrittenen Fahrverbotes ist festzustellen, dass die Ursache hierfür fotogrammetrische Arbeiten nach einem tödlichen Verkehrsunfall am Vortag im auch die Autobahn betreffenden "Auffahrtbereich Klaus" gewesen sind.

Wenn der Berufungswerber im Rahmen der Berufungsverhandlung die sachliche Notwendigkeit zu erschüttern versuchte und diesbezüglich auch den die Sperre begründenden, nämlich den der hier durchgeführten Unfallsrekonstruktion grundliegenden Unfallsakt beizuschaffen beantragte, war diesem Antrag mangels sachlicher Begründung nicht nachzukommen. Diesbezüglich erklärte der im Rahmen der Berufungsverhandlung zeugenschaftlich einvernommene Meldungsleger glaubwürdig, schlüssig und den logischen Denkgesetzen nachvollziehbar, dass er selbst - ohne jedoch hierfür konkret zuständig gewesen zu sein - die Sperre als erforderlich empfunden habe, weil sich die sogenannten "fotogrammetrischen" Arbeiten im Auffahrtsbereich auch unmittelbar auf den dortigen Bereich der Autobahn ausgewirkt hätten. Diese Beurteilungskraft wird dem Straßenaufsichtsorgan durchaus zugemutet und ist hier schon bei logischer Betrachtung wohl kaum in Zweifel zu ziehen. Es wäre alleine den die Fotoaufnahmen aus einer erhöhten Perspektive - etwa von einer Dachtribüne eines Fahrzeuges aus - durchführenden Personen schlechthin unzumutbar, wenn sie dies im unmittelbarem Bereich des Verkehrsflusses, wie er sich auf einer Autobahn typisch darstellt durchführen hätten müssen.

Gleiches gilt für die beantragte Einvernahme des die entsprechende Schaltung ausführenden Bediensteten der Straßenmeisterei, zumal dieser bereits mit dem o.a. Aktenvermerk (Telefax an den Meldungsleger vom 23.11.2004, 15:19 Uhr) die entsprechende zur Sperre der Autobahn führende und demnach diese normativ anordnende Schaltung schlüssig dokumentierte.

Dem Berufungswerber vermag in seiner dies-bezüglichen Darstellung, welche aus seiner Inter-essensperspektive nicht bestraft werden zu wollen durchaus legitim scheinen mag, nicht gefolgt werden. Ihm ist vor allem entgegen zu halten, dass er, im Gegensatz zu allen anderen Fahrzeuglenkern (von wenigen Ausnahmen abgesehen), die offenbar mit dem entsprechenden Verkehrszeichen und zusätzlich zwei auf ROT geschalteten Verkehrslichtsignalanlagen sowie das angezeigte Fahrverbot für alle Kraftfahrzeuge (§ 52a lit.6c StVO 1960) entweder fehlinterpretierte oder die Autobahnsperre bewusst missachtete und sich laut Meldungsleger abermals - im Gegensatz zu den wenigen anderen ebenfalls die Sperre nicht befolgenden Fahrzeuglenker - in der Folge ganz und gar uneinsichtig zeigte (Bildabschnitt oben: Übersichtsdarstellung im Normalfall; unten: die lt. Ml damals vorherrschende Kundmachung der VO). Der Berufungswerber war offenbar nicht bereit ein Organmandat zu bezahlen, sondern forderte die Anzeige und stellte gleichzeitig dem Meldungsleger eine Beschwerde beim LGK in Aussicht.

Wie sich aus der im Akt erliegenden und auszugsweise oben auch im Berufungsbescheid dargestellten Fotodokumentation ergibt, können bei objektiver Betrachtung die "überkopf" angebrachten elektronischen Lichtanlagen, Verkehrs- und Hinweiszeichen wohl kaum übersehen werden, was ja offenbar auch alle anderen, die sich den Anzeigen (der Sperre) konform verhaltenden Verkehrsteilnehmer bewiesen haben. Wenn der Berufungswerber dies nicht einzusehen vermochte spricht das für sich und entzieht sich jeder weiteren Begründbarkeit.

 

6. Rechtlich verweist der unabhängige Verwaltungssenat auf die von der Erstbehörde in zutreffender Weise getätigte Subsumption des Tatverhaltens § 52a lit.6c StVO 1960 - "FAHRVERBOT FÜR ALLE KRAFTFAHRZEUGE" - und die Strafnorm nach § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960.

 

6.1. Zur Frage der Verordnung und deren Kundmachung:

Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat in teilweiser Änderung der VO vom 4.10.1997, GZ. 138009/43-II/A/31/97 die hier verfahrensspezifische Verordnung v. 14.8.2003, GZ. 138009/69-II/ST5/03 auf der A9, Abschnitt "Schön" und "St. Pangratz" mit folgendem Inhalt erlassen:

"In den unter 1. bezeichneten neuen Abschnitt der A9 werden jene Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsgebote und -verbote erlassen, die aus dem von der ÖSAG vorgelegten Plan des Zivilingenieurbüros nast consulting Ziviltechniker GmbH., Lindengasse 38, 1070 Wien, "A 9 Pyhrnautobahn; Abschnitt Schön - Lainberg-Nord, km 25,304 bis 39,518, Stand 07.08.2003, GZG 301/02 (696)", ersichtlich sind, wobei dieser Plan einen integrierenden Bestandteil dieser Verordnung bildet."

Die im Rahmen der Berufungsverhandlung vorliegenden Pläne sind sehr umfangreich, wobei der hier verfahrensspezifische und von der Sperre betroffene Bereich dem Verfahrensakt beigeschlossen und im Rahmen der Berufungsverhandlung ausführlich erörtert wurde. Im Gegensatz zu den Berufungsausführungen ergibt sich aus der o.a. Verordnung - nämlich dem dieser beigeschlossenen Plan - auch der Ermächtigungsumfang der Autobahnsperre falls dies sachlich geboten ist.

6.2. Gemäß § 43 Abs.1a StVO 1960 hat die Behörde zur Durchführung von Arbeiten auf oder neben einer Straße, die zwar vorhersehbar sind und entsprechend geplant werden können, bei denen aber die für die Arbeitsdurchführung erforderlichen Verkehrsregelungen örtlich und/oder zeitlich nicht vorherbestimmbar sind, durch Verordnung die aus Gründen der Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs oder zur Sicherheit der mit den Arbeiten beschäftigten Personen erforderlichen Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsverbote und/oder Verkehrsgebote zu erlassen. In diesen Fällen sind die Organe entweder des Bauführers oder aber - wie hier - über Anordnung der Gendarmerie aus Gründen der Verkehrssicherheit die Autobahnmeisterei ermächtigt, nach Maßgabe der Arbeitsdurchführung den örtlichen und zeitlichen Umfang der von der Behörde verordneten Verkehrsmaßnahmen durch die Anbringung oder Sichtbarmachung der betreffenden Straßenverkehrszeichen mit der Wirkung zu bestimmen, als ob der örtliche und zeitliche Umfang von der Behörde bestimmt worden wäre. Der Zeitpunkt und der Ort (Bereich) der Anbringung (Sichtbarmachung) ist von den Organen - hier der Straßenmeisterei iSd Telefax auf Seite 3 des Aktes - in einem Aktenvermerk (§ 16 AVG) festzuhalten.

Dieser Aktenvermerk belegt hier die Sperre der Autobahn am 22.11.2003 idZ von 14.18 bis 15:08 Uhr.

 

6.2.1. Es entspricht der ständigen und vom Verwaltungsgerichtshof bisher nicht beanstandeten Verwaltungspraxis, dass etwa bei Baustellen die notwendigen Verkehrsmaßnahmen durch Regelpläne bildlich dargestellt werden und diese Regelpläne dann zum Inhalt der entsprechenden Verordnung erklärt werden. Im Hinblick auf den klaren nachvollziehbaren Aufstellungsort der Verkehrzeichen ist die Verordnung eindeutig und entspricht dem "Bestimmtheitsgebot" des Art.7 EMRK.

 

6.3. Durch die Neueinführung besonderer Lichtsignale zur Regelung des Verkehrs auf einzelnen Fahrstreifen soll es ferner auch ermöglicht werden, das Verkehrsgeschehen in bestimmten Situationen zielgerichtet zu beeinflussen (siehe PÜRSTL/SOMEREDER, StVO 11. Aufl. S 513, Rz 17).

In diesem Sinne sind etwa auch für die Fahrstreifensignalisierung Lichtzeichen mit roten gekreuzten Schrägbalken, grün nach unten zeigendem Pfeil und gelb leuchtendem oder blinkendem halb nach rechts oder links zeigendem Pfeil auf nicht leuchtendem Untergrund zu verwenden. Solche Zeichen sind für jeden Fahrstreifen oberhalb des Fahrstreifens anzubringen. Bei entsprechender Schaltung hat sich demgemäß der Verkehrsteilnehmer zu verhalten (mit weiteren Ausführungen dazu insb. VwGH 18.5.2001, 97/02/0298, sowie UVS Tirol v.19.2.2003, 2002/13/156-1).

Wenn jedoch hier zusätzlich mit der das primäre Regelungsziel des Fahrverbotes "gleichsam zur Unterstreichung der Signalwirkung" nicht beachtete Rotlicht gesondert bestraft worden ist, widerspricht dies hier dem Grundsatz des Doppelbestrafungsverbotes. Da hier die Missachtung des Fahrverbotes typischer Weise auch die Missachtung des vom gleichen Schutz- und Normziel getragenen Rotlichtes nach sich ziehen musste, war nur eine Strafe auszusprechen.

Im Lichte des Erkenntnisses des VfGH v. 5.12.1996, G9/96 u.a., widerspricht eine Regelung, wonach durch eine Tat (conduct) mehrere Delikte verwirklicht werden (Idealkonkurrenz), wohl grundsätzlich noch nicht dem Doppelbestrafungsverbot des Art.4 Abs.1 des 7. ZPEMRK. Die verfassungsrechtliche Grenze einer Doppel- oder Mehrfachbestrafung im Sinne dieses Konventionsprotokolls scheint der Verfassungsgerichtshof im genannten Erkenntnis dort zu erblicken, "wo der herangezogene Deliktstypus den Unrechts- und Schuldgehalt eines Täterverhaltens vollständig erschöpft, sodass ein weitergehendes Strafbedürfnis entfällt, weil das eine Delikt den Unrechtsgehalt des anderen Delikts in jeder Beziehung mitumfasst" (VfGH 11.3.1998, G262/97,G328/97; mit Hinweis auf Kienapfel, Grundriss des österreichischen Strafrechts, 6. Aufl., 1996, 245).

Diesbezüglich kommt den Ausführungen des Berufungswerbers Berechtigung zu.

Nicht gefolgt kann dem Berufungswerber jedoch in seinem Darstellungen zur Frage der rechtlichen Deckung der Verordnung noch hinsichtlich seiner nicht nachvollziehbaren Bedenken hinsichtlich der Kundmachung (Anzeige der VZ über Kopf) werden.

Auch waren die im Rahmen der Berufungsverhandlung gestellten Beweisanträge entbehrlich, weil weder die Behörde erster Instanz noch die Berufungsbehörde gehalten ist, einem auf einen Erkundungsbeweis hinauslaufenden Beweisantrag nachzukommen (vgl. VwGH 25.6.1999, 99/02/0158 mit Hinweis auf VwGH 25.3.1992, 91/02/0134). Mit der Beischaffung des Unfallaktes würde letztlich nicht die tatsächliche Situation der fotogrammetrischen Arbeiten nachvollziehbar sein. Die Gefahreneinschätzung die von solchen Arbeiten ausgehen müssen den hierfür geschulten Organe der Autobahngendarmerie überlassen bleiben.

 

7. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

7.1. Mit einer Missachtung einer solchen für jeden Verkehrsteilnehmer als unverkenn- und in ihrer Bedeutung unverwechselbare Verkehrsleitanzeige sind - abstrakt besehen - erheblich nachteilige Beeinträchtigungen gesetzlich geschützter Werte verbunden. Diese erweisen sich insofern als durchaus gewichtig weil dadurch die im öffentlichen Interesse der Sicherheit von den mit Arbeiten im Bereich der Hauptfahrbahn der Autobahn befassten Personen nachteilig beeinträchtigt wurden. Ein Ermessensfehler vermag demnach in der Strafzumessung nicht erblickt werden. Angesichts des mit 3.000 Euro zu schätzenden Einkommens des Berufungswerbers war hier die verhängte Geldstrafe vielmehr als geradezu milde anzusehen.

 

II. Die Verfahrenskosten gründen zwingend in der unter II. zitierten Gesetzesstelle.
 
 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 


Dr. B l e i e r

 
 

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