Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160633/2/Br/Wü

Linz, 21.06.2005

 

 

 

 
VwSen-160633/2/Br/Wü
Linz, am 21. Juni 2005

DVR.0690392
 

 
 
 
 

E R K E N N T N I S

 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier, über die Berufung des Herrn M K, H, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 18. April 2005, Zl. VerkR96-17260-2004, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 10/2004 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1 § 51e Abs.3 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.
Nr. 117/2002 - VStG.
 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.
 


Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.1VStG.
 

 

Entscheidungsgründe:
 

1. Dem Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis zur Last gelegt, er habe am 13.8.2004 um 16.47 Uhr auf der Kreuzung "Zufahrt zur Ortschaft Rosenau" auf der B151, Strkm 5.680 einem Vorrangberechtigten zum unvermittelten Abbremsen seines Fahrzeuges genötigt. Diesbezüglich wurde über ihn eine Geldstrafe von 50 Euro verhängt.

 

 

1.1. Gestützt wurde diese Bestrafung in einer sogenannten Gendis-Anzeige des Gendarmeriepostens Lenzing, Insp. A.

Dessen Angaben, wonach durch das Einbiegen des Berufungswerbers "zumindest ein Kraftfahrzeuglenker zum Abbremsen genötigt" worden sei, wurde zusätzlich in der fälschlich als Zeugenaussage benannten Stellungnahme des Meldungslegers vom 29.11.2004 gestützt erachtet. Auf die Argumente des Berufungswerbers wurde nicht eingegangen.

Hingewiesen wurde im Straferkenntnis, dass er sich zum Inhalt der Stellungnahme des Meldungslegers abschließend nicht mehr äußerte.

 

 

2. In der dagegen am Tag der Erlassung des Straferkenntnisses erhobenen Berufung hebt der Berufungswerber die fragwürdige Formulierung "mindestens ein Fahrzeug beim Einbiegen zum Abbremsen genötigt zu haben" hervor. Ebenfalls habe er sich nicht alleine im Auto befunden. Ebenfalls wird die nicht erfolgte Anhaltung als fragwürdig hervorgehoben. Abschließend vermeint er abermals, die Kreuzung äußerst behutsam befahren zu haben, wobei er die Beischaffung einer Skizze einmahnt.

Die Berufungsvorlage an den unabhängigen Verwaltungssenat erfolgte erst am
20. Juni 2005.

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt und durch Beischaffung einer Übersichtsaufnahme (Luftbild) aus dem System Doris. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt. Der Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung bedurfte es gemäß § 51e Abs.2 Z1 letzter Halbssatz VStG nicht.

 

 

4. Da hier ferner keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen.

 

 

5. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

 

Aus der Anzeige des Gendarmeriepostens Lenzing ist weder der Standort des Meldungslegers, noch die Fahrgeschwindigkeit und Entfernung des angeblich zum Abbremsen genötigten Fahrzeuglenkers zu entnehmen.

Schon in der Verantwortung vom 24.11.2004 bestreitet der Berufungswerber den Tatvorwurf. Er habe damals mehrere Torten im Kofferraum transportiert, sei daher sehr vorsichtig gefahren und habe sich gewundert warum ihm der Gendarm nachschaute.

In der angesichts dieser Verantwortung vom Meldungsleger eingeholten Stellungnahme wird am 29.11.2004 lediglich lapidar vermeint, "vermutlich habe der Berufungswerber auf Grund der mitgeführten Ladung nicht abbremsen wollen". Demnach entzieht sich mangels fehlender Angaben betreffend Geschwindigkeit und Distanz die subjektive Einschätzung des Meldungslegers jeglicher inhaltlichen Nachprüfbarkeit. Eine diesbezügliche Fakten- und Datennacherhebung nach nunmehr fast einem Jahr, würde wohl nicht mehr für die Gewinnung einer für einen Schuldspruch ausreichend tragfähige Datenbasis (Distanz- u. Geschwindigkeitsangaben), welche als Beweis für ein "unvermitteltes Abbremsen" herhalten könnte erwarten lassen. Eine solche Beweiserhebung bedürfte darüber hinaus eines zeit- und kostenaufwändigen Ortsaugenscheins, wobei die dabei zu erhebenden Daten letztendlich durch den Zeitlauf mit hoher Fehleranfälligkeit behaftet wären.

In diesem Zusammenhang ist es unerfindlich, warum der Meldungsleger der Anzeige nur seine subjektive Einschätzung und Wertung darlegte, dieser aber nicht die entsprechenden auf Schlüssigkeit hin überprüfbare Fakten beifügte.

 

 

6. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

Gemäß § 19 Abs. 4 erster Satz StVO 1960, BGBl. Nr. 159 i.d.F BGBl. I Nr. 92/1998, haben, wenn vor einer Kreuzung das Vorschriftszeichen "Vorrang geben" oder "Halt" angebracht ist, sowohl die von rechts als auch die von links kommenden Fahrzeuge

den Vorrang.

Gemäß § 19 Abs.7 StVO 1960 i.d.g.F darf, wer keinen Vorrang hat (der Wartepflichtige), durch Kreuzen, Einbiegen oder Einordnen die Lenker von Fahrzeugen mit Vorrang (die Vorrangberechtigten) weder zu unvermitteltem Bremsen noch zum Ablenken ihrer Fahrzeuge nötigen.

Nach der Rechtsprechung ist in Anlehnung an das Gebot der Plausibilität und Nachvollziehbarkeit eines solchen Tatvorwurfes bei einer Vorrangverletzung gemäß § 19 Abs.7 StVO 1960 der Sachverhalt insofern zu konkretisieren, dass die ungefähre Entfernung der Fahrzeuge voneinander und die von ihnen ungefähr eingehaltene Geschwindigkeit festzustellen ist.

Wenn die belangte Behörde derartige Feststellungen für nicht erforderlich erachtete, würde sie die Rechtslage verkennen (VwGH 15.9.1999, mit Hinweis auf VwGH
30.3. 1984, 83/02/0232, sowie VwGH 18.5.1984,82/02/0150). Wegen des Fehlens sämtlicher dieser Fakten kann der Schuldspruch nicht aufrecht erhalten werden. Die bloß subjektive Einschätzung des Meldungslegers im Hinblick auf ein vermeintliches "Abbremsen müssen" eines nicht benannten Fahrzeuglenkers reicht unter diesen Umständen als Tatnachweis nicht. Es ist zu bedenken, dass es dem Meldungsleger auch ein Anliegen sein hätte müssen eine derartige Wahrnehmung sofort durch eine Anhaltung zu ahnden, anstatt über eine Anzeige nach dem Kennzeichen ohne jegliche inhaltliche Substanz einen hohen Verfahrensaufwand herbeizuführen. Eine Anhaltung hat er offenbar nicht einmal versucht, verfasste aber zwei Tage nach diesem angeblichen Vorfall, diese substanzieller Fakten entbehrende Anzeige.

Im Lichte der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zur freien Beweiswürdigung nach § 45 Abs.2 AVG und einem fairen Verfahren, ist an einen Beweis ein strengerer Maßstab als bloß eine aus der Lebensnähe gezogene Schlussfolgerung zu stellen (vgl. VfSlg 12649; sowie Schneider, Beweis und Beweiswürdigung, 5. Auflage,
S 98, Fn 372).

Da schon bei bloßen Zweifel an der Zurechenbarkeit der Tatbegehung der Tatbeweis als nicht erbracht gilt war gegen den Berufungswerber das Verfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen (VwGH 12.3.1986, 84/03/0251 u.a. mit Hinweis auf ZfVB 1991/3/1122).

 
 

Rechtsmittelbelehrung:
 
 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

H i n w e i s:
 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

 

Dr. B l e i e r

 
 

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