Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160563/19/Ki/Da

Linz, 06.10.2005

 

 

 

VwSen-160563/19/Ki/Da Linz, am 6. Oktober 2005

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des L S, B, O, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. B S, B, O, vom 9.5.2005, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 26.4.2005, VerkR96-1-269-2004-Ga, betreffend eine Übertretung der StVO 1960 nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 4.8.2005 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Im Rahmen einer mündlichen Strafverhandlung verhängte die Bezirkshauptmannschaft Gmunden mit dem oben angeführten Straferkenntnis gegen den Berufungswerber gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 1.162 Euro (Ersatzfreiheitsstraße 14 Tage) und verpflichtete ihn überdies gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 116,20 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe).

 

Dem Inhalt nach lastete die Bezirkshauptmannschaft Gmunden dem Berufungswerber an, er habe am 11.9.2004 zwischen 23.07 Uhr und 23.17 Uhr im Zuge der Amtshandlung nächst der Liegenschaft Bad Goisern, Dr. Löckerstraße Nr. 9 gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht die Durchführung der Atemluftprobe verweigert. Er habe im vorangeführten Zeitraum die Atemluftprobe nicht den Vorschriften entsprechend durchgeführt, sodass kein Messergebnis zustande kam / 8 Fehlversuche, obwohl er verdächtig war, vorher (um 22.50 Uhr / 11.09.2004 - zu diesem Zeitpunkt sei er angehalten worden) den PKW GM- in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand auf der Dr. Löckerstraße in Bad Goisern (bis nächst der Liegenschaft Dr. Löckerstraße 9) gelenkt zu haben.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden legte diesem Straferkenntnis eine Anzeige des vormaligen Gendarmeriepostens Bad Goisern vom 13.9.2004 zu Grunde.

 

I.2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber mit Schriftsatz vom 9.5.2005 Berufung erhoben, er strebt die ersatzlose Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses an.

 

Neben schweren Verfahrensmängeln und mangelnder Spruchkonkretisierung bestreitet der Berufungswerber die vorgeworfene Verwaltungsübertretung bzw. sei ihm diese nicht nachweisbar.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 4.8.2005. An dieser Berufungsverhandlung nahmen der Berufungswerber im Beisein seines Rechtsvertreters sowie ein Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Gmunden teil, als Zeuge wurde der Meldungsleger BI P einvernommen.

 

In weiterer Folge wurde das Verhandlungsergebnis einem verkehrstechnischen Amtssachverständigen des Amtes der Oö. Landesregierung mit dem Ersuchen um eine gutächtliche Stellungnahme über die Funktionsfähigkeit des Messgerätes zum Vorfallszeitpunkt übermittelt.

 

I.5. Der Berufungswerber bestritt bei seiner Einvernahme im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung nicht, dass er acht Blasversuche durchgeführt hat, welche zu keinem Ergebnis geführt haben. Er sei aufgefordert worden das Gerät zu beblasen, es habe jedoch immer nachdem er eingeatmet hatte sofort gepiepst. Der Gendarmeriebeamte habe ihm erklärt, wie er blasen solle und er habe eigentlich diese Anordnungen befolgt, dennoch sei kein taugliches Ergebnis hervorgekommen. Der Gendarmeriebeamte habe zu ihm gesagt, er solle das Mundstück etwas weg vom Mund halten.

 

Der Gendarmeriebeamte, BI P, erklärte bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme, dass es sich um eine Prüfung an Ort und Stelle gehandelt habe. Nach der Anhaltung habe der Angehaltene zunächst versucht zu diskutieren, ob ein Alkotest notwendig sei, er habe jedoch auf die Durchführung des Alkotest beharrt und daraufhin den Berufungswerber belehrt wie der Alkotest durchzuführen sei. Anschließend sei mit dem Alkotest begonnen worden, das Gerät sei zu diesem Zeitpunkt voll betriebsbereit gewesen. Er habe dann aber den Eindruck gehabt, dass Herr S, nachdem er das Mundstück bereits im Mund hatte, zunächst kurz eingeatmet und dann erst ausgeatmet habe bzw. dass durch dieses kurze vorherige Einatmen der Alkomat sofort den Messvorgang abgebrochen hätte. Ein einige Zeit nach dem Vorfall vorgenommener Alkotest mit einem anderen Probanden aber auch ein Selbsttest seien völlig problemlos verlaufen.

 

Herr S habe während der Amtshandlung sein Verhalten nicht geändert, er sei verbal willig gewesen den Alkotest durchzuführen, das Messergebnis habe jedoch anderes angezeigt. Herr S habe ungefähr in einem Abstand von ca. 10 cm zum Mundstück eingeatmet und er habe aus diesem Grund geschlossen, dass dies vielleicht zu nahe zum Mundstück wäre und habe Herrn S daher angeraten etwas weiter entfernt vom Mundstück einzuatmen. Ausdrücklich hat der Zeuge jedoch festgehalten, dass es sich von ihm um eine Annahme gehandelt habe, dass dies zu einem negativen Ergebnis führen könnte.

 

Ausdrücklich erklärte der Gendarmeriebeamte auch, dass im gegenständlichen Falle bevor das Mundstück beblasen wurde, der Vorgang vom Gerät bereits abgebrochen worden sei.

 

Im Verfahrensakt befindet sich lediglich ein Messstreifen, worauf eine erste Messung um 23.07 Uhr dokumentiert ist, welche keinen Messwert und den Hinweis "blasbereit, abgelaufen" enthält.

 

In der Folge wurde das verwendete Messgerät, es handelte sich dabei um ein Gerät der Marke Dräger 7110A, einer praktischen Testung durch den Zeugen bzw. den Rechtsvertreter des Berufungswerbers bezüglich möglicher Messfehler unterzogen. Dabei wurden verschiedene Varianten, wie Blaszeit zu kurz oder Blasvolumen abgebrochen aufgezeigt, ein Abbruch vor dem Blasen, wie der Zeuge in seiner Aussage angegeben hat, konnte jedoch nicht zusammengebracht werden.

 

Abschließend erklärte der Zeuge nochmals, dass der Vorgang jeweils vor dem Beginn des Messvorganges abgebrochen wurde und er bestätigte, dass die Zeit der Blasbereitschaft nicht überschritten wurde. Der Zeuge vertritt die Auffassung, dass die Auslösung für den Abbruch eine Manipulation durch den Probanden gewesen sei.

 

Unter Verzicht auf eine weitere mündliche Berufungsverhandlung wurde vereinbart, den Sachverhalt einem verkehrstechnischen Amtssachverständigen zur gutächtlichen Beurteilung zu übermitteln.

 

In einem Gutachten vom 9.9.2005 (VT-010191/1047-2005-LJ), welchem eine Befundaufnahme vorangegangen ist, führte der verkehrstechnische Amtssachverständige Folgendes aus:

 

"Das Analysegerät zur Bestimmung der Atemalkoholkonzentration (Alkomat) der Marke Dräger, Type Alkotest 7110A ist gemäß Alkomatverordnung BGBl.-Nr.789/1997 i.d.F. BGBl-Nr.146/1997 als geeignet bezeichnet.

Es handelt sich um ein eichfähiges Gerät und ist somit neben dem ebenfalls zugelassenen Gerät der Fa. Siemens zur Atemalkoholgehaltsmessungen anwendbar.

Gemäß Zulassungs Zl. 41344/96 vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen wurde gegenständliche Gerätetype am 8. 7. 1996 zur Bestimmung des Gehaltes von Alkohol in der Atemluft (Atemalkoholmessgeräte) zur Eichung zugelassen.

Grund für eine nicht verwertbare Messung der Atemalkoholkonzentration ist, dass der beschuldigte Lenker keinen Blasversuch durchgeführt hat, bei dem Atemluft in das Mundstück und somit in den Alkomaten gelangt ist. Der Messstreifen zeigt, dass kein Blasvolumen und keine Blaszeit in der Zeit von 23:06 bis 23:09 Uhr zustande gekommen ist.

Als eine und wahrscheinliche Möglichkeit, derartige Ergebnisse zu erhalten, obwohl dem Beamten ein Blasversuch erkenntlich war, ist die Tatsache, dass z.B. die Zunge auf das Mundstück gehalten wurde, während die Blasversuche vorgetäuscht wurden. Wie die Umstände und Vorgänge zum Zeitpunkt der Kontrolle sich wirklich gestaltet haben, können natürlich heute nicht vollständig rekonstruiert werden.

Der Messstreifen vom 11. 9. 2004 zeigt jedenfalls, dass während des ganzen Vorganges zur Messung der Atemalkoholkonzentration kein einziger Blasversuch vorgenommen wurde. Auch nur die geringfügige Blasleistung wäre vom Alkomaten registriert worden."

Das Gutachten wurde dem Rechtsvertreter des Berufungswerbers und auch dem Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Gmunden zur Kenntnis gebracht.

 

In einer Stellungnahme vom 4.10.2005 vertritt der Rechtsvertreter die Auffassung, dass in Verbindung mit den Ergebnissen der Verhandlung vom 4.8.2005, wo in zahlreichen Fällen versucht wurde den Alkomaten absichtlich "zu täuschen" und jedes Mal völlig andere Ergebnisse angezeigt wurden, als die Tatsache, dass keine Blastätigkeit für den Alkomaten zu erkennen war, die Umstände, weshalb der Alkomattest am 11.9.2004 das am Messstreifen protokollierte Ergebnis lieferte, nicht mehr zu klären sein wird und es wird wiederum beantragt, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Der Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Gmunden beantragte telefonisch die Aufnahme eines weiteren Beweises, nämlich die Einholung eines Gutachtens durch die Firma Austrid Ges.m.b.H. - Sparte Sicherheitstechnik, Wien (Herstellerfirma).

