Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160413/3/Zo/Pe

Linz, 20.04.2005

 

 

 VwSen-160413/3/Zo/Pe Linz, am 20. April 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn O K, vom 10.3.2005, vertreten durch Prof. Dipl.-Ing. Dr. E Z, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Eferding vom 23.2.2005, VerkR96-2306-2004-WW/Ed, wegen einer Übertretung des Gefahrgutbeförderungsgesetzes (GGBG) zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, dass er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der O Gütertransporte- und HandelsgesmbH mit Sitz in, zu verantworten habe, dass diese Gesellschaft als Absender ein gefährliches Gut (Dieselkraftstoff, UN 1202) zur Beförderung mit dem Lkw und dem Anhänger übergeben habe und es dabei unterlassen habe, dem Beförderer die erforderlichen richtigen Angaben und Informationen zu überliefern. Die schriftliche Weisung für das Verhalten bei Unfällen habe nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprochen, es habe sich um eine Weisung für eine gesamte Klasse gehandelt, welche für verschiedene Güter der selben Klasse mit unterschiedlichen Gefahren ausgestellt war. Die Weisung habe beispielsweise für Stoffe mit der UN 1202 und 1203 gleichzeitig gegolten, wobei als Art der Gefahr leicht entzündlich angegeben war. Güter mit UN 1202 seien jedoch nicht als leicht entzündlich zu betrachten, weil sie einen Flammpunkt von mehr als 23° haben. Dies sei anlässlich einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle am 10.9.2004 um 10.55 Uhr in Schwechat, Südrandstraße, Kreuzung mit der Danubiastraße, festgestellt worden.

Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach §§ 7 Abs.1, 7 Abs.3 Z2, 27 Abs.1 Z2 GGBG iVm Punkt 5.4.3 der Anlage A des ADR begangen, weshalb eine Ermahnung gemäß § 21 VStG erteilt wurde.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorbringt, dass in der schriftlichen Weisung in Wirklichkeit der Wortlaut "leicht entzündbar" angeführt ist. Die Definitionen im Chemikaliengesetz dürften nicht für die Interpretation des GGBG verwendet werden, weil das Chemikaliengesetz für die Beförderung gefährlicher Güter im Straßenverkehr nicht anzuwenden sei. Für die Beurteilung der verwendeten Begriffe sei daher das ADR heranzuziehen. Das ADR unterteile in Kapitel 2.2.3.1.2 die Stoffe und Gegenstände der Klasse 3 in verschiedene Gruppen, wobei die Gruppe F1 entzündbare flüssige Stoffe mit einem Flammpunkt von höchstens 61° umfasst.

 

Die schriftliche Weisung gelte seit dem ADR 2001 ausschließlich für den Lenker, welcher im Schadensfall über die zutreffenden Maßnahmen informiert werden soll. Für den Fahrzeuglenker ist die Bezeichnung "leicht entzündbar" fachlich zweifellos richtiger als die Bezeichnung "leicht entzündlich", weil Dieselkraftstoff zweifellos leichter entzündbar als Heizöl leicht oder Heizöl schwer sei. Die einschlägigen Normen würden keine genauere Unterteilung kennen.

 

Der Vorwurf, er habe es unterlassen, die erforderlichen richtigen Beförderungspapiere zu übergeben, sei unrichtig. Im Beförderungspapier sei ohnedies die genaue Definition des beförderten Gutes (im vorliegenden Fall Dieselkraftstoff) angegeben. Die Anführung der Art der Gefahr in der schriftlichen Weisung mit dem Wortlaut "leicht entzündbar" diene nicht der Definition des beförderten gefährlichen Gutes sondern der prinzipiellen Information über die Art der Gefahr. Diese Gefahr liege beim Diesel eben darin, dass er "leicht entzündbar" sei.

 

Weiters verwies der Berufungswerber auf das umfangreiche Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren, insbesondere eine Kopie einer Veröffentlichung der Fachzeitschrift "Sifa Tipp 01/2005" von Prof. M. Bochmann, wonach für alle Stoffe der Klasse 3 mit dem Klassifizierungscode F1 (also z.B. für Dieselkraftstoff und Benzin) eine schriftliche Weisung verwendet werden darf.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Eferding hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG die öffentliche mündliche Verhandlung.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Bei einer Gefahrgutkontrolle am 10.9.2004 um 10.55 Uhr in Schwechat auf der Südrandstraße, Kreuzung Danubiastraße, wurde festgestellt, dass Herr A Z mit dem Lkw und dem Anhänger Gefahrgut, nämlich 29.834 l UN 1202 Dieselkraftstoff, 3, III (Sondervorschrift 640L) transportierte. Entsprechend der mitgeführten Unterlagen war die K GmbH Absender des gegenständlichen Gefahrgutes. Es wurde eine schriftliche Weisung mitgeführt, welche für Stoffe der Klasse 3 mit den UN 1202, 1203, 1223 sowie zahlreiche andere, verwendet wurde. Als Art der Gefahr wurde u.a. "leicht entzündbar" angegeben.

 

Es handelte sich offenbar um eine von der O AG erstellte schriftliche Weisung, Version 3.1, gültig ab 13.7.2003.

 

Diese schriftliche Weisung wurde vom kontrollierenden Exekutivorgan beanstandet, weil schriftliche Weisungen, welche für eine ganze Klasse Gültigkeit haben, nur im Zuge einer Versandstückbeförderung, nicht aber beim Tankwagentransport verwendet werden dürften. Im Übrigen würden die angeführten Stoffe nicht die selbe Gefahr aufweisen, weil nämlich Güter mit der UN 1202 nicht als leicht entzündbar anzusehen seien. Diese hätten einen Flammpunkt von mehr als 23°.

 

Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der gegenständlichen Gesellschaft, welche Absender des Gefahrgutes war.

 

5. Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Entsprechend Kapitel 5.4.3.1 ADR sind dem Fahrzeuglenker für das Verhalten bei Unfällen oder Zwischenfällen, die sich während der Beförderung ereignen können, schriftliche Weisungen mitzugeben, die Angaben über jeden beförderten Stoff oder Gegenstand oder jede Gruppe Güter mit den selben Gefahren, zu der der beförderte Stoff oder Gegenstand gehört, in knapper Form enthalten. Zu diesen Angaben zählt u.a. auch die Art der Gefahr, die von diesen Gütern ausgeht.

 

Entsprechend Kapitel 2.2.3.1.2 ADR sind die Stoffe und Gegenstände der Klasse 3 wie folgt unterteilt:

F entzündbare flüssige Stoffe ohne Nebengefahr

F1 entzündbare flüssige Stoffe mit einem Flammpunkt von höchstens 61°

F2 entzündbare flüssige Stoffe mit einem Flammpunkt über 61°, die auf oder über ihren Flammpunkt erwärmt zur Beförderung aufgegeben oder befördert werden (erwärmte Stoffe)

FT entzündbare flüssige Stoffe, giftig

FC entzündbare flüssige Stoffe, ätzend

FTC entzündbare flüssige Stoffe, giftig, ätzend

D desensibilisierte explosive flüssige Stoffe.

 

Gemäß Kapitel 2.2.3.1.3 sind entzündbare flüssige Stoffe aufgrund ihres Gefahrgrades, den sie bei der Beförderung darstellen, einer Verpackungsgruppe zuzuordnen.

Dabei gilt die Verpackungsgruppe II für Stoffe mit mittlerer Gefahr (entzündbare flüssige Stoffe mit einem Flammpunkt unter 23°).

Die Verpackungsgruppe III gilt für Stoffe mit geringer Gefahr (entzündbare flüssige Stoffe mit einem Flammpunkt von 23° bis einschließlich 61°).

 

5.2. Kapitel 5.4.3.1 ADR sieht grundsätzlich vor, dass schriftliche Weisungen auch für Gruppen von Gütern mit den selben Gefahren erstellt werden können. Die Unterteilung der Stoffe der Klasse 3 erfolgt gemäß Kapitel 2.2.3.1.2 eben in entzündbare flüssige Stoffe mit einem Flammpunkt von höchstens 61° (Klassifizierungscode F1) sowie in entzündbare flüssige Stoffe mit einem Flammpunkt über 61°, die auf oder über ihrem Flammpunkt erwärmt zur Beförderung aufgegeben oder befördert werden (Klassifizierungscode F2). Lediglich bei der Einteilung in Verpackungsgruppen erfolgt eine Unterscheidung in Stoffe mit einem Flammpunkt unter 23° (Verpackungsgruppe II) und Stoffe mit einem Flammpunkt zwischen 23° und 61° (Verpackungsgruppe III). Diese Abstufung des Gefahrengrades ist aufgrund der gemäß Kapitel 5.3.2.1.2 an der Außenseite des Tankwagens anzubringenden orangefarbenen Tafel deutlich ablesbar, weil eben Stoffe der Verpackungsgruppe III als Nummer zur Kennzeichnung der Gefahr die Zahl "30" aufweisen, während Stoffe der Verpackungsgruppe II mit der Nummer "33" gekennzeichnet sein müssen.

 

Aus Kapitel 5.4.3 kann aber nicht abgeleitet werden, dass auch bei den schriftlichen Weisungen unter dem Gesichtspunkt der "Art der Gefahr" auf die genaue Differenzierung dieser Gefahr durch die entsprechende Verpackungsgruppe abgestellt werden muss. Hinsichtlich der Entzündbarkeit werden die flüssigen Stoffe ohne Nebengefahr eben nur in den Klassifizierungscode F1 bzw. F2 unterteilt, wobei als Abgrenzungskriterium hier ein Flammpunkt von über bzw. höchstens 61° dient. Es können daher Stoffe der Klasse 3, welche unter den selben Klassifizierungscode fallen, grundsätzlich in einer schriftlichen Weisung zusammengefasst werden, sofern auch alle sonstigen Angaben im Unfallmerkblatt für diese Stoffe zu treffen. Der Sinn des Unfallmerkblattes besteht darin, dem Lenker sowie allenfalls den Einsatzkräften ausreichend Hinweise dafür zu geben, wie sie sich bei einem Unfall oder einer Störung zu verhalten haben. Dabei kann die Angabe "leicht entzündbar" bei Dieselkraftstoffen keinesfalls schaden, weil diese Angabe eben darauf hinweist, dass der gegenständliche Stoff relativ leicht entzündet werden kann. Eine genauere Feststellung des Flammpunktes ist ohnedies aufgrund der orangefarbenen Tafel und der darauf befindlichen Nummer zur Kennzeichnung der Gefahr möglich.

 

Der Vollständigkeit halber ist auch noch darauf hinzuweisen, dass bei der Einteilung der entzündbaren flüssigen Stoffe aufgrund ihres Gefahrengrades in Verpackungsgruppen zwar eine Unterteilung dahingehend erfolgt, ob der Flammpunkt unter 23° oder zwischen 23° und 61° liegt, aber auch dabei Stoffe mit einem Flammpunkt unter 23° nicht als "leicht entzündlich" und Stoffe mit einem höheren Flammpunkt nur als "entzündlich bzw. entzündbar" definiert werden.

 

Die Bezeichnung "leicht entzündlich" in der entsprechenden schriftlichen Weisung ist daher ausreichend, um die Art der Gefahr im Sinne des Kapitel 5.4.3.1 zu beschreiben.

 

Für diese Auslegung spricht schließlich auch die vom Berufungswerber vorgelegte Veröffentlichung von Prof. Bochmann, aus welcher sich ebenfalls ergibt, dass in der Klasse 3 für alle Stoffe mit dem Klassifizierungscode F1 jeweils ein Unfallmerkblatt verwendet werden kann, weil die unter einem solchen Klassifizierungscode zusammengefassten Stoffe einander im Risikopotential ähneln. Das verwendete Unfallmerkblatt entspricht daher den Vorschriften des ADR, weshalb der Berufungswerber die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht begangen hat. Es war daher seiner Berufung stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Z ö b l

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