Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-160409/2/Br/Wü

Linz, 21.03.2005

VwSen-160409/2/Br/Wü Linz, am 21. März 2005

DVR.0690392

ERKENNTNIS

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung des Herrn P J, H, D, betreffend das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 12. Jänner 2005, Zl.: VerkR96-23619/Hol, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf 230 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf
90 Stunden ermäßigt wird.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demnach auf
23 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen einer Übertretung nach § 52a Z 10 a StVO 1960 eine Geldstrafe von 400 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 144 Stunden verhängt, weil er am 21.8.2004 um 20.18 Uhr im Gemeindegebiet von Ansfelden, auf der A1 bei Strkm. 170,00 in Fahrtrichtung Wien, als Lenker des KFZ, Pol.KZ. (D), entgegen dem Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwin-digkeit)" die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h, um 66 km/h überschritten habe.

1.1. Bei der Strafzumessung ging die Behörde erster Instanz "von einer Schätzung der Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse" aus. Letztere wurden mit 600,-- Euro angenommen.

Strafmildernde oder erschwerende Umstände wurden bei der Strafzumessung nicht berücksichtigt.

2. Gegen die vorgenommene Strafzumessung wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung. Diese langte bei der Behörde erster Instanz am 8. Februar 2005 ein und wurde erst am 15.3.2005 dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt.

Inhaltlich verweist der Berufungswerber darin auf die Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang wegen einer angeblich an gleicher Stelle von einem tschechischen Politiker gefahrenen Geschwindigkeit von 235 km/h und die gegen diesen mit vermeintlich mit 700 Euro verhängten Geldstrafe. Ebenfalls verweist auf zwei divergierende Einkommensschätzungen.

3. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde ist der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z2 VStG).

4. Beim Vorfallstag handelt es sich um einen Samstag. Es kann daher zu dieser Tageszeit von einem geringen Verkehrsaufkommen auf der in diesem Bereich dreispurig ausgebauten Autobahn ausgegangen werden. In Berücksichtigung dieses Umstandes muss dieser Übertretungshandlung ein geringerer Unwertgehalt zu Grunde gelegt werden, als er mit einem solchen Verhalten üblicher Weise einhergeht. Ebenfalls ist auf Grund der Mitteilung des Berufungswerbers von einem Monatseinkommen von nur 600 Euro und damit von einem erheblich unter dem Durchschnitt liegenden Einkommen, sowie - im Gegensatz zur Annahme der Behörde erster Instanz - von seiner bisherigen verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit auszugehen.

Andererseits gilt es aber festzustellen, dass sich der Berufungswerber hier geradezu vorsätzlich über die hier geltende "Ordnungsvorschrift", die letztlich nicht nur der Verkehrssicherheit, sondern auch dem Lärmschutz dient, hinwegsetzte. Die
"100 km/h Beschränkung" konnte wohl nicht übersehen worden sein und diese hohe Fahrgeschwindigkeit wird kaum unbewusst passiert sein, sondern muss offenbar bewusst gefahren worden sein.

Als unzutreffend erweist sich der Hinweis des Berufungswerbers in seiner Strafberufung, wonach die Behörde erster Instanz in seinem Verfahren von zwei verschiedenen Einkommen (einmal 1.200 Euro und zuletzt von 600 Euro) ausgegangen wäre. Die erstgenannte Annahme bezog sich auf das gegen offenbar den Zulassungsbesitzer (Fahrzeughalter) geführte Verfahren. Dies geht selbst aus dem vom Berufungswerber seiner Berufung angeschlossenen Formular hervor, wobei klar ersichtlich ist, dass auf diesem der Name "Dirk G...." vermerkt war, welcher jedoch überklebt ist.

Dennoch kommt seinem zum Teil nicht sachbezogenen Berufungsvorbringen Berechtigung zu.

5.1. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

5.2. Es trifft wohl grundsätzlich zu, dass mit dem Schnellfahren in aller Regel eine erhöhte Gefahrenpotenzierung einhergeht. Daher sind derartige Übertretungen mit nachhaltigen Strafen zu begegnen. Insbesondere gründen die nachteiligen Tatfolgen einer eklatanten Geschwindigkeitsüberschreitung empirisch besehen darin, dass bei Einhaltung der hier erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h der Anhalteweg mit nur 82 m anzunehmen ist, während er bei der hier zur Last gelegten Fahrgeschwindigkeit bei über 192 m liegt. Dieser Schlussfolgerung wird eine moralistisch noch erreichbare Bremsverzögerung von 7,5 m/sek2, eine Reaktionszeit von einer Sekunde und einer Bremsschwellzeit von 0,2 Sekunden zu Grunde gelegt. Die Stelle an der das Fahrzeug aus 100 km/h zum Stillstand gelangt wird bei der vom Berufungswerber eingehaltenen Geschwindigkeit noch mit mehr als 146 km/h durchfahren, wobei sich eine Fehlbremsstrecke von 110,46 m ergibt (Berechnung mittels Analyzer Pro 4.5). Da jedermann darauf vertrauen darf, dass andere Verkehrsteilnehmer die Vorschriften des Straßenverkehrs einhalten (Vertrauensgrundsatz) wird damit die herbeigeführte Gefahrenpotenzierung - welche insbesondere bei Spurwechsel schlagend wird - in Beziehung zum übrigen Verkehrsgeschehen sehr deutlich evident.

Da hier, wie bereits festgestellt, tageszeit- und wochentagsbedingt von einem sehr geringen Verkehrsaufkommen auszugehen ist wird jedoch diese Überlegung zum Tatunwert relativiert, was bei der Strafzumessung nicht unberücksichtigt bleiben sollte.

Der erstbehördlichen Strafzumessung war einerseits mit Blick darauf, andererseits auch wegen des Strafmilderungsgrundes der Unbescholtenheit und des überdurchschnittlich geringer Einkommens entsprechend zu korrigieren.

Hinzuweisen ist jedoch an dieser Stelle, dass laut Verwaltungsgerichtshof wegen einer Fahrgeschwindigkeit auf der Autobahn (erlaubte Geschw. 130 km/h) von 180 bis 190 km/h eine Geldstrafe in der Höhe von (damals) 4.000 S, [entspricht 290,70 Euro] bereits im Jahre 1990 als angemessen erachtet wurde (VwGH 13.2.1991, 91/03/0014).

Der Oö. Verwaltungssenat vermeint daher, unter Hinweis auf seine Judikatur über die Einzelfallbeurteilung eines solchen Tatgeschehens auch mit dem nunmehr festgesetzten Strafausmaß dem Strafzweck ausreichend gerecht werden zu können.

Auf den bis zu 726,- Euro reichenden Strafsatz ist zuletzt auch mit Blick auf das Berufungsvorbringen hinzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum