Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160264/8/Ki/An

Linz, 02.03.2005

 

 

 VwSen-160264/8/Ki/An Linz, am 2. März 2005

DVR.0690392
 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des S S, N, N, vom 18.1.2005 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 4.1.2005, VerkR96-708-2004-Hof, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 1.3.2005 durch Verkündung zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat den Berufungswerber mit Straferkenntnis vom 4.1.2005, VerkR96-708-2004-Hof, für schuldig befunden, er habe 4.8.2003 um 05.45 Uhr in der Gemeinde Waldkirchen am Wesen von der Donaubrücke Niederranna kommend in Richtung Linz, auf der B 130 Nibelungen Straße, den PKW amtliches Kennzeichen RO gelenkt und bei Strkm. 20,200 den vor ihm fahrenden und von C H gelenkten Kombi VW Golf mit dem Kennzeichen SD, überholt, bei diesem Überholvorgang mit seinem rechten Außenspiegel den linken Außenspiegel des Kombis des C H gestreift. Bei diesem Verkehrsunfall seien beide Außenspiegel beschädigt worden. Er habe die Fahrt ohne anzuhalten nach Linz fortgesetzt und es unterlassen

 

  1. nach dem Verkehrsunfall sofort anzuhalten, indem er die Fahrt in Richtung Linz fortgesetzt habe und
  2. von diesem Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen.

 

Er habe dadurch § 4 Abs.1 lit. a StVO 1960 iVm § 99 Abs.2 lit. a StVO 1960 sowie § 4 Abs.5 StVO 1960 iVm § 99 Abs.3 lit. b StVO 1960 verletzt.

 

Gemäß § 99 Abs.2 lit. a StVO 1960 wurde bezüglich Faktum 1) eine Geldstrafe in Höhe von 70 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) und gemäß § 99 Abs.3 lit. b. StVO 1960 bezüglich Faktum 2) eine Geldstrafe in Höhe von 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Stunden) verhängt.

 

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 12 Euro (das sind jeweils 10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet.

 

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 18.1.2005 Berufung, er habe keinerlei Schuld an diesem Vorfall und diesen auch nicht zur Kenntnis genommen.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 1.3.2005. An dieser Berufungsverhandlung nahmen der Berufungswerber und eine Vertreterin der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach teil. Als Zeuge wurde der Meldungsleger Bezirksinspektor R K einvernommen. Der ebenfalls als Zeuge geladene "Unfallgegner", C H, ist nicht erschienen. Anlässlich einer telefonischen Befragung erklärte er, er hätte sich im Termin geirrt, er habe gedacht die Verhandlung würde am 11.3.2005 stattfinden.

 

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des Gendarmeriepostens Engelhartszell zu Grunde, der Meldungsleger führte unter anderem aus, dass beim Fahrzeug des Berufungswerbers der rechte Außenspiegel und beim Unfallgegner der linke Außenspiegel beschädigt gewesen sei. Vorgelegt wurden vom Meldungsleger Fotos der beteiligten Fahrzeuge, aus diesen Fotos kann jedoch kein Sachschaden am Fahrzeug des Herrn H abgeleitet werden.

 

Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung erklärte der Berufungswerber, er habe nichts bemerkt, dass es zu einer Berührung der beiden Spiegel gekommen sei. Befragt, ob an ihn Schadensersatzansprüche gestellt wurden, erklärte er, dass das nicht der Fall war.

 

Der Gendarmeriebeamte konnte anhand der von ihm angefertigten Fotos keinen Sachschaden am Fahrzeug des Herrn H dokumentieren, er erklärte, dass er einen geringfügigen Schaden in Form eines Kratzers habe feststellen können, er könne jedoch heute nicht mehr sagen, ob es sich allenfalls bloß um einen Lackabrieb gehandelt haben könnte.

 

Herr H wurde telefonisch zum Vorfall befragt, dieser erklärte, dass durch den Vorfall ein Kratzer an seinem Rückspiegel entstanden sei, er habe jedoch keinerlei Schadenersatzansprüche an Herrn S gestellt, mittlerweile sei das Fahrzeug nicht mehr in seinem Besitz.

 

I.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 4 Abs.1 lit. a. StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhange steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.

 

Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben, wenn bei einem Verkehrunfall nur Sachschaden entstanden ist, die im Abs.1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen.

 

Als Verkehrsunfall ist jedes plötzliche, mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängende Ereignis anzusehen, welches sich auf Straßen mit öffentlichen Verkehr zuträgt und einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat.

 

Ein Sachschaden liegt jedoch nur dann vor, wenn eine oder mehrere Personen einer oder mehreren Personen oder wenn zwei oder mehrere Personen einander Vermögensschäden (und nicht nur sich selbst) zugefügt haben (VwGH 18.12.1979, 1880/79).

 

Voraussetzung für eine Bestrafung des Berufungswerbers wäre daher im vorliegenden Falle, dass tatsächlich am Fahrzeug des Unfallgegners ein Sachschaden entstanden wäre.

 

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren konnte jedoch einen derartigen Nachweis nicht erbringen. Weder ist aus den vom Gendarmeriebeamten angefertigten Fotos ein Sachschaden am Fahrzeug des Herrn H zu ersehen, noch hat der Gendarmeriebeamte selbst konkrete Angaben diesbezüglich machen können. Herr H selbst ist zur Verhandlung nicht erschienen, er hat telefonisch zwar ausgeführt, es sei ein Kratzer am Rückspiegel entstanden, er habe jedoch keine Schadenersatzansprüche gestellt.

 

In Gesamtbetrachtung der hervorgekommenen Umstände erachtet es daher der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass nicht erwiesen werden kann, dass durch den Vorfall tatsächlich ein Sachschaden am Fahrzeug des Herrn H entstanden ist, welcher die in § 4 StVO 1960 normierten Verpflichtungen für den Berufungswerber ausgelöst hätte. Jedenfalls nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" (im Zweifel für den Beschuldigten) war daher der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen (§ 45 Abs.1 Z1 VStG).

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. K i s c h

 

 
 

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