Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160574/6/Zo/Hu

Linz, 27.06.2005

 

 

 VwSen-160574/6/Zo/Hu Linz, am 27. Juni 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn P F, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. E K, vom 26.4.2005, gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 8.4.2005, Zl. S-27.379/04, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung und sofortiger Verkündung am 20.6.2005 zu Recht erkannt:

 

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.
  2.  

  3. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 58 Euro zu bezahlen.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, dass er am 21.7.2004 um 17.16 Uhr in Linz auf der A7, Richtungsfahrbahn Nord, bei Strkm 15,7, als Lenker des Kfz mit dem Kennzeichen, beim Hintereinanderfahren zum nächsten vorderen Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten habe, der ein rechtzeitiges Anhalten ermöglicht hätte, wenn dieses plötzlich abgebremst worden wäre. Er habe die Tat mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen, da er bei einer Fahrgeschwindigkeit von 134 km/h einen Abstand von nur 9 Meter zum Vorderfahrzeug eingehalten habe.

 

Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs.1 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 eine Geldstrafe von 290 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe 6 Tage, verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 29 Euro verpflichtet.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorbringt, dass die Ermittlung des Nachfahrabstandes nicht nachvollziehbar sei. Er habe bereits in seiner schriftlichen Stellungnahme darauf hingewiesen, dass der angeblich festgestellte geringe Abstand nicht von ihm selbst gewählt worden sei. Er sei zunächst auf der A7 in Richtung Freistadt gefahren und habe dabei den dritten Fahrstreifen benützt, welcher zunächst vollkommen frei gewesen sei. Plötzlich und für ihn vollkommen unvermutet habe ein Fahrzeug vom zweiten auf den dritten Fahrstreifen gewechselt und er habe angenommen, dass dieser Fahrzeuglenker lediglich ein auf dem zweiten Fahrstreifen fahrendes Fahrzeug überholen werde und dann sofort auf den zweiten Fahrstreifen zurückwechseln würde. Dieser habe sein Fahrzeug jedoch nicht auf die zweite Spur zurückgelenkt, sondern sei auf der dritten Spur geblieben, weshalb er sicherlich mehrere Sekunden lang zu dem vor ihm fahrenden Fahrzeug einen etwas knapperen Abstand eingehalten habe.

 

3. Der Polizeidirektor von Linz hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei welcher der Rechtsvertreter des Berufungswerbers gehört, in die Videoaufzeichnungen der gegenständlichen Abstandsmessung Einsicht und ein Gutachten eines Sachverständigen zu dieser Messung eingeholt wurde.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 21.7.2004 um 17.16 Uhr seinen Pkw mit dem Kennzeichen in Linz auf der A7 in Fahrtrichtung Norden. Im Bereich der gegenständlichen Abstandsmessung bei Strkm 15,7 befand er sich auf dem dritten (das ist der äußerst linke) Fahrstreifen unmittelbar hinter einem anderen Pkw. In etwa in gleicher Höhe mit diesen Fahrzeugen befand sich auch auf dem ersten und auf dem zweiten Fahrstreifen jeweils ein Pkw. Hinter dem Berufungswerber auf dem dritten Fahrstreifen fuhren mehrere weitere Pkw nach, wobei der nächste hinter ihm fahrende Fahrzeuglenker einen Abstand von ca. 20 bis 25 m eingehalten hat.

 

Die gegenständliche Abstandsmessung wurde mit dem geeichten Messsystem VKS 3.0 bei km 19,7 durchgeführt. Diese Messung ergab bei einer Geschwindigkeit von 134 km/h einen Abstand von 9 m, das entspricht einem Sekundenabstand von 0,25 sek. Die gegenständliche Videoaufzeichnung hat eine Dauer von 12 sek. von 17.16 Uhr und 24 sek. bis 17.16 Uhr und 36 sek. In diesem Zeitraum befanden sich sowohl das vor dem Berufungswerber fahrende Fahrzeug als auch der Berufungswerber selbst durchgehend auf dem dritten Fahrstreifen.

 

Vom Sachverständigen wurde bei der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar ausgeführt, dass das gegenständliche Messgerät für die Messung der Geschwindigkeit und des Abstandes geeignet und geeicht ist und dass die Messung auch richtig durchgeführt wurde. Die Auswertung der Abstandsmessung durch den Sachverständigen ergab bei einer Geschwindigkeit von 134 km/h einen Abstand von 8,6 m, was rechnerisch einem Sekundenabstand von 0,25 sek. ergibt. Bei dieser Auswertung wurden sowohl die Radüberhänge von der Hinterachse des Vorderfahrzeuges bzw. von der Vorderachse des Fahrzeuges des Berufungswerbers sowie die im Messsystem selbst vorhandenen Messungenauigkeiten jeweils zugunsten des Berufungswerbers berücksichtigt, sodass sich bei einer technisch genauen Auswertung ein Abstand von weniger als 9 m bzw. 0,25 sek. ergeben würde. Die Fahrgeschwindigkeit der Fahrzeuge wurde aufgrund eines Weg-Zeit-Diagrammes errechnet und es ergibt sich eine messtechnisch erfassbare Geschwindigkeitsdifferenz von ca. 2 km/h, wobei der Berufungswerber schneller gefahren ist als das vor ihm fahrende Fahrzeug.

 

Der Sachverständige führte weiters aus, dass auch im Falle eines bremsbereiten Fahrens zumindest eine Reaktionszeit von 0,67 sek. erforderlich ist. Dieser Wert basiert auf Richtlinien der Europäischen Vereinigung für Unfallforschung, welchen entsprechende statistische Untersuchungen zugrunde liegen. Im Hinblick auf den Abstand von lediglich 0,25 sek. wäre im Fall einer Notbremsung des vor dem Berufungswerber fahrenden Pkw aus technischer Sicht damit zu rechnen, dass ein Auffahren des Beschuldigten nicht vermeidbar ist. Durch diesen möglichen Auffahrunfall wären wahrscheinlich auch der direkt neben dem Berufungswerber fahrende grüne Pkw auf der mittleren Fahrspur und der in einem Abstand von ca. 20 bis 25 m hinter dem Berufungswerber fahrende Pkw mit hoher Wahrscheinlichkeit betroffen.

 

5. Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 18 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

5.2. Aufgrund der bei der Verhandlung eingesehenen Videoaufzeichnungen des gegenständlichen Vorfalles sowie der schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen ist als erwiesen anzusehen, dass der Berufungswerber bei einer Geschwindigkeit von 134 km/h einen Abstand von maximal 9 m (das entspricht 0,25 sek.) eingehalten hat. Der Einwand des Berufungswerbers, dass das vor ihm fahrende Fahrzeug durch einen Fahrstreifenwechsel für diesen geringen Abstand verantwortlich sei, konnte hingegen nicht bestätigt werden. Zumindest 12 sek. lang hat kein derartiger Fahrstreifenwechsel stattgefunden. Wäre dies vorher der Fall gewesen, so hätte der Berufungswerber ausreichend Zeit gehabt, durch bloßes Wegnehmen von Gas den Abstand zu dem vorausfahrenden Fahrzeug erheblich zu vergrößern. Dies insbesondere, wenn man berücksichtigt, dass die Autobahn in jenem Bereich eine leichte Steigung aufweist. Wie sich aber aus den Ausführungen des Sachverständigen aufgrund der Auswertung der Videoaufzeichnung ergibt, ist der Berufungswerber sogar geringfügig schneller gefahren als das vor ihm fahrende Fahrzeug. Richtig ist, dass aufgrund der gesamten Verkehrssituation nicht notwendig mit einer Notbremsung des vorausfahrenden Fahrzeuges gerechnet werden musste, ein Abstand im Ausmaß des Reaktionsweges ist aber jedenfalls unter allen Umständen einzuhalten. Dies ist schon deshalb notwendig, um bei einem jederzeit möglichen Fahrfehler des vorausfahrenden Fahrzeuges noch gefahrlos reagieren zu können.

 

Der Berufungswerber hat daher die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten und es sind auch keine Umstände hervorgekommen, welche sein Verschulden ausschließen würden.

 

Zur Frage, ob der Berufungswerber diese Verwaltungsübertretung mit "besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern" begangen ist, ist darauf hinzuweisen, dass er den erforderlichen Abstand (also zumindest die Reaktionszeit von 0,67 sek.) ganz massiv unterschritten hat. Der Sachverständige hat schlüssig dargelegt, dass im Fall einer Notbremsung des vorausfahrenden Fahrzeuges ein Auffahren für den Berufungswerber nicht vermeidbar gewesen wäre. Es bestand auch eine durchaus hohe Wahrscheinlichkeit, dass in diesem Fall weitere in der Nähe befindliche Fahrzeuge in diesen Auffahrunfall verwickelt worden wären. Unter Berücksichtigung dieser Umstände hat die Erstinstanz dem Berufungswerber auch zutreffend vorgeworfen, dass er sich bei Begehung der gegenständlichen Verwaltungsübertretung anderen Straßenbenützern gegenüber besonders rücksichtslos verhalten hat.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Der gesetzliche Strafrahmen für die gegenständliche Verwaltungsübertretung beträgt gemäß § 99 Abs.2 StVO 1960 zwischen 36 und 2.180 Euro. Als strafmildernd ist die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers zu werten, während keine Straferschwerungsgründe vorliegen. Es darf aber nicht übersehen werden, dass gerade die dem Berufungswerber vorgeworfene Verwaltungsübertretung immer wieder Auslöser für Auffahrunfälle und in weiterer Folge Massenkarambolagen auf der Autobahn ist. Im Hinblick auf den doch außergewöhnlich niedrigen Abstand bei einer relativ hohen Geschwindigkeit muss bei der Strafbemessung die zumindest abstrakte Gefährlichkeit dieses Verhaltens mitberücksichtigt werden.

 

Sowohl aus general- als auch aus spezialpräventiven Überlegungen erscheint die Verhängung einer empfindlichen Strafe erforderlich, wobei der gesetzliche Strafrahmen ohnedies bloß zu ca. 15 % ausgeschöpft wurde. Auch unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers (monatliches Nettoeinkommen 1.500 Euro, kein Vermögen und keine relevanten Sorgepflichten) erscheint die verhängte Geldstrafe durchaus angemessen. Es war daher die Berufung auch hinsichtlich der Strafhöhe abzuweisen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Z ö b l

 
 

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