Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160406/ 6/Zo/Pe

Linz, 25.05.2005

 

 

 VwSen-160406/6/Zo/Pe Linz, am 25. Mai 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn J F, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, vom 7.3.2005 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn vom 2.2.2005, VerkR96-6813-1-2004, wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

 

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass es anstelle von "... im Gemeindegebiet St. Peter am Hart, auf der B 148, bei Strkm. 32,335, ..." wie folgt zu lauten hat: "...  am 1.9.2004 um 16.23 Uhr ...".
  2.  

  3. Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 20 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, dass er als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges, Kennzeichen, trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 20.10.2004, VerkR96-6813-2004, welche am 27.10.2004 seinem rechtsfreundlichem Vertreter zugestellt worden ist, nicht binnen zwei Wochen ab Zustellung der Behörde Auskunft darüber erteilt habe, wer dieses Fahrzeug im Gemeindegebiet St. Peter am Hart, auf der B 148, bei Strkm. 32,335 gelenkt hat oder wer diese Auskunft erteilen kann. Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs.2 KFG 1967 begangen, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden, Verfahrenskostenbeitrag 10 Euro) verhängt wurde.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der anwaltlich vertretene Berufungswerber vorerst darauf hinweist, dass das angefochtene Straferkenntnis keine Angaben dahingehend enthält, auf welchen bestimmten Zeitpunkt sich die Lenkeranfrage bezogen hat.

 

Das gegen ihn geführte Verfahren wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung sei eingestellt worden, er habe in seiner Rechtfertigung darauf hingewiesen, dass das Lenkerauskunftsersuchen ihn der Gefahr ausgesetzt habe, sich selbst belasten zu müssen. Daraus ergebe sich klar, dass er die Lenkerauskunft nicht verweigert habe, sondern zum Ausdruck gebracht habe, dass er eben selbst der damalige Lenker gewesen sei. An seiner Lenkereigenschaft würden daher keine Zweifel bestehen. Die Bezirkshauptmannschaft hätte daher das Verwaltungsstrafverfahren wegen des Grunddeliktes, der Geschwindigkeitsüberschreitung, führen müssen.

 

Der Berufungswerber verwies auf ein Rechtsmittel in einem gleichgelagerten Verwaltungsstrafverfahren, welches vom Oö. Verwaltungssenat abgewiesen wurde (VwSen-160124/8), wobei er eine Bescheidbeschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben habe. In einigen anderen Fällen betreffend Bescheide des UVS Tirol sowie des UVS Salzburg habe er ebenfalls Bescheidbeschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben und dieser habe die Verfahren bereits eingeleitet. Der EGMR habe am 18.3.2004 die Beschwerden in den Fällen Rieg, Luckhoff und Spanner für zulässig erklärt.

 

Im Erkenntnis des EGMR vom 8.4.2004 (Weh gegen Österreich) hätten drei Richter eine abweichende Meinung vertreten, wobei ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass das Recht zu Schweigen und sich nicht selbst zu belasten voraussetzt, dass die Behörden beim Versuch, den Beschuldigten zu überführen, nicht auf Beweise zurückgreifen, die durch Zwang oder Druck gegen den Willen des Verdächtigen erlangt wurden. Es liege aber ein wesentlicher Unterschied zum Fall Weh dahingehend vor, dass beim dortigen Verfahren gegen den Beschwerdeführer kein Verwaltungsstrafverfahren wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung geführt wurde, was bei ihm jedoch der Fall sei. Er war daher wegen dieses Verkehrsdeliktes bereits angeklagt im Sinne des Art.6 Abs.1 EMRK.

 

In einer Berufungsergänzung vom 19.5.2005 führte der Berufungswerber insgesamt fünf Fälle an, in welchen der Verfassungsgerichtshof die Behandlung seiner Bescheidbeschwerden abgelehnt hat. Dies würde bedeuten, dass der Verfassungsgerichtshof Art.6 EMRK bloß in seiner innerstaatlichen Maßstabsfunktion anwenden würde. Dies sei aber rechtlich nicht gedeckt, weil der österreichische Vorbehalt zu dieser Bestimmung ungültig ist.

 

Er führte weiters aus, dass sein Fall völlig anders gelagert sei, als der Fall Weh gegen Österreich vom 8.4.2004, weil über ihn wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung eine Strafe verhängt wurde und die Verwaltungsstrafbehörde nur deshalb in Kenntnis seiner Lenkereigenschaft sei, weil er im Schreiben vom 8.3.2005 unter Strafandrohung aufgefordert worden sei, binnen zwei Wochen ab Zustellung des behördlichen Schreibens den Lenker bekannt zu geben. Dies habe er am 24.3.2005 getan, weil der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 dreimal so hoch sei wie jener für die betreffende Geschwindigkeitsüberschreitung. Er sah sich daher gezwungen, die Lenkerauskunft zu erteilen.