 

I.6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

 

Dazu wird festgestellt, dass auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" (im Zweifel für den Beschuldigten) anzuwenden ist. Dieser Grundsatz ist eine Regel für jene Fälle, in denen im Wege des Beweisverfahrens und anschließender freier Würdigung der Beweise in dem entscheidenden Organ nicht mit Sicherheit die Überzeugung von der Richtigkeit des Tatvorwurfes erzeugt werden konnte. Wenn nach Durchführung aller Beweise trotz eingehender Beweiswürdigung somit Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben, hat nach dem genannten Grundsatz ein Freispruch zu erfolgen.

 

Das durchgeführte Berufungsverfahren hat ergeben, dass der Beschuldigte acht Blasversuche unternommen hat, welche jedoch zu keinem verwertbaren Ergebnis führten. Im Verfahrensakt befindet sich lediglich ein Messstreifen, darauf ist als Ursache angemerkt "blasbereit. abgelaufen". Die Rechtfertigung des Beschuldigten zielt dahin, dass er versucht hätte ein taugliches Ergebnis zu erlangen, dies sei jedoch nicht gelungen.

 

Der Meldungsleger selbst stellte lediglich Vermutungen dahingehend auf, worin die Ursachen für das Nichtzustandekommen eines gültigen Messergebnisses gelegen sein könnten, er konnte jedoch keine konkrete Angabe über ein zum Scheitern des Alkotests kausales Verhalten des Berufungswerbers angeben. Auch praktische Tests, welche im Rahmen der Berufungsverhandlung durchgeführt wurden, konnten nicht erklären, warum im konkreten Falle die Blasversuche zu keinem verwertbaren Ergebnis geführt haben.

 

Der verkehrstechnische Amtssachverständige hat zwar in seinem Gutachten festgestellt, dass keine Funktionsstörungen des Messgerätes zu erkennen sind und ausgeführt, dass mit Sicherheit davon ausgegangen werden könne, dass keine Blastätigkeit für den Alkomaten zu erkennen war, diese Aussage vermag jedoch nicht zu belegen, dass der Berufungswerber konkret den Test bewusst manipuliert hätte. Letztlich gesteht der Sachverständige auch ein, dass die Umstände und Vorgänge, wie sie sich zum Zeitpunkt der Kontrolle wirklich gestaltet haben, nicht mehr vollständig rekonstruiert werden können.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt daher die Auffassung, dass auch das vorliegende Gutachten des verkehrstechnischen Amtssachverständigen den Nachweis der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung nicht zu stützen vermag.

 

Zum Antrag der belangten Behörde, ein weiteres Gutachten bei der Firma Austrid Ges.m.b.H. einzuholen wird festgestellt, dass nach Auffassung der Berufungsbehörde, ohne eine vorgreifende Würdigung vorzunehmen, eine Aufnahme dieses Beweises als entbehrlich erscheint. Letztlich stand bereits im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung die aktuelle Gebrauchsanweisung für das verwendete Atemalkoholmessgerät zur Verfügung und es ergeben sich auch aus dieser Gebrauchsanweisung auf den konkreten Fall bezogen keine Hinweise, welche zur Klärung des Scheiterns der gegenständlichen Atemluftalkoholmessung führen würden. Darüber hinaus erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass aus Fairnessgründen gegenüber dem Beschuldigten ausschließlich unabhängige Sachverständige beizuziehen sind. Ohne der Herstellerfirma mangelnde Objektivität zu unterstellen, erachtet die Berufungsbehörde, dass die Verwertung eines Gutachtens der Herstellerfirma der gebotenen Fairness gegenüber einem Beschuldigten widersprechen würde, weshalb dem Beweisantrag der Bezirkshauptmannschaft Gmunden nicht Folge gegeben wurde.

 

Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass trotz Aufnahme aller gebotenen Beweise im gegenständlichen Verfahren konkret nicht geklärt werden konnte, warum tatsächlich kein taugliches Messergebnis zu Stande gekommen ist bzw. dass an diesem Nichtzustandekommen den Beschuldigten ein Verschulden trifft bzw. er zumindest schlüssig den Alkotest verweigert hätte. Es kann daher nicht als erwiesen angesehen werden, dass er die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung tatsächlich begangen hat.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG war daher - in dubio pro reo - der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. K i s c h

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurdezurückgewiesen. 

VwGH vom 24.01.2006, Zl.: 2005/02/0323-5

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