Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160692/9/Fra/He

Linz, 29.09.2005

 

 

 

VwSen-160692/9/Fra/He Linz, am 29. September 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung der Frau EU vertreten durch die Anwaltspartnerschaft Dr. KK, Dr. KL gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 30. Juni 2005, VerkR96-555-2005, betreffend Übertretung des § 99 Abs.1b iVm § 5 Abs.1 StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

 

  1. Der Berufung mit wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass der Schuldspruch wie folgt zu lauten hat: "Sie haben am 3.2.2005 um 21.00 Uhr in 4221 Steyregg auf der B 3 und der Pleschinger-Landesstraße bis 4221 Am Pfenningberg, Schulbushaltestelle, den Pkw, Kennzeichen GM-......, Personenkraftwagen M1, Honda Civic 5D, grün, entgegen der Bestimmung des § 14 Abs.8 FSG gelenkt, weil Sie einen Blutalkoholgehalt von mehr als 0,5 Promille - nämlich 0,76 Promille - zum Lenkzeitpunkt aufgewiesen haben. Sie haben dadurch die Bestimmung des § 14 Abs. 8 FSG verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie gemäß § 37a FSG eine Geldstrafe von 350 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit dieser eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen verhängt."
  2. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 10 % der neu bemessenen Strafe (35 Euro). Für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat sind keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a Z2 VStG; §§ 16 und 19 VStG.

Zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über die Berufungswerberin (Bw) wegen Übertretung des § 99 Abs.1b iVm § 5 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 700 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 240 Stunden) verhängt, weil sie den Pkw, Kennzeichen
GM-......., am 3.2.2005 um 21.00 Uhr in 4221 Steyregg auf der B 3 und Pleschinger-Landesstraße bis 4221 Am Pfenningberg, Schulbushaltestelle, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat. Der Test am geeichten Alkomaten habe einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,57 mg/l ergeben und habe die Bw zur Tatzeit unter Berücksichtigung des Nachtrunkes einen Blutalkoholgehalt von
1,00 Promille aufgewiesen.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c erster Satz VStG).

 

 

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Unstrittig steht fest, dass die Bw an der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Örtlichkeit und zur angeführten Zeit den in Rede stehenden Pkw gelenkt hat. Bei der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mittels Alkomat am 3.2.2005 um 22.48 Uhr wurde ein Messwert von 0,58 mg/l und bei der zweiten Messung am 3.2.2005 um 22.52 Uhr ein Messwert von
0,57 mg/l AAG festgestellt. Im angefochtenen Straferkenntnis wird ein Nachtrunk von zwei Achtel Rotwein berücksichtigt. Die belangte Behörde hat ein medizinisches Gutachten darüber eingeholt, welchen Alkoholgehalt die Bw unter Berücksichtigung des behaupteten Nachtrunkes von zwei Achtel Rotwein zum Lenkzeitpunkt bei einem Körpergewicht von 60 kg aufgewiesen hat, wenn man den Umstand berücksichtigt, dass die Atemluftuntersuchung um 22.52 einen Alkoholgehalt von
0,57 mg/l AAG ergeben hat. Der Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, Herr Dr. AM kam in seiner Stellungnahme vom 18. April 2005, San20-2005, zum Ergebnis, dass die Bw zur Tatzeit einen BAG von 1,01 Promille, abgerundet von 1,00 Promille aufgewiesen hat. Dieses Gutachten legte die belangte Behörde dem angefochtenen Straferkenntnis zugrunde, wobei aufgrund der Erstangaben der Bw davon ausgegangen wurde, dass diese normalen Rotwein getrunken habe. Weiters wurde davon ausgegangen, dass die Bw tatsächlich zwei Achtel Rotwein getrunken habe, und nicht wie sie im Nachhinein behauptet hatte, das Glas jeweils einen völlig anderen Füllgehalt aufgewiesen hätte.

 

Im rechtzeitig eingebrachten Rechtsmittel bringt die Bw vor, dass die Feststellung ihrer Alkoholisierung lediglich auf einer kursorischen Stellungnahme des Amtsarztes der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung beruhe. Ohne Erhebungen über die Art des Getränkes und ohne Begründung der Abbauquote von 0,1 Promille/Stunde werde seitens der belangten Behörde die Stellungnahme des Sanitätsdienstes 1 zu 1 übernommen, obwohl selbst die Stellungnahme des Sanitätsdienstes sich der Relativität der Aussage ("wird beim Rotwein von einem Grammalkoholgehalt ....... ausgegangen") bewusst ist. Die willkürlichen Feststellungen zur Alkoholisierung im "Tatzeitpunkt" seien unter Verletzung verfahrensrechtlicher Bestimmungen zustande gekommen, da sie in ihrer Stellungnahme vom 12.5.2005 unter Angabe des tatsächlichen Getränkes und unter Hinweis auf die notwendige Toleranz bei der Gläserfüllung die ergänzende sanitätsdienstliche Stellungnahme zum Beweise dafür beantragt hat, dass sie nicht alkoholisiert gefahren sei. Die Bw beantragt, der Unabhängige Verwaltungssenat möge ein Sachverständigengutachten zum Beweise dafür einholen, dass sie unter Berücksichtigung ihrer Angaben, insbesondere ihrer Stellungnahme vom 12.5.2005, nicht alkoholisiert am Straßenverkehr teilgenommen habe. Weiters beantragt die Bw, der Unabhängige Verwaltungssenat möge ihrer Berufung Folge geben, den angefochtenen Bescheid aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

 

Aufgrund des Antrages der Bw hat der Oö. Verwaltungssenat ein medizinisches Gutachten darüber eingeholt, welchen Alkoholgehalt die Bw zum Tat- bzw. Lenkzeitpunkt am 3.2.2005 um 21.00 Uhr aufgewiesen hat, wenn man davon ausgeht, dass der festgestellte Atemluftalkoholgehalt am 3.2.2005 um 22.52 Uhr 0,57 mg/l betragen und die Bw ca. zwei Achtel Rotwein als Nachtrunk konsumiert hat.

 

Frau Dr. EW kam in ihrem Gutachten vom 3. August 2005, AZ: San-234415/1-2005/Wim/Br, zum Ergebnis, dass die Bw zum Lenkzeitpunkt einen BAG von 0,76 Promille aufgewiesen hat. Dieses Gutachten lautet wie folgt: "Es wurde durch den UVS an uns das Ersuchen gestellt, ein medizinisches Gutachten darüber abzugeben, welchen Alkoholgehalt die Berufungswerberin zum Tat- bzw. Lenkzeitpunkt am 3.2.2005 um 21.00 Uhr aufgewiesen hat, wenn man davon ausgeht, dass der festgestellte Atemalkoholgehalt am 3.2.2005 um 22.52 Uhr 0,57 mg/l AAG betragen hat und sie zwei Achtel Rotwein als Nachtrunk konsumiert hat. Aus den Aktenunterlagen wurde weiters entnommen, dass Obgenannte ein Körpergewicht von 60 kg habe (siehe Stellungnahme der I. Instanz) bzw. dass Obgenannte zwischen 21.00 Uhr und 21.30 Uhr den Nachtrunk konsumiert habe. Grundsätzlich handelt es sich bei einem Nachtrunk um einen Alkoholkonsum nach einem rechtserheblichen Ereignis. Im vorliegenden Fall muss der durch den Nachkonsum mögliche theoretische Maximalwert vom Entnahmewert abgezogen werden und dann auf den Tatzeitpunkt rückgerechnet werden. Der Nachtrunk endete um 21.30 Uhr, sodass von einer abgeschlossenen Resorption, Alkoholaufnahme vom Magen-Darmtrakt ins Blut, ausgegangen werden kann. Die Nachtrunkmengen waren 2 Achtel Rotwein zwischen 21.00 Uhr und 21.30 Uhr. Nach der Alkoholliste von Herbich und Meinhart hat ein achtel Liter Rotwein 11,8 g Alkohol, sodass ein Viertelliter (angegebene Nachtrunkmenge) 23,6 g Alkohol beinhaltet. Die Berechnung des Blutalkoholgehaltes aus den Trinkmengen wird mittels Widmark-Formel vorgenommen:

 

Alkoholmenge in Gramm

Blutalkoholkonzentration in Promille = ---------------------------------------------------------------------

Körpergewicht in Kilogramm x Reduktionsfaktor 0,7

 

 

Es ergibt sicht somit rechnerisch folgender Wert:

 

23,6

c = ----------------- = 0,56 %

60 x 0,7

Der Atemluftalkoholgehalt um 22.52 Uhr betrug 0,57 mg/l, dies entspricht einer BAK unter Anwendung des Umrechnungsfaktors 1:2 von 1,14 %o. Es wird nunmehr den 1,14 %o die 0,56 %o des Nachtrunks abgezogen, sodass sich für ca.23.00 Uhr ein Promillegehalt von 0,58 %o ergibt. Da der Alkoholstoffwechsel streng linear mit dem gleichen stündlichen Abbaufaktor erfolgt, lässt sich auf einen Zeitpunkt rückrechnen. Je nachdem zu Gunsten Prinzip wird mit einem minimalen stündlichen Abbauwert von 0,1 %o oder einem maximalen stündlichen Abbauwert von 0,2 %o gerechnet.

Unter Anwendung des zu Gunsten Prinzips im vorliegenden Fall mit einem minimalen stündlichen Abbauwert von 0,1 %o werden für 1 Stunde 50 Minuten
0,18 %o hinzugerechnet, sodass sich ein BAG um 21.00 Uhr von 0,76 %o errechnen lässt."

Der Oö. Verwaltungssenat legt dieses Gutachten seiner Entscheidung zugrunde, zumal es schlüssig ist. Es ist sohin erwiesen, dass die Bw am 3.2.2005 um 21.00 Uhr das in Rede stehende Kraftfahrzeug an der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Örtlichkeit und zum angeführten Zeitpunkt gelenkt hat, obwohl ihr Blutalkoholgehalt mehr als 0,5 Promille, nämlich 0,76 Promille betrage hat. Damit hat die Bw nicht eine Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960 - wie dies die belangte Behörde angenommen hat - zu verantworten, sondern eine Verwaltungsübertretung nach § 14 Abs.8 FSG. Nach dieser Bestimmung darf ein Kraftfahrzeug nur in Betrieb genommen oder gelenkt werden, wenn beim Lenker der Alkoholgehalt des Blutes weniger als 0,5 g/l (0,5 Promille) oder der Alkoholgehalt der Atemluft weniger als 0,25 mg/l beträgt. Der angefochtene Schuldspruch war daher entsprechend zu ändern. Da lediglich eine Änderung der Subsumtion erfolgte, war die Vorgehensweise zulässig. Eine Änderung der Tatidentität war damit nicht verbunden.

Strafbemessung:

Gemäß § 37a FSG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern nicht auch ein Verstoß gegen § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 vorliegt, mit einer Geldstrafe von 218 Euro bis 3.633 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen, wer entgegen der Bestimmung des § 14 Abs.8 ein Kraftfahrzeug in Betrieb nimmt oder lenkt.

 

Der Oö. Verwaltungssenat ist bei der Strafbemessung davon ausgegangen, dass die Bw verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist. Dieser Umstand wird als mildernd gewertet. Erschwerende Umstände sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Weiters wurde berücksichtigt, dass die Bw ein Einkommen von ca. 1.100 Euro monatlich bezieht, vermögenslos und für zwei Kinder sorgepflichtig ist. Diese Verhältnisse wurden seitens der belangten Behörde geschätzt und von der Bw nicht relativiert.

 

Die Strafe wurde sohin unter Berücksichtigung der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Bw tat- und schuldangemessen nach den Strafbemessungskriterien des § 19 VStG festgesetzt. Der gesetzliche Strafrahmen wurde zu rund
10 % ausgeschöpft. Eine weitere Herabsetzung der Strafe war aus präventiven Gründen nicht vertretbar.

 

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. F r a g n e r

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