 

Im Fall Weh sei das Verfahren wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung zu keinem Zeitpunkt gegen den Beschwerdeführer geführt worden, weswegen dieser Fall nicht die Verwendung von durch Zwang erlangten Informationen in einem nachfolgenden Strafverfahren betrifft. Laut EGMR habe nichts darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer wegen dieses Verkehrsdeliktes angeklagt gewesen sei. Sein Fall würde sich völlig anders gestalten, weil er mit Schreiben vom 8.3.2005 unter Zwang (Androhung einer Verwaltungsstrafe) von der Behörde verpflichtet worden sei, die geforderte Lenkerauskunft zu erteilen. Er sei dieser von der Behörde auferlegten Verpflichtung mit der Begründung nachgekommen, dass er damit eine höhere Strafe vermeiden wolle. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn sei deshalb unter Anwendung von Zwang zu der Information gelangt, dass er damals den bezeichneten Pkw selbst gelenkt habe. Unter diesen Umstände würde ein Beweisverwertungsverbot bestehen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Braunau/Inn hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Da sich bereits aus diesem in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klar ergibt, mit dem angefochtenen Straferkenntnis keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und der Berufungswerber ausdrücklich auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verzichtet, konnte von dieser abgesehen werden.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Gegen den ungekannten Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen wurde eine Anzeige erstattet, weil eine Geschwindigkeitsmessung mit dem Laserverkehrsgeschwindigkeitsmessgerät der Marke Riegl LR 90-235/P mit der Gerätenummer S342 ergeben hatte, dass dieses Fahrzeug am 1.9.2004 um 16.23 Uhr in St. Peter am Hart auf der B 148 bei km 32,335 mit einer Geschwindigkeit von 66 km/h gelenkt wurde. In diesem Bereich war zum damaligen Zeitpunkt lediglich eine Geschwindigkeit von 30 km/h erlaubt. Der Berufungswerber ist Zulassungsbesitzer des angeführten Pkw.

 

Der Bezirkshauptmann von Braunau/Inn erlies gegen den Berufungswerber eine Strafverfügung, mit welcher ihm die gegenständliche Geschwindigkeitsüberschreitung vorgeworfen wurde. Dagegen erhob er rechtzeitig Einspruch. Darauf hin wurde er mit Schreiben vom 20.10.2004, nachweislich zugestellt am 27.10.2004, als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges, Kennzeichen, gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 aufgefordert, binnen zwei Wochen mitzuteilen, wer dieses Fahrzeug am 1.9.2004 gegen 16.23 Uhr im Gemeindegebiet St. Peter am Hart auf der B 148 bei Strkm. 32,335 gelenkt hat. Die Auskunft hat jedenfalls den vollständigen Namen und die genaue Anschrift dieser Person zu enthalten. Für den Fall, dass der Berufungswerber die Auskunft nicht erteilen kann, wurde er verpflichtet, jene Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann. Diese trifft dann die Auskunftspflicht.

 

Der Berufungswerber wurde darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass keine fristgerechte Auskunft einlangt, diese ungenau oder unrichtig ist, ein Strafverfahren wegen Verletzung der Auskunftspflicht mit einer Höchststrafe von 2.180 Euro eingeleitet werden muss.

 

Der Berufungswerber erteilte in weiterer Folge keine entsprechende Auskunft, weshalb er mit Schreiben vom 10.12.2004 aufgefordert wurde, sich wegen der gegenständlichen Verwaltungsübertretung zu rechtfertigen. Dazu führte er aus, dass nach Art.6 Abs.1 EMRK jedermann das Recht auf ein faires Verfahren hat. Dieser Grundsatz würde verlangen, dass der Beschuldigte nicht gezwungen werden darf, Beweise gegen sich selbst zu liefern. Weiters würde im Strafverfahren nach Art.90 Abs.2 B-VG der Anklageprozess gelten. Auch beim Verwaltungsstrafverfahren nach dem VStG handle es sich um eine strafrechtliche Anklage im Sinne des Art.6 EMRK. Der Verfassungsgerichtshof habe bereits am 8.3.1985, Zl. G149/84, die damals auf einfachgesetzlicher Stufe stehende Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 als verfassungswidrig aufgehoben, woraufhin der Gesetzgeber den letzten Satz dieser Bestimmung auf Verfassungsstufe gehoben habe. Im Erkenntnis vom 29.9.1988, B72/88, habe der Verfassungsgerichtshof im Wesentlichen ausgesprochen, dass er § 103 Abs.2 KFG 1967 lediglich aufgrund der Bestimmungen des B-VG geprüft habe. Ob diese Bestimmung auch mit Art.6 EMRK im Einklang steht, habe der Verfassungsgerichtshof nicht ausgesprochen.

 

Die Verhängung einer Strafe wegen der Verweigerung der Lenkerauskunft verstoße gegen das Recht auf ein faires Verfahren nach Art.6 EMRK. Weiters verwies der Berufungswerber darauf, dass die BRD die Vollstreckung von durch österreichische Behörden ausgesprochene Strafen nach § 103 Abs.2 KFG 1967 unter Verweis auf den "orde public" nicht vollstreckt. Diese allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechtes würden nach Art.9 Abs.1 B-VG auch als Bestandteile des Bundesrechtes gelten. Das Lenkerauskunftsersuchen habe ihn der Gefahr ausgesetzt, sich selbst belasten zu müssen, eine Bestrafung würde im Sinne der Judikatur des Verfassungsgerichtshof mit dem Gleichheitsrecht nicht in Einklang stehen und einen Verstoß gegen die Bestimmung des Art.6 Abs.1 EMRK darstellen.

 

Das Verfahren gegen den Berufungswerber wegen des Verdachtes einer Geschwindigkeitsüberschreitung wurde von der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn am 2.2.2005 eingestellt. Am 4.3.2005 wurde ihm das nunmehr angefochtene Straferkenntnis zugestellt.

 

5. Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. § 103 Abs.2 KFG 1967 lautet:

Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

Gemäß Art.6 Abs.1 erster Satz EMRK hat jedermann Anspruch darauf, dass seine Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird, und zwar von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht, das über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen oder über die Sichthaltigkeit der gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Anklage zu entscheiden hat.

 

Gemäß Art.6 Abs.2 EMRK wird bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist.

 

5.2. Es ist aufgrund des Akteninhaltes offenkundig, dass der Berufungswerber die geforderte Auskunft nicht erteilt hat. Das Recht auf ein faires Verfahren und die Unschuldsvermutung geben dem Beschuldigten das Recht, sich nicht selbst einer strafbaren Handlung bezichtigen zu müssen. Er hat das Recht zu schweigen, weshalb die Behörde nicht auf Beweise zurückgreifen darf, die durch Zwang oder Druck gegen den Willen des Beschuldigten erlangt werden.

 

Richtig ist, dass zum Zeitpunkt der Lenkeranfrage gegen den Beschuldigten ein Verwaltungsstrafverfahren wegen des Verdachtes einer Geschwindigkeitsüberschreitung anhängig war. Insoweit unterscheidet sich der gegenständliche Fall tatsächlich vom Fall Weh gegen Österreich. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt nicht klar, ob der Berufungswerber überhaupt der Lenker des gegenständlichen Fahrzeuges zum Zeitpunkt der angezeigten Geschwindigkeitsüberschreitung war.

 

Die Lenkererhebung diente offenbar dazu, eben diesen Fahrzeuglenker festzustellen. Der Zulassungsbesitzer musste also nur eine einfache Tatsache mitteilen, nämlich wer das Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hatte, was für sich allein noch nicht belastend ist (siehe dazu die Ausführungen in der Entscheidung Weh gegen Österreich vom 8.4.2004). Die Lenkeranfrage ist nicht mit dem Vorwurf einer Verwaltungsübertretung verbunden. Wäre dies der Fall, so wäre die Anfrage nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ohnedies unzulässig bzw. deren Nichtbeantwortung straffrei (siehe z.B. VwGH vom 15.9.1999, 99/03/0090). Im vorliegenden Fall wurde aber nur nach einer bloßen Tatsache, nämlich den Lenker eines bestimmten Fahrzeuges zu einem bestimmten Zeitpunkt gefragt.

 

Der Berufungswerber konnte zwar aufgrund der ihm bekannten Strafverfügung auch davon ausgehen, dass gegen den Fahrzeuglenker ein Verwaltungsstrafverfahren wegen des Verdachtes einer Geschwindigkeitsüberschreitung durchgeführt werden wird. Das bedeutet aber noch nicht, dass er sich selbst hätte belasten müssen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Berufungswerber selbst der Fahrzeuglenker gewesen wäre. Das hat er aber bis zur Berufungsentscheidung nicht klar zum Ausdruck gebracht, obwohl das gegen ihn eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung ohnedies bereits am 2.2.2005 eingestellt worden war. Es ist damit keineswegs sicher, ob sich der Berufungswerber durch eine wahrheitsgemäße Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers tatsächlich selbst hätte belasten müssen.

 

Es darf nicht übersehen werden, dass auch bei Kenntnis des Lenkers die vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht ohne weiteres bewiesen gewesen wäre. Es wären noch zahlreiche Fragen hinsichtlich der Geschwindigkeitsmessung zu klären gewesen, insbesondere die Möglichkeit eines Ablesefehlers beim Kennzeichen, einer möglicherweise falschen Verwendung des Messgerätes, eines Fehlers bei der Zuordnung der gemessenen Geschwindigkeit zum Fahrzeug des Berufungswerbers, die Eichung des Messgerätes und die Einhaltung der Verwendungsbestimmungen durch das Messorgan. Auch die Frage, ob die konkrete Geschwindigkeitsbeschränkung ordnungsgemäß verordnet und kundgemacht war, hätte überprüft werden müssen. Die Lenkeranfrage im Sinne des § 103 Abs.2 KFG 1967 hatte im vorliegenden Fall nur den Zweck, einen Verdächtigen zu ermitteln. Dieser hätte sich im weiteren Verfahren in jeder Hinsicht verteidigen können, insbesondere hätte er auch geltend machen können, dass die Auskunft des Zulassungsbesitzers falsch war. Die Lenkeranfrage war daher nicht so untrennbar mit dem Vorwurf einer bestimmten Verwaltungsübertretung verbunden, dass sie gegen Art.6 EMRK verstoßen hätte.

 

Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass - soweit ersichtlich - in allen europäischen Staaten Kraftfahrzeuge verpflichtend mit Kennzeichen versehen sein müssen. Diese Kennzeichnung dient offenkundig dazu, im Fall eines Verkehrsunfalles oder eines sonstigen Verkehrsverstoßes das betreffende Kraftfahrzeug zu identifizieren und damit letztlich auch die dafür verantwortliche Person feststellen zu können.

 

§ 103 Abs.2 KFG 1967 verstößt daher nach Ansicht des zuständigen Mitgliedes des Oö. Verwaltungssenates nicht gegen Art.6 EMRK. Dazu wird auch auf die ausführliche Habilitationsschrift von Gerhard Muzak (Binnenschifffahrtsrecht 2004), insbesondere Fußnoten 1103 bis 1106, zu dem inhaltlich gleichlautenden § 5 Abs.9 Schifffahrtsgesetz hingewiesen.

 

Die Spruchkorrektur war erforderlich, um den Tatvorwurf inhaltlich richtig zu fassen. Sie war auch zulässig, weil dem Berufungswerber in der Aufforderung zur Rechtfertigung innerhalb der Verjährungsfrist die gegenständliche Verwaltungsübertretung vollständig vorgehalten wurde.

 

Weiters ist noch anzuführen, dass der Berufungswerber in seinem Ergänzungsschriftsatz vom 19.5.2005 hinsichtlich der angeblichen Lenkerauskunft vom 24.3.2005 ein offenkundig aktenwidriges Vorbringen erstattet hat. Das gegenständliche Straferkenntnis wurde bereits am 4.3.2005 zugestellt, die angeführten Ausführungen beziehen sich vermutlich auf ein anderes - ähnlich gelagertes - beim Rechtsvertreter des Berufungswerbers anhängiges Verfahren.

 

In subjektiver Hinsicht ist festzuhalten, dass der Berufungswerber die geforderte Lenkerauskunft vorsätzlich nicht erteilt hat. Im Hinblick auf seine unzutreffende Rechtsansicht könnte er einen Rechtsirrtum geltend machen. Dieser ist ihm aber vorwerfbar, weil ihm bzw. seinem Vertreter die entsprechende Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des EGMR (Fall Weh gegen Österreich) bekannt sind.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Als strafmildernd ist die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers zu werten, einen weiteren Strafmilderungsgrund bildet der Umstand, dass der Berufungswerber die geforderte Auskunft offenbar lediglich aufgrund eines Rechtsirrtums nicht erteilt hat. Sonstige Milderungs- oder Erschwerungsgründe liegen hingegen nicht vor.

 

Die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe beträgt weniger als 5 % der gesetzlich vorgesehenen Höchststrafe von 2.180 Euro. Im Hinblick auf die Bedeutung des § 103 Abs.2 KFG 1967 - insbesondere für die Verkehrssicherheit - ist diese Strafe keineswegs überhöht. Sie entspricht auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers, wobei diesbezüglich die von der Erstinstanz durchgeführte Schätzung zugrundegelegt wird, weil der Berufungswerber dieser nicht widersprochen hat (monatliches Nettoeinkommen 1.000 Euro, kein Vermögen, keine Sorgepflichten). Die Berufung war daher auch hinsichtlich der Strafhöhe abzuweisen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Z ö b l

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt. VwGH vom 27.01.2006, Zl.: 2005/02/0194-4

 

 
 

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