Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160673/2/Bi/Be

Linz, 12.07.2005

 

 

 VwSen-160673/2/Bi/Be Linz, am 12. Juli 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau C P, vom 7. Juli 2005 gegen die Bescheide des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 23. Juni 2005, VerkR96-1608-2005-BB, wegen Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, und VerkR96-1608-2005 wegen Zurückweisung des Einspruchs als verspätet eingebracht, beides in Angelegenheit des Vorwurfs einer Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand insofern gewährt, als der Einspruch vom 19. Mai 2005 als rechtzeitig eingebracht gewertet wird.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 71 Abs.1 Z1 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 49 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid VerkR96-1608-2005-BB wurde der Antrag der Berufungswerberin (Bw) vom 7. Juni 2005 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß §§ 71 Abs.1 und 4 AVG iVm § 24 VStG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, die zu VerkR96-1608-2005 ergangene Strafverfügung der Erstinstanz vom 3. Mai 2005 wegen Übertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 sei durch Hinterlegung am 11. Mai 2005 zugestellt worden; die Eingabe vom 31. Mai 2005 sei als verspäteter Einspruch anzusehen. Am 3. Juni 2005 sei ihr die Verspätung zur Kenntnis gebracht und am 7. Juni 2005 Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erhoben worden. Bei Einbringung des Einspruchs am 19. Mai 2005 dürfte die Bw das Schriftstück mit der beschrifteten Seite verkehrt in das Fax eingelegt haben, sodass bei der Erstinstanz nur Leerseiten angekommen seien. Innerhalb der Rechtsmittelfrist, dh bis 25. Mai 2005, sei von ihr kein Fax bei der Erstinstanz eingelangt, wie die Protokollierung in der Kanzlei der Erstinstanz gezeigt habe. Nach der Rechtsprechung habe sich eine Partei bei der Eingabe mittels Fax zu vergewissern, ob die Übertretung erfolgreich gewesen sei. Ein Anbringen gelte nur dann als eingebracht, wenn es bei der Behörde auch eingelangt sei. Sie hätte sich daher bei der Erstinstanz durch Nachfrage vergewissern müssen, ob die Übertretung erfolgreich gewesen sei. Da sie die beschriftete Seite verkehrt in das Faxgerät eingelegt habe, liege Verschulden und kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis iSd § 71 AVG vor.

Mit dem oben genannten Bescheid VerkR96-1608-2005 wurde der Einspruch vom 31. Mai 2005 gegen die Strafverfügung der Erstinstanz vom 3. Mai 2005 als verspätet eingebracht zurückgewiesen. Dies wurde damit begründet, dass nach Hinterlegung des Schriftstückes am 11. Mai 2005 die Rechtsmittelfrist am 25. Mai 2005 abgelaufen, der Einspruch aber erst mit 31. Mai 2005, also nach deren Ablauf und damit verspätet eingebracht worden sei.

2. Gegen beide Bescheide hat die Bw fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da im zugrundeliegenden Verwaltungsstrafverfahren keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden war, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, es habe wenig Sinn, wenn es zwar zulässig sei, ein Rechtsmittel per Fax einzubringen, jedesmal nachfragen zu müssen, ob das Fax auch angekommen sei. Sie sei anlässlich einer späteren Fax-Übermittlung daraufgekommen, dass sie auch bei jener Gelegenheit die Seite mit dem Schriftbild verkehrt in das Fax-Gerät eingelegt gehabt habe, weil der Adressat sie angerufen und auf den Fehler aufmerksam gemacht hatte. Könne man eine derartige Vorgangsweise nicht auch von einer Behörde erwarten, wo doch seit geraumer Zeit die Serviceorientierung im Rahmen wirkungsorientierter Verwaltung so groß geschrieben werde? Warum weigere sich die Behörde dann, wenn sie sich auf den Standpunkt stelle, es wäre ihre Sache gewesen nachzuforschen, ob das Fax mit dem Einspruch tatsächlich angekommen sei, einen Lapsus wie das Verkehrt-Einlegen einer Seite in das Fax-Gerät offenkundig darstelle, als bloß mindergradiges Versehen zu qualifizieren?

Auch wenn bei der Erstinstanz Faxe protokolliert würden, brauche man nicht viel Fantasie, um sich vorstellen zu können, dass ein "Leerfax", also ein Fax aus unbeschriebenen Seiten, klarerweise nicht protokolliert werde. Um die Absendung des Einspruchs am 19. Mai 2005 zu belegen legt die Bw das entsprechende Sendeprotokoll bei und behält sich vor, Zeugen zu benennen. Im übrigen wird beantragt, die Zurückweisung des Einspruchs aufzuheben oder eventuell dem Antrag auf Wiedereinsetzung stattzugeben.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus ist ersichtlich, dass aufgrund einer Anzeige vom 7. April 2005 wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung auf der L 569, gemessen beim auf die Bw zugelassenen Pkw mittels Laser, nach entsprechender Lenkerauskunft an die Bw die Strafverfügung der Erstinstanz vom 3. Mai 2005 erging, die nach zwei erfolglosen Zustellversuchen mit Beginn der Abholfrist am 11. Mai 2005 beim Postamt 4210 Gallneukirchen hinterlegt wurde.

Die Bw übermittelte mit Fax am 31. Mai 2005 einen mit 19. Mai 2005 datierten Einspruch, in dem sie wegen Erstmaligkeit und Geringfügigkeit der Verfehlung die Einstellung des Strafverfahrens, andernfalls Strafherabsetzung beantragte. Dem Einspruch beigelegt war ein Sendebericht vom 19. Mai 2005, 11.06 Uhr, über die Übermittlung einer Seite an die Faxnummer der Erstinstanz, die mit der auf der Strafverfügung angegebenen übereinstimmte. Angegeben war überdies der Name: LNK-WJ SCHULE mit Fax- und Telefonnummer und der von der Bw handschriftlich ge- und unterschriebene Vermerk: "Habe am 19.5.05 Einspruch gefaxt - hat offensichtlich nicht funktioniert."

Weiters scheint im von der Erstinstanz vorgelegten Verfahrensakt ein Aktenvermerk vom 1.6.2005 auf, wonach laut Einlaufstelle einlangende Faxe in einem Buch protokolliert werden und eine Nachschau ergeben habe, dass am 19.5.2005 von der Beschuldigten kein Fax bei der Behörde eingelangt sei.

Der Bw wurde mit Schreiben der Erstinstanz vom 3. Juni 2005 zur Kenntnis gebracht, dass das am 31. Mai 2005 eingebrachte Rechtsmittel als verspätet anzusehen sei, worauf sie mit Schreiben vom 7. Juni 2005 auf das am 19. Mai 2005 eingebrachte Fax verwies, das mit der beschrifteten Seite verkehrt in das Faxgerät eingelegt worden sein dürfte und daher als Leerseite bei der BH eingelangt sein müsse, verbunden mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und der nochmaligen Übermittlung dieses Einspruchs.

Sodann ergingen die beiden angefochtenen Bescheide.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG, der gemäß § 24 VStG im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung wurde von der Bw am 7. Juni 2005 gestellt, offenbar nachdem sie beim Einlegen eines (anderen) Schriftstückes darauf aufmerksam gemacht worden war, dass sie dieses mit der beschriebenen Seite verkehrt in das Faxgerät eingelegt hatte. Sie hat daraufhin, noch bevor ihr das Schreiben der Erstinstanz vom 3. Juni 2005 zugegangen war, von sich aus Wiedereinsetzung beantragt und in der unrichtigen Einlegung des Schriftstückes ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis erblickt, wobei sie die unrichtige Bedienung des Faxgerätes als minderen Grad des Versehens interpretierte.

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist diesem Vorbringen insofern nichts entgegenzuhalten, als solche "Leerfaxe" zumindest die Faxnummer und den Namen des Absenders, hier "LNK-WJ SCHULE", enthalten - sicher nicht den Namen der Bw, sodass allein daraus weder mit dieser persönlich noch mit dem ggst Verwaltungsstrafverfahren ein Zusammenhang hergestellt werden kann - und daher im Wege eines Verbesserungsauftrages im Sinne des § 13 Abs.3 AVG iVm § 24 VStG die Absenderin des Leerfaxes persönlich zu eruieren gewesen wäre.

Dass niemand der Erstinstanz absichtlich ein Leerfax übermittelt, liegt auf der Hand, sodass es sich dabei schon nach logischen Überlegungen nur um ein Versehen handeln kann. Dass dieser Jemand ein Fax grundlos übermittelt, ist auch nicht anzunehmen. Der Bw ist in diesem Zusammenhang auch nicht zu widersprechen, wenn sie gerade in einem solchen Fall, bei dem es noch dazu um die Wahrung einer Rechtsmittelfrist geht, die viel gerühmte "Bürgerfreundlichkeit" für sich in Anspruch nimmt und von der Erstinstanz erwartet, dass sie - im Sinne einer Serviceleistung - diesem offensichtlichen Versehen nachgeht.

Das erkennende Mitglied hat probeweise bei der auf dem Fax oben angeführten Telefonnummer angerufen und herausgefunden, dass über das Sekretariat der Schule der Landesnervenklinik Wagner-Jauregg der Absender eines um 11:07 Uhr des 19. Mai 2005 von der dortigen Faxnummer abgesendeten und eine Seite umfassenden Faxes ohne weitere Schwierigkeiten eruiert werden kann. Der 19. Mai 2005 war ein Donnerstag, dh die Einlaufstelle der Erstinstanz jedenfalls besetzt. Dass dort keine Protokollierung eines Leerfaxes erfolgt ist, das selbstverständlich nicht als zum ggst Verfahren gehörig zu erkennen war, ist nachvollziehbar. Allerdings ist ein einfacher Telefonanruf zur Aufklärung dieses offensichtlichen Versehens sehr wohl zumutbar.

Dass jemand, der dazu insbesondere auch keine Anleitung (Hinweis am Faxgerät) erhalten hat, ein Schriftstück verkehrt in das Faxgerät einlegt, ist als unabwendbares Ereignis anzusehen, wenn er nicht sofort auf den Fehler aufmerksam gemacht wird, wobei tatsächlich von einem minderen Grad des Versehens auszugehen ist. Insofern ist die von der Bw dargelegte Sicht der Dinge glaubhaft und nachvollziehbar.

Aus diesem Grund war die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wobei der am 31. Mai 2005 per Fax übermittelte und mit 19. Mai 2005 datierte Einspruch als rechtzeitig gilt und von der Erstinstanz sohin ein Ermittlungsverfahren in Angelegenheit des Tatvorwurfs gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs. 3 lit.a StVO 1960 durchzuführen ist.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

WE bei falsch eingelegtem Fax ohne Verbesserungsauftrag, obwohl Absender erweisbar gewesen wäre

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