Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-330012/3/Gf/Jo

Linz, 21.04.2004

 

 

 VwSen-330012/3/Gf/Jo Linz, am 21. April 2004

DVR.0690392
 

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine

 

II. Kammer

 

unter dem Vorsitz von Dr. Weiß,

den Berichter Dr. Grof und

den Beisitzer Mag. Stierschneider

 

über die Berufung der B B, vertreten durch RA Dr. R B, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 19. Jänner 2004, Zl. 330160257, wegen einer Übertretung des Artenhandelsgesetzes, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben wird.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 19. Jänner 2004, Zl. 330160257, wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe in Höhe von 2.900 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 2 Tage und 20 Stunden) verhängt, weil sie "von Tobago aus zwei artengeschützte Fechterschnecken ausgeführt und am 10.3.2003 in Hörsching via Frankfurt mit Flug Nr. OS-226 ankommend, zwei artengeschützte Exemplare der Gattung Fechterschnecke (lat. Strombus gigas) nach Österreich eingeführt hat, ohne die entsprechende Genehmigung vorlegen zu können"; dadurch habe sie eine Übertretung des § 9 Abs. 1 Z. 1 des Artenhandelsgesetzes, BGBl.Nr. I 33/1998, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 108/2001 (im Folgenden: ArtHG), begangen, weshalb sie zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wird dazu ausgeführt, dass der der Rechtsmittelwerberin angelastete Sachverhalt auf Grund entsprechender Wahrnehmungen von Organen der Zollverwaltung als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien weder mildernde noch erschwerende Umstände hervorgekommen und die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse entsprechend berücksichtigt worden.

2. Gegen dieses ihr am 24. Februar 2004 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 8. März 2004 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

Darin bringt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass sie bereits anläßlich ihrer Einreise am Flughafen Linz-Hörsching bekannt gegeben habe, dass ihr ein Gepäckstück fehle, in dem sich zwei Schneckengehäuse befänden. Dabei sei ihr die Auskunft erteilt worden, dass eine derartige Einfuhr unproblematisch sei. Erst im Nachhinein habe sich herausgestellt, dass es sich hiebei um artengeschützte Tiere handle. Sie habe jedoch nicht die Tiere selbst, sondern nur deren Gehäuse als Souvenir mitführen wollen.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu angesichts des geringfügigen Verschuldens ein Absehen von einer Bestrafung bzw. eine Herabsetzung der Strafe beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates des Stadt Linz zu Zl. 101-330160257; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen dementsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen auch gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1.1. Gemäß § 9 Abs. 1 Z. 1 ArtHG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 1.450 Euro bis zu 14.530 Euro zu bestrafen, der ein Exemplar einer dem Geltungsbereich des Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 (im Folgenden: VO 338/97) unterliegenden Art entweder entgegen diesem Bundesgesetz oder entgegen Art. 4 Abs. 2 der VO 338/97 einführt.

Diese Bestimmung enthält somit zwei alternative Straftatbestände, nämlich einerseits die Pönalisierung einer Einfuhr entgegen den Bestimmungen des ArtHG und andererseits einer Einfuhr entgegen europarechtlichen Vorschriften. In diesem Zusammenhang sieht Art. 4 Abs. 2 der VO 338/97 vor, dass bei der Einfuhr artengeschützter Exemplare in die Gemeinschaft die erforderlichen Überprüfungen vorzunehmen und der Einfuhrzollstelle eine Genehmigung einer Vollzugsbehörde des Bestimmungsstaates vorzulegen ist, während andererseits etwa § 2 ArtHG den BMwA dazu ermächtigt, durch Verordnung strengere als in der VO 338/97 vorgesehene Maßnahmen festzulegen.

4.1.2. Nach § 9 Abs. 2 ArtHG ist auch der Versuch strafbar; die Anwendung des § 21 VStG ist gemäß § 9 Abs. 3 ArtHG ausgeschlossen und die Verfolgungsverjährungsfrist beträgt nach § 9 Abs. 5 ArtHG drei Jahre.

4.2. Im vorliegenden Fall steht allseits unbestritten fest, dass jenes Gepäckstück der Beschwerdeführerin, in dem u.a. die beiden verfahrensgegenständlichen Muscheln - nach Art. 2 lit. t der VO 338/97 sind unter "Exemplaren" auch tote Tiere zu verstehen - enthalten waren, zunächst irrtümlich am Flughafen Frankfurt zurückblieb. Diesbezüglich gab die Rechtsmittelwerberin in ihrer niederschriftlichen Einvernahme vom 6. Juni 2003 (Zl. 101-6/3-17-330160257) an, am Flughafen Linz-Hörsching eine Zollbeamtin anlässlich des Ausfüllens einer Zollerklärung ausdrücklich auf diesen Umstand aufmerksam gemacht zu haben, worauf hin diese erklärt habe, dass nichts anzukreuzen sei, weil die Beschwerdeführerin ja nichts zu verzollen habe. Erst bei der Überprüfung des nachgesendeten Gepäckstückes ist von einem Zollbeamten festgestellt worden, dass es sich hiebei um artengeschützte Exemplare handelt. Diese wurden daher auch nach § 35 Abs. 4 FinStrG umgehend für verfallen erklärt.

4.3. Nach dem mit dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angelasteten Tatvorwurf bleibt unklar, ob der Beschwerdeführerin nun eine Übertretung des ArtHG oder der VO 338/97 angelastet werden sollte.

4.3.1. Im letzteren Fall - von dem die belangte Behörde eher auszugehen scheint - wäre eine vollendete Übertretung des Art. 4 Abs. 2 der VO 338/97 (Einfuhr in die Gemeinschaft) nur am Flughafen Frankfurt, also nicht auf österreichischem Hoheitsgebiet, vorgelegen, wobei diesbezüglich fraglich ist, ob insoweit auch eine Strafbarkeit nach § 2 Abs. 2 VStG besteht. Ebenso zweifelhaft erscheint, ob für die Rechtsmittelwerberin hinsichtlich der Überstellung ihres Gepäcks zum Flughafen Hörsching eine Bestrafung wegen versuchter Übertretung des Art. 4 Abs. 2 der VO 338/97 in Betracht gezogen werden kann, weil ihr dann ein diesbezüglicher Vorsatz nachgewiesen werden muss. Überlagert werden diese beiden Problembereiche schließlich noch durch den Umstand, dass über sie in dieser Angelegenheit eine bereits rechtskräftige Strafverfügung wegen Schmuggels (§ 35 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 146 FinStrG) verhängt wurde, sodass im Lichte des Art. 4 des 7. ZPMRK auch auf die Vermeidung einer Doppelbestrafung zu achten ist.

4.3.2. Sollte die Beschwerdeführerin hingegen wegen einer Übertretung des ArtHG belangt werden, müsste der Tatvorwurf jedenfalls zusätzlich die im Hinblick auf das gesetzliche Tatbild wesentlichen Sachverhaltselemente aufweisen.

4.3.3. Hinsichtlich beider Alternativen genügt jedoch weder der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses noch eine sonstige Verfolgungshandlung den Anforderungen des § 44a Z. 1 VStG.

4.3.4. Der vorliegenden Berufung war daher schon aus diesem Grund gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war; eine Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens hatte hingegen mit Blick auf die noch offene Verfolgungsverjährungsfrist nicht zu erfolgen.

Ob bzw. in welchem Umfang das Verwaltungsstrafverfahren weiterhin fortzusetzen ist, hat die belangte Behörde vielmehr aus eigenem zu beurteilen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auch darauf hinzuweisen, dass das Wort "ein" in § 9 Abs. 1 Z. 1 ArtHG nicht als Zahlwort, sondern vielmehr als unbestimmter Artikel zu verstehen ist, sodass nicht für jedes Exemplar notwendigerweise gesondert die Mindeststrafe verhängt werden muss. Selbst wenn jedoch eine gesonderte Strafbarkeit in Erwägung gezogen werden sollte, müsste dies auch im Spruch entsprechend zum Ausdruck gebracht werden, weil sich daran wesentliche Konsequenzen (z.B. hinsichtlich der Zusammensetzung des Unabhängigen Verwaltungssenates gemäß § 51c VStG) knüpfen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. W e i ß

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