Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160113/3/Fra/He

Linz, 01.12.2004

 

 

 VwSen-160113/3/Fra/He Linz, am 1. Dezember 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn Mag. GA vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. JP gegen Punkt 5. (§ 5 Abs.2 in Verbindung mit § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960) des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Wels vom 21.10.2004, Zl. III-S-2.784/04/StVO "G", zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:
§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG; § 66 Abs.1 VStG.
 
 

Entscheidungsgründe:
 

1. Die Bundespolizeidirektion Wels hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) unter Punkt 5. wegen Übertretung des § 5 Abs.2 iVm §99 Abs.1 lit.b StVO 1960 gemäß § 99 Abs.1 lit.b leg.cit. eine Geldstrafe von 1.162 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) verhängt, weil er sich am 25.2.2004 um 11.34 Uhr in W Dienststelle VUK, sich geweigert hat, seine Atemluft von einem besonders geschulten und von der Behörde hierzu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl er verdächtig war, dass er am 25.2.2004 um 03.00 Uhr in 4600 Wels, Oberfeldsraße, ca. 100 Meter östlich der Kreuzung mit de Zellerstraße, Fahrtrichtung Westen, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt hat (und dabei einen Verkehrsunfall verursacht hat), weil bei ihm Symptome einer Alkoholisierung (deutliche Rötung der Bindehäute der Augen) festgestellt wurden. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Der Bw bringt unter Hinweis auf § 5 Abs.2 zweiter Satz Z1 StVO 1960 vor, dass gegenständlich lediglich eine der im Gesetz genannten beiden Voraussetzungen für die Aufforderung zum Alkotest vorliege, nämlich der Verdacht des Lenkens; diesbezüglich liege nicht nur ein Verdacht, sondern sogar Gewissheit vor, weil er vor der Polizei angegeben habe, um 03.00 Uhr dieses Tages den bezeichneten Pkw gelenkt zu haben. Die zweite Voraussetzung für die Berechtigung zur Aufforderung zum Alkotest, die Vermutung der Alkoholisierung, liege keineswegs vor. Wenn man sich vor Augen halte, dass nicht einmal das rund1 1/2 Stunden vor der Einvernahme vor der Polizei genossene Glas Bier zu einem Alkoholgeruch der Atemluft geführt habe, erkenne man, dass keinerlei Alkoholisierungssymptome vorliegen konnten, zumal der Polizeibeamte ansonsten dieser Frage konkret nachgegangen wäre. GI G führe im Rahmen seiner Zeugeneinvernahme aus, dass er keinen Alkoholgeruch seiner Atemluft wahrgenommen habe, er habe sich auch nicht "anhauchen" lassen. Dazu sei festzustellen, dass sein Aufenthalt bei der Polizei nicht nur wenige Minuten gedauert hätte, vielmehr sei zwischen dem Beamten und ihm ein umfassendes Gespräch geführt worden, alleine die Verfassung der Niederschrift habe eine Viertelstunde gedauert. Dies zeige, dass GI G einen Alkoholgeruch der Atemluft problemlos feststellen hätte können, wäre ein solcher vorgelegen, was der Beamte zu Recht nicht behaupte. Lag somit nicht einmal im Zeitpunkt der Amtshandlung der Verdacht einer Alkoholisierung vor, sei dies umso weniger im Sinne der zitierten gesetzlichen Bestimmung betreffend den Lenkzeitpunkt der Fall gewesen und dürfe man in diesem Zusammenhang auch nicht aus den Augen verlieren, dass nicht einmal der Konsum eines Glases Bier etwa
1 1/2 Stunden vor der Einvernahme zu Alkoholisierungssymptomen geführt habe, was unterstreiche, dass nicht der geringste Grund für die Vermutung bestanden habe, er wäre zum Unfallszeitpunkt alkoholisiert gewesen. Abschließend stellt der Bw ua den Antrag, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren gegen ihn einzustellen.

 

3. Die Bundespolizeidirektion Wels - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c erster Satz VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Unstrittig ist, dass der Bw das in Rede stehenden Kraftfahrzeug zu der im Einleitungssatz des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Zeit und am angeführten Ort gelenkt und dabei mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang stand. Der Bw kam lt. Anzeige der Bundespolizeidirektion Wels vom 25.2.2004 an diesem Tag um 11.35 Uhr in die Dienststelle VUK Lt. dieser Anzeige wurde der Bw um 11.35 Uhr zum Alkotest aufgefordert. Der Bw habe mit der Begründung den Alkotest verweigert, er habe jetzt kein Fahrzeug gelenkt bzw. er habe am 25.2.2004 um ca. 10.00 Uhr ein Glas Bier getrunken. Der Meldungsleger, GI JG führte ausdrücklich an, beim Bw zu dieser Zeit lediglich gerötete Augenbindehäute festgestellt zu haben.

 

Die Frage die es hier zu klären gilt ist, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Aufforderung zum Alkotest vorgelegen sind. Nach der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bestand für die Behörde die Verpflichtung, in der Begründung des Bescheides ersichtlich zu machen, warum trotz einer verstrichenen längeren Zeit noch verwertbare Ergebnisse des Alkotests zu erwarten gewesen wären; die Behörde musste nach den Vorstellungen des Verwaltungsgerichtshofes ausführen, welche Umstände zum Zeitpunkt der Aufforderung zum Alkotest vorgelegen sind, die vermuten lassen, dass der Aufgeforderte zum Zeitpunkt des Lenkens so stark alkoholisiert war, dass das Ergebnis der Prüfung des Atemalkohols unter Berücksichtigung des Zusammenhanges, der zwischen einem festgestellten Atemalkohol und dem Zustand einer Person unter dem Gesichtspunkt der Frage nach einer allfälligen Beeinträchtigung durch Alkohol entsprechend der verstrichenen Zeit aus der Sicht der medizinischen Wissenschaft besteht, gegebenenfalls den Verdacht begründen könnte, der Aufgeforderte habe sich zum Zeitpunkt des Lenkens in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden.

 

Im Erkenntnis vom 11.5.2004, Zl. 2004/02/0056, relativierte der VwGH diese Rechtsprechung mit der Begründung, dass die Festestellung der zum Zeitpunkt der Aufforderung zum Alkotest geforderten Umstände in der Regel von den diesbezüglichen Wahrnehmungen des einschreitenden Organs der Straßenaufsicht - ohne entsprechende medizinische Ausbildung - abhängt und daher in vielen Fällen gar nicht (mehr) möglich ist. Vielmehr reiche somit das Vorliegen eines Alkoholisierungsmerkmales zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Ablegung der Atemluftprobe und die nach § 5 Abs.2 zweiter Satz StVO geforderte Vermutung aus, der Aufgeforderte habe ein Fahrzeug zu einem allenfalls auch länger zurückliegenden Zeitpunkt gelenkt, auf den bezogen eine Rückrechnung des Atemalkoholgehaltes grundsätzlich noch möglich ist.

 

Vor dem Hintergrund dieser modifizierten Judikatur ist auf den gegenständlichen Fall bezogen festzustellen, dass unabhängig davon, ob die vom Meldungsleger beim Bw festgesellten (und von diesem bestrittenen) geröteten Augenbindehäute als Alkoholisierungssymptom zu werten sind (nach der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist dies zulässig), keine Umstände evident sind, die den Schluss zulassen, der Bw habe rund 8 1/2 Stunden vor der Aufforderung zum Alkotest in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt. Der Bw gab bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 25.2.2004 vor der BPD Wels an, er sei alleine im Fahrzeug gesessen. Er sei auf Grund eines Tieres, welches die Fahrbahn überquerte, links von der Fahrbahn abgekommen und sei erst gegen einen Lichtmasten der öffentlichen Straßenbeleuchtung und anschließend gegen einen Baum und noch einmal gegen einen Lichtmast gestoßen. Er sei dann zum Stillstand gekommen, habe jedoch nicht weiterfahren können, weshalb er das Fahrzeug in der N-D-Straße geparkt habe. Von dort sei er anschließend nach Hause in die V.....straße gegangen. Er habe keine Polizei angerufen, weil er einen Schock erlitten habe. Ermittlungsergebnisse, welche den Schluss zulassen, der Bw sei bei dieser Fahrt vermutlich im durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gewesen, liegen nicht vor. Das (ausschließliche) Vorliegen von geröteten Augenbindehäuten rund
8 1/2 Stunden nach dem Lenkzeitpunkt vermag einen derartigen Verdacht nicht begründen. Aus diesem Grund muss zur Frage, ob eine grundsätzliche Rückrechnungsmöglichkeit im vorliegenden Fall bestünde - was zu bezweifeln ist - nicht mehr Stellung genommen werden.

 

Da sohin die Tatbestandsvoraussetzungen zur Aufforderung zum Alkotest im gegenständlichen Fall nicht vorlagen, war iSd § 45 Abs.1 Z1 VStG spruchgemäß zu entscheiden.

 

Die Entscheidung konnte gemäß § 51e Abs.2 Z1 ohne Durchführung einer Verhandlung getroffen werden. Hinsichtlich des Fakten 2., 3. und 4. entfällt eine Berufungsentscheidung, weil diesbezüglich das Rechtsmittel zurückgezogen wurde. Das Faktum 1. wurde von vornherein nicht angefochten.

 
5. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.
 
 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 
 
 
 

Dr. F r a g n e r

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