Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160165/8/Zo/Pe

Linz, 15.03.2005

 

 

 VwSen-160165/8/Zo/Pe Linz, am 15. März 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung der Frau C F, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. G S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 27.9.2004, VerkR96-3364-2003, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 10.3.2005 und sofortiger Verkündung zu Recht erkannt:

 

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.
  2.  

  3. Die Berufungswerberin hat für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag in der Höhe von 44 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerberin vorgeworfen, dass sie am 24.11.2002 um 13.30 Uhr den Kombi mit dem Kennzeichen auf der A 1 in Fahrtrichtung Wien gelenkt habe, wobei sie im Gemeindegebiet St. Lorenz bei km 267,500 die durch Vorschriftszeichen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 51 km/h überschritten habe. Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z10a StVO 1960 begangen, weshalb über sie gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 220 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden) verhängt wurde. Zusätzlich wurde sie zur Zahlung eines Kostenbeitrages in Höhe von 22 Euro verpflichtet.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher die Berufungswerberin vorbringt, dass der ihr vorgeworfene Tatort falsch und der tatsächliche Tatort nicht mehr feststellbar sei. Auf dem Radarfoto sei klar ersichtlich, dass die Fahrbahn im abgebildeten Bereich vollkommen gerade verläuft und keine Baustellenbodenmarkierungen zu sehen sind. Aufgrund der Baustellenpläne seien bei km 267,500 gravierende Bauarbeiten durchgeführt worden. Die Bauphase III, welche zum Tatzeitpunkt im Gang war, habe die Richtungsfahrbahn Wien zwischen km 268,300 und 256,0 betroffen. Der Tatort liege daher direkt im Baustellenbereich. Unmittelbar bei Strkm. 267,500 würden die beiden Fahrstreifen nach rechts umgeleitet und knicken in diesem Bereich weg. Die Lichtbilder zeigen jedoch einen vollkommen geradlinigen Fahrbahnverlauf, weshalb der Tatort nicht stimmen könne.

 

Aus der Zeugenaussage gehe hervor, dass es sich beim angeblichen Tatort "Strkm. 267,500" um den Standort der Radarkabine handle. Der Zeuge gehe scheinbar davon aus, dass an dieser Stelle die Radarkabine aufgestellt gewesen sei. Selbst wenn dies der Fall sei, so könne der Aufstellort der Radarkabine nicht mit dem Tatort gleichgesetzt werden, weil auch aus dem Lichtbild eindeutig zu entnehmen sei, dass sich das Fahrzeug zumindest 30 m von der Radarkabine entfernt befinde. Die Radarkabine sei offensichtlich irgendwo vor dem Baustellenbereich aufgestellt worden, wobei sich der Aufstellort im Nachhinein nicht mehr feststellen lasse. Es sei daher der Tatort nicht mehr feststellbar und könne im Sinne des § 44a VStG nicht konkret festgelegt werden.

 

Auch wenn man von der Täterschaft der Beschuldigten ausgehen würde, würden die Voraussetzungen des § 21 VStG vorliegen. Die verhängte Strafe sei jedenfalls viel zu hoch.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 10.3.2005, bei welcher der Rechtsvertreter der Berufungswerberin gehört und der Gendarmeriebeamte Chef.Insp. B unter Erinnerung an die Wahrheitspflicht als Zeuge einvernommen wurde. Die Berufungswerberin selbst hat ohne Angabe von Gründen, die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck entschuldigt nicht an der Verhandlung teilgenommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Im gegenständlichen Bereich wurden aufgrund einer Autobahnbaustelle zwischen km 256,0 und km 268,300 zahlreiche Verkehrsbeschränkungen mit Verordnung des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie vom 4.7.2002, GZ 314501/25-III/10-02, abgeändert mit Verordnung vom 24.7.2002, GZ 314501/26-III-ALG/02, angeordnet. Aus dem einen Bestandteil dieser Verordnung bildenden Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 20.6.2004, VerkR01-1655-2002, ergibt sich, dass zwischen 6.9.2002 und 13.6.2003 die Phase III aktiviert war, wobei die Verkehrsbeschränkungen in dieser Phase III nach Regelplan UII/4 erfolgten. Entsprechend diesem Regelplan ist auf der Richtungsfahrbahn Wien nach einem Geschwindigkeitstrichter von 100 und 80 km/h der Beginn der 60 km/h-Beschränkung bei km 267,570, die Verschwenkung der Fahrbahn und Einengung der Fahrstreifen beginnt bei km 267,420. Dazwischen befand sich bei km 267,500 die gegenständliche Radarkabine mit dem Gerät MUVR 6FA mit der Nr. 1974. Die Radarkabine war auf dem Mittelstreifen aufgestellt, wobei der gegenständliche Standort von einem Beamten des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen überprüft wurde und dieser bekannt gab, dass aus eichtechnischer Sicht keine Bedenken gegen diesen Messort bestehen. Die Kamera war bei diesem Radargerät so eingestellt, dass der Umschwenkbereich der Fahrstreifen auf dem Radarfoto nicht mehr ersichtlich ist. Das Radargerät war entsprechend dem im Akt befindlichen Eichschein vom 10.7.2001 gültig geeicht. Die Radarmessung ergab am 24.11.2002 um 13.30 Uhr eine gemessene Geschwindigkeit von 117 km/h bei dem von der Berufungswerberin gelenkten Fahrzeug mit dem Kennzeichen. Von dieser Geschwindigkeit ist eine Messtoleranz von 5 % abzuziehen.

 

Das gegenständliche Fahrzeug wurde entsprechend der Lenkerauskunft vom 2.3.2003 von der Berufungswerberin gelenkt. Diese bezieht derzeit lediglich Kindergeld, hat kein Vermögen und Sorgepflichten für ein Kind. Die Berufungswerberin weist eine Vormerkung vom 21.11.2000 bei der BPD Salzburg wegen Missachtung des Verkehrszeichens "Einfahrt verboten", eine weitere Vormerkung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 31.10.2001 wegen Missachtung eines Halteverbotes und eine Vormerkung der BPD Salzburg vom 3.3.2003 wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung auf.

 

5. Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Das Verkehrszeichen gemäß § 52 lit.a Abs.10a StVO 1960 "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

5.2. Die gegenständliche Geschwindigkeitsmessung erfolgte mit einem geeichten Radarmessgerät und es liegen keinerlei Anhaltspunkte für einen Messfehler vor. Es ist daher als erwiesen anzusehen, dass die Berufungswerberin tatsächlich eine Geschwindigkeit von 111 km/h eingehalten hat. Hinsichtlich des Tatortes ist festzuhalten, dass die Radarkabine bei km 267,500 aufgestellt war und das Fahrzeug natürlich erst gemessen werden konnte, nachdem es am Radargerät vorbeigefahren ist. Je nach der Größe des seitlichen Abstandes des Fahrzeuges vom Radargerät bei der Messung vergrößert sich auch die Entfernung zwischen Radargerät und Fahrzeug. Diese Entfernung, welche der Zeuge mit ca. 10 m geschätzt hat, ist aber für die Festlegung des Tatortes nicht relevant, weil die Messung jedenfalls zwischen der Radarkabine und dem Beginn des Verschwenkungsbereiches, also zwischen km 267,500 und 267,420 erfolgte und in diesem Bereich die erlaubte Höchstgeschwindigkeit einheitlich 60 km/h betragen hat. Wenn man bedenkt, dass die Berufungswerberin die gegenständliche Übertretung im fließenden Verkehr begangen hat und bei der von ihr eingehaltenen Geschwindigkeit in einer Sekunde eine Entfernung von 30 m zurückgelegt hat, ist bereits daraus ersichtlich, dass eine metergenaue Konkretisierung des Tatortes nicht notwendig ist. Die Berufungswerberin hat jedenfalls die ihr vorgeworfene Geschwindigkeit unmittelbar nach Passieren der Radarkabine im Bereich von km 267,500 eingehalten. Sie hat daher die ihr vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Umstände, welche das Verschulden der Berufungswerberin ausschließen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, weshalb gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die Erstinstanz hat eine Vormerkung wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung als straferschwerend gewertet. Dies ist unzutreffend, weil diese Vormerkung aus dem Jahr 2003 stammt und die Berufungswerberin zum Zeitpunkt der ihr vorgeworfenen Übertretung (24.11.2002) keine einschlägigen Vormerkungen aufwies. Sie war allerdings auch nicht unbescholten, weshalb ihr dieser Strafmilderungsgrund nicht zugute kommt. Als straferschwerend ist zu berücksichtigen, dass die Berufungswerberin die erlaubte Höchstgeschwindigkeit ganz wesentlich überschritten hat und dies unmittelbar vor dem Beginn der Verschwenkung der Fahrstreifen im Zuge einer Autobahnbaustelle. Es ist allgemein bekannt, dass dieser Verschwenkungsbereich zu den gefährlichsten Stellen bei Autobahnbaustellen gehört, weshalb eine derart massive Überschreitung in diesem Bereich mit empfindlichen Strafen geahndet werden muss.

 

Im Hinblick auf die in § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 vorgesehene Höchststrafe von 726 Euro erscheint die von der Erstinstanz festgesetzte Geldstrafe auch unter Berücksichtigung der ungünstigen Vermögensverhältnisse der Berufungswerberin angemessen und erforderlich, um sie in Zukunft von der Begehung ähnlicher Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Auch aus generalpräventiven Überlegungen war eine Herabsetzung der Geldstrafe nicht möglich.

 

Der Umstand, dass die gegenständliche Verwaltungsübertretung bereits ca. 2 1/2 Jahre zurückliegt, kann ebenfalls nicht zu einer Herabsetzung der Geldstrafe führen, weil sich die Berufungswerberin in dieser Zeit nicht wohlverhalten hat (siehe die Vormerkung vom 3.3.2003).

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Z ö b l

 
 

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