Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-160530/7/Bi/Be

Linz, 11.07.2005

VwSen-160530/7/Bi/Be Linz, am 11. Juli 2005

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau F R, vertreten durch RA Dr. Johann Postlmayr, Stadtplatz 6, 5230 Mattighofen, vom 15. April 2005 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn vom 12. April 2005, VerkR96-471-2005-Kb, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich Schuld- und Strafausspruch bestätigt

II. Die Rechtsmittelwerberin hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 17,40 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG

zu II.: § 64 VStG

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über die Beschuldigte wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 87 Euro (48 Stunden EFS) verhängt, weil sie am 11. November 2004 um 10.20 Uhr den Kombi, Kz im Ortsgebiet von Frankenmarkt auf der B1 bei Strkm 264.371 in Fahrtrichtung Straßwalchen gelenkt und die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 32 km/h überschritten habe. Die Geschwindigkeitsüberschreitung sei mittels Messgerät festgestellt und die in Betracht kommende Messtoleranz bereits zu ihren Gunsten abgezogen worden.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 8,70 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat die Berufungswerberin (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Bw hat zunächst eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung beantragt, jedoch nach Ladung darauf ausdrücklich verzichtet. Die Erstinstanz hat keinen entsprechenden Antrag gestellt und auf die Abberaumung der Verhandlung nicht reagiert.

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, sie sei verletzt im Recht auf ein faires Verfahren nach Art.6 EMRK, weil sie im ggst. Verfahren von der Erstinstanz unter Strafandrohung verpflichtet worden sei, einen Beweis gegen sich selbst zu liefern, indem sie zur Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 verhalten worden sei und die Nichterteilung einer solchen Auskunft mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro belegt sei, also dreimal so hoch wie die Strafdrohung des § 99 Abs.3 StVO. Das Recht zu schweigen und das Recht, sich nicht selbst beschuldigen zu müssen, seien nach Urteilen des EGMR allgemein anerkannte internationale Rechtsgrundsätze, die das Herz des Begriffes des fairen Verfahrens bildeten. Bei unter Zwang erlangten Aussagen eines Beschuldigten bestehe die Gefahr ihrer Verwendung zur Unterstützung der Anklage. In ihrem Fall sei die Erstinstanz durch unzulässigen Druck in den Besitz eines Beweismittels gelangt, indem sie unter Strafandrohung verpflichtet habe, als Zulassungsbesitzer sich selbst als Lenker bekanntzugeben.

Außerdem bestehe eine Verletzung im Gleichheitsrecht nach Art.7 Abs.1 B-VG und Art.2 StGG, weil sie im Verfahren nicht als Prozess-Subjekt, sondern als -Objekt behandelt worden sei. Das angefochtene Straferkenntnis beruhe auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage.

Weiters sei gegen das Rechtsstaatprinzip verstoßen worden, zumal der (einfache) Verfassungsgesetzgeber mit der Erhebung des letzten Satzes des § 103 Abs.2 KFG in Verfassungsrang eine zu Art.7 B-VG und Art.2 StGG (und allenfalls auch zu Art.6 EMRK) gleichwertige Norm geschaffen habe, deren Inhalt der VfGH nicht mehr nach an den darin normierten und gewährleisteten verfassungsgesetzlichen Rechten prüfen könne, womit ihrer Ansicht nach belegt sei, dass diese Verfassungsbestimmung gegen qualifiziertes Verfassungsrecht in Form des Rechtsstaatlichkeitsgebotes verstoße.

Des weiteren sei gegen den Anklagegrundsatz nach Art.90 Abs.2 B-VG verstoßen worden, weil gesetzliche Auskunftspflichten, wenn sie dazu dienen, einer Behörde über ein strafbares Verhalten des Auskunftspflichtigen Informationen zu verschaffen, verfassungswidrig seien. Das Lenkerauskunftsersuchen diene der Vorbereitung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen jenes Deliktes, das der behördlichen Lenkeranfrage unterliege (Grunddelikt) oder im Fall der Auskunftsverweigerung der Vorbereitung eines Verwaltungsstrafverfahrens nach § 103 Abs.2 KFG. Die Behörde habe aber bei der Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens von Amts wegen vorzugehen (Offizialmaxime); der Beschuldigte kann nach § 33 Abs.2 VStG zur Beantwortung an ihn gestellter Fragen nicht gezwungen werden und eine Mutwillenstrafe kann gegen ihn nicht verhängt werden. Allerdings ist die Partei nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts beizutragen befreit, wobei pauschale Bestreitungen nicht ausreichten, in der Praxis oft der Zulassungsbesitzer oft auch der Lenker des Fahrzeuges sei und es zulässig sei, wenn Verwaltungsstrafbehörden das Schweigen des Zulassungsbesitzers als Geständnis der Lenkereigenschaft werteten.

Sie sei auch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht nach Art.2 des 7.ZP zur EMRK auf ein Rechtsmittel in Strafsachen an ein Tribunal verletzt; zumal die Gerichtshöfe öffentlichen Rechts nach der Straßburger Judikatur keine Tribunale iSd Art.6 EMRK seien. Im ggst Verfahren entscheide nur die Berufungsinstanz als Tribunal und das sei nicht ausreichend, weil nach der Lehre im Strafverfahren zwei gerichtliche Instanzen mit voller Kognition bestünden.

Aufgrund der verhängten Geldstrafe von 87 Euro liege eine strafbare Handlung geringfügiger Art vorliege. Die Republik Österreich habe zu Art.2 Abs.1 des 7.ZP zur EMRK die Erklärung abgegeben, dass als übergeordnete Gerichte iS dieser Bestimmung der VfGH und der VwGH anzusehen seien, weshalb kein Verstoß gegen diese Bestimmung vorliege. Sie meine aber, dieser Vorbehalt sei ungültig, weil die EMRK-Judikatur klargestellt habe, dass die beiden Gerichtshöfe öffentlichen Rechts keine Tribunale seien; er widerspreche auch Art. 57 EMRK. Sie könne daher kein Rechtsmittel an ein übergeordnetes Gericht erheben, wozu das Problem komme, dass der VwGH nach § 33a VwGG eine Ablehnungsmöglichkeit habe, weil keine 750 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden sei. Beantragt wurde unter Bekanntgabe der finanziellen Verhältnisse der Bw eine mündliche Verhandlung, im übrigen Verfahrenseinstellung.

Nach Anberaumung der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung unter Ladung der Bw, ihres Rechtsvertreters, eines Vertreters der Erstinstanz sowie des Meldungslegers zur zeugenschaftlichen Einvernahme unter Vorlage der technischen Unterlagen des Geschwindigkeitsmessgerätes hat die Bw mit Schriftsatz vom 17. Mai 2005 ausdrücklich auf die Durchführung der Berufungsverhandlung vor dem UVS verzichtet, weil nach ihrer Ansicht keine Tat- sondern nur Rechtsfragen zu klären seien. Sie sei nicht wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs.2 KFG bestraft worden, sondern wegen des Grunddeliktes einer Geschwindigkeitsüberschreitung nach ihrer Lenkerauskunft mit dem Bemerken, dass sie sich nur wegen Vermeidung der Verhängung einer noch höheren Geldstrafe gezwungen sehe, sich selbst als Lenkerin bekanntzugeben. Auf dieser Grundlage bestehe ein Beweisverwertungsverbot.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der auf die Bw zugelassene Pkw am 11. November 2004 um 10.20 Uhr bei km 264.371 der Bw im Ortsgebiet von Frankenmarkt von BI Wimmer, GP Frankenmarkt, mit einer Geschwindigkeit von 85 km/h anstelle der erlaubten 50 km/h mittels Lasergeschwindigkeitsmessgerät LTI-20.20 TS/KM-E, Nr. 5812, zuletzt geeicht am 25. Juni 2003, gemessen wurde. Der Ml befand sich bei km 264.324, dh die Messung erfolgte auf 47 m Messentfernung. Nach Abzug der in der Zulassung für Lasergeschwindigkeitsmessgeräte dieser Bauart vorgesehenen 3 km/h bei Geschwindigkeiten unter 100 km/h errechnet sich eine tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit von 82 km/h, dh eine Überschreitung der im Ortsgebiet zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 32 km/h.

Gegen die Strafverfügung der Tatortbehörde, der BH Vöcklabruck, vom 16. November 2004 wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, zugestellt am 26. November 2004, hat die Bw durch ihren Rechtsvertreter fristgerecht Einspruch erhoben und Akteneinsicht verlangt. Der Akt wurde gemäß § 29a VStG an die Wohnsitzbehörde, dh die BH Braunau/Inn, abgetreten.

In der nach Akteneinsicht erstatteten Rechtfertigung vom 14. Februar 2005 macht die Bw geltend, die Bestimmung des § 20 Abs.2 StVO richte sich an den Lenker; sie sei aber die Zulassungsbesitzerin, die eine solche Übertretung nicht begehen könne.

Daraufhin erging mit Schreiben der Erstinstanz vom 8. März 2005 ein Ersuchen um Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs.2 KFG, worin die Bw als Zulassungsbesitzerin aufgefordert wurde, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens der Erstinstanz mitzuteilen, wer das ggst Fahrzeug am 11. November 2004 um 10.20 Uhr im Gemeindegebiet Frankenmarkt, Ortsgebiet , B1, km 264.371, gelenkt habe. Die Bw wurde darauf hingewiesen, dass diese Auskunft den vollständigen Namen und die genaue Anschrift dieser Person enthalten müsse. Könne sie die Auskunft nicht erteilen, so müsse sie die Person benennen, die die Auskunft erteilen könne; diese treffe dann die Auskunftspflicht. Sollte keine fristgerechte schriftliche oder telegraphische Auskunft einlangen, müsse gegen sie ein Strafverfahren wegen Verletzung der Auskunftspflicht (Höchststrafe 2.180 Euro) eingeleitet werden; das gleiche gelte auch bei einer ungenauen oder unrichtigen Auskunft.

Die Bw erstattete über ihren Rechtsvertreter mit Schriftsatz vom 24. März 2005 Lenkerauskunft dergestalt, dass sie damals selbst ihr Fahrzeug gelenkt habe. Sie wies darauf hin, dass sie sich zur Vermeidung der Verhängung einer höheren Strafe als für das Grunddelikt gezwungen sehe, die verlangte Auskunft zu erteilen.

Daraufhin erging ohne weiteres Ermittlungsverfahren das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h fahren.

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht ua eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.

Festzuhalten ist, dass die Bw den eigentlich den Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens bildenden Tatvorwurf, nämlich die Geschwindigkeitsüberschreitung im Ortsgebiet um 32 km/h, in keiner Weise bestritten hat und zwar nicht nur in technischer Hinsicht, sondern auch hinsichtlich des Umstandes, dass im Ortsgebiet Frankenmarkt eine erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h besteht.

Festzuhalten ist auch, dass die Bw als Zulassungsbesitzerin des gemessenen Pkw zur Lenkerauskunft aufgefordert wurde, wobei die Aufforderung - mit Ausnahme der Frage nach dem im § 103 Abs.2 KFG nicht enthaltenen Ort des Lenkens - den Bestimmungen des § 103 Abs.2 KFG entsprach. Sie hat aber auch nicht behauptet, der Pkw habe sich zur genannten Zeit anders wo befunden.

Die Bw, die sich selbst als Lenkerin bezeichnet hat, wurde nicht an Ort und Stelle angehalten, was insofern nachvollziehbar ist, als eine Anhaltung nicht verpflichtend ist, wenn zB die Verkehrsverhältnisse eine solche nicht zulassen oder dadurch andere Verkehrsteilnehmer oder auch die Bw selbst durch eine Anhaltung gefährdet werden könnten, was bei einer Messentfernung von 47 m bei Einhaltung einer Geschwindigkeit von 82 km/h in dieser Entfernung vom Meldungsleger im Ortsgebiet nicht auszuschließen ist.

Zur Rüge der Bw an der Aufforderung zur Lenkerauskunft ist zu sagen, dass zum einen eine solche an den Zulassungsbesitzer gerichtete Aufforderung zur Lenkerauskunft im § 103 Abs.2 KFG 1967 vorgesehen ist, wobei es sich beim letzten Satz ("Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.") um eine in Geltung stehende Verfassungsbestimmung handelt, und zum anderen die Bw, aus welchen Überlegungen immer, die verlangte Lenkerauskunft tatsächlich fristgerecht erteilt hat, wobei sie sich selbst als Lenkerin bekanntgegeben hat.

Dadurch dass die Bw die verlangte Auskunft auch tatsächlich erteilt hat, kann sie sich nach Auffassung des UVS nicht mehr erfolgreich auf die Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts berufen, nach dem sie ihrer Meinung nach zu dieser Auskunft nicht verpflichtet habe werden können. Ihre persönlichen Motive und Überlegungen, aus denen sie die Auskunft letztlich erteilt hat, sind für die Beurteilung des der Bw angelasteten Tatbestandes des § 20 Abs.2 StVO unwesentlich. In der Obergrenze des Strafrahmens, die im KFG höher ist als der in der StVO für Geschwindigkeitsüberschreitungen vorgesehene, wobei die im Einzelfall tatsächlich verhängte Strafe nach den Kriterien des § 19 VStG individuell zu bemessen ist, eine Drohung zu erblicken, ist etwas weit hergeholt, noch dazu, wenn Gründe für die Verhängung der Höchststrafe bei einer unbescholtenen Lenkerin, die eine erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschreitet, ebensowenig bestehen wie bei einer unbescholtenen Zulassungsbesitzerin, die die Lenkerauskunft nicht erteilt.

Zu bedenken ist auch, dass die Bw die verlangte Lenkerauskunft erteilt hat, obwohl sie aufgrund der Strafverfügung davon ausgehen konnte, dass gegen den Lenker wohl ein Verwaltungsstrafverfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitung durchgeführt werden wird. Die Bw vermag dem Tatvorwurf des § 20 Abs.2 StVO, wie das nunmehrige Berufungsvorbringen zeigt, nicht nur inhaltlich gar nichts entgegenzusetzen, sondern sie gesteht damit die Überschreitung der im Ortsgebiet erlaubten Höchstgeschwindigkeit sogar dem Umfang nach zu, indem sie alle Tatfragen als geklärt ansieht.

Damit war davon auszugehen, dass die Bw den ihr zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und ihr Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat, zumal von einer Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht die Rede sein kann.

Am Rande zu bemerken ist, dass nach Auffassung des UVS von einem Zwang zur Auskunftserteilung oder gar von einer Drohung keine Rede sein kann. Würde man der als reichlich überzogen anzusehenden Rechtsauffassung der Bw folgen, dürften die am Straßenverkehr teilnehmenden Kraftfahrzeuge auch keine Kennzeichen tragen, weil damit ein direkter Bezug zum Zulassungsbesitzer hergestellt werden kann, der sich damit selbst preisgibt, weil sein Name und seine Adresse über ein zentrales Verzeichnis, zu dem eben die als verlängerte Organe der Staatsgewalt fungierenden Organe der Straßenaufsicht uneingeschränkt Zugriff haben, ersehen werden kann. Bedenklich wäre dann auch, dass Führerscheine mit dem Foto des Inhabers versehen sind, was eine Identifizierung des Lenker ermöglicht, damit sich dieser bei einer nach der Messung einer überhöhten Geschwindigkeit eventuell erfolgten Anhaltung nicht allein durch seine Anwesenheit der Verfolgung preisgeben muss. Problematisch wären dann auch Radarfotos von vorne, weil das Foto des beschuldigten Lenkers mit einer zB bei der Behörde erschienenen Person verglichen werden könnte und sich damit der fotografierte Lenker allein durch sein Erscheinen der Verfolgung ausliefern würde, da jede Vergleichsmöglichkeit de facto einer Selbstbeschuldigung gleichkäme.

Andererseits bestimmt der Gesetzgeber der Straßenverkehrsordnung je nach Örtlichkeit erlaubte Höchstgeschwindigkeiten, deren Überschreitung im Interesse aller Verkehrsteilnehmer aus Gründen der Verkehrssicherheit auch zu verfolgen sind. Damit ist die Feststellung des Übertreters zum Zweck, diesen durch Verhängung einer innerhalb eines vom Gesetzgeber nach dem Unrechtsgehalt der betreffenden Übertretung bestimmten Strafrahmens gelegenen Strafe, die wiederum im Einzelfall nach den Kriterien des § 19 VStG festzusetzen ist, in Hinkunft zur Einhaltung der erlaubten Geschwindigkeit zu bewegen, unumgänglich. Wenn aber aus nachvollziehbaren Gründen der Lenker nicht sofort an Ort und Stelle angehalten werden kann, kann das wohl nicht bedeuten, dass er damit einfach nicht mehr zu finden ist, sondern stellt in einem solchen Fall der über das Kennzeichen eruierbare Zulassungsbesitzer die einzige Verbindung zum Lenker dar, weil dieser als Verfügungsberechtigter dem Lenker sein Kraftfahrzeug überlassen haben muss. Das gelindeste Mittel stellt damit das im Verfassungsrang stehende Recht der Behörde zu, den Zulassungsbesitzer gemäß § 103 Abs.2 KFG zu einer Lenkerauskunft aufzufordern, was entgegen der Ansicht der Bw nicht automatisch dessen Verpflichtung bedeutet, sich selbst als Lenker zu benennen, insbesondere dann, wenn er es tatsächlich nicht gewesen sein sollte.

Bedenkt man die technischen Alternativen zur Lenkerauskunft, etwa Video- oder Radarkameras, die in einem bestimmten Winkel schräg vor dem zu messenden Pkw postiert sein müssten, um spiegelnde oder farbig getönte Frontscheiben, die das Gesicht des Lenkers unkenntlich machen, zu umgehen, ist der technische Aufwand ungleich höher.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis zu 726 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses den Umstand, dass die Bw keine einschlägigen Vormerkungen aufweist, weder mildernd noch als erschwerend gewertet, auch andere Milderungsgründe nicht gefunden und damit die Anwendung des § 20 VStG ausgeschlossen. Die finanziellen Verhältnisse hat die Bw nicht bekanntgegeben, daher wurde ein "durchschnittliches" Einkommen bei Fehlen von Sorgepflichten und Vermögen angenommen. Dazu hat sich die Bw im Rechtsmittel nicht geäußert und diese Annahme damit nicht bestritten, weshalb sie auch dem Rechtsmittelverfahren zugrundezulegen war, zumal die Bw auch keine Verfahrenshilfe beantragt hat.

Die Strafe liegt nahe dem untersten Zehntel-Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, obwohl das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung nicht mehr im Organmandatsbereich liegt. Damit war eine Herabsetzung der ohnehin mit Rücksicht auf die Lage des Übertretungsortes nahe dem Ortsende Frankenmarkt niedrigen Strafe aus general- und spezialpräventiven Überlegungen nicht gerechtfertigt, auch wenn die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholten der Bw einen Milderungsgrund bildet. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist im Verhältnis zur Geldstrafe innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens angemessen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Bissenberger

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum