Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390078/2/Gf/Km

Linz, 28.01.1999

VwSen-390078/2/Gf/Km Linz, am 28. Jänner 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des W D, vertreten durch RA Dr. J K, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 4. Mai 1998, Zl. S-13356/98-3, wegen Verhängung einer Ordnungsstrafe zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insofern stattgegeben, als der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Sache an die Bundespolizeidirektion Linz zurückverwiesen wird.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 2 AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 4. Mai 1998, Zl. S-13356/98-3, wurde über den Rechtsmittelwerber gemäß § 34 Abs. 2 und 3 AVG eine Ordnungsstrafe von 900 S verhängt, weil er sich in einer schriftlichen Eingabe vom 27. Februar 1998 insofern einer beleidigenden Schreibweise bedient habe, als er darin die Worte "Ätsch" und "Arschloch" verwendete.

1.2. Gegen diesen ihm am 11. Mai 1998 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 25. Mai 1998 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Bescheid führt die belangte Behörde im wesentlichen begründend aus, daß die verwendeten Wörter offenkundig geeignet seien, die Behörde bzw. Behördenorgane in unsachlicher Weise zu verunglimpfen.

2.2. Dagegen bringt der Berufungswerber vor, daß der zur Einzahlung einer Organstrafverfügung bestimmte Erlagschein, auf den die in Rede stehenden Wörter geschrieben wurden, weder von ihm gestaltet noch zur Post gegeben worden sei. Die Organstrafverfügung habe sich vielmehr auf ein Firmenfahrzeug bezogen, das damals nicht ausschließlich von ihm benutzt worden sei.

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Einstellung des Verwaltungsverfahrens, in eventu die Zurückverweisung der Sache an die Bundespolizeidirektion Linz beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BPD Linz zu Zl. III-S-13356/98; da bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt zu klären war, konnte im übrigen gemäß § 67d Abs. 2 Z. 1 und Abs. 4 AVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Nach § 34 Abs. 2 und 3 AVG i.d.F. BGBl. Nr. I 158/1998 kann gegen eine Person, die sich in einer schriftlichen Eingabe einer beleidigenden Schreibweise bedient, eine Ordnungsstrafe verhängt werden. Gegen derartige Bescheide kann gemäß dem mit 1. Jänner 1999 (vgl. § 82 Abs. 6 AVG) in Kraft getretenen § 36 Abs. 2 AVG Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden. Dies gilt mangels anderslautender Übergangsbestimmungen auch hinsichtlich jener Verfahren, die vor diesem Zeitpunkt bereits bei einer anderen Berufungsbehörde anhängig waren (vgl. in diesem Sinne die bei W. Hauer - O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Wien 1996, 93, angeführte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

4.2.1 Auch wenn eine Ordnungsstrafe nach der herrschenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht als eine Verwaltungsstrafe, sondern lediglich als ein Disziplinarmittel anzusehen und deshalb das VStG weder unmittelbar noch analog anwendbar ist (vgl. die Nachweise bei W. Hauer - O. Leukauf, a.a.O., 214), stellt es dennoch eine vom Gesetzgeber offenkundig mitgedachte und demgemäß unverzichtbare Voraussetzung der Belangbarkeit dar, daß jener, gegen den diese Sanktion verhängt wird, unverwechselbar feststehen muß (arg. "gegen Personen ....., die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen" in § 34 Abs. 3 AVG).

4.2.2. Gerade die Gegebenheit dieser Voraussetzung wird aber vom Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall mit nicht von vornherein abwegigen Einwänden bestritten.

Hier liegt nämlich tatsächlich nur der zur postalischen Einzahlung einer Organstrafverfügung gemäß § 50 Abs. 2 VStG gedachte Erlagschein vor, auf dessen Vorderseite der Strafbetrag von 300 S mit dem Wort "Ätsch" und dessen Rückseite diagonal mit dem Wort "Arschloch" - und zwar jeweils in Blockbuchstaben - überschrieben ist. Dieser Erlagschein (ohne Buchungsschein und Allonge) wurde in einem Kuvert mit der - ebenfalls in Blockbuchstaben versehenen - Aufschrift "Bundespolizeidirektion 4020 Linz" der Post zur Beförderung übergeben.

Die Bundespolizeidirektion Linz hat daraufhin ein Auskunftsersuchen an die seinerzeitige Arbeitgeberin gerichtet, in dessen Zuge der Rechtsmittelwerber als Lenker namhaft gemacht wurde.

Weitere Ermittlungsschritte wurden hingegen nicht gesetzt, obwohl sich bei einem Vergleich des Schriftbildes auf dem Erlagschein mit jenem des Kuverts - insbesondere wenn man sich z.B. jeweils den Buchstaben "R" besieht - auch ohne Zuhilfenahme eines graphologischen Gutachtens zu ergeben scheint, daß diese Aufschriften (wenn auch allenfalls in Verschleierungsabsicht) jeweils von verschiedenen Personen angefertigt wurden.

Davon ausgehend und unter Bedachtnahme auf den potentiell großen Personenkreis, der hier diesen Erlagschein der belangten Behörde gleichfalls ohne größere Schwierigkeiten in der vorgefallenen Art und Weise übermitteln konnte (z.B. ein [oder mehrere] Beifahrer, andere Arbeitskollegen, etc.), ist der Schluß, es müsse jedenfalls der Berufungswerber als der zum Tatzeitpunkt über das KFZ Verfügungsberechtigte gewesen sein, keineswegs zwingend.

Letztlich wurde dem Beschwerdeführer entgegen § 37 AVG auch keine Möglichkeit geboten, zu diesem Beweisergebnis überhaupt Stellung nehmen zu können.

4.3. Wie ho. bereits mehrfach ausgesprochen wurde (vgl. schon VwSen-102696 v. 10.3.95 = ZUV 1995/1/25; s.a. VwSen-130182 v. 17. April 1997 und VwSen-390072 v. 13.Oktober 1998), können derart substantielle Mängel des erstbehördlichen Ermittlungsverfahrens jedoch vom Oö. Verwaltungssenat, der nach Art. 129 B-VG von Verfassungs wegen nicht als ein Verwaltungsorgan, sondern als ein Organ der Rechtmäßigkeitskontrolle eingerichtet ist, weshalb die gleichzeitige Ausübung der richterlichen und anklagenden Funktion durch diesen mit seiner verfassungsmäßigen Aufgabenstellung unvereinbar wäre, nicht substituiert werden.

4.4. Vielmehr war daher bei dieser Sachlage der gegenständlichen Berufung gemäß § 66 Abs. 2 AVG insofern stattzugeben, als der angefochtene Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit der belangten Behörde zurückzuverweisen war.

Im Hinblick darauf, daß hier mangels Anwendbarkeit des VStG auch die Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG nicht zum Tragen kommt, hat diese somit nach eigenem Ermessen zu beurteilen, ob bzw. inwieweit das Verfahren fortzuführen ist.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr in Höhe von 2.500 S zu entrichten.

Dr. G r o f

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