Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160585/2/Kei/Ps

Linz, 10.03.2006

 

 

 

VwSen-160585/2/Kei/Ps Linz, am 10. März 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des F W, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. J P, S, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 19. April 2005, Zl. VerkR96-9630-2004, zu Recht:

 

  1. Der Berufung wird mit der Maßgabe, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nachstehend berichtigt wird, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe bestätigt.
  2. Statt "Aufforderung, der Bezirkshauptmannschaft Braunau/I.," wird gesetzt "Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Braunau/I." und

    statt "2 Tage" wird gesetzt "2 Tagen".

     

    Rechtsgrundlage:

    § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 51 Abs.1 VStG.

     

  3. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe, das sind 20 Euro, zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

Der Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses lautet (auszugsweise Wiedergabe):

"Sie haben als Zulassungsbesitzer des Pkw's der Marke M, Kennzeichen, trotz schriftlicher Aufforderung, der Bezirkshauptmannschaft Braunau/I., vom 28.12.2004, Zahl VerkR96-9630-2004, welche am 05.01.2005 zugestellt wurde, nicht binnen zwei Wochen (bis einschließlich 19.01.2005) der Behörde Auskunft darüber erteilt, wer dieses Fahrzeug am 24.11.2004 um 13.15 Uhr, auf der B 142, bei Strkm. 10,706, gelenkt hat oder wer diese Auskunft erteilen kann.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 103 Abs. 2 KFG 1967

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von:

Euro 100,--

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von:

2 Tage

Gemäß:

§ 134 Abs. 1 KFG 1967

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes zu zahlen:

Euro 10,--

als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich 15,-- Euro angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe, Kosten, Barauslagen) beträgt daher: Euro 110,--".

 

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

Der Berufungswerber (Bw) brachte in der ausführlichen Berufung im Wesentlichen vor:

Durch das angefochtene Straferkenntnis erachtet er sich in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nach Art. 7 Abs.1 B-VG und Art. 2 StGG, auf ein faires Verfahren nach Art. 6 EMRK verletzt, ebenso im Recht auf ein Rechtsmittel in Strafsachen nach Art. 2 des 7. ZP zur EMRK und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ebenso durch Anwendung der baugesetz- und verfassungswidrigen Bestimmung des Art. II der Finanzausgleichsnovelle 1988 sowie wegen Verletzung des ordre public und Verstoßes gegen das Anklage- und Rechtsstaatsprinzip.

Ebenso liege eine Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK vor, weil der Bw im Falle der Beantwortung der ihm unter Strafsanktion abverlangten Lenkerauskunft seine Gattin als Lenkerin bekannt geben und diese somit einer Bestrafung aussetzen hätte müssen, was auf der Grundlage dieser Verfassungsbestimmung nicht zumutbar sei.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 24. Mai 2005, Zl. VerkR96-9630-2004, Einsicht genommen.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Der Oö. Verwaltungssenat zweifelt nach Einsichtnahme in den gegenständlichen Verwaltungsakt nicht am Vorliegen des Sachverhaltes, der durch die im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), zum Ausdruck gebracht wird.

Der objektive Tatbestand der dem Bw vorgeworfenen Übertretung wurde verwirklicht.

Das Verschulden des Bw wird - ein Rechtfertigungsgrund oder ein Schuldausschließungsgrund liegt nicht vor - als Vorsatz qualifiziert. Die Schuld des Bw ist nicht geringfügig iSd § 21 Abs.1 erster Satz VStG.

Die Gestaltung des letzten Satzes der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 als Verfassungsbestimmung erachtete der Verfassungsgerichtshof im Einklang mit den Baugesetzen der Bundesverfassung und nicht im Widerspruch zu Art. 6 EMRK. Der Verfassungsgerichtshof verwies auf das in dieser Bestimmung normierte rechtspolitische Anliegen des Gesetzgebers, welchem dieser nur durch das Institut der Lenkerauskunft (iSd § 103 Abs.2 KFG 1967) nachkommen zu können glaubt. Sehr wohl hob der Verfassungsgerichtshof auch kritisch die Problematik der Durchbrechung des Anklageprinzips gemäß Art. 90 Abs.2 B-VG und den durch eine Strafsanktion ausgeübten Zwang zur Ablegung eines Geständnisses hervor (VfSlg. 9950/1984, 10394/1985, VfGH vom 29.9.1988, Zl. G72/88 u.a. Erkenntnisse).

Hingewiesen wird darauf, dass der Verfassungsgerichtshof mit dem Grundsatz "nemo tenetur" als unvereinbar hervorhob, wenn ein Gesetz die Partei zwingt, etwa ein allefalls den Gegenstand einer Beschlagnahme bildendes Beweismittel zu schaffen, welches im Verfahren gegen die Partei selbst verwendet werden kann. Dies - so der Verfassungsgerichtshof - würde im Ergebnis einer unfreiwilligen Selbstbeschuldigung gleichkommen. Laut Verfassungsgerichtshof gilt für den Anklageprozess, dass der Beschuldigte nicht Objekt des Verfahrens sondern Subjekt, also Prozesspartei, ist. Dem Anklageprinzip würde es demnach widersprechen, den Beschuldigten durch Zwang zu einem Geständnis der strafbaren Handlung zu veranlassen. Dies sei mit der Parteistellung des Beschuldigten unvereinbar. Aus den dargelegten Gründen hegte der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass etwa eine Regelung des Finanzstrafgesetzes über die Beschlagnahme im Ergebnis dem aus Art. 90 Abs.2 B-VG abzuleitenden Verbot eines Zwanges zur Selbstbeschuldigung widersprach (VfSlg. 10291 mit Hinweis auf VfSlg. 5235/1966). Nach bisher ständiger Rechtsprechung auch des Verwaltungsgerichtshofes liegt aber der Zweck der Regelung des § 103 Abs.2 KFG 1967 in der jederzeitigen Feststellungsmöglichkeit eines KFZ-Lenkers (siehe z.B. VwGH vom 29.9.1993, Zl. 93/02/0191).

 

Zur Strafbemessung:

Es liegen mehrere die Person des Bw betreffende Vormerkungen in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht, die zur gegenständlichen Tatzeit in Rechtskraft erwachsen gewesen sind und die noch nicht getilgt sind und die nicht einschlägig sind, vor. Dies hat zur Konsequenz, dass nicht der Milderungsgrund des § 34 Abs.1 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG zum Tragen kommt. Ein Milderungsgrund liegt nicht vor. Ein Erschwerungsgrund liegt nicht vor.

Durch die Tatsache, dass ein Lenker nicht bekannt gegeben wird, ist es der Behörde nicht möglich, die Person, die das Grunddelikt begangen hat, festzustellen. Dadurch wird der Strafanspruch des Staates beeinträchtigt. Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Übertretung ist beträchtlich.

Auf das Ausmaß des Verschuldens wird Bedacht genommen.

Der Aspekt der Generalprävention wird berücksichtigt. Der Aspekt der Spezialprävention wird nicht berücksichtigt.

Die Höhe der durch die belangte Behörde verhängten Strafe ist insgesamt - auch unter Berücksichtigung der in der Begründung des gegenständlichen Straferkenntnisses angeführten Angaben über die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw - angemessen.

Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I.) zu entscheiden.

 

Da in jeder Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren auszusprechen ist, war der Betrag mit 20 % der verhängten Strafe gemäß der im Spruch angegebenen Gesetzesstelle zu bemessen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Keinberger

 

 

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