Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160713/15/Fra/He

Linz, 15.11.2005

 

 

 

VwSen-160713/15/Fra/He Linz, am 15. November 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn J V, 1. M , CZ P, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. H V, S, 40 L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 30. Juni 2005, VerkR96-189-2004-Br, betreffend Übertretungen der StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 8. November 2005, zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird hinsichtlich des Faktums 1 (§ 20 Abs.2 StVO 1960) stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich aufgehoben und das Verfahren eingestellt.
  2.  

    Hinsichtlich des Faktums 2 (§ 52 lit.a Z10a StVO 1960) wird die Berufung in der Schuldfrage als unbegründet abgewiesen. Der letzte Halbsatz hat wie folgt zu lauten: "indem Sie bei einer erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h eine Geschwindigkeit von ca. 140 km/h gefahren sind." Die Geldstrafe wird auf 450 Euro herabgesetzt. Für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser wird eine Ersatzfreiheitsstrafe von sieben Tagen festgesetzt.

     

    Der Ausspruch, dass die am 14.1.2004 eingehobene vorläufige Sicherheit in Höhe von 500 Euro für verfallen erklärt wird, wird aufgehoben.

     

  3. Der Berufungswerber hat zum Verfahren hinsichtlich des Faktum 1 (§ 20 Abs.2 StVO 1960) keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

Hinsichtlich des Faktums 2 (§ 52 lit.a Z10a StVO 1960) hat der Berufungswerber zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu entrichten.

Für das Verfahren erster Instanz ermäßigt sich der Kostenbeitrag auf 10 % der neu bemessenen Geldstrafe (45 Euro).

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG; §§ 16 und 19 VStG; § 45 Abs.1 Z3 VStG;
§ 37a Abs.5 VStG.

zu II.: §§ 64, 65 und 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw)

  1. wegen Übertretung des § 20 Abs.2 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 65 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 22 Stunden) und
  2. wegen Übertretung des § 52 lit.a Z10a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 585 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe acht Tage) verhängt, weil er

am 14.1.2004 um 07.56 Uhr als Lenker des Pkw´s,

  1. auf der A 7, bei Autobahnkilometer 26,000, im Gemeindegebiet von U, Fahrtrichtung F, die auf einer Autobahn zulässige Höchstgeschwindigkeit lt. der im nachfahrenden Zivilgendarmeriefahrzeug eingebauten Providaanlage um 22 km/h überschritten hat, sowie
  2. bei der Fahrt auf der A 7, bei Autobahnkilometer 26,750, im Gemeindegebiet
    von U, Fahrtrichtung F, das Vorschriftzeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung" (erlaubte Höchstgeschwindigkeit) missachtet hat, indem er bei einer erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h lt. der angeführten Providaanlage eine Geschwindigkeit von 139 km/h gefahren ist.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG jeweils ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen vorgeschrieben.

 

Weiters wurde die am 14.1.2004 eingehobenen vorläufige Sicherheit in Höhe von 500 Euro für verfallen erklärt.

 

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung.

 

Im Rechtsmittel wird vorgebracht, dass das angefochtene Straferkenntnis eine unzulässige Änderung des Tatvorwurfes insofern enthalte, also im Bescheid der Erstbehörde vom 4.2.2004 (Namhaftmachung eines Zustellbevollmächtigten) bzw. im Rechtshilfeersuchen der Erstbehörde an die Bundespolizeidirektion Linz vom 11.5.2004 als Tatort die Autobahn A 7 bei Strkm. 26,750 angeführt ist. Sofern man die genannten Schriftstücke als Verfolgungshandlungen innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 31 VStG sehen könne, so werde nunmehr mit dem angefochtenen Straferkenntnis der angeführte Tatort hinsichtlich des ersten Tatvorwurfes auf Autobahnkilometer 26,000 unzulässig umgeändert. Es handle sich hiebei somit um einen neuen Tatvorwurf, der, da er nach Ablauf der Verjährungsfrist des § 31 VStG erhoben wurde, als verjährt anzusehen sei. Auch die Anführung der Tatzeit "07.56 Uhr" sei verfehlt. Die Tatvorwürfe seien im Übrigen nicht berechtigt, da er jedenfalls die vorgeschriebenen Geschwindigkeitsbeschränkungen eingehalten habe und daher eine allfällige Geschwindigkeitsmessung nicht korrekt durchgeführt worden sein konnte. Die angeblich durchgeführte Nachfahrt des Zivilstreifenwagens über die kurze Strecke von Strkm. 26,000 bis 26,750 sei jedenfalls nicht geeignet, die eingehaltene Geschwindigkeit eines vorausfahrenden Fahrzeuges zu messen. Der Meldungsleger habe ihm auch nicht, wie er behauptet, die Videoaufzeichnungen gezeigt. Zum angegebenen Zeitpunkt haben weder widrige Wetterverhältnisse noch ein normales Verkehrsaufkommen geherrscht. Würde man jedoch von der Richtigkeit der Angaben bezüglich der Fahrgeschwindigkeit ausgehen, so sei ihm die Tat gemäß § 6 VStG nicht vorwerfbar. Im Bereich des vermeintlichen Tatortes habe er sich auf der linken Fahrspur der gegenständlichen Autobahn A 7 befunden, als er plötzlich von einem mit hoher Geschwindigkeit von hinten an ihn heranfahrendes "Zivilfahrzeug" bedrängt worden sei. Das Fahrzeug habe ihn offensichtlich dazu veranlassen wollen, diesem die Fahrspur freizumachen. Es sei ihm jedoch aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens und der am rechten Fahrstreifen befindlichen Fahrzeuge, welche einen ungenügenden Sicherheitsabstand eingehalten haben, nicht möglich gewesen, sich rechts einzuordnen und das Zivilfahrzeug passieren zu lassen. Durch ein allfälliges "Hineindrängen" seinerseits hätte er die am rechten Fahrstreifen befindlichen Verkehrsteilnehmer jedenfalls akut gefährdet. Trotz der genannten Verkehrssituation habe das Zivilfahrzeug seine Geschwindigkeit nicht reduziert und auch den erforderlichen Sicherheitsabstand zu seinem Fahrzeug nicht eingehalten, weshalb er sich veranlasst sah, seine Geschwindigkeit zu erhöhen. Zum Verfallsausspruch sei anzuführen, dass aufgrund der Rechtsprechung eine vorläufige Sicherheit nur für verfallen erklärt werden darf, sobald sich die Strafverfolgung des Beschuldigten oder der Strafvollzug als unmöglich erweise. Von einer erwiesenen Unmöglichkeit der Strafverfolgung könne im vorliegenden Fall von vornherein nicht die Rede sein. Es habe vielmehr das Verwaltungsstrafverfahren bis zur Erlassung des Straferkenntnisses geführt werden können. Der Mangel eines Rechtshilfeübereinkommens mit seinem Heimatstaat bedeutet zudem noch nicht, dass damit die Unmöglichkeit der Strafverfolgung oder Strafvollzuges erwiesen wäre. Das Gesetz stelle auf die erwiesene und nicht auf die lediglich vermutete Unmöglichkeit der Strafverfolgung bzw. des Strafvollzuges ab. Die belangte Behörde hätte im vorliegenden Fall, wenn überhaupt, lediglich die eingehobene Sicherheit von
500 Euro auf die verhängte Strafe anrechnen dürfen und insbesondere in weiterer Folge den zu zahlenden Gesamtbetrag um die einbehaltene Sicherheitsleistung reduzieren müssen. Der Bw beantragt sohin, seiner Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen. Weiters beantragt er, den Verfallsausspruch aufzuheben und die vorläufig eingehobene Sicherheit von 500 Euro wieder rückzuüberweisen.

 

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied entscheidet (§ 51c erster Satz VStG).

 

 

I.4. Aufgrund des Vorbringens des Bw hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich Beweis aufgenommen durch zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers Chefinspektor F F, Landesverkehrsabteilung Oberösterreich, durch Einholung einer gutachtlichen Beurteilung durch den Amtsachverständigen Ing. J L zu der Frage, ob von einer korrekten und gültigen Geschwindigkeitsmessung auszugehen ist, sowie durch Befragung des Bw, der persönlich zu Berufungsverhandlung erschienen ist, wobei auch eine Dolmetscherin für die tschechische Sprache beigezogen wurde.

 

Der Meldungsleger Chefinspektor F F gab bei der Berufungsverhandlung im Wesentlichen zeugenschaftlich an, sich an den Vorfall noch erinnern zu können. Er sei Fahrer des Zivilstreifenkraftfahrzeuges gewesen, wobei regnerisches Wetter geherrscht habe. Das Verkehrsaufkommen sei gering gewesen. Er sei auf der A 7 - Höhe T - in Fahrtrichtung F gefahren, und von einem Pkw A6 mit sichtlich überhöhter Geschwindigkeit überholt worden. Ca. bei Autobahnkilometer. 26,000 sei die erste Messung durchgeführt worden, wobei der Nachfahrabstand ca. 50 bis 60 Meter betragen habe. Von Kilometer 26,000 bis Kilometer 26,750 sei er in gleichbleibendem Abstand seitlich versetzt nachgefahren. Der Lenker sei auf Höhe der Tankstelle in U angehalten worden, wobei ihm die Geschwindigkeitsüberschreitung vorgehalten wurde. Es sei ihm auch die Videoaufzeichnung gezeigt worden. Ihm gegenüber habe der Lenker die Übertretung zugegeben. Er habe vom Lenker 500 Euro Sicherheitsleistung einheben wollen, wobei ihm der Lenker gesagt habe, er hätte nicht soviel Geld dabei. Es wurde sodann mit dem Lenker vereinbart, dass dieser in Tschechien Geld abhebe und wieder zurückkomme, wobei das Notebook zurückbehalten wurde. Der Lenker kam zu einem vereinbarten Zeitpunkt wieder zurück, bezahlte den Betrag von 500 Euro vorläufige Sicherheitsleistung, worauf ihm das Notebook wieder ausgehändigt wurde.

 

Über Befragen der Vertreterin des Bw führte der Meldungsleger aus, dass er vor dem Überholvorgang eine Geschwindigkeit von ca. 130 km/h eingehalten habe. Wenn er von einem Fahrzeuglenker überholt werde, müsse dieser erheblich zu schnell sein, damit er ihm nachfahre, weil ja die Messtoleranzen zu berücksichtigen seien. Die Providaanlage sei ein geeichtes Messgerät. Er sei auf dieses Gerät eingeschult und führe Messungen sei 1980 mit den verschiedensten Geräten durch. Für ihn sei es wichtig, dass die Messung korrekt ist und dass die Verwendungsbestimmungen eingehalten werden und dass niemanden Unrecht geschieht. Über Befragen des Sachverständigen führte der Meldungsleger aus, dass die Nachfahrt von Kilometer 26,000 bis Kilometer 26,750 in gleichbleibendem Abstand erfolgt sei. Die Kilometer würden von ihm nachher am Videoband kontrolliert. Der Beginn der Geschwindigkeitsbeschränkung "80 km/h" sei bei Kilometer 26,700.

 

Der Amtsachverständige für Messtechnik, Ing. L, führte gutachtlich aus, dass man grundsätzlich von einer Geschwindigkeitsmessung ausgehen könne, die in Ordnung durchgeführt wurde. Die Nachfahrstrecke zwischen der Ausfahrt T und Strkm. 26,000, bei der die Geschwindigkeitsmessung begonnen wurde, sei leicht ausreichend für eine Aufholvorgang des Beamtenfahrzeuges. Die Nachfahrstrecke von ca. 750 Meter sei geeignet, um den Tiefenabstand zum Beschuldigtenfahrzeug annähernd gleichbleibend einzuhalten. Grundsätzlich sei eine Nachfahrstrecke von 300 Meter erforderlich. Der Meldungsleger betonte, dass der Abstand zum Beschuldigtenfahrzeug annähernd gleich geblieben ist. Die Nachfahrstrecke zwischen Kilometer 26,000 bis Kilometer 26,750 sei auch geeignet, derartige Geschwindigkeiten zu fahren. Da die Geschwindigkeitsmessung mittels Nachfahren durchgeführt wurde und kein Videoband mehr zur Auswertung vorliege, müsse eine Geschwindigkeit von 10 % des Anzeigewertes abgezogen werden, welche dann vorgeworden werden könne. Bei einem Anzeigewert von 157 km/h müssen daher
16 km/h abgezogen werden, woraus ein vorwerfbarer Wert von 141 km/h resultiert. Lt. Anzeige war der gemessene Wert 157 km/h. Lt. Verwendungsrichtlinien müssen
5 % abgezogen werden, daraus resultiert die Geschwindigkeit von 149 km/h. Grundsätzlich wird vom Gerät Provida mit Videoaufzeichnung, Messgerät Multavision, die vom Beamtenfahrzeug gefahrene Geschwindigkeit am Display angezeigt. Um geringfügige Abstandsänderungen zu kompensieren, sei eine Nachfahrstrecke von mindestens 300 Meter erforderlich. Was den eingehaltenen Abstand betrifft, gebe es grundsätzlich keine Vorschriften. Sollte der Sicherheitsabstand des Beamtenfahrzeuges zum vorausfahrenden Fahrzeug ausreichend sein, müssen die Konturen des vorausfahrenden Fahrzeuges eindeutig erkennbar sein.

 

Unter Zugrundelegung dieses Beweisergebnisses geht der Oö. Verwaltungssenat davon aus, dass es zu einer verlässlichen Feststellung der vom Bw eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit gekommen ist, und dass dem Bw hinsichtlich des Faktums 2 eine Geschwindigkeit von ca. 140 km/h vorzuwerfen ist. Der Oö. Verwaltungssenat findet keine Gründe, welche am Wahrheitsgehalt der Angaben des Meldungslegers betreffend seine Angaben zur Nachfahrstrecke, zum eingehaltenen Abstand zum Beschuldigtenfahrzeug sowie zur Messung Anlass zu Zweifeln geben. Es handelt sich beim Meldungsleger um einen Polizeibeamten, der bereits ein Vierteljahrhundert Messungen durchführt und der Oö. Verwaltungssenat findet keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Meldungsleger den Bw wahrheitswidrig belastet. Schließlich hat der Meldungsleger den vom Bw gelenkten Pkw auch angehalten und ihm die festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung vorgehalten. Es kann nun dahingestellt bleiben, ob der Meldungsleger dem Bw das Videoband auch abgespielt hat (der Bw brachte diesbezüglich vor, dass ihm dies lediglich angeboten wurde), zumal dieser Umstand auf die Beweiskraft der Geschwindigkeitsfeststellung keinen Einfluss hat und schließlich auch zu bedenken ist, dass lt. Aussagen des Meldungslegers der Bw die Geschwindigkeitsüberschreitung zugegeben und den Betrag von 500 Euro als vorläufige Sicherheitsleistung auch beglichen hat. Auch vor dem Hintergrund der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Geschwindigkeitsschätzung mittels Nachfahren mit einem Polizeifahrzeug, wonach mehrere 100 Meter jedenfalls ausreichend sind, die von einem Fahrzeug eingehaltene Fahrgeschwindigkeit festzustellen, liegt eine beweiskräftige Feststellung der Geschwindigkeit vor. Da bei der Berufungsverhandlung das Videoband nicht mehr vorhanden war, wurden vom angezeigten Wert nicht 5 %, wie dies die Verwendungsrichtlinien vorsehen, sondern 10 % abgezogen. Da lt. Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sogar ungeeichte Tachometer ausreichen, um erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen - wie hier - verlässlich festzustellen, ist auch unter diesem Gesichtspunkt von einem beweiskräftigen Ergebnis auszugehen. Da bei der Berufungsverhandlung das Videoband nicht mehr vorhanden war, wurden vom angezeigten Wert nicht 5 %, wie dies die Verwendungsrichtlinien vorsehen, sondern 10 % abgezogen. Das Notstandsargument iSd § 6 VStG geht ins Leere, zumal der Meldungsleger als Lenker des Zivilstreifenfahrzeuges, selbst wenn man vom Anzeigewert von 157 km/h ausgeht und er einen Abstand von ca. 50 bis 60 Meter zum Vorderfahrzeug eingehalten hat, mehr als eine Sekunde Abstand eingehalten hat. Inwiefern dadurch eine unmittelbar drohende Gefahr ua für das Leben des Bw bestanden hätte, kann nicht nachvollzogen werden.

 

Die Berufung war daher hinsichtlich des Faktums 2 als unbegründet abzuweisen.

 

Strafbemessung:

Mangels konkreter Angaben des Bw hat die belangte Behörde das monatliche Einkommen auf 1.090 Euro geschätzt. Der Bw hat dieser Schätzung nicht widersprochen, weshalb auch der Oö. Verwaltungssenat dieses Einkommen der Strafbemessung zugrunde legt. Weiters wird davon ausgegangen, dass der Bw vermögenslos und für niemanden sorgepflichtig ist. Als strafmildernd fällt die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit ins Gewicht. Straferschwerende Umstände sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Dem Bw kann entgegen der Annahme der belangten Behörde nicht eine eingehaltene Geschwindigkeit von 149 km/h sondern von lediglich ca. 140 km/h nachgewiesen werden. Die Strafe war daher tat- und schuldangemessen herabzusetzen. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit wurde selbst unter Berücksichtigung sämtlicher Toleranzen - siehe oben - immer noch um rund 80 % überschritten. Der daraus resultierende Unrechtsgehalt ist beträchtlich. Dass mit der Wahl einer derartigen Geschwindigkeit die Interessen der Verkehrssicherheit nachteilig beeinträchtigt werden, muss auch einem Laien einsichtig sein. Eine weitere Herabsetzung der Strafe war sohin nicht vertretbar. Auch präventive Überlegungen sprechen dagegen.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zum Faktum 1 (§ 20 Abs.2 StVO 1960):

Hinsichtlich dieses Faktums trifft das Verjährungsargument zu. Lt. Anzeige wurde die Geschwindigkeitsüberschreitung bei Kilometer 26,000 begangen. Der Bescheid vom 4. Februar 2004 bezieht sich auf den Autobahnkilometer 26,750. Lt. Rechtshilfeersuchen vom 11. Mai 2004 an die Bundespolizeidirektion Linz wurde die Geschwindigkeitsüberschreitung entgegen der oa Anzeige bei Kilometer 26,750 begangen. Eine weitere Verfolgungshandlung ergibt sich durch die Akteneinsichtnahme vom 4. Juni 2004. Im weiteren Rechtshilfeersuchen vom 3. August 2004 wurde der Tatort korrekt umschrieben. Dieses Rechtshilfeersuchen erging jedoch bereits außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z1 VStG ist der Spruch eines Straferkenntnisses so hinreichend zu konkretisieren, dass über den Inhalt dessen, was dem Beschuldigten zum Vorwurf gemacht wird, kein Zweifel bestehen kann. Diesen Anforderungen genügen die zit. Verfolgungshandlungen nicht, weil sie bezüglich des Tatortes widersprüchlich sind. Dem Beschuldigten jedoch die Pflicht aufzuerlegen, aus widersprüchlichen Verfolgungshandlungen interpretativ zu ermitteln, was ihm nun konkret zur Last gelegt wird, muss aus Rechtsschutzüberlegungen abgelehnt werden. Dem Berufungsantrag war daher sohin aus (formal-)rechtlichen Gründen in diesem Punkt stattzugeben. Hinsichtlich des Faktums 2 treffen jedoch diese Überlegungen nicht zu, weil diesbezüglich der Tatort immer korrekt mit "26,750" vorgeworfen wurde.

 

Der Verfallsausspruch war deshalb zu beheben, weil gemäß § 37a Abs.5 die vorläufige Sicherheit frei wird, wenn ua nicht binnen sechs Monaten gemäß § 37 Abs.5 VStG der Verfall ausgesprochen wurde. Die Sicherheitsleistung wurde am 14.1.2004 eingehoben, der Verfall wurde jedoch erst mit Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses (sohin rd. 1 1/2 Jahre später) ausgesprochen, weshalb diesbezüglich spruchgemäß zu entscheiden war.

 

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. F r a g n e r

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