Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400254/3/Gf/La

Linz, 07.03.1994

VwSen-400254/3/Gf/La Linz, am 7. März 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde des H, vertreten durch RA, wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Braunau zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft als rechtswidrig festgestellt.

II. Der Bezirkshauptmann von Braunau als belangte und im gegenständlichen Fall für den Bund tätig gewordene Behörde hat dem Beschwerdeführer Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung in Höhe von 7.533,33 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

§ 52 FrG iVm § 67c Abs. 3 AVG; § 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Gemäß § 51 Abs. 1 FrG hat derjenige, der unter Berufung auf das FrG angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen.

Nach § 41 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern.

Gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FrG hat die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen, wenn die Anhaltung des Fremden nicht zuvor geendet hat.

2. Der O.ö. Verwaltungssenat deutet die letztgenannte Bestimmung - nicht zuletzt im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 zweiter Satz des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl.Nr. 684/1988 - dahin, daß dem Beschwerdeführer die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates gemäß § 32 Abs. 2 AVG spätestens an dem Tag, der durch seine Benennung jenem Tag entspricht, an dem die Frist zu laufen begonnen hat, tatsächlich zugekommen sein muß.

Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer seine Beschwerde am Dienstag dem 1. März 1994 unmittelbar beim O.ö. Verwaltungssenat eingebracht. Mittels Telekopiegerät wurde die belangte Behörde noch am gleichen Tag aufgefordert, dem O.ö. Verwaltungssenat die bezughabenden Verwaltungsakten zu übersenden sowie mitzuteilen, ob sich der Beschwerdeführer noch in Schubhaft befindet.

Die belangte Behörde hat darauf bis zum heutigen Tag nicht reagiert.

Da der O.ö. Verwaltungssenat aber andererseits mangels gegenteiliger Anhaltspunkte bis dato noch davon ausgehen konnte, daß eine Aktenübermittlung sowie die Mitteilung, ob der Beschwerdeführer noch in Schubhaft gehalten wird, zeitgerecht erfolgen wird, war es nach allgemeinem bisherigen Erfahrungsstand auch nicht erforderlich, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, weil sich bei Schubhaftbeschwerden - soweit es den entscheidungsrelevanten Sachverhalt betrifft - in der Regel das Parteienvorbringen mit jenem Geschehen, wie es sich aus der Aktenlage darstellt, deckt.

Daß hingegen zum gegenwärtigen Zeitpunkt in der Kürze der verbleibenden Entscheidungsfrist eine mündliche Verhandlung schon angesichts der erforderlichen Ladungen hiezu nicht mehr anberaumt werden konnte, liegt auf der Hand.

Unter diesen Umständen hatte der O.ö. Verwaltungssenat daher infolge Säumnis der einen Verfahrenspartei (vgl. § 67c Abs.

4 AVG) seiner Entscheidung das Sachverhaltsvorbringen des Beschwerdeführers als zutreffend zugrundezulegen.

3.1. Hiezu führt der Beschwerdeführer aus, daß er türkischer Staatsangehöriger ist und gegen ihn ein rechtskräftiges, seit dem 18. Jänner 1994 vollstreckbares Aufenthaltsverbot besteht. Am 8. Februar 1994 hat er dagegen einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes eingebracht, über den die belangte Behörde jedoch noch nicht entschieden hat.

3.2. Die Wohnsitzverhältnisse des Beschwerdeführers waren bis zu seiner Inschubhaftnahme geordnet und er ist auch einer geregelten Beschäftigung nachgegangen, wobei sein Arbeitgeber mit ihm sehr zufrieden war.

3.3. Am 15. Februar 1994 hat die belangte Behörde über ihn zur Sicherung der Abschiebung in Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das landesgerichtliche Gefangenenhaus Ried vollzogen, wo er seither angehalten wird.

4. Mit der gegenständlichen Beschwerde bringt der Beschwerdeführer gegen seine Anhaltung in Schubhaft vor, daß er seit der Rechtskraft des Aufenthaltsverbotes von der belangten Behörde nie aufgefordert wurde, das Bundesgebiet zu verlassen. Seine Arbeits- und Wohnsitzverhältnisse waren bis dahin geordnet und der Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes wurde auch von seinem Arbeitgeber unterstützt, weil dieser mit ihm sehr zufrieden war. Es hat somit im Zeitpunkt der Inschubhaftnahme des Beschwerdeführers keinerlei Fluchtgefahr bestanden.

Aus diesen Gründen wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft begehrt.

5. Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht.

5.1. Zwar bedarf es entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers in dem Fall, daß ein Aufenthaltsverbot rechtskräftig wird - wobei dessen Rechtskraft überdies bereits mit der Zustellung des letztinstanzlichen Bescheides und nicht etwa erst mit der Zustellung jenes Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes, das infolge einer gegen den letztinstanzlichen Bescheid erhobenen Beschwerde ergangen ist, gegeben ist -, keiner gesonderten behördlichen Aufforderung mehr; der Fremde hat vielmehr aus eigenem unverzüglich das Bundesgebiet zu verlassen. Der Beschwerdeführer hält sich daher nicht erst seit dem 18. Jänner 1994 unberechtigterweise in Österreich auf. Daran vermag auch der von ihm eingebrachte Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes, der möglicherweise ohnehin wegen bereits entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird, nichts zu ändern.

5.2. Da jedoch aus den bereits zuvor genannten Gründen (s.o., 2.) dem Vorbringen des Beschwerdeführers dahingehend, daß dessen Wohnsitz- und Einkommensverhältnisse bis zu seiner Inschubhaftnahme geordnet waren, Glauben zu schenken ist, bestand jedoch aus der Sicht des O.ö.

Verwaltungssenates für die belangte Behörde kein Grund, die in Aussicht genommene Abschiebung des Beschwerdeführers im Wege der Inschubhaftnahme zu sichern. Hinzu kommt noch, daß die belangte Behörde nicht erst seit dem 18. Jänner 1994, sondern seit der Zustellung des letztinstanzlichen Aufenthaltsverbotsbescheides berechtigt gewesen wäre, den Beschwerdeführer zwangsweise aus dem Bundesgebiet abzuschieben, tatsächlich aber offenkundig seit diesem maßgeblichen Zeitpunkt keine in diese Richtung weisenden Maßnahmen gesetzt hat. Damit hat aber für den in den normalen Arbeitsprozeß integrierten Beschwerdeführer, der wie auch die noch vor seiner Inschubhaftnahme liegende Antragstellung auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes zeigt bis zuletzt von einer Wendung seiner Sache zum Positiven ausgegangen ist, offensichtlich auch tatsächlich keine Veranlassung bestanden, sich durch Untertauchen in der Anonymität dem behördlichen Zugriff zu entziehen und dadurch eine Abschiebung - von der er gar nicht wußte, daß ihm eine solche droht - zu verhindern oder zumindest zu erschweren.

Es war somit im gegenständlichen Fall nicht erforderlich, die beabsichtigte Abschiebung des Beschwerdeführers im Wege der Schubhaft zu sichern (wobei es nach der nunmehr geltenden Rechtslage [vgl. § 41 Abs. 1 FrG] aber allein auf diesen Sicherungszweck ankommt).

5.3. Aus diesen Gründen erweist sich somit die Schubhaftverhängung gegen den Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall als rechtswidrig; der vorliegenden Beschwerde war daher gemäß § 52 FrG iVm § 67c Abs. 3 AVG stattzugeben.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Beschwerdeführer nach § 79a AVG antragsgemäß Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung in Höhe von 7.533,33 S zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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