Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160661/12/Bi/Be

Linz, 26.09.2005

 

 

 

VwSen-160661/12/Bi/Be Linz, am 26. September 2005

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn G R, vom 23. Juni 2005 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn vom 8. Juni 2005, VerkR96-2177-2005, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 15. September 2005 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Punkt 2. behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt wird.

Im Punkt 1. wird das Straferkenntnis im Schuldspruch und hinsichtlich der Ersatzfreiheitsstrafe bestätigt, die Geldstrafe jedoch auf 70 Euro herabgesetzt.

II. Im Punkt 2. entfällt jeglicher Verfahrenskostenersatz.

Im Punkt 1. ermäßigt sich der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz auf 7 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 19 VStG

zu II.: §§ 64ff VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 31 Abs.1 iVm 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 und 2) §§ 4 Abs.1 lit.b iVm 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 100 Euro (48 Stunden EFS) und 2) 220 Euro (96 Stunden EFS) verhängt, weil er am 19. Februar 2005 um 00.30 Uhr den Pkw, Kz., im Gemeindegebiet von St. Pantaleon in Wildshut auf der L501 gelenkt und bei Strkm 37.900 Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs (Leitschiene, Leitpflock und Schneestange) beschädigt habe. Nach dem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, habe er

  1. es unterlassen, ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder den Straßenerhalter unter Bekanntgabe seiner Identität zu verständigen,
  2. keine Maßnahmen getroffen, die zur Vermeidung von Schäden für Personen oder Sachen notwendig gewesen wären, obwohl solche zu befürchten gewesen seien, zumal die Leitschiene ca 50 cm in die Fahrbahn geragt sei.

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von insgesamt 32 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 15. September 2005 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, der Vertreterin der Erstinstanz Elisabeth Fischer sowie der Zeugen H R, L S, H G, P S und AI H C durchgeführt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Beschädigung der Leiteinrichtungen sei nicht absichtlich erfolgt, sondern habe sich durch den Unfall ergeben. Er habe unverzüglich einen Abschleppdienst verständigt und sei der Meinung gewesen, diesen treffe die Verpflichtung zur Unfallmeldung. Alle Folgen des Unfalls, die jemanden schädigen hätten können, seien beseitigt worden. Es sei eine Stunde gearbeitet worden, ein Ölbindemittel sei gestreut und die Unfallstelle gekehrt und von herumliegenden Teilen befreit worden. Danach sei sicher keine Leitplanke in die Fahrbahn geragt. Zeugen dafür werden namentlich genannt.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz, Durchführung eines Ortsaugenscheins durch das erkennende Mitglied sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört und die oben genannten Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht bzw Entschlagungsrechte einvernommen wurden.

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw lenkte am 19. Februar 2005 gegen 00.30 Uhr den Pkw S-DOLCI1 auf der L501 in Wildshut in Richtung St. Pantaleon, wobei er infolge Straßenglätte kurz nach dem Braugasthof ins Schleudern kam und rechts in die dortige Leitschiene fuhr. Dabei blieb der Pkw auf der linken Seite liegen und wurde stark beschädigt. Die Beifahrer H G und ein namentlich unbekanntes Mädchen wurden nicht verletzt. Der Abschleppdienst S wurde verständigt und der Zeuge P S schleppte das Unfallfahrzeug ab und säuberte die Unfallstelle. Der Vater des Bw H R kam, als der Pkw gerade aufgeladen wurde, und verließ mit den Zeugen G und dem Mädchen etwa eine Stunde später die Unfallstelle. Sowohl der Bw als auch die Zeugen G und H R bestätigten zeugenschaftlich, die Leitschiene sei zwar ein- aber nicht abgerissen und verbogen gewesen, hätte aber beim Verlassen der Unfallstelle nicht in die Fahrbahn hereingeragt, sondern sei zurück-, dh von der Straße weggebogen worden. Zahlreiche Personen aus der Umgebung seien an die Unfallstelle "schauen" gekommen, wobei diese wahrscheinlich der Gendarmerie die Adresse des Unfallfahrzeuges mitgeteilt hätten.

An die Unfallmeldung bei der Gendarmerie habe niemand gedacht. Der Bw verantwortete sich damit, er arbeite als Karosseriespengler bei einer Abschleppfirma in Salzburg. Bei dieser sei es üblich, dass sie nicht nur Versicherungsangelegenheiten abwickle, sondern auch die Meldung beschädigter Verkehrsleiteinrichtungen übernehme. Er habe daher das auch beim von ihm verständigten Abschleppunternehmen S angenommen und deshalb selbst keine Meldung erstattet.

Der Zeuge P S hat sich gegen diese Beschuldigtenverantwortung verwahrt und dargelegt, er führe nur Aufträge aus, indem er Unfallfahrzeuge abschleppe, die Unfallstelle reinige und erforderlichenfalls Ölbindemittel auf die Fahrbahn streue. Es sei ihm kein Auftrag zur Unfallmeldung erteilt worden, so etwas sei auch nicht üblich.

Der Zeuge G bestätigte, es sei an der Unfallstelle nicht über eine Unfallmeldung gesprochen worden, auch nicht mit dem Zeugen S.

L S, Straßenmeisterei Ostermiething, fuhr am Morgen nach dem Unfall um ca 4.40 Uhr an der Unfallstelle vorbei und sah, dass die Leitschiene ca 50 cm in die Fahrbahn ragte und die Unfallstelle nicht abgesichert war. Er erstattete Anzeige beim GP Ostermiething.

Der Meldungsleger AI H C (Ml) bestätigte in der Verhandlung, er habe selbst die Unfallstelle nicht gesehen und nur aufgrund der Meldung von Herrn S Anzeige erstattet. Die Unfallstelle sei nach der Absicherung fotografiert worden. Der Ml bestätigte, dass das obere Foto der Fotobeilage, das die beschädigte Leitschiene, allerdings in nicht zur Unfallstelle passender Umgebung zeigt, so zustande kam, dass die abgerissene Leitschiene auf dem gegenüberliegenden Parkplatz des Braugasthofes fotografiert wurde. Damit war geklärt, warum die Situation auf diesem Foto den vernommenen Zeugen fremd war.

Der Bw hat nicht bestritten, keine Unfallmeldung erstattet zu haben, und ausgeführt, er habe einige Zeit vorher einen Unfall gehabt, bei dem ein Baum umgestürzt gewesen sei. Die Gendarmerie habe ihm telefonisch erklärt, dass eine Unfallsaufnahme bei Sachschaden nicht erfolge und daher niemand zur Unfallstelle komme. Aus diesen Überlegungen habe er gemeint, er brauche, da auch in diesem Fall "nur" Sachschaden entstanden sei, niemanden verständigen.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Zu Punkt 1):

Gemäß § 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 begeht ua eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs ... beschädigt, es sei denn, die Beschädigung ist bei einem Verkehrsunfall entstanden und die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder der Straßenerhalter ist von der Beschädigung unter Bekanntgabe der Identität des Beschädigers ohne unnötigen Aufschub verständigt worden.

Verkehrsleiteinrichtungen sind gemäß § 31 Abs.1 StVO Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs.

Daraus folgt, dass der Bw die Beschädigung der Leitschiene, des Leitpflocks und der Schneestange ohne unnötigen Aufschub entweder bei der nächsten Sicherheitsdienststelle oder beim Straßenerhalter unter Bekanntgabe seiner persönlichen Daten melden hätte müssen, um sicher zu stellen, wer für die Bezahlung des Schaden an den Verkehrsleiteinrichtungen aufkommen wird. Die Verursachung des Schadens im Zuge des Verkehrsunfalls ist logischerweise nicht Teil des Tatvorwurfs, zumal ein solcher Unfall bei entsprechenden Straßen- und Wetterbedingungen passieren kann. Jedoch hat ein solcher Unfall zur Folge, dass die beschädigten Einrichtungen erneuert werden müssen und die Identität des Unfallbeteiligten, der für den Schaden aufzukommen hat, festgestellt werden muss.

Eine Unfallsaufnahme hätte auch im gegenständlichen Fall nicht stattgefunden, da es sich nicht um einen solchen mit Personenschaden gehandelt hat und niemand eine Unfallsaufnahme verlangt hat. Die telefonische Meldung beim nächsten Gendarmerieposten hätte somit völlig ausgereicht.

Dass ein Abschleppunternehmen für die Unfallmeldung zuständig ist, mag Usus im Betrieb des Bw sein, ist aber nicht allgemein üblich. Der Bw hätte, wenn er schon der Meinung war, der Zeuge P S solle die Meldung erstatten, sich zumindest davon überzeugen müssen, dass dieser die Meldung, zu der er konkret ersucht hätte werden müssen, auch tatsächlich vorgenommen hat, weil sonst ohnehin wieder der Bw für die Nichtmeldung verantwortlich gewesen wäre. Dass der Zeuge P S einen solchen Auftrag erhalten hätte, hat keiner der Zeugen bestätigt und er selbst glaubwürdig bestritten.

Der Unabhängige Verwaltungssenat geht daher davon aus, dass der Bw zur Unfallmeldung verpflichtet gewesen wäre und er durch sein Nicht-Tätigwerden den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat, zumal ihm auch die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens nicht gelungen ist.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.2 StVO von 36 Euro bis 2.180 Euro Geldstrafe, im Fall der Uneinbringlichkeit von 24 Stunden bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Der Bw ist zwar nicht unbescholten, jedoch stammen die Vormerkungen vom November 2000, sodass im Ergebnis von einem Milderungsgrund diesbezüglich auszugehen ist, erschwerend war kein Umstand. Die Strafe war daher herabzusetzen, wobei die finanziellen Verhältnisse (1.000 Euro Einkommen, kein Vermögen, keine Sorgepflichten) zu berücksichtigen waren.

Die nunmehr verhängte Strafe liegt unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 19 VStG im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und hält general- sowie spezialpräventiven Überlegungen stand. Bei der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe wird das Einkommen nicht berücksichtigt.

Zu Punkt 2):

Gemäß § 4 Abs.1 lit.b StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn als Folge des Verkehrsunfalls Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten sind, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahme zu treffen.

Dem Bw wird konkret vorgeworfen, die beim Unfall beschädigte Leitschiene, die ein- aber nicht abgerissen war, nicht abgesichert zu haben, weil um 4.40 Uhr, also vier Stunden nach dem Unfall vom Zeugen S festgestellt wurde, dass die Leitschiene ca 50 cm in die Fahrbahn der L501 hineinragte, sodass, da dort keine Beleuchtung besteht, Schäden für Fußgänger oder sonstige Verkehrsteilnehmer zu befürchten waren. Diese Befürchtung hat sich beim Ortsaugenschein als denkmöglich dargestellt.

Das Beweisverfahren hat ergeben, dass sowohl der Bw als auch die Zeugen G und H R glaubhaft dargelegt haben, dass die beschädigte Leitschiene von der Fahrbahn weggebogen wurde, sodass sie nicht in die Fahrbahn ragte, und die Unfallstelle etwa eine Stunde nach dem Unfall, dh um ca 1.30 Uhr, so verlassen wurde. Wer die Leitschiene so verbogen hat, dass sie sich dann in der vom Zeugen S angezeigten Position befand - das Foto in der Anzeigenbeilage war diesbezüglich nicht aussagekräftig, weil es, wie sich nachher herausstellte, in einer mit dem Unfall nicht zusammenhängenden Position aufgenommen worden war - war nicht mehr zu klären. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass sich diese beschädigte Leitschiene unmittelbar nach dem Braugasthof befand, sodass auch nicht auszuschließen ist, dass sich Passanten an ihr versucht haben, was aber dem Bw nicht anzulasten ist.

Aus diesen Überlegungen war der Berufung im Punkt 2) im Zweifel Folge zu geben und das Verfahren einzustellen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz bzw dessen Entfall ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

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