Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-160652/2/Sch/Pe

Linz, 24.10.2005

 

 

 

VwSen-160652/2/Sch/Pe Linz, am 24. Oktober 2005

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn R H, vertreten durch Herrn R G H, vom 1. Juni 2005 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 9. März 2005, VerkR96-8056-2004, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 9. März 2005, VerkR96-8056-2004, über Herrn R H, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 52 lit.a Z10a StVO 1960 eine Geldstrafe von 50 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Stunden verhängt, weil er am 22. Mai 2004 um 19.30 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen im Gemeindegebiet von Sipbachzell auf der A 1 Westautobahn bei km 189,100 mit einer Geschwindigkeit von 105 km/h in Fahrtrichtung Salzburg gelenkt und dabei die durch Vorschriftszeichen kundgemacht erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 25 km/h überschritten habe.

 

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 5 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.2ff VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Laut entsprechender Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oö. vom 4. August 2004 wurde vom Lenker des auf den Berufungswerber zugelassenen Pkw an einer dort näher umschriebenen Örtlichkeit der A 1 Westautobahn zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Geschwindigkeitsübertretung begangen. Die Messung erfolgte mittels eines fix installierten Radargerätes.

 

Die Erstbehörde hat in der Folge gegenüber dem Berufungswerber als mutmaßlichen Lenker eine Strafverfügung erlassen, die rechtzeitig beeinsprucht wurde. Hierin hat der Einspruchswerber einen Vertreter im Verfahren namhaft gemacht, welcher Umstand von der Erstbehörde aber offenkundig ignoriert wurde.

 

Jedenfalls ist im Einspruch auch ausgeführt, "sofern ein Lichtbild anlässlich der Geschwindigkeitsmessung gefertigt wurde, dürfte eigentlich schon klar sein, dass ich nicht als Lenker zum Tatzeitpunkt in Betracht komme".

 

Von der Erstbehörde wurde als nächster Verfahrenschritt die Beischaffung des Radarfotos veranlasst, das aber zur Identifizierung des Fahrzeuglenkers ungeeignet ist.

 

Sodann erfolgte eine Aufforderung zur Rechtfertigung, auf welche der Berufungswerber nicht reagiert hat. Gegen das nunmehr erlassene Straferkenntnis wurde Berufung erhoben, worin der Berufungswerber, reduziert man das Vorbringen auf das Wesentliche und lässt man die unqualifizierten und herablassenden Äußerungen weg, wiederum angibt, nicht der Lenker seines Kraftfahrzeuges zum Vorfallszeitpunkt gewesen zu sein. Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass er nicht in der Lage sei, ein Kraftfahrzeug zu führen, da er sich ausschließlich mit seinem Rollstuhl fortbewege. Auch wurde der Berufung die Kopie eines "Schwerbehindertenausweises" beigelegt.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Frage, wer ein bestimmte Kraftfahrzeug gelenkt hat, grundsätzlich eine der Beweiswürdigung (VwGH 29.3.1989, 88/03/0116 u.a.). Dies setzt naturgemäß voraus, dass entsprechende Beweise vorliegen. Im gegenständlichen Fall ist ein Beweismittel nicht gegeben, da weder ein Radarfoto vorhanden ist, das allenfalls eine Lenkeridentifizierung zuließe, noch eine Anhaltung stattgefunden hat, bei der der Fahrzeuglenker festgestellt worden wäre. Es bliebe also nur der grundsätzlich auch nicht unzulässige Schluss übrig, aus den Umständen des Falles, insbesondere dem Umfang der Mitwirkung des Berufungswerbers am Verwaltungsstrafverfahren, Schlüsse auf seine Lenkereigenschaft zu ziehen. Eine solche Vorgehensweise wäre dann zulässig, wenn sich ein Beschuldigter im Verwaltungsstrafverfahren trotz eingeräumter Möglichkeiten verschwiegen hätte. Im vorliegenden Fall hat der Berufungswerber die erste sich bietende Möglichkeit genutzt, seine Lenkereigenschaft in Abrede zu stellen. Er hat damit seiner Mitwirkungspflicht insoweit entsprochen, zumal es auch nicht Aufgabe eines Beschuldigten sein kann, der Behörde auch gleich den Täter zu präsentieren. Diese Ermittlungstätigkeit und Beweisführung hat schon noch bei der Behörde zu bleiben und kann sich diese nicht durch einen Hinweis auf eine vermeintlich extensive Mitwirkungspflicht des Beschuldigten dieser Aufgaben entledigen.

 

Der Oö. Verwaltungssenat verkennt nicht, wie schon wiederholt in entsprechenden Berufungsentscheidungen ausgeführt, dass durch den Umstand, dass die deutschen Behörden bei allfälligen Verfahren betreffend die Nichterteilung der Auskunftspflicht im Sinne des § 103 Abs.2 KFG 1967 trotz eines bestehenden Rechtshilfeübereinkommens nicht mitwirken, in manchen Fällen eine Ungleichbehandlung zwischen deutschen und österreichischen Zulassungsbesitzern gegeben ist. Dies darf aber nicht dazu führen, dass die Strafbehörden dann eine besonders ergebnisorientierte "Beweiswürdigung" im Hinblick auf das sogenannte Grunddelikt tätigen. In diesem Zusammenhang soll auch nicht unerwähnt bleiben, dass sich die Behörden offenkundig ohne weiteres damit abfinden (müssen), dass gegenüber Lenkern von Fahrzeugen aus anderen europäischen Staaten von vornherein kein Verwaltungsstrafverfahren, ja nicht einmal eine Anzeige erfolgt, da dort, im Unterschied zur Bundesrepublik Deutschland, kein Rechtshilfeabkommen besteht.

 

Der Berufung war sohin mangels eines für ein verurteilendes Erkenntnis nötigen Nachweises der Lenkereigenschaft des Berufungswerbers Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren im Zweifel zur Einstellung zu bringen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum