Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160539/2/Ki/An

Linz, 17.05.2005

 

 

 VwSen-160539/2/Ki/An Linz, am 17. Mai 2005

DVR.0690392
 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des K S, A, P, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. T T, R, H, vom 6.5.2005, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 3.5.2005, VerkR96-1703-2004, wegen einer Übertretung der StVO 1960 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit Straferkenntnis vom 3.5.2005, VerkR96-1703-2004, den Berufungswerber für schuldig befunden, er habe am 26.5.2004 gegen 15.40 Uhr auf der Peuerbacher Straße L1200 von Peuerbach kommend in Richtung Grieskirchen bei Str. Km 1,200 den Lastkraftwagen mit dem amtlichen Kennzeichen RO (A) gelenkt und habe als Lenker eines Fahrzeuges nicht angehalten, obwohl er nicht oder nicht ausreichend ausweichen konnte. Er habe dadurch § 10 Abs.2 iVm § 99 Abs.3 lit. a StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit. a StVO 1960 wurde eine Geldstrafe in Höhe von 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 23 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 5 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 6.5.2005 Berufung mit dem Antrag, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung der - beantragten - öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

I.5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 10 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges einem entgegenkommenden Fahrzeug rechtzeitig und ausreichend nach rechts auszuweichen.

 

Gemäß § 10 Abs.2 sind, kann nicht oder nicht ausreichend ausgewichen werden, die einander begegnenden Fahrzeuge anzuhalten. In einem solchen Fall muss jenes Fahrzeug zurück gefahren werden, mit dem dies wegen seiner Art und wegen der örtlichen Verhältnisse leichter möglich ist.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift ist dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Beschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen bzw sich rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Demnach ist die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die vorgeworfene Tat in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale exakt beschrieben wird und die Identität der Tat auch nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht.

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt die Auffassung, dass die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach im Spruch des Straferkenntnisses den Tatvorwurf nicht ausreichend beschrieben hat. In Zusammenschau der Bestimmungen des § 10 Abs.1 und Abs.2 StVO 1960 ergibt sich als wesentliches Tatbestandsmerkmal, dass ein Anhalten dann geboten ist, wenn der Lenker eines Fahrzeuges einem entgegenkommenden Fahrzeug nicht oder nicht ausreichend ausweichen kann.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat jedoch im Straferkenntnis lediglich vorgeworfen, dass der Berufungswerber das im Spruch bezeichnete Kraftfahrzeug nicht angehalten hat, obwohl er nicht oder nicht rechtzeitig ausweichen konnte. Von einem entgegenkommenden Fahrzeug ist nicht die Rede und es fehlt daher ein wesentliches Tatbestandsmerkmal.

 

Wohl wurde in einer ersten Verfolgungshandlung (Aufforderung zur Rechtfertigung vom 20.8.2004) in einem zweiten Satz erwähnt, dass "in einem solchen Fall jenes Fahrzeug zurück gefahren werden muss, mit dem dies wegen seiner Art und wegen der örtlichen Verhältnisse möglich ist", dies stellt nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates jedoch nur eine allgemeine Feststellung, nicht jedoch einen konkreten Vorhalt eines wesentlichen Sachverhaltselementes dar.

 

Mangels Fehlen eines wesentlichen Tatbestandsmerkmales ist der Schuldspruch mit einem qualifizierten Mangel behaftet und es ist in Folge der mittlerweile eingetretenen Verfolgungsverjährung (§ 31 VStG) der Berufungsbehörde verwehrt, den Schuldspruch entsprechend zu ergänzen.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die eine Verfolgung ausschließen.

 

In Folge Verfolgungsverjährung war daher in Stattgebung der Berufung das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. K i s c h

 

 

 

Beschlagwortung:

§ 10 StVO - "entgegenkommendes Fahrzeug" stellt ein wesentliches Tatbestandsmerkmal dar.

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