Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-160662/14/Zo/Da

Linz, 30.11.2005

 

 

 

VwSen-160662/14/Zo/Da Linz, am 30. November 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn J K, geb. , vertreten durch Rechtsanwälte Dr. V, Dr. G vom 21.6.2005 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 1.6.2005, VerkR96-1456-2005, wegen mehrerer Übertretungen des GGBG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 14.11.2005 zu Recht erkannt:

 

I. Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit folgenden Abänderungen bestätigt:

Beim Gefahrgut UN 1263, Farbe, hat es anstatt "41 Fässer" richtig zu lauten: "81 Fässer".

 

Punkt 1 wird dahingehend abgeändert, dass er zu lauten hat:

  1. zu vergewissern, dass die vorgeschriebenen Unterlagen in der Beförderungseinheit mitgeführt werden, weil das mitgeführte Beförderungspapier nicht den Vorschriften des ADR entsprochen hat. Es fehlten im Beförderungspapier folgende nach dem ADR Absatz 5.4.1.1.1 vorgeschriebenen Angaben:

  1. die gemäß Abschnitt 3.1.2 bestimmte offizielle Benennung für die Beförderung (Absatz 5.4.1.1.1 lit.b ADR)
  2. die Anzahl und Beschreibung der Versandstücke (Absatz 5.4.1.1.1 lit.e ADR)
  3. die Gesamtmenge jedes gefährlichen Gutes mit unterschiedlicher UN Nummer, offizieller Benennung oder unterschiedlicher Verpackungsgruppe (als Volumen- bzw. als Brutto- oder Nettomasse) (Absatz 5.4.1.1.1 lit.f ADR)

 

Hinsichtlich Punkt 1 wird die angewendete Strafbestimmung auf § 27 Abs.1 Z1 GGBG richtig gestellt.

 

Hinsichtlich Punkt 2 wird die verletzte Rechtsvorschrift von § 13 Abs.1 Z2 GGBG auf § 13 Abs.1a Z2 GGBG richtig gestellt.

Alle angeführten Bestimmungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes, BGBl. I Nr. 145/1998 werden in der Fassung BGBl. I Nr. 151/2004 angewendet.

 

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den von der Erstinstanz vorgeschriebenen Verfahrenskosten in Höhe von 21,78 Euro für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 435,60 Euro zu bezahlen (das sind 20 % der verhängten Geldstrafen).

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG

zu II.: §§ 64 ff VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, dass er es als die zur selbständigen Vertretung nach außen berufene Person (§ 9 VStG) der Firma C, etabliert in C, M, in dessen Eigenschaft als Beförderer des gefährlichen Gutes:

UN 1866, Harzlösung, Klasse 3, VG III, Sondervorschrift 640 E, 92 Karton, Versandstücke, Bruttomasse 920 kg

UN 1263, Farbe, Klasse 3, VG III, Sondervorschrift 640 E, 41 Fässer, Versandstücke, Bruttomasse 13.153 kg

zu verantworten habe, dass das gefährliche Gut am 3.12.2004 um 11.05 Uhr im Gemeindegebiet Leopoldschlag, auf der Mühlviertler Straße B 310 auf Höhe Strkm. 55,250 in Fahrtrichtung Tschechien die Beförderungseinheit mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von über 3,5 t, bestehend aus dem Sattelzugfahrzeug, Kennzeichen und dem Sattelanhänger, Kennzeichen , gelenkt von Herrn M J, befördert wurde und der Beförderer es unterlassen hat, im Rahmen des § 7 Abs.1 GGBG (Sicherheitsvorsorgepflicht) sich

  1. zu vergewissern, dass die vorgeschriebenen Unterlagen in der Beförderungseinheit mitgeführt werden, weil das mitgeführte Beförderungspapier nicht den Vorschriften des ADR entsprochen hat. Es fehlten im Beförderungspapier die nach dem ADR Absatz 5.4.1.1.1 folgende Angaben:

  1. die der UN-Nummer voranzustellenden Buchstaben "UN" (Absatz 5.4.1.1.1 lit.a ADR)
  2. die gemäß Abschnitt 3.1.2 bestimmte offizielle Benennung für die Beförderung (Absatz 5.4.1.1.1 lit.b ADR)
  3. der Klassifizierungscode entsprach nicht dem Kapitel 3.2 Tabelle A Spalte 3b, weil der Klassifizierungscode im Beförderungspapier nach dem ADR 1999 angegeben war (Absatz 5.4.1.1.1 lit.c ADR)
  4. die Anzahl und Beschreibung der Versandstücke (Absatz 5.4.1.1.1 lit.e ADR)
  5. die Gesamtmenge jedes gefährlichen Gutes mit unterschiedlicher UN-Nummer, offizieller Benennung oder unterschiedlicher Verpackungsgruppe (als Volumen bzw. als Brutto- oder Nettomasse) (Absatz 5.4.1.1.1 lit.f ADR)
  6. eine Erklärung entsprechend den Vorschriften einer Sondervereinbarung (Absatz 5.4.1.1.1 lit.i ADR)

 

  1. zu vergewissern, dass die vorgeschriebenen Unterlagen in der Beförderungseinheit mitgeführt werden, weil die schriftliche Weisung (Abschnitt 5.4.3. ADR) für das beförderte Gefahrengut UN 1263 und zwar in der Sprache, die der Fahrzeuglenker, der die gefährlichen Güter übernimmt, lesen und verstehen kann, sowie in allen Sprachen der Herkunfts-, Transit- und Bestimmungsländer nicht mitgeführt wurden (Abschnitt 5.4.3 ADR und Absatz 1.4.2.2.1 lit.b ADR)
  2.  

  3. durch Sichtprüfung zu vergewissern, dass die Ladung keine offensichtlichen Mängel aufweist, weil das ADR-Gut UN 1866 der Klasse 3 auf den Versandstücken (92 Kartons) weder auf der Innen- noch auf der Außenverpackung nicht deutlich und dauerhaft mit der UN-Nummer und der dieser Nummer vorangestellten Buchstaben "UN" versehen war (Unterabschnitt 5.2.1.1 und Absatz 1.4.2.2.1 lit.c ADR)

 

Der Berufungswerber habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 13 Abs.1a Z2 (zu Punkt 1 und 2) bzw. nach § 13 Abs.1a Z3 (zu Punkt 3) GGBG begangen, weshalb über ihn gemäß § 27 Abs.1 Z1 GGBG drei Geldstrafen in Höhe von jeweils 726 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 16 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 21,78 Euro verpflichtet.

 

Die vom Beförderer eingehobene vorläufige Sicherheit in Höhe von 2.178 Euro wurde auf den Strafbetrag angerechnet.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorbringt, dass die ihm zu Punkt 2 vorgeworfene verletzte Rechtsvorschrift nicht korrekt ist. § 13 Abs.1 GGBG beschreibt die Pflichten des Absenders und nicht die des Beförderers. Er sei jedoch vertretungsbefugtes Organ des Beförderers und nicht des Absenders gewesen, sodass die angeblich verletzte Rechtsvorschrift falsch vorgeworfen worden sei. Diesbezüglich sei jedenfalls Verjährung eingetreten.

 

Zum Tatvorwurf des mangelhaften Beförderungspapiers führte der Berufungswerber aus, dass er sich grundsätzlich vor Fahrtantritt davon überzeugt, dass die vorgeschriebenen Unterlagen ordnungsgemäß in der Beförderungseinheit mitgeführt werden und insbesondere die ADR Vorschriften eingehalten werden. Im vorliegenden Fall seien die gegenständlichen Güter in Italien geladen worden und der LKW habe sich auf dem Weg durch Österreich in Richtung Tschechien befunden. Es sei ihm deshalb nicht möglich gewesen, die Beförderungspapiere und sonstigen Unterlagen auf deren Richtigkeit zu überprüfen. Grundsätzlich hätten die Fahrer die notwendige Ausbildung und auch Anweisung, die Korrektheit der Unterlagen zu überprüfen. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass die Unterlagen ordnungsgemäß mitgeführt wurden.

 

Hinsichtlich des fehlenden Unfallmerkblattes gab der Berufungswerber an, dass vor jedem Fahrtantritt die notwendigen schriftlichen Weisungen in den erforderlichen Sprachen den Lenkern übergeben werden und er sich vom Vorhandensein der Unterlagen im LKW vergewissere. Im vorliegenden Fall seien die schriftlichen Weisungen in italienischer, deutscher und tschechischer Sprache mitgeführt worden.

 

Hinsichtlich der fehlenden Aufschrift "UN 1866" auf den Kartons mit diesem Gefahrgut gab der Berufungswerber an, dass es ihm nicht möglich gewesen sei, die Ladung auf etwaige Mängel zu überprüfen, weil die Güter in Italien geladen worden sind. Auch hier sei der Lenker angehalten gewesen, die Vorschriften einzuhalten und die Ladung zu überprüfen.

 

Es komme die Ausnahmebestimmung des § 13 Abs.1a letzter Satz GGBG zur Anwendung, wonach der Beförderer auf die ihm von anderen Beteiligten zur Verfügung gestellten Informationen und Daten vertrauen darf.

 

Es sei daher die eventuell übertretene Norm nicht korrekt angeführt worden, die Vorschriften seien ordnungsgemäß eingehalten worden und ihm könne jedenfalls hinsichtlich etwaiger Mängel der Unterlagen bzw. der Ladung kein Verschulden angelastet werden. Außerdem müsse die Ausnahmebestimmung des § 13 Abs.1a letzter Satz GGBG angewendet werden. Es wurde daher beantragt, der Berufung stattzugeben und das Verfahren einzustellen. Weiters wurde die Rückzahlung der vorläufig eingehobenen Sicherheit begehrt.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Freistadt hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 14.11.2005, bei welcher der Berufungswerber gehört sowie der Meldungsleger RI B unter Ermahnung an die Wahrheitspflicht zum Sachverhalt befragt wurde.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Die Firma C, etabliert an der im Spruch angeführten Adresse, war zum Vorfallszeitpunkt Beförderer der im Spruch angeführten Gefahrgüter. Der Berufungswerber ist das zur Vertretung nach außen berufene Organ dieses Unternehmens.

 

Bei einer Kontrolle beim Grenzübergang Wullowitz wurde festgestellt, dass Herr J M das angeführte Sattelkraftfahrzeug lenkte, wobei er die bereits genannten Gefahrgüter transportierte. Hinsichtlich des Gefahrgutes UN 1263 Farbe führte der Lenker kein Unfallmerkblatt mit. Als Beförderungspapier führte der Lenker den im Akt befindlichen CMR-Frachtbrief sowie das aus zwei Seiten bestehende "Documento di Trasporto" mit. In beiden Dokumenten ist angeführt, dass der Berufungswerber Gefahrgut der Klasse 3 Ziffer 31c ADR und zwar mit der UN Nr. 1263 sowie mit der UN Nr. 1866 transportiert. Die Gesamtmasse der Gefahrgüter ist mit 14.173 kg netto angegeben. Darüber hinausgehende Informationen zu den beförderten Gefahrgütern fehlen, das betrifft die Anzahl und die Beschreibung der Versandstücke sowie die Gesamtmenge jedes gefährlichen Gutes mit unterschiedlicher UN Nummer sowie die offizielle Benennung der Gefahrgüter. Diesbezüglich ist lediglich "Merce Infiammabile" angegeben (dieser italienische Begriff bedeutet "entzündbares oder feuergefährliches Gut" - entsprechend einem Wörterbuch für italienisch). Weitere Transportdokumente hat der Fahrer nicht mitgeführt.

 

Der Zeuge hat die Ladung kontrolliert und dabei festgestellt, dass hinsichtlich der Kartons mit dem Gefahrgut UN 1866 Harzlösung weder auf den Kartons selbst noch auf der Umverpackung die Beschriftung "UN 1866" angebracht war.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den glaubwürdigen Angaben des Zeugen anlässlich der mündlichen Verhandlung und der Berufungswerber hat in Kenntnis dieser Zeugenaussage diesen Sachverhalt auch nicht mehr bestritten.

 

Hinsichtlich der Schulung, der Anweisungen und der Kontrollen der Fahrer gab der Berufungswerber bei der Verhandlung an, dass Herr Xx eine ADR Schulung absolviert hat, welche in fünfjährigen Abständen wiederholt wird. Außerdem gibt es im Betrieb jährliche Schulungen hinsichtlich der beim Gütertransport zu beachtenden Vorschriften und wenn sich die Rechtslage ändert, werden die Fahrer schriftlich darauf hingewiesen. Herr Xx war zum Zeitpunkt dieses Vorfalles ca. ein 3/4 Jahr beim Berufungswerber beschäftigt und es hat bisher keine Probleme mit ihm gegeben.

 

Das Unternehmen des Berufungswerbers führt regelmäßig Transporte vom gegenständlichen Absender mit ähnlichen Produkten durch. Wenn Fahrer Gefahrgut geladen haben, dann haben sie den Auftrag, den Berufungswerber vor der Abfahrt anzurufen und ihm mitzuteilen, ob hinsichtlich des Gefahrguttransportes alles in Ordnung ist. Wenn sie diese Weisung nicht einhalten, werden vom Unternehmen des Berufungswerbers Geldstrafen über die Fahrer verhängt. Der Berufungswerber ist sicher, dass auch Herr M vor der gegenständlichen Fahrt bei ihm angerufen hat. Bei diesem Telefonat muss ihm der Fahrer eben mitteilen, welche Güter er befördert, wie viel er geladen hat und es wird auch die Fahrtroute festgelegt. Im konkreten Fall habe ihm der Fahrzeuglenker gesagt, dass bei diesem Transport alles in Ordnung ist.

 

Der Berufungswerber räumte in der mündlichen Verhandlung auf Vorhalt des im Akt befindlichen unvollständigen Beförderungspapiers ein, dass er das Beförderungspapier bei derartigen Transporten nie zu Gesicht bekommt. Dieses wird vom Absender ausgestellt und verbleibt beim Empfänger. Der Lenker habe ihm nicht gesagt, dass das Unfallmerkblatt für das Gefahrgut Farbe fehlt. Erst im Zuge der Kontrolle habe er vom Fahrer erfahren, dass angeblich das Unfallmerkblatt in tschechischer Sprache fehlen würde und der Fahrer dieses mit dem polnischen Unfallmerkblatt verwechselt habe. Der Fahrer habe ihm gesagt, dass die Palette mit dem Gefahrgut Harzlösung gekennzeichnet gewesen sei, der Berufungswerber vermutete bei der Verhandlung, dass möglicherweise die einzelnen Kartons nicht mehr gekennzeichnet waren.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 7 Abs.1 GGBG haben die an der Beförderung gefährlicher Güter Beteiligten die nach Art und Ausmaß der vorhersehbaren Gefahren erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um Schadensfälle zu verhindern und bei Eintritt eines Schadens dessen Umfang so gering wie möglich zu halten. Sie haben jedenfalls die für sie jeweils geltenden Bestimmungen der gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften einzuhalten.

 

Gemäß § 7 Abs.2 GGBG hat der Beförderer im Rahmen des Abs.1 insbesondere die in 4., 5. und 6. Abschnitt angeführten Pflichten des Beförderers.

 

Gemäß § 13 Abs.1a GGBG hat der Beförderer im Rahmen des § 7 Abs.1

...

  1. sich zu vergewissern, dass die vorgeschriebenen Unterlagen in der Beförderungseinheit mitgeführt werden;
  2. sich durch eine Sichtprüfung zu vergewissern, dass die Fahrzeuge und die Ladung keine offensichtlichen Mängel, keine Undichtheiten oder Risse aufweisen, dass keine Ausrüstungsteile fehlen usw.;

...

dies ist gegebenenfalls anhand der Beförderungsdokumente und der Begleitpapiere durch eine Sichtprüfung des Fahrzeuges oder des Containers und gegebenenfalls der Ladung durchzuführen. Der Beförderer kann jedoch in den Fällen der Ziff. 1, 2, 5 und 6 auf die ihm von anderen Beteiligten zur Verfügung gestellten Informationen und Daten vertrauen.

 

Gemäß § 27 Abs.1 Z1 GGBG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Beförderer gefährliche Güter entgegen § 13 Abs.1a, § 23 Abs.2 oder § 24a Abs.1 befördert, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, und ist mit einer Geldstrafe von 726 Euro bis 43.603 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen.

 

Die relevanten Bestimmungen des ADR lauten wie folgt:

 

Unterabschnitt 5.2.1.1:

Sofern im ADR nichts anderes vorgeschrieben ist, ist jedes Versandstück deutlich und dauerhaft mit der UN Nummer der enthaltenen Güter, der die Buchstaben "UN" vorangestellt werden, zu versehen. Bei unverpackten Gegenständen ist die Kennzeichnung auf dem Gegenstand, seinem Schlitten oder seiner Handhabungs-, Lagerungs- oder Abschusseinrichtung anzubringen.

 

Abschnitt 5.4.0:

Bei jeder durch das ADR geregelten Beförderung von Gütern sind die in diesem Kapitel jeweils vorgeschriebenen Dokumente mitzuführen, es sei denn, in den Unterabschnitten 1.1.3.1 bis 1.1.3.5 ist eine Freistellung vorgesehen.

 

Absatz 5.4.1.1.1:

Das oder die Beförderungspapiere für jeden zur Beförderung aufgegebenen Stoff oder Gegenstand muss folgende Angaben enthalten:

  1. die UN-Nummer, der die Buchstaben "UN" vorangestellt sind;
  2. die gemäß Abschnitt 3.1.2 bestimmte offizielle Benennung für die Beförderung, sofern zutreffend ergänzt durch die technische Benennung
  3. für Stoffe und Gegenstände der Klasse 1: der in Kapitel 3.2. Tabelle A Spalte 3b angegebene Klassifizierungscode
  4. für radioaktive Stoffe der Klasse 7: siehe Absatz 5.4.1.2.5

    für Stoffe und Gegenstände der übrigen Klassen: die in Kapitel 3.2 Tabelle A Spalte 5 angegebenen Nummer der Gefahrzettelmuster. Wenn mehr als ein Gefahrzettel angegeben ist, sind die Nummern nach der ersten Nummer in Klammern anzugeben.

  5. gegebenenfalls die dem Stoff zugeordnete Verpackungsgruppe, der die Buchstaben "VP" oder die Initialen vorangestellt werden dürfen, die dem Ausdruck "Verpackungsgruppe" in den gemäß Absatz 5.4.1.4.1 verwendeten Sprachen entsprechen;
  6. die Anzahl und Beschreibung der Versandstücke
  7. die Gesamtmenge der gefährlichen Güter, für die diese Angaben gelten (als Volumen bzw. als Brutto- oder Nettomasse)
  8. den Namen und die Anschrift des Absenders
  9. den Namen und die Anschrift des Empfängers
  10. eine Erklärung entsprechend den Vorschriften einer Sondervereinbarung.

 

Unterabschnitt 5.4.3.1:

Für das Verhalten bei Unfällen oder Zwischenfällen, die sich während der Beförderung ereignen können, sind dem Fahrzeuglenker schriftliche Weisungen mitzugeben, die Angaben über jeden beförderten Stoff oder Gegenstand oder jede Gruppe Güter mit den selben Gefahren zu der der beförderte Stoff oder Gegenstand gehört, in knapper Form enthalten:

  1. die Bezeichnung des Stoffes oder Gegenstandes oder der Gruppe von Gütern, die Klasse und die UN-Nummer des Gutes oder bei einer Gruppe von Gütern die UN-Nummern der Güter, für die diese schriftlichen Weisungen bestimmt sind oder gelten;
  2. die Art der Gefahr die von diesen Gütern ausgeht, sowie die vom Fahrzeuglenker zu treffenden Maßnahmen und die von ihm zu verwendende Schutzausrüstung;
  3. die zu treffenden allgemeinen Maßnahmen, wie z.B. Warnung anderer Verkehrsteilnehmer und Passanten sowie Verständigung von Polizei und/oder Feuerwehr;
  4. die bei kleineren Leckagen oder Undichtheiten zur Verhinderung größerer Schäden zu treffenden Maßnahmen, sofern diese, ohne jemanden zu gefährden, durchgeführt werden können;
  5. die gegebenenfalls für spezielle Güter zu treffenden besonderen Maßnahmen;
  6. die erforderliche Ausrüstung für allgemeine und/oder besondere Maßnahmen, sofern zutreffend.

 

5.2. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass beim gegenständlichen Gefahrguttransport keine schriftlichen Weisungen für das Gefahrgut UN 1263, Farbe, mitgeführt wurde. Die 92 Kartons mit dem Gefahrgut UN 1866, Harzlösung, waren weder auf der Innen- noch auf der Außenverpackung mit der UN Nummer und der dieser Nummer vorangestellten Buchstaben "UN" versehen. Das mitgeführte Beförderungspapier entsprach nicht den Vorschriften des ADR, weil die in Abschnitt 3.1.2 bestimmte offizielle Benennung für die Beförderung fehlte, die Anzahl und Beschreibung der Versandstücke nicht angegeben war und die Gesamtmenge jedes gefährlichen Gutes mit unterschiedlicher UN-Nummer, offizieller Benennung oder unterschiedlicher Verpackungsgruppe fehlte.

Bezüglich des Beförderungspapiers ist anzugeben, dass dem Berufungswerber von der Erstinstanz auch vorgeworfen wurde, dass die Buchstaben "UN" gefehlt haben, der Klassifizierungscode nicht dem Kapitel 3.2 Tabelle A Spalte 3b entsprochen habe und eine Erklärung entsprechend den Vorschriften einer Sondervereinbarung gefehlt habe. Dazu ist anzuführen, dass auf dem Beförderungspapier die Buchstaben "ONU" angeführt sind und diese offenkundig in italienischer Sprache den Buchstaben "UN" entsprechen. Jedenfalls ist auf dem Beförderungspapier die Angabe der UN-Nummer eindeutig ablesbar. Bezüglich des ebenfalls bemängelten Klassifizierungscodes ist anzuführen, dass dieser nur für Gefahrgut der Klasse 1 vorgeschrieben ist. Im gegenständlichen Beförderungspapier war daher kein Klassifizierungscode erforderlich. Es ist auch nicht ersichtlich, dass bei diesem Transport eine Sondervereinbarung angewendet wurde, weshalb auch keine entsprechende Erklärung im Beförderungspapier angegeben sein musste. Unabhängig davon war das Beförderungspapier aber dennoch unvollständig weil eben die bereits oben angeführten Daten gefehlt haben. Das Beförderungspapier entsprach damit insgesamt nicht dem ADR, weshalb auch diese Verwaltungsübertretung objektiv vorliegt. Es musste allerdings der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses entsprechend angepasst werden. Diese Abänderung war auch nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist zulässig, weil die tatsächlichen Mängel des Beförderungspapiers von der Verfolgungshandlung der Erstinstanz umfasst waren.

 

Die Korrektur beim Gefahrgut UN 1263, Farbe, von 41 auf 81 Fässer war ebenfalls möglich, weil dem Vertreter des Berufungswerbers bereits mit Schreiben vom 29.3.2005 die Anzeige zur Einsicht übermittelt wurde und sich bereits aus der Anzeige ergibt, dass tatsächlich 81 Fässer geladen waren. Die Abänderungen bezüglich der verletzten Rechtsvorschriften und der angewendeten Strafnorm waren auch nach Ablauf der Verfolgungsverjährung zulässig, weil es sich dabei lediglich um die Subsumtion des vorgeworfenen Verhaltens unter bestimmte gesetzliche Bestimmungen handelt. Das dem Berufungswerber vorgeworfene Verhalten wurde aber innerhalb der Verjährungsfrist vollständig vorgehalten (siehe Aufforderung zur Rechtfertigung vom 20.4.2005).

 

Gemäß § 13 Abs.1a letzter Satz GGBG darf der Beförderer hinsichtlich der vorgeschriebenen Unterlagen auf die ihm von anderen Beteiligten zur Verfügung gestellten Informationen und Daten vertrauen. Diese Regelung ist auf Punkt 3 des Straferkenntnisses (fehlende UN-Nummer) bereits auf Grund des klaren Gesetzeswortlautes nicht anzuwenden. Hinsichtlich der schriftlichen Weisung (Punkt 2 des Straferkenntnisses) ist anzuführen, dass eine solche dem Beförderer gar nicht zur Verfügung gestellt wurde. Bezüglich des Beförderungspapiers fehlen in diesem die bereits oben angeführten Informationen. Die gegenständliche Ausnahmeregelung ist nach Ansicht des zuständigen Mitgliedes des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich so zu verstehen, dass der Beförderer sich hinsichtlich jener Daten und Informationen, welche er von anderen Beteiligten bekommt, darauf verlassen darf, dass diese Daten inhaltlich richtig sind. Wenn jedoch bestimmte gesetzlich vorgesehene Informationen oder Unterlagen zur Gänze fehlen, so kann sich der Beförderer nicht darauf berufen, dass ihm diese fehlenden Informationen "zur Verfügung gestellt" worden seien. Auch die bloße Mitteilung durch den Fahrer, dass beim gegenständlichen Transport alles in Ordnung sei, stellt keine derartige Information dar. Die Ausnahmebestimmung des § 13 Abs.1a letzter Satz GGBG ist daher im vorliegenden Fall nicht anzuwenden.

 

Der Berufungswerber hat daher die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Hinsichtlich des Verschuldens ist darauf hinzuweisen, dass es sich um Ungehorsamsdelikte handelt. Der Berufungswerber hätte dazu ein System von Kontrollen glaubhaft machen müssen, welches mit gutem Grund erwarten lässt, dass unter vorhersehbaren Verhältnissen die gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden.

Dazu hat der Berufungswerber selbst eingeräumt, dass er vom Fahrer auf das fehlende Unfallmerkblatt nicht hingewiesen wurde. Der Berufungswerber gab auch an, dass er selbst das bei derartigen Transporten verwendete Beförderungspapier nicht zu Gesicht bekommt. Es ist daher nicht nachvollziehbar, nach welchen Kriterien der Berufungswerber die inhaltliche Richtigkeit des Beförderungspapiers überprüfen will. Ein bloßer Telefonanruf des Fahrers, wonach ihm dieser mitteilt, dass beim gegenständlichen Transport alles in Ordnung ist, ist diesbezüglich mit Sicherheit zu wenig. Der Berufungswerber müsste vielmehr dafür sorgen, dass zum Zeitpunkt der Übernahme des Transportes entsprechende Kontrollen durchgeführt werden, bei welchen derartige Mängel auch tatsächlich auffallen. Im Hinblick darauf, dass beim gegenständlichen Transport die Mängel offensichtlich waren (ein Unfallmerkblatt fehlte zur Gänze, die Angabe der UN-Nummer auf den Versandstücken fehlte und das Beförderungspapier wurde dem ADR 1999 entsprechend ausgefüllt) war das vom Berufungswerber eingerichtete Kontrollsystem nicht ausreichend. Wäre das vom Berufungswerber geschilderte Kontrollsystem tatsächlich wirksam, so hätten derart offenkundige Mängel jedenfalls auffallen müssen. Dass diese tatsächlich nicht aufgefallen sind, ist nur damit erklärbar, dass entweder die Anweisungen an den Fahrer hinsichtlich der durchzuführenden Überprüfungen völlig unzureichend waren oder der Fahrer diese Überprüfungen nicht weisungsgemäß durchgeführt hat, wobei dieser Umstand durch die Kontrolle des Berufungswerbers (dem telefonischen Kontakt mit dem Fahrer) in keiner Weise aufgefallen ist.

 

Richtig ist, dass der Fahrer über die entsprechende ADR Schulung verfügte und es ist auch glaubwürdig, dass firmeninterne Schulungen durchgeführt wurden. Diese bewirken aber nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ebenfalls kein ausreichendes Kontrollsystem. Der Berufungswerber hat daher die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten, wobei ihm fahrlässiges Verhalten vorzuhalten ist.

 

5.3. Gemäß § 1 Abs.2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.

 

Bereits aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich, dass für die Strafbemessung jene Bestimmung anzuwenden ist, welche zum Zeitpunkt des Erlassens des erstinstanzlichen Straferkenntnisses gegolten hat. Änderungen der Rechtslage nach Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses sind damit irrelevant (siehe z.B. Entscheidung des VwGH vom 26.5.1997, Zl. 94/10/0075).

 

Die Strafbestimmungen des GGBG wurden mit BGBl. I Nr. 118/2005 geändert. Diese Bestimmungen traten am 28.10.2005 in Kraft. Das gegenständliche Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt wurde aber bereits am 7.6.2005 zugestellt, weshalb für die Strafbemessung § 27 GGBG i.d.F. BGBl. I Nr. 151/2004 heranzuziehen ist. Der Strafrahmen für die gegenständlichen Übertretungen beträgt daher jeweils zwischen 726 und 43.603 Euro.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die Erstinstanz hat zutreffend die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers als strafmildernd gewertet, wohingegen keine Straferschwerungsgründe vorlagen. Es wurde auch zutreffend ausgeführt, dass im Fall eines Verkehrsunfalles vollständige und richtige Angaben im Beförderungspapier und in den schriftlichen Weisungen sowie die vollständige und richtige Kennzeichnung der transportierten Gefahrgüter für die Einsatzkräfte von erheblichem Interesse sind. Auch unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers (geschätztes Nettoeinkommen 450 Euro, Sorgepflichten für zwei Kinder und kein Vermögen) ist die Verhängung der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe angemessen. Es musste die Berufung daher auch hinsichtlich der Strafhöhe abgewiesen werden.

 

Zu II.:

Hinsichtlich der Verfahrenskosten ist anzuführen, dass die Erstinstanz offenbar irrtümlich lediglich Verfahrenskosten in Höhe von 1 % der verhängten Strafe vorgeschrieben hat. Für das Berufungsverfahren sind aber auf Grund der eindeutigen Anordnung im § 64 Abs.2 VStG 20 % der verhängten Strafe als Verfahrenskosten vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Z ö b l

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum