Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160323/10/Ki/Da

Linz, 20.04.2005

 

 

 VwSen-160323/10/Ki/Da Linz, am 20. April 2005

DVR.0690392
 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des J S, B, H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A R, V, P, vom 9.2.2005 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 17.1.2005, VerkR96-534-2004-Mg/Hel, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 19.4.2005 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskosten-beiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat mit Straferkenntnis vom 17.1.2005, VerkR96-534-2004-Mg/Hel, den Berufungswerber für schuldig befunden, er habe am 23.2.2004 um 18.20 Uhr das Sattelzugfahrzeug der Marke Mercedes, mit dem amtlichen Kennzeichen KI- und den Sattelanhänger der Marke Schmitz mit dem amtlichen Kennzeichen KI- im Gemeindegebiet von Fraham auf der B134 Wallerner Straße bei Strkm 2,372 gelenkt und sei mit einem Verkehrsunfall

  1. in ursächlichem Zusammenhang gestanden und habe sein Fahrzeug nicht sofort angehalten
  2. in ursächlichem Zusammenhang gestanden und habe an der Sachverhaltsfeststellung nicht mitgewirkt, da er es durch Verlassen der Unfallstelle unmöglich gemacht habe, seine körperliche und geistige Verfassung zum Unfallszeitpunkt festzustellen
  3. mit Personenschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden und habe nicht sofort die nächste Sicherheitsdienststelle verständigt.

Er habe dadurch

  1. § 4 Abs.1 lit.a iVm § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960,
  2. § 4 Abs.1 lit.c iVm § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 und
  3. § 4 Abs.2 zweiter Fall iVm § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 verletzt.

 

Gemäß § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 wurden Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafen verhängt und es wurde überdies gemäß § 64 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben.

 

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 9.2.2005 Berufung mit dem Antrag, der UVS wolle dieser Berufung Folge geben und das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Strafverfahren einstellen.

 

Im Wesentlichen begründet der Beschuldigte sein Vorbringen damit, dass er den der Bestrafung zur Last gelegten Verkehrsunfall nicht bemerkt habe bzw. dass er diesen auch nicht bemerken konnte.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 19.4.2005. An dieser Berufungsverhandlung nahmen der Berufungswerber in Beisein eines Rechtsvertreters sowie ein Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Eferding teil, als Sachverständiger wurde TAR. Ing. J L beigezogen.

 

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des Gendarmeriepostens Eferding vom 25.3.2004 zu Grunde. Anlässlich einer Einvernahme beim Gendarmerieposten hat der Berufungswerber ausgeführt, dass er am 23.2.2004, gegen 18.20 Uhr, das Sattelzugfahrzeug mit Anhänger auf der B134 von Eferding kommend Richtung Breitenaich gelenkt habe. Er habe an diesem Tag nur eine Überstellungsfahrt von Aschach von Pinsdorf durchgeführt. Auf der Fahrt nach Pinsdorf habe er mehrmals einen Rumpler vernommen, habe dies aber auf die schlechten Fahrbahnverhältnisse zurückgeführt. Gegen 20.00 Uhr habe er das Sattelkraftfahrzeug in Pinsdorf abgestellt. Gegen 22.30 Uhr habe ihn sein Chef angerufen, ob er einen Unfall gehabt hätte, da er einen Schaden am Sattelanhänger bemerkt habe. Er (Bw) habe dies verneint. Als er jedoch am 24.3.2004 um 08.30 Uhr im Radio von einem Verkehrsunfall mit Personenschaden, bei dem ein Lkw-Lenker Fahrerflucht beging, gehört habe, habe er sich sofort bei der Gendarmerie gemeldet. Den Unfall habe er nicht bemerkt.

 

In der Anzeige schilderte der Gendarmeriebeamte den Unfallhergang derart, dass in der sogenannten Lahmairkurve vermutlich beim Sattelkraftfahrzeug des Berufungswerbers der Aufleger links ausgebrochen und dabei mit einem entgegenkommenden Kombi zusammengestoßen sei. Die Lenkerin des Kombis sei bei dem Zusammenstoß schwer verletzt worden und es sei am Kombi Totalschaden und am Sattelanhänger erheblicher Sachschaden entstanden. Konkret wurde der Sattelanhänger links hinten beschädigt, der Unterfahrschutz weggerissen, die linke Schlussleuchte beschädigt, der Werkzeugkoffer weggerissen sowie die Stoßstange links hinten beschädigt.

 

Ausgeführt wurde in der Anzeige auch, dass es zum Unfallszeitpunkt stark geschneit habe und die Fahrbahn mit Schnee bedeckt gewesen sei. Wegen des fahrerflüchtigen Sattelkraftfahrzeuglenkers und wegen der schlechten Witterungsverhältnisse habe die vermutliche Zusammenstoßstelle nicht mehr eruiert werden können.

 

Die Unfallgegnerin des Berufungswerbers führte bei einer niederschriftlichen Einvernahme beim Gendarmerieposten Eferding aus, dass ihr in der sogenannten Lahmairkurve ein Sattelkraftfahrzeug entgegengekommen sei. Sie sei unmittelbar vor der Kurve gefahren als plötzlich der entgegenkommende Lkw mit der linken Achse auf ihre Fahrbahn herübergekommen sei. Sie könne nicht sagen, warum dieser auf ihre Seite gekommen sei und versuchte vermutlich noch zu bremsen, habe aber den Zusammenstoß nicht mehr verhindern können. An genauere Einzelheiten könne sie sich nicht mehr erinnern.

 

Eine weitere Person führte bei einer niederschriftlichen Einvernahme beim Gendarmerieposten Eferding aus, dass sie bei der sogenannten Lahmairkurve gesehen habe, wie der Lkw ziemlich weit links gefahren sei. Sie habe deshalb ihre Geschwindigkeit verringert, in der Lahmairkurve sei sie dann mit ihrem rechten Vorderrad über mehrere Gegenstände gefahren. Sie habe dann bemerkt, dass ein entgegenkommender Pkw, welcher ebenfalls stehen geblieben sei, stark beschädigt sei und daher ein Unfall passiert sein musste.

 

Der Berufungswerber bestritt während des gesamten Verfahrens, den Unfall bemerkt zu haben bzw. dass der von ihm gelenkte Sattelanhänger tatsächlich nach links geschleudert habe. Auf der Fahrt Richtung Pinsdorf habe er den Lkw überdies am Parkplatz des Maxi-Marktes in Wels abgestellt um einzukaufen und er habe anschließend seine Fahrt in Richtung Pinsdorf fortgesetzt. Um etwa 23.00 Uhr sei er von seinem Chef angerufen und befragt worden, ob denn ein Schaden am Lkw passiert wäre, er habe wahrheitsgemäß geantwortet, dass er von einem Schaden nichts wüsste.

 

Bei seiner Aussage im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung verbliebt der Berufungswerber bei seiner Rechtfertigung, auf Befragen erklärte er, er sei seit dem Jahre 1983 im Besitz der Lenkberechtigung auch für die Klassen C und E, er sei jedoch nicht hauptberuflich Kraftwagenlenker und lege im Jahr ca. 2.000 km mit Sattelkraftfahrzeugen zurück.

 

Der verkehrstechnische Amtssachverständige erläuterte in der Verhandlung, dass er bei der erstinstanzlichen Gutachtenserstellung davon ausgegangen ist, dass der Sattelanhänger tatsächlich nach links geschleudert hätte, eine derartige Schleuderbewegung könne auch bei einer Geschwindigkeit von bloß 40 km/h nicht ausgeschlossen werden. Ob tatsächlich der Sattelanhänger geschleudert habe oder ob allenfalls auch das Fahrzeug der Unfallgegnerin geschleudert haben könnte, könne nicht mehr nachvollzogen werden, zumal witterungsbedingt am Unfallort keine Fahrspuren vorhanden waren. Es könne durchaus auch sein, dass das gegnerische Fahrzeug geschleudert und damit die gegenständliche Kollision ausgelöst habe. Die festgestellten Sachschäden am Sattelanhänger hätten auch durch ein Schleudern des Fahrzeuges der Unfallgegnerin bzw. auch, wenn sie die Fahrspur im Bereich der Fahrbahnmitte gewählt hätte, entstehen können.

 

Ausdrücklich erklärte der Sachverständige, dass auf Grund der Nebengeräusche im Fahrzeuginneren das Geräusch, welches bei der gegenständlichen Kollision entstanden ist, nicht mit Sicherheit als Unfall registriert werden musste. Zudem sei auch durch das Gebläsegeräusch eine Reduzierung der Wahrnehmbarkeit möglich gewesen.

 

Hätte tatsächlich der Sattelanhänger geschleudert, dann hätte der Berufungswerber dieses Schleudern erkennen bzw. in ursächlichem Zusammenhang mit dem Unfall bringen müssen, es könne jedoch nicht mit 100 %iger Sicherheit nachgewiesen werden, dass tatsächlich der Sattelanhänger geschleudert habe.

 

I.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

 

Zunächst wird festgestellt, dass Voraussetzung für die Verpflichtung der im § 4 StVO 1960 normierten Verpflichtungen in subjektiver Hinsicht das Wissen von dem Eintritt eines Schadens ist, wobei der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls zu erkennen vermochte (VwGH 23.5.2002, 2001/03/0417).

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich schenkt dem Berufungswerber jedenfalls Glauben, dass er den Verkehrsunfall, an dem er unbestrittener Weise ursächlich beteiligt war, nicht bemerkt hat. Dafür spricht jedenfalls, dass er, nachdem er am Folgetag von diesem Unfall durch eine Radionachricht Kenntnis erhalten hat, sofort mit der Gendarmerie Kontakt aufgenommen hat. Es stellt sich sohin die Frage, ob er bei ordnungsgemäßem Verhalten erkennen hätte müssen, dass er an dem Verkehrsunfall beteiligt war.

 

Zwar hat die Unfallbeteiligte bei ihrer Aussage vor dem Gendarmerieposten Eferding ausgeführt, dass unmittelbar vor der Kurve plötzlich der entgegenkommende Lkw mit der hinteren Achse auf ihre Fahrbahnseite herübergekommen sei, ausdrücklich hat sie jedoch ausgeführt, dass sie sich an genauere Einzelheiten nicht mehr erinnern könne. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht davon aus, dass diese Unfallbeteiligte möglicherweise die Situation nachträglich so empfunden hat, andererseits kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie zumindest ihrerseits in Richtung Fahrbahnmitte geraten ist und diesen Umstand so empfunden hatte, als hätte der entgegenkommende Lkw eine Schleuderbewegung durchgeführt. Letztlich konnte sie sich an die genauen Einzelheiten nicht mehr erinnern.

 

Eine weitere Zeugin, welche bezüglich des Vorfalles beim Gendarmerieposten Eferding eine Aussage gemacht hatte, konnte zwar feststellen, dass der Lkw ziemlich weit links gefahren sei, vom Unfall selbst hat sie jedoch nichts bemerkt.

 

Nachdem, wie auch der Sachverständige festgestellt hat, keinerlei verwertbare Spuren am Unfallort festzustellen waren, kann nach dem Grundsatz in dubio pro reo, welcher auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, nicht mit absoluter Sicherheit nachgewiesen werden, dass tatsächlich der Sattelanhänger eine Schleuderbewegung nach links durchgeführt hat.

 

Was nun das Erkennenkönnen des Verkehrsunfalls anbelangt, so hat der Sachverständige im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung ausdrücklich erklärt, dass das Kollisionsgeräusch auf Grund der Nebengeräusche im Fahrzeuginneren nicht mit Sicherheit als Unfall registriert werden musste. Unter Zugrundelegung dieser schlüssigen Aussage kann dem Berufungswerber weder nachgewiesen werden, dass tatsächlich der Sattelanhänger geschleudert hat noch, dass er die Kollision tatsächlich wahrnehmen konnte bzw. musste.

 

Demnach kann im vorliegenden Falle in dubio pro reo nicht festgestellt werden, dass dem Beschuldigten objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, welche auf den gegenständlichen Verkehrsunfall hingewiesen haben, weshalb im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Voraussetzung für die in § 4 StVO 1960 normierten Verpflichtungen nicht gegeben war.

 

Zur Frage, ob allenfalls das Anhalten im Bereich des Maxi-Marktes Wels eine derartige Verpflichtung auslösen konnte, wird festgestellt, dass jeder Kraftfahrer zwar verpflichtet ist, vor Fahrtantritt sich in zumutbarer Weise davon zu überzeugen, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu lenkender Anhänger den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen (§ 102 Abs.1 KFG) eine allfällige Verletzung dieser Verpflichtung kann jedoch nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates mit dem zurückliegenden Verkehrsunfall nicht mehr in Verbindung gebracht werden.

 

Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass dem Beschuldigten die ihm zur Last gelegten Taten nicht erwiesen werden können, es war daher in Stattgebung der Berufung das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. K i s c h

 

 

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