Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160281/5/Br/Sta VwSen160282/5/Br/Sta

Linz, 22.02.2005

 

 

 VwSen-160281/5/Br/Sta
 
VwSen-160282/5/Br/Sta
Linz, am 22. Februar 2005

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung des Herrn C K, J F, betreffend die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 15. Oktober 2004, VerkR96-15537-2003, VerkR96-16633-2003, zu Recht:

 

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass betreffend das erstangeführte Straferkenntnis die Geldstrafe zu

  1. 50 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden
  2. 363 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 120 Stunden
  3. 1.162 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf zwei Wochen

 

und betreffend das zweitangeführte Straferkenntnis die Geldstrafe zu

  1. 363 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 120 Stunden
  2. 1.162 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf zwei Wochen
  3. bis 5.) je 10 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf je 12 Stunden
    ermäßigt wird.

 

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich dem zu Folge auf 313 Euro; für das Berufungsverfahren entfallen die Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 1172002 - AVG iVm § 24, § 21, § 51e Abs.3 Z3 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl.Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.
 
 
 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem erstbezeichneten Straferkenntnis drei Geldstrafen im Ausmaß von 2.000 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit 552 Stunden Ersatzfreiheitsstrafen und mit dem zweitbezeichneten Straferkenntnis Geldstrafen im Ausmaß von 2.010 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit 588 Stunden Ersatzfreiheitsstrafen ausgesprochen. An Verfahrenskosten fielen insgesamt 401 Euro an.

Hinsichtlich dieser jeweils als Tatzeit Ende März und Anfang April 2003 betreffenden Vorgänge sind die Schuldsprüche in Rechtskraft erwachsenen. Diesen lag jeweils das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkberechtigung und einmal eine Verweigerung der Atemluftuntersuchung und betreffend das zweitgenannte Straferkenntnis das Lenken in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit einem Alkoholisierungsgrad von 2,62 Promille zu Grunde. Ebenfalls wurde im ersten Punkt noch das Fahrzeug ohne eine entsprechende Zulassung gelenkt und in den Punkten 3. bis 5. im zweitgenannten Straferkenntnis entgegen die Einbahn gelenkt, wobei auch eine Sperrlinie überfahren und der Zulassungsschein nicht mitgeführt wurde.

1.1. Bei der Strafzumessung wertete die Behörde erster Instanz hinsichtlich der alkoholrelevanten Delikte zwei einschlägige und betreffend das Lenken ohne Lenkberechtigung eine Vormerkung(en) als straferschwerend. Bei der Strafzumessung ging die Behörde erster Instanz von einem Monatseinkommen in Höhe von 1.000 Euro aus.

2. Die Straferkenntnisse wurden dem Berufungswerber am 21.10.2004 bei eigenhändiger Übernahme zugestellt .

Dagegen wendet er sich mit seiner am letzten Tag der Berufungsfrist, am 4.11.2004 datierten und angeblich noch an diesem Tag der Post zur Beförderung übergebenen und nur gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung(en). Diese Eingaben wurden mit dem Eingangsstempel der Behörde erster Instanz (Datum "9.11.2004") versehen.

In der Berufungsvorlage wurde auf den unerklärlichen Verlust des Kuverts und die vermutlich verspätet erhobene Berufung hingewiesen.

 

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck. Ergänzend wurde dem Berufungswerber Parteiengehör betreffend die möglicherweise als nicht rechtzeitig erhoben zu wertenden Berufungen gewährt.

Unter Berücksichtigung der zum Parteiengehör übermittelten Stellungnahme des Berufungswerbers ergibt sich nunmehr der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt. Eine Berufungsverhandlung konnte hier unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z1 u. Z3 VStG).

 

3.1. Zur Berufungsfrist:

Da nach h. Rücksprache mit der Behörde erster Instanz das Kuvert mit dem die mit 4. November verfasste(n) Strafberufung(en) nicht mehr aufgefunden werden konnte, musste letztlich im Zweifel von der Annahme der noch fristgerecht der Post zur Beförderung übergebenen Berufung(en) ausgegangen werden.

Diese Annahme kann auf einen nicht gänzlich auszuschließenden Postweg in der hier angeführten Dauer gestützt werden. Immerhin lag zwischen dem 4. und 9. November ein Wochenende. Als zwingend kann es ferner nicht gesehen werden, dass noch am Tag des Einlangens der Schriftstücke bei der Behörde noch der Eingangsstempel angebracht wurde. Dies lässt zusätzlich die Postaufgabe noch am 4.11.2004 (vgl. h. Erk. v. 15.9.2003, VwSen -109230/2/Kof/He) als möglich erscheinen.

 

 

3.2. Zur Sache:

 

In seinen Berufungsausführungen legt der Berufungswerber dar, seit längerem nun nicht mehr straffällig geworden zu sein und alle bisher angefallenen Strafen verbüßt zu haben. Derzeit (gemeint am 4.11.2004) befinde er sich auf einer Langzeittherapie wegen Alkoholkrankheit, welche ein Jahr oder achtzehn Monate andauere. Diese könne er nicht unterbrechen.

Er verweist auf die in der Öffentlichkeit derzeit diskutierten alternativen Strafverbüßungsformen für Verkehrssünder. Als Folgen seines übermäßigen Alkoholgenusses leide er an einer Leberzirrhose, Herzbeschwerden und an Hepatitis C. Aus diesen Gründen ersuche er um Umwandlung der ausgesprochenen Strafen in die Leistung von Sozialarbeit.

In Beantwortung des h. Parteingehörs mit Schreiben vom 6. Februar 2005 legte er eine Aufenthaltsbestätigung des Vereins zur Rehabilitation und Integration suchtkranker Personen vor. Darin wird bestätigt, dass sich der Berufungswerber seit 23.9.2004 einer stationären gesundheitlichen Maßnahme unterzieht. Während der Dauer dieses Aufenthaltes beziehe er ein tägliches Taschengeld von 2,54 Euro.

Weiter weist er in seinem Schreiben im Wesentlichen auf seine schwere Krankheit hin, welche auf sein Vorleben (Gefängnisaufenthalte im Ausland usw.) zurückzuführen wären. Er verfüge über keinerlei finanzielle Mittel und es stünde ihm eine Bypassperation bevor. Er wolle, so der Berufungswerber in diesem Schreiben, den ihm verbleibenden Teil seines nicht mehr allzu langen Lebens einiges wieder gut machen. Er verweist auf einen gestellten Antrag auf Zuerkennung einer Invaliditätspension und bittet mit Blick darauf um Gewährung einer Ratenzahlung. Abschließend verweist er noch auf den Beweis des Poststempels auf dem Kuvert mit dem seine Berufung an die Bezirkshauptmannschaft geschickt wurde, welches letztere leider verworfen habe.

Über andere Beweise verfüge er aber nicht und wolle aus diesem Grund auch keine Beschwerde mehr machen.

 

3.2.1. Zur Strafzumessung:

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

3.2.2. Nun ist hier bei der Strafzumessung einerseits von wesentlich ungünstigeren Einkommensverhältnissen auszugehen als seitens der Behörde erster Instanz ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt wurden. Andererseits kann angesichts des Gesundheitszustandes und persönlichen Schicksals des Berufungswerbers insbesondere unter dem Aspekt der Spezialprävention von einem geringeren Strafbedarf ausgegangen werden. Dem Berufungswerber kann zu Gute gehalten werden, dass er offenbar sein Leben im Hinblick auf die Alkoholproblematik grundlegend zu ändern bereit ist. Letztlich resultierten alle die hier ihm angelasteten Übertretungen aus der Alkoholproblematik, wobei insbesondere die Übertretungen 3.) bis 5.) im zweitgenannten Straferkenntnis subjektiv tatseitig als Folge des alkoholisierten Lenkens zu qualifizieren sind und weitgehend von dieser Strafe mitumfasst erblickt werden können. Jedenfalls kann angesichts der persönlichen und als außergewöhnlich zu wertenden Umstände - trotz der von der Behörde erster Instanz zutreffend gewerteten straferschwerenden Umstände - dennoch mit den Mindeststrafen das Auslangen gefunden werden. Dies in der Überzeugung und vor dem Hintergrund, dass angesichts der glaubhaft gemachten persönlichen Umstände des Berufungswerbers von einer Tatwiederholung nicht auszugehen ist. Daher wird hier dem Strafzweck auch mit den Mindeststrafen ausreichend Rechnung getragen werden können.

Abschließend können auch aus der Judikatur des EGMR ausgelösten Rechtsprechung strafmildernde Aspekte angezogen werden. Demnach indiziert auch eine unangemessen lange Verfahrensdauer einen geringeren Verschuldensgrad iSd § 34 Abs.2 StGB (Hinweis auf die EB zur RV zum Strafrechtsänderungsgesetz 1996, 33 BlgNR 20. GP; zum Zeitfaktor ausführlich in ZVR Okt. 2002, S 339, mit Hinweis auf VfGH 5.12.2001, B 4/01 und dort des EGMR 13.7.1983, Z und S, EuGRZ 1983, 482; 29.5.1986, Deumeland, EuGRZ 1988, 20; 29.3.1989, Bock, A/150; 24.10.1989, H gg. Frankreich, EuGRZ 1987, 301). Die Verfahrensdauer für StVO- u. KFG-, sowie FSG-Übertretungen von zwei Jahren sind objektiv betrachtet als überdurchschnittlich lang zu bezeichnen, wenngleich dies in den häufigen Wohnungswechsel und damit einhergehenden Zustellproblemen begründet sein mag.

Diese können angesichts der Situation des Berufungswerbers nicht als dessen Verschulden gewertet werden.


4. Bei der hier vorzunehmenden Beurteilung der sehr spezifischen Falllagerung war daher in möglichster Wahrung der Einzelfallgerechtigkeit der Strafberufung stattzugeben und mit Mindeststrafsätzen vorzugehen.

Auf die Ausführungen des Berufungswerbers in seinem Schreiben an den Oö. Verwaltungssenat (welche in Kopie den Verfahrensakten angeschlossen werden) darf abschließend die Behörde erster Instanz zwecks allfälliger Bedachtnahme im Vollzug der Strafe hingewiesen werden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von
180 Euro zu entrichten.

 
 
 

 

Dr. B l e i e r
 
 

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