Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160202/8/Sch/Pe

Linz, 07.04.2005

 

 

 VwSen-160202/8/Sch/Pe Linz, am 7. April 2005

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn Mag. D G vom 30. Dezember 2004 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 10. Dezember 2004, VerkR96-7997-2004/Her, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 5. April 2005 zu Recht erkannt:

 

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
  2.  

  3. Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 36 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 10. Dezember 2004, VerkR96-7997-2004/Her, wird über Herrn Mag. D G, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 18 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 180 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen verhängt, weil er am 10. Juli 2004 um 11.37 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen auf der A 25 Welser Autobahn in Fahrtrichtung Linz gelenkt habe, wobei er auf Höhe von km 7,0 im Gemeindegebiet von Weißkirchen an der Traun das Kraftfahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 104 km/h gelenkt habe und dabei zu dem vor ihm fahrenden Fahrzeug einen Abstand von 12 m = 0,43 Sekunden eingehalten habe, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, und zwar auch dann, wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 18 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Anlässlich der eingangs angeführten Berufungsverhandlung wurde in die relevante Videoaufzeichnung Einsicht genommen. Der anwesende verkehrstechnische Amtssachverständige hat dabei die Aufzeichnung aus fachlicher Sicht erläutert. Im Ergebnis ist er zu der Aussage gelangt, dass die gegenständliche Abstandsermittlung aus sachverständiger Sicht einwandfrei zu stützen ist. Bei dem verwendeten System bzw. der anzuwendenden Software ist zudem generell gewährleistet, dass ein Abstandswert ermittelt wird, der mehrere "Zugunstenfaktoren" für den betreffenden Fahrzeuglenker gewährleistet. Der so ermittelte Sicherheitsabstandswert ist demnach jedenfalls der eingehaltene, im Regelfall könnte ein auch noch geringerer als der zur Last gelegte fachlich gestützt werden.

 

Wenn der Berufungswerber vorbringt, angesichts der von anderen Fahrzeuglenkern wahrgenommenen Kameras auf der Brücke, von der aus die Messung durchgeführt wurde, seien die Fahrgeschwindigkeiten mehrerer Fahrzeuge verringert worden und erkläre sich der geringe Sicherheitsabstand daraus, dass ein solches Manöver vom Berufungswerber nicht durchgeführt worden sei, so ist dies durch die Einsichtnahme in den Videofilm einwandfrei widerlegt. Sämtliche auf dem Film sichtbaren Fahrzeuge bewegen sich mit nahezu gleicher Fahrgeschwindigkeit und hält auch der Berufungswerber von Beginn der Aufzeichnung an (sie dauert etwa 12 Sekunden) den ihm vorgeworfenen Sicherheitsabstand ein. Es finden sich auf der Aufzeichnung keinerlei Brems- oder Fahrstreifenwechselmanöver anderer Fahrzeuge, die den Berufungswerber unfreiwillig zu einem kurzfristigen Unterschreiten des notwendigen Sicherheitsabstandes genötigt haben könnten.

 

Wenn der Berufungswerber sehr allgemein gehaltene "Verfassungswidrigkeiten" in den abgeführten Verfahren erster bzw. zweiter Instanz erblickt, so ist ihm entgegenzuhalten, dass sowohl die Erstbehörde als auch die Berufungsbehörde an die Verfahrensvorschriften des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes bzw. des Verwaltungsstrafgesetzes gebunden sind. Es kann zwar kein Zweifel daran bestehen, dass bei einem Tatort in einem anderen Bundesland, als der Wohnsitz des Beschuldigten gelegen ist, dieser für direkte Vorsprachen bei der für den Tatort zuständigen Behörde wohl eine größere Anreise in Kauf nehmen muss. Im konkreten Fall hat aber die Erstbehörde ohnedies im Rahmen ihres Verfahrens die aufgenommenen Beweise dem Berufungswerber zur allfälligen schriftlichen Stellungnahme übermittelt. Die Abtretung eines Strafverfahrens von einer Behörde an eine Behörde in einem anderen Bundesland wegen des Wohnsitzes des Beschuldigten ist gemäß § 29a VStG ausdrücklich ausgeschlossen. Aber auch die Berufungsbehörde ist nicht berechtigt, eine solche Abtretung eines Verfahrenes durchzuführen. Ein derartiges Ansinnen würde den einschlägigen Verfahrensvorschriften grob zuwiderlaufen.

 

Inwieweit diese gesetzlichen Anordnungen vom Berufungswerber als verfassungswidrig angesehen werden, muss ihm anheim gestellt werden. Seitens der Berufungsbehörde wird diese Ansicht aber keinesfalls geteilt.

4. Der Anhalteweg für den Lenker eines Fahrzeuges besteht bekanntlich aus dem Reaktionsweg und dem Bremsweg. Als Abstand beim Hintereinanderfahren ist zumindest der Reaktionsweg einzuhalten, welcher die während der Reaktionszeit zurückgelegte Strecke darstellt. Die Reaktionszeit (die Zeit vom Erkennen einer Gefahr bis zum Beginn der Bremshandlung) beträgt ca. eine Sekunde. Sie umfasst die (vermeidbare) "Schrecksekunde" (bis zu einer halben Sekunde) und die eigentliche (nicht vermeidbare) Reaktionszeit.

 

Die Reaktionszeit ist von persönlichen und äußeren Umständen abhängig, wobei durch persönliche Umstände eine Verkürzung, etwa durch eingeschliffene Reaktionshandlungen, gute Disposition (z.B. Ausgeruhtsein), überdurchschnittliche Veranlagung, Jugendlichkeit, Erwartungsspannung, etc. erfolgen kann. Andererseits ist auch eine Verlängerung möglich, etwa aufgrund Ermüdung, minderer Begabung, Unaufmerksamkeit (z.B. Unterhaltung mit einem Beifahrer) etc.

 

Äußere Faktoren, die zu einer Verkürzung der Reaktionszeit führen können, sind übersichtliche Verkehrssituationen, prägnanter Wahrnehmungsgegenstand, etc. Demgegenüber kann eine Verlängerung der Reaktionszeit bewirkt werden durch komplizierte und seltene Verkehrssituationen, weniger auffällige Wahrnehmungsgegenstände, etc.

 

Bei diesem Durchschnittswert von einer Sekunde verbleibt naturgemäß kaum eine Sicherheitsreserve, weshalb bei der Ausbildung von Kraftfahrzeuglenkern in Fahrschulen ein Mindestabstand von zwei Sekunden für den Regelfall als geboten angesehen und daher entsprechend vermittelt wird.

 

Eine Unterschreitung des Ein-Sekunden-Abstandes bewirkt sohin grundsätzlich eine potenzielle Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, und zwar nicht nur des vorausfahrenden Fahrzeuglenkers, sondern auch anderer, die bei Auffahrunfällen lebensnah zudem zu Schaden kommen können.

 

Der Berufungswerber hat gegenständlich bei einer Fahrgeschwindigkeit von 104 km/h zu dem vor ihm fahrenden Fahrzeuglenker lediglich einen Sicherheitsabstand von 0,23 Sekunden eingehalten, welcher einen Abstand von ca. 12 m darstellt.

Auf der anlässlich der Berufungsverhandlung eingesehenen Videoaufzeichnung ist einwandfrei erkennbar, dass sich dieser Vorgang über eine längere Wegstrecke abgespielt hat.

 

Angesichts des damit verbundenen beträchtlichen Gefährdungspotenziales kann keinesfalls von einem geringfügigen Unrechtsgehalt dieser Übertretung ausgegangen werden. Dazu kommt noch, dass solche Delikte in der Regel einem Fahrzeuglenker nicht nur fahrlässig unterlaufen, sondern - zumindest bedingt - vorsätzlich in Kauf genommen werden.

 

Die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von 180 Euro kann angesichts dieser Erwägungen von vornherein nicht als überhöht angesehen werden. Dem Berufungswerber kamen zudem keinerlei Milderungsgründe zugute, vielmehr enthält der vom Polizeikommissariat Wien-Josefstadt beigeschaffte Auszug über verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen des Berufungswerbers solche wegen Übertretungen der StVO 1960.

 

Den von der Erstbehörde im Schätzungswege angenommenen persönlichen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers wurde nicht entgegengetreten, sodass sie auch der Berufungsentscheidung zugrunde gelegt werden konnten. Das demnach gegebene monatliche Nettoeinkommen von etwa 1.800 Euro wird es dem Berufungswerber ermöglichen, die Verwaltungsstrafe ohne unzumutbare Einschränkungen seiner Lebensführung zu begleichen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 
 

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