Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-400266/5/Gf/Km

Linz, 20.05.1994

VwSen-400266/5/Gf/Km Linz, am 20.Mai 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde des N vertreten durch RA, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird abgewiesen und es wird festgestellt, daß die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

II. Der Beschwerdeführer ist verpflichtet, der Bundespolizeidirektion Linz Kosten in Höhe von 2.023,33 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 AVG; § 52 Abs. 4 FrG; § 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein ghanesischer Staatsangehöriger, hat am 5. September 1991 unter Umgehung der Grenzkontrolle und ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes zu sein das Bundesgebiet betreten. In der Folge wurde er von Grenzkontrollorganen festgenommen und der BH Neusiedl am See vorgeführt.

1.2. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Neusiedl am See vom 6. September 1991, Zl. XI-N-67-1991, wurde über den Beschwerdeführer erstmals die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das Polizeigefangenenhaus Wien vollzogen.

1.3. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Neusiedl am See vom 25. September 1991, Zl. XI-N-67-1991, wurde über den Beschwerdeführer ein bis zum 25. September 1996 befristetes Aufenhaltsverbot erlassen, das in der Folge in Rechtskraft erwachsen ist.

1.4. Am 24. Oktober 1991 hat der Beschwerdeführer einen Asylantrag gestellt. Hierauf wurde ihm vom Bezirkshauptmann von Baden mit Bescheid vom 20. November 1991, Zl. 11/T9119242, bescheinigt, daß er zum vorläufigen Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist und der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen. Der Asylantrag wurde schließlich mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Jänner 1994, Zl. 4323346/2-III/13/91, abgewiesen. Einer dagegen erhobenen Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 14. März 1994, Zl. AW 94/19/0204, die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

1.5. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 3. Mai 1994, Zl. Fr-85656, wurde über den Beschwerdeführer neuerlich die Schubhaft verhängt. Am 4. Mai 1994 wurde der Beschwerdeführer aufgrund dieses Schubhaftbescheides festgenommen und in der Folge in das Polizeigefangenenhaus Linz eingeliefert.

1.6. Gegen seine auf dem oben unter 1.5. angeführten Bescheid basierende Anhaltung in Schubhaft wendet sich der Beschwerdeführer mit der vorliegenden, am 16. Mai 1994 beim Oö. Verwaltungssenat eingebrachten Beschwerde.

2.1. Im oben unter 1.5. angeführten Schubhaftbescheid führt die belangte Behörde begründend aus, daß der Beschwerdeführer aufgrund eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes seit dem 10. Oktober 1991 nicht mehr zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sei.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer lediglich vor, daß ihm im Falle der Abschiebung in seinen Heimatstaat politische Verfolgung sowie unmenschliche und erniedrigende Behandlung bzw. Folter drohe und diese sohin gemäß § 37 Abs. 1 und 2 des Fremdengesetzes, BGBl.Nr. 838/1992 (im folgenden:

FrG), von vornherein unzulässig sei, weshalb sich auch seine Anhaltung in Schubhaft zum Zwecke der Abschiebung als rechtswidrig erweise. Außerdem seien im Falle seiner Enthaftung wie sich aus einer entsