Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160538/9/Fra/He

Linz, 07.11.2005

 

 

 

VwSen-160538/9/Fra/He Linz, am 7. November 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn R A, E, P, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. J P, S, M, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels vom 26. April 2005, Zl. III-S-12.016/04/StVO betreffend Übertretung des § 18 Abs.1 StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 19.9.2005, zu Recht erkannt:

 

 

  1. Die Berufung wird hinsichtlich der Schuld als unbegründet abgewiesen und hinsichtlich der Strafe insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 72 Stunden herabgesetzt werden.

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu entrichten. Für das Verfahren erster Instanz ermäßigt sich der Kostenbeitrag auf 10 % der neu bemessenen Strafe (15 Euro).

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG; §§ 16 und 19 VStG.

zu II.: § 64 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bundespolizeidirektion Wels hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 18 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 84 Stunden) verhängt, weil er am 11.10.2004 um 09.00 Uhr in Wels, A 25, Strkm. 14,7, Fahrtrichtung Linz, als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen ..., beim Hintereinanderfahren vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten hat, der ein rechtzeitiges Anhalten ermöglicht hätte, wen dieses plötzlich abgebremst worden wäre, wodurch andere Straßenbenützer behindert oder gefährdet wurden, obwohl dies aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht erforderlich gewesen ist, weil er bei einer Geschwindigkeit von 104 km/h nur einen Abstand von 0,49 Sekunden, das entspricht 14 Meter, von dem vor ihm fahrenden Fahrzeug eingehalten hat.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

 

I.2. In der dagegen rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachten Berufung bringt der Bw unter Hinweis auf das von ihm in seiner Stellungnahme am 18.2.2005 zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.11.2003, 2001/03/297, vor, dass es bei der Beantwortung der Frage der Verwertbarkeit des Ergebnisses des vom Gerät VKS 3.0 gemessenen Abstandes darauf ankomme, dass auf der Grundlage von physikalisch-technischen Unterlagen durch einen Sachverständigen zu prüfen sei, ob das Gerät überhaupt tauglich ist, eine Abstandsmessung verlässlich vorzunehmen. Ein solches Beweisergebnis liege jedoch im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren nicht vor, weswegen die über ihn ausgesprochene Bestrafung schon aus diesem Grunde an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften leide. Die Verwaltungsstrafbehörde hätte die entsprechenden Unterlagen der physikalisch-technischen Bundesanstalt in Braunschweig über die Zulassung dieses Gerätes einholen müssen, zumindest die detaillierte Beschreibung und die Betriebsanleitung dieses Messgerätes vom Hersteller, welche einem messtechnischen Amtsachverständigen eine Grundlage zu Erstattung eines Gutachtens zur Frage der Verwertbarkeit des Messergebnisses bieten hätte können. Beides habe die belangte Behörde unterlassen, weswegen aufgrund der derzeit vorliegenden Beweisergebnisse keinesfalls davon ausgegangen werden könne, dass eine Verwertbarkeit des aktenkundigen Messergebnisses gegeben ist, welche einer Bestrafung zugrunde gelegt werden könnte.

 

Der Bw stellt sohin den Antrag, der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge seiner Berufung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung Folge geben, das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen

 

 

I.3. Die Bundespolizeidirektion Wels - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am
19. September 2005 erwogen:

 

Unstrittig ist, dass der Bw das in Rede stehende Kraftfahrzeug zu der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Zeit und an der angeführten Örtlichkeit gelenkt hat.

 

In seiner Stellungnahme vom 18.2.2005 an die belangte Behörde verweist der Bw ua auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.11.2003, 2001/03/0297. Mit diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof einen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol aufgehoben. Es ging in diesem Verfahren ebenfalls um eine Übertretung des § 18 Abs.1 StVO 1960, welche mit einem Gerät der Bauart VIDITVKS, festgestellt wurde. Der Verwaltungsgerichtshof vertrat in diesem Erkenntnis die Ansicht, dass ein solches Gerät gemäß dem Maß- und Eichgesetz nicht eichpflichtig ist, da dieses Messsystem der Messung von Abständen dient. Das vorliegende Messsystem stelle weder ein Messgerät zur Bestimmung der Länge (iSd § 8 Z1 Maß- und Eichgesetz) dar, noch liegt iSd § 13 Abs.2 Z2 undZ3 Maß- und Eichgesetz (betreffend Messgeräte im Sicherheits- und Verkehrswesen) ein Messgerät zur Bestimmung der Geschwindigkeit (Z2) oder der Beschleunigung (Z3) vor. Der Verwaltungsgerichtshof bemängelte, dass das in Rede stehende Gerät nicht mit einem Stempel für eine EWG-Ersteichung bzw. mit einem Zeichen für die EWG-Bauartzulassung im Sinne der Richtlinie 71/361/EWG des Rates vom 26.7.1971 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten betreffend gemeinsame Vorschriften über Messgeräte sowie über Mess- und Prüfverfahren versehen worden ist. Der Verwaltungsgerichtshof fordert in diesem Erkenntnis, dass ausgehend davon der UVS Tirol anhand der von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig beizuschaffenden Unterlagen über die Zulassung des Gerätes oder einer vom Hersteller einzuholenden detaillierten Beschreibung sowie der Bedienungsanleitung des Gerätes und der Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fach für Messtechnik die Tauglichkeit des Gerätes zur verlässlichen Abstandsmessung untersuchen hätte müssen. Im Falle der Bejahung seiner Tauglichkeit hätte geprüft werden müssen, ob das Gerät im Beschwerdefall von den mit der Messung befassten Sicherheitsorganen entsprechend der Betriebsanleitung bedient wurde. Erst aufgrund dieser weiteren Ermittlungen hätte die Verlässlichkeit der im Beschwerdefall vorgenommenen Abstandsmessung abschließend beurteilt werden können.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hält hiezu fest:

Entgegen den Ausführungen im oa Erkenntnis handelt es sich beim gegenständlichen System um ein Geschwindigkeitsmessgerät. Dies ergibt sich aus der ausnahmsweisen Zulassung des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen zur Eichung GZ: 3192/2002 vom 4. Juli 2002 und vom 1. April 2003, GZ: 2447/2003. Nach dem technischen Funktionsprinzip dieses Systems können verlässlich auch Abstände gemessen werden. Ausgehend davon, ist es nicht erforderlich, von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig Unterlagen beizuschaffen, um auf deren Grundlagen die Verlässlichkeit der vorgenommenen Abstandsmessung beurteilen zu können.

 

Der Oö. Verwaltungssenat verweist in diesem Zusammenhang einerseits auf die Anzeige der Verkehrsabteilung Oberösterreich vom 12.10.2004, die dieser Anzeige beigeschlossenen Lichtbilder sowie auf die Stellungnahme des Meldungslegers vom 2.2.2005, GZ A1/7830/1/2004-Seiberl an die Bundespolizeidirektion Wels, welche folgenden Wortlaut hat: "Stellungnahme zu Zahl: III-S-12.016/04. Zum Auftrag vom 26.01.2005 in Bezug auf durchgeführte Abstandsmessung wird berichtet: Ich verweise vollinhaltlich auf das Messprotokoll vom 11.10.2004. Ich habe die gegenständliche Abstandsmessung durchgeführt. Die Auswertung der Daten der Anzeige wurde mittels geeichtem Messsystem VKS 3.0 gemäß den eichamtlichen Verwendungsbestimmungen unter Bedachtnahme der Bedienungsanleitung durchgeführt. Das Gerät der VKS 3.0 - Verkehrskontrollsystem arbeitet folgendermaßen: Die Fahrt eines Lenkers wird über eine Strecke von cirka 300 Metern auf drei Videobändern aufgezeichnet. Der Messbereich von 80 bzw. 100 Metern ist auf der Fahrbahn mittels weißer Markierungen, die mit einem geeichten Längenmessgerät eingerichtet wurden, gekennzeichnet. Das Messorgan beobachtet den Verkehr am Bildschirm und sobald ein Fahrzeuglenker seines Erachtens den Mindestabstand nicht einhält, wird die Messung vollzogen. Der Messvorgang funktioniert so, dass am Anfang der Messstrecke eine optische Messlinie am Bildschirm eingeblendet wird und dieser mit Mausklick zuerst am Radaufstandspunkt an der Vorderachse des Nachfahrenden und dann am Radaufstandspunkt an der Vorderachse des Vorfahrenden fixiert wird. Dadurch ergibt sich ein Wert, der zur Errechnung der Geschwindigkeit benötigt wird. Dieser Vorgang wird am Ende der Messstrecke wiederholt. Konkret ergab sich der Wert von 16,20 Meter. Anschließend wird eine optische Messlinie am Radaufstandspunkt der Hinterachse des Vorfahrenden fixiert. Dadurch ergab sich der Wert von 2,70 Meter (ca. Achsenabstand des Vorfahrenden), dieser wird vom errechneten Wert des Abstandes abgezogen. Dadurch resultiert ein Abstand von 13,50 Meter der vom Messsystem wieder zu Gunsten des Angezeigten aufgerundet wird (14,00 Meter). Anhand der Zeit und der Geschwindigkeit, die beide Fahrzeuge durchfahren, wird der Abstand des Nachfahrenden automatisch vom System errechnet. Von der Geschwindigkeit wird die Messtoleranz abgezogen. Die Fahrt des Beschuldigten und des vor ihm fahrenden Fahrzeuglenkers sind auf Band gespeichert und jederzeit nachvollziehbar. Die Geschwindigkeit des "Vorfahrenden" konnte ebenfalls gemessen werden, wobei festgestellt wurde, dass beide Fahrzeuge auf einer Strecke (Messbereich) von ca. 100 Meter annähernd die gleiche Geschwindigkeit fuhren (bei Verzögerung oder Beschleunigung eines der beiden Fahrzeuge kommt es systembedingt zu keinem verwertbaren Messergebnis). Betrachtet man die dokumentierte Vorgangsweise, ist darüber hinaus festzustellen, dass dem Nachfahrenden die Aufrundung zu Gute kommt und zusätzlich die Überhänge beider Fahrzeuge. Ferner ist ein Überholvorgang bzw. ein Fahrstreifenwechsel von beiden Fahrzeugen auf Grund der Videoaufzeichnungen auszuschließen. Die Messung wurde entsprechend der Bedienungsanleitung durchgeführt und ein Fehler des Beamten im Zuge des Messvorganges ist auszuschließen."

Weiters hat der österreichweit anerkannte und mit dem VKS-System 3.0 bestens versierte Amtsachverständige Ing. R H mit einem eigens vom Amt der
Landesregierung angekauften Auswertegerät unabhängig vom Messbeamten eine Auswertung durchgeführt und bei der Berufungsverhandlung die Funktionsweise des Gerätes sowie der Videofilm genauestens erläutert und sämtliche Fragen - auch des Vertreters des Berufungswerbers - beantwortet, welche dieser ohne fachlichen Einwand auch zur Kenntnis genommen hat.

 

Sohin ist abschließend festzustellen, dass die Messung beweiskräftig ist und, da sohin keine Umstände hervorgekommen sind, welche die Fahrlässigkeitsvermutung iSd § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG entkräften würden, der Bw die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung auch zu verantworten hat. Auch die unter Zugrundelegung der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorgebrachten rechtlichen Einwendungen sind unbegründet, weshalb die Berufung in der Schuldfrage abzuweisen war.

 

Strafbemessung:

Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung auf die Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse des Bw wie folgt Bedacht genommen: Vermögenslos, keine Sorgepflichten und ein monatliches Einkommen von ungefähr 1.500 Euro. Der Bw hat hingegen glaubhaft vorgebracht, dass er für zwei Kinder im Alter von zwei und acht Jahren sowie für die Gattin sorgepflichtig ist. Entgegen § 19 Abs.2 VStG wurden die Erschwerungs- und Milderungsgründe nicht gegeneinander abgewogen, dies wird daher vom Oö. Verwaltungssenat wie folgt nachgeholt: Es ist nicht aktenkundig, dass der Bw Verwaltungsvormerkungen aufweist. Der Oö. Verwaltungssenat geht daher von der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Bw aus, was als Milderungsgrund ins Gewicht fällt. Erschwerende Umstände sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

 

Die Strafe war daher unter Bedachtnahme auf die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse des tat- und schuldangemessen herabzusetzen. Eine weitere Herabsetzung der Strafe konnte im Hinblick auf den erheblichen Unrechtsgehalt der Übertretung nicht in Betracht gezogen werden. Diesbezüglich wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Straferkenntnis hingewiesen. Auch präventive Überlegungen sprechen gegen eine weitere Herabsetzung der Strafe.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. F r a g n e r

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