Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-160156/9/Sch/Pe

Linz, 08.07.2005

 

 

 VwSen-160156/9/Sch/Pe Linz, am 8. Juli 2005

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn DI A G vom 2. Dezember 2004 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 8. November 2004, VerkR96-3555-2004/U, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) und des Führerscheingesetztes (FSG), nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 7. Juli 2005 zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 2. des angefochtenen Straferkenntnisses Folge gegeben, dieses in diesem Punkt behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Hinsichtlich Faktum 1. wird der Berufung insofern Folge gegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt wird. Das darüber hinausgehende Berufungsbegehren wird abgewiesen.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 45 Abs.1 Z2 und 21 Abs.1 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 8. November 2004, VerkR96-3555-2004/U, wurde über Herrn DI A G, wegen Verwaltungsübertretungen zu 1) gemäß § 52a Z10a iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und zu 2) gemäß § 14 Abs.4 iVm § 37 Abs.1 FSG Geldstrafe zu 1) von 50 Euro und zu 2) von 36 Euro sowie Ersatzfreiheitsstrafen zu 1) und 2) von je 24 Stunden verhängt, weil er am 16. Oktober 2003 um 14.32 Uhr im Gemeindegebiet von Micheldorf auf der A 9 bei Strkm. 25,657 auf der Richtungsfahrbahn Wels, als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen

  1. die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 22 km/h überschritten habe und
  2. - wie anlässlich der anschließenden Lenker- und Fahrzeugkontrolle festgestellt worden sei - einen ungültigen Führerschein verwendet habe, da bei diesem die Einheit und Echtheit nicht mehr gegeben gewesen sei, da er auf dem Lichtbild nicht mehr erkennbar war. Er habe es unterlassen, unverzüglich die Ausstellung eines neuen Führerscheines zu beantragen.

 

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 8,60 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Zum stattgebenden Teil der Berufungsentscheidung (Faktum 2.):

Gemäß § 14 Abs.4 FSG hat, wenn ein Führerschein ungültig geworden ist, dessen Besitzer ohne unnötigen Aufschub den Führerschein bei der Behörde abzuliefern und gegebenenfalls die Ausstellung eines neuen Führerscheines zu beantragen. Ein Führerschein ist ungültig, wenn die behördlichen Eintragungen, Unterschriften oder Stempel unkenntlich geworden sind, das Lichtbild fehlt oder den Besitzer nicht mehr einwandfrei erkennen lässt, oder Beschädigungen oder Merkmale seine Vollständigkeit, Einheit oder Echtheit in Frage stellen.

 

Diese Bestimmung stellt sohin im Hinblick auf das in einem Führerschein befindliche Lichtbild darauf ab, dass der Besitzer nicht mehr einwandfrei erkannt werden kann.

 

Demgegenüber hat die Erstbehörde dem Berufungswerber zur Last gelegt, dass er auf dem Lichtbild nicht mehr erkennbar sei.

 

Anlässlich der eingangs erwähnten Berufungsverhandlung hat der Rechtsmittelwerber eine Farbkopie seines Führerscheines vorgelegt. Auf dem entsprechenden Lichtbild ist er nach dem Eindruck des unterfertigten Mitgliedes des Oö. Verwaltungssenates gerade noch erkennbar, also kann nicht davon die Rede sein, dass er (gänzlich) nicht mehr erkennbar wäre, wie dies die Erstbehörde im Tatvorwurf formuliert hat. Der Berufung hatte sohin in diesem Punkt Erfolg beschieden zu sein, wobei dahingestellt bleiben kann, wie zweckmäßig der Inhaber eines Führerscheines handelt, wenn er es darauf ankommen lässt, bei einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle mit der möglichen Ungültigkeit seines Führerscheines konfrontiert zu werden und allenfalls ein Verwaltungsstrafverfahren auf sich zu nehmen.

 

Hinsichtlich Faktum 1. des Straferkenntnisses ist auszuführen:

Der Berufungswerber hat, wie schon im Rahmen des erstbehördlichen Verwaltungsstrafverfahrens, auch anlässlich der Berufungsverhandlung die Vorgänge vor der relevanten Geschwindigkeitsmessung geschildert. Er hat hiebei schlüssige Angaben gemacht und einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Sohin ist nach der Beweislage davon auszugehen, dass vor der gegenständlichen Geschwindigkeitsüberschreitung der Berufungswerber von einem nachfahrenden Lenkers eines Lkw in den davor passierten Autobahntunnels bedrängt wurde, indem dieser einen sehr knappen Sicherheitsabstand zu ihm eingehalten hat. Der Berufungswerber wollte bei der ersten sich bietenden Gelegenheit diesen Fahrzeuglenker soweit hinter sich lassen, dass ihn dieser nicht mehr bedrängen kann. Zu diesem Zweck überholte er kurz vor der Vorfallsörtlichkeit den vor ihm fahrenden Pkw-Lenker und erfolgte dann die Geschwindigkeitsmessung, als er noch eine in dem Überholmanöver begründete höhere Geschwindigkeit als erlaubt einhielt.

 

Der Berufungswerber bestreitet sohin die festgestellte Geschwindigkeitsmessung - von einer hier nicht relevanten Geringfügigkeit abgesehen - nicht, vermeint allerdings, dass ein entschuldigender Notstand vorgelegen habe.

 

Gemäß § 6 VStG ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.

 

Zum Wesen des Notstandes gehört, dass die Gefahr zumutbarerweise nicht in anderer Art als durch die Begehung der objektiv strafbaren Handlung zu beheben ist (VwGH 26.6.2002, 98/21/0246 u.a.).

 

Es kann als bekannt vorausgesetzt werden, dass durch vorschriftswidriges Fahrverhalten von Fahrzeuglenkern immer wieder gefährliche Situationen für andere heraufbeschworen werden. Dazu gehört ohne Zweifel das sogenannte "Drängeln" beim Hintereinanderfahren, insbesondere auf an sich schon gefährlichen Straßenstellen, wie etwa in Tunnels. Diese Tatsache rechtfertigt allerdings noch nicht, dass der bedrängte Fahrzeuglenker seinerseits wiederum eine Übertretung begeht, da im gegenteiligen Fall im Ergebnis eine Potenzierung der Gefährdung erlaubt wäre. Der Verwaltungsgerichtshof hält es demnach in seiner ständigen Judikatur, wenngleich vom Betroffenen nachvollziehbar als unangenehm oder gefährlich empfunden, doch für zumutbar, einen geringen Sicherheitsabstand des nachfahrenden Fahrzeuglenkers zum eigenen Fahrzeug zu "dulden", ohne selbst eine Geschwindigkeitsüberschreitung zu begehen, zum eigenen Vordermann in einem sehr geringen Abstand aufzufahren etc.

 

Gegenständlich konnte daher dem Berufungsbegehren in diesem Punkt dem Grunde nach kein Erfolg beschieden sein.

 

Nach Ansicht der Berufungsbehörde liegt aber ein Anwendungsfall des § 21 Abs.1 VStG vor. Die schon oben dargelegten besonderen Verhältnisse, aufgrund derer der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Übertretung begangen hat, können ihm schlüssig und nach der Lebenserfahrung begründet als noch geringfügiges Verschulden zugute gehalten werden. Auch liegen keine Anhaltspunkte vor, dass die von ihm gesetzte Geschwindigkeitsüberschreitung Folgen nach sich gezogen hätte, die jenseits der Geringfügigkeitsgrenze gelegen gewesen wären, wobei insbesondere das Ausmaß der Überschreitung noch nicht derartig hoch war, dass faktisch zwingend eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer dadurch ausgehen hätte können.

 

Der Ausspruch der Ermahnung erschien der Berufungsbehörde geboten, um den Rechtsmittelwerber darauf hinzuweisen, dass das gesetzte Delikt trotz der Besonderheit des Falles eben nicht hätte begangen werden dürfen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum