Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160136/9/Bi/Be

Linz, 21.04.2005

 

 

 VwSen-160136/9/Bi/Be Linz, am 21. April 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn F P, vertreten durch RA Dr. E H, vom 1. Dezember 2004 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 4. November 2004, VerkR96-2925-2004-OJ/Ar, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 20. April 2005 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:
 
 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 99 Abs.3 lit.b iVm 4 Abs.5 StVO 1960 eine Geldstrafe von 190 Euro (72 Stunden EFS) verhängt, weil er am 16. April 2004 um 17.15 Uhr den Pkw Skoda Fabia, im Gemeindegebiet Goldwörth auf der L1506 in Richtung Goldwörth gelenkt und es nach einem bei Strkm 2.2 verursachten Verkehrsunfall mit Personenschaden unterlassen habe, die nächste Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl es auch mit dem Geschädigten zu keiner Namens- und Anschriftsnachweisung gekommen sei.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 19 Euro auferlegt.

 

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 20. April 2005 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines rechtsfreundlichen Vertreters RA Dr. H und der Zeugen A A und RI K K durchgeführt. Der Vertreter der Erstinstanz hat sein Nichterscheinen entschuldigt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er sei bei der ggst Fahrt mit seiner damals schon schwer an Alzheimer erkrankten Gattin, die ca 3 Monate nach dem Vorfall verstorben sei, und der slowakischen Pflegerin unterwegs gewesen. Nach der Streifung der Außenspiegel - von einem Personenschaden könne keine Rede sein -seien die beiden Pkw etwa 150 m voneinander entfernt zum Stehen gekommen. Er sei, ebenso wie die Unfallgegnerin, ausgestiegen und habe den Schaden am Spiegel gesehen. Da sich seine Gattin aber sehr aufgeregt und zu schreien begonnen habe, habe er es für gerechtfertigt erachten, auf den Nachweis der Daten zu verzichten und sofort heimzufahren. Er habe gesehen, dass auch die Unfallgegnerin weitergefahren sei; ein Kennzeichen habe er nicht ablesen können. Da er aber ebenfalls Geschädigter gewesen sei, habe er beabsichtigt, nach Versorgung seiner Gattin beim GP Puchenau den Unfall zu melden. Zu Hause habe er zusammen mit der Pflegerin seine Gattin versorgt und ins Bett gebracht. Zu dieser Zeit seien aber schon die Beamten des GP Puchenau vor seiner Tür gestanden und er habe diesen den Unfallhergang mitgeteilt. Er sei auch, wie von den Beamten verlangt, beim zuständigen GP Ottensheim gewesen, wo eine Niederschrift aufgenommen worden sei. Beantragt wurde Verfahrenseinstellung, in eventu Strafherabsetzung, jedenfalls aber eine mündliche Verhandlung.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer Berufungsverhandlung, bei der der Bw und sein Rechtsvertreter gehört, die Argumente der Erstinstanz berücksichtigt und die beiden Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen wurden.

Unbestritten ist das Zustandekommen des Verkehrsunfalls bei km 2.2 der L1506 um 17.15 Uhr des 16. April 2004, bei dem an beiden Außenspiegeln Sachschaden entstand. Unbestritten ist auch, dass es zu keinem Nachweis von Namen und Anschrift der Unfallsbeteiligten gekommen war, zumal der Abstand zwischen den Fahrzeugen ca 150 m betrug und der Bw aufgrund des Zustandes seiner Gattin darauf verzichtete, zur Unfallgegnerin zurückzufahren, sondern die Fahrt nach Hause fortsetzte.



Der neben der Unfallstelle auf dem Grundstück seines Wochenendhauses befindliche Zeuge Alfred Auer hat in der Verhandlung dargelegt, er sei gerade auf dem Weg zum Haus gewesen und habe den Unfall wahrgenommen, wobei der Pkw des Bw ca 5m von ihm entfernt zum Stehen gekommen sei. Der Lenker sei einige Sekunden stehen geblieben, aber nicht ausgestiegen. Er habe einen Schaden am mit der rechten Seite ihm zugewandt stehenden Pkw nicht erkennen können. Der Lenker sei weitergefahren, er habe aber das Kennzeichen erkannt. Die Unfallgegnerin habe umgedreht - er konnte nicht sagen, ob im Rückwärtsgang oder auf einer Seitenstraße - und sei zu ihm gefahren. Er habe ihr das Kennzeichen des Pkw genannt.

Aus dem Verfahrensakt geht hervor, dass die Unfallgegnerin den Unfall beim zuständigen GP Ottensheim gemeldet hat, wo die Zulassungsadresse des Bw ermittelt und der GP Puchenau um Erhebungen ersucht wurde.

Der Bw wurde um 18.00 Uhr des Unfalltages von zwei Beamten des GP Puchenau - einer davon war RI K - zu Hause aufgesucht und mit dem Unfall und dem Vorwurf der Nichtmeldung konfrontiert. Er hat gegenüber dem Zeugen weder das Zustandekommen des Unfalles bestritten noch die Nichtmeldung, hat aber auch den Zustand der Gattin, die der Zeuge nicht gesehen hat, nicht erwähnt - der Zeuge konnte sich zwar nicht konkret erinnern, betonte aber, solche Angaben hätte er in seiner Meldung an den GP Ottensheim vermerkt. Er konnte sich nur erinnern, dass der Bw lediglich darauf verwiesen habe, dass ohnehin nur der Außenspiegel kaputt sei und er deswegen nicht gleich den Unfall gemeldet habe.

Laut Niederschrift, die mit dem Bw am 19. April 2004 beim GP Ottensheim aufgenommen wurde, wollte dieser den Unfall beim GP Puchenau melden, jedoch sei er zu Hause gleich von Beamten des GP Puchenau aufgesucht worden.

Der Bw hat in der Berufungsverhandlung den damaligen Gesundheitszustand seiner Gattin ausführlich dargelegt und ausgeführt, diese habe damals an Alzheimer im letzten Stadium gelitten, sei inkontinent gewesen und habe ihn nicht mehr erkannt. Er habe zusammen mit ihr und der slowakischen Pflegerin, deren jetzigen Aufenthalt er nicht wisse, einen Ausflug machen wollen, jedoch habe sich seine Gattin nach dem Anstoß so aufgeregt, dass sie zu schreien begonnen habe. Er habe es daher für besser gehalten, sich nicht mit der Unfallgegnerin auseinanderzusetzen und auch nicht zum GP Ottensheim, sondern gleich nach Hause zu fahren, um seine Gattin zu versorgen und zu beruhigen. Zu Hause habe er zusammen mit der Pflegerin die Gattin in die Wohnung gebracht, gewaschen und ins Bett gebracht. Dann seien auch schon die Beamten da gewesen. Der beschriebene Zustand seiner Gattin sei damals ein Dauerzustand gewesen, den er gegenüber den Beamten nicht bis in alle Einzelheiten ausbreiten habe wollen. Er sei aber der Ansicht, dass der Aufschub der Meldung - er habe dem Zeugen gegenüber den Unfallhergang geschildert und der Pkw wurde auch besichtigt - in diesem Fall nötig und gerechtfertigt gewesen sei.

Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt im Rahmen der freien Beweiswürdigung zur Auffassung, dass die Darlegung des Bw nach der allgemeinen Lebenserfahrung glaubhaft ist - seine Gattin ist drei Monate nach dem Vorfall verstorben - und die Vorgangsweise des Bw der Situation mit großer Wahrscheinlichkeit angemessen war, obwohl ihm schon bewusst war, dass ihm die Unfallgegnerin ebenso wie das Kennzeichen ihres Fahrzeuges unbekannt war, dh er nur einen Verkehrsunfall mit einem unbekannten Lenker melden hätte können.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, jene Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub vom Verkehrsunfall zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn diese Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Abgesehen davon, dass es sich bei in Rede stehenden Verkehrsunfall um einen solchen mit Sachschaden - und nicht mit Personenschaden, wie dem Bw im Straferkenntnis zur Last gelegt wurde - handelte, ist im gegenständlichen Fall nach der glaubwürdigen Schilderung der Situation durch den Bw davon auszugehen, dass die notwendige Versorgung der kranken Gattin einen nötigen Aufschub der Unfallmeldung dargestellt hat. Auch wenn in der Berufung von einem epileptischen Anfall die Rede ist - diesbezüglich hat der Parteienvertreter ein Missverständnis mit dem Bw eingeräumt - hat der Bw das Schreien der Bw in Verbindung mit den sonstigen Begleiterscheinungen schlüssig als "Anfall" bezeichnet.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Definition eines "unnötigen Aufschubes" nicht allgemein gültig zu sehen, sondern auf den Einzelfall abzustellen. Im gegenständlichen Einzelfall war dem Bw zuzubilligen, dass die Versorgung seiner Gattin vorrangig war, sodass auch die 45 Minuten zwischen dem Unfall um 17.15 Uhr und dem Eintreffen des Zeugen in der Wohnung um 18.00 Uhr. als gerechtfertigter und jedenfalls nicht unnötiger Aufschub anzusehen sind. Der Zeuge hat bestätigt, er habe dem Bw nicht Gelegenheit gegeben, ihm von sich aus einem Verkehrsunfall zu melden, sondern er habe ihn sofort auf den Unfall angesprochen und der Bw habe das bestätigt.

Damit war auf der Grundlage des § 45 Abs.1 Z1 2.Alt. VStG mangels Erfüllung des genannten Tatbestandsmerkmales mit der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens vorzugehen, wobei naturgemäß Verfahrenskostenbeiträge nicht anfallen.

 



Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 
 

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