Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160525/2/Sch/Pe

Linz, 27.09.2005

 

 

 

VwSen-160525/2/Sch/Pe Linz, am 27. September 2005

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn S W H, vertreten durch Rechtsanwalt T M, vom 27.4.2005 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 5.4.2005, VerkR96-9745-2004/Her, wegen zweier Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG

zu II.: § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit Straferkenntnis vom 5.4.2005, VerkR96-9745-2004/Her, über Herrn S W H, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 18 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und 2) § 52 lit.a Z10a iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen zu 1) von 250 Euro und 2) von 65 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen zu 1) von fünf Tagen und 2) von 36 Stunden verhängt, weil er am 13.9.2004 gegen 12.11 Uhr den Pkw (D) auf der A 25 Welser Autobahn in Fahrtrichtung Linz gelenkt habe, wobei er auf Höhe von Abkm. 13, 1 im Gemeindegebiet von Marchtrenk

  1. das Kraftfahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 125 km/h gelenkt habe, wobei er zu dem vor ihm Fahrenden einen Abstand von 12 Meter = 0,35 Sekunden eingehalten und somit keinen solchen Abstand zu dem vor ihm fahrenden Fahrzeug eingehalten habe, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, und zwar auch dann, wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst werde,
  2. im Bereich des Vorschriftszeichens "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit) 100 km/h die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten habe, da er eine Fahrgeschwindigkeit von 125 km/h eingehalten habe.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 31,50 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.2ff VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige einer (vormaligen) Gendarmeriedienststelle zugrunde, in welcher die beiden Übertretungen angeführt sind. Eine Anhaltung des Fahrzeuglenkers ist nicht erfolgt. Nach Erlassung einer diesbezüglichen Strafverfügung hat der rechtsfreundlich vertretene Berufungswerbers Einspruch erhoben. Hierin ist ausgeführt, dass der Genannte die "vorgeworfenen Taten nicht begangen" habe.

 

Seitens der Erstbehörde wurde dann die - von den Verwaltungsbehörden im Übrigen keineswegs übereinstimmend gehandhabte - Vorgangsweise gewählt, dass der Rechtsvertreter des Berufungswerbers im Sinne des § 6 des Bundesgesetzes über den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassung von europäischen Rechtsanwälten in Österreich (EuRAG) aufgefordert wurde, binnen gesetzter Frist einen inländischen Zustellbevollmächtigten bekannt zu geben.

 

Der Rechtsvertreter hat hierauf ersucht, dass die Zustellungen an die Partei selbst erfolgen mögen. Die Schriftstücke würden dann an ihn weitergeleitet werden.

 

Im Sinne dieses Ersuchens ist die Erstbehörde auch vorgegangen.

 

Es erfolgte dann eine Aufforderung zur Rechtfertigung, die ebenfalls wieder dahingehend beantwortet wurde, dass der Berufungswerber nicht Fahrer (Lenker) des Fahrzeuges zum Vorfallszeitpunkt gewesen sei. Der nächste Schritt der Behörde war eine formelle Aufforderung im Sinne des § 103 Abs.2 KFG 1967, die so beantwortet wurde, dass sich der Berufungswerber damals mit seinen Mitreisenden auf einer Urlaubsfahrt befunden habe. Die Insassen des Fahrzeuges hätten sich während dieser Fahrt mehrmals abgewechselt. Welcher der in Betracht kommenden Personen zum gegebenen Zeitpunkt Fahrer des Fahrer des Fahrzeuges gewesen sei, sei dem Berufungswerber nicht mehr erinnerlich.

 

Es wurde sodann der Meldungsleger zeugenschaftlich einvernommen, der allerdings zur Lenkereigenschaft keinerlei Angaben machen konnte. In der Folge ist das in Berufung gezogene Straferkenntnis erlassen worden, welches in Bezug auf die Lenkereigenschaft des Berufungswerbers ausführt, dass "der Beschuldigte als Zulassungsbesitzer selbst das Fahrzeug gelenkt hat, zumal auch kein weiterer Hinweis auf namentlich andere Personen, nicht einmal die Bekanntgabe der Anzahl der Fahrzeuginsassen, erfolgte." Er habe damit seiner Verpflichtung zur Mitwirkung an der Klärung des Sachverhaltes nicht entsprochen.

 

Dazu ist zu bemerken, dass gegenständlich ein Beweis im engeren Sinn, der gewürdigt werden könnte, in Bezug auf die Lenkereigenschaft, nicht vorliegt. Die Behörde zieht vielmehr aus dem Umstand, dass der Berufungswerber hier den behaupteten oder tatsächlichen Fahrzeuglenker während des Verfahrens nicht namentlich präsentiert hat, den Schluss, dass der Berufungswerber als Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges eben selbst der Lenker gewesen sein müsste.

 

Solche Erwägungen sind nicht grundsätzlich unzulässig. Allerdings ist jeder Einzelfall für sich zu betrachten. Insbesondere kommt es darauf an, wie kooperativ sich ein Beschuldigter im Verwaltungsstrafverfahren verhalten hat. Im gegenständlichen Fall war es so, dass der Berufungswerber von der ersten sich ihm bietenden Gelegenheit an, das war der Einspruch gegen die ursprünglich erlassene Strafverfügung, stets bestritten hat, der Fahrzeuglenker gewesen zu sein. Wenngleich eine detailliertere Erläuterung dafür, nämlich die erwähnte Urlaubsfahrt mit den wechselnden Fahrern, erst später erfolgte, muss ihm aufgrund seines Verhaltens von Anbeginn des Verfahrens an zugute gehalten werden, dass damit seine Angaben als glaubwürdiger einzustufen sind, als es diese dann wären, wenn er etwa erst in der Berufungsschrift die Lenkereigenschaft bestritten hätte. Aus dem Untätigbleiben eines Zulassungsbesitzers könnte diesfalls grundsätzlich der Schluss gezogen werden, dass er eben selbst der Lenker war.

 

Davon kann im gegenständlichen Fall aber, wie oben dargelegt, nicht die Rede sein. Damit gilt wiederum der Grundsatz, dass die Frage, wer ein bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt hat, eine der Beweiswürdigung ist (VwGH 29.3.1989, 88/03/0116 u.a.).

 

Im vorliegenden Fall liegen aber keinerlei objektivierbare Beweise vor, die dahingehend gewürdigt werden könnten, dass eben der Berufungswerber selbst der Lenker war.

 

Lediglich der Vollständigkeit halber ist noch anzufügen, dass der Berufungswerber durch die Nichterteilung der verlangten Auskunft im Sinne des § 103 Abs.2 KFG 1967 wohl dieses Delikt, das aber nicht verfahrensgegenständlich ist, zu verantworten hätten. Nach h. Kenntnis der Behördenpraxis wäre bei einem inländischen Zulassungsbesitzer ohne Zweifel mit einem entsprechenden Strafbescheid wegen dieser Übertretung vorgegangen worden. Da aber Verwaltungsstrafen österreichischer Behörden wegen dieses Deliktes in der Bundesrepublik Deutschland aus hier nicht näher zu erörternden Gründen nicht vollstreckt werden, ist bei den Strafbehörden gelegentlich zu beobachten, dass diese versucht sind, durch eine "zielgerichtete Beweiswürdigung" nach Möglichkeit einen Strafbescheid für das sogenannte Grunddelikt zu begründen. Die Mitwirkungspflicht im Verwaltungsstrafverfahren geht nach Ansicht der Berufungsbehörde grundsätzlich aber nicht so weit, dass ein Zulassungsbesitzer den Fahrzeuglenker - abgesehen von einer Anfrage gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967, deren Ergebnis eine Behörde auch nicht davon entbindet, die Angaben des Zulassungsbesitzers allenfalls zu hinterfragen - anstelle der Behörde zu ermitteln und dessen Personalien sogleich der Behörde bekannt zu geben hätte.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

 

 

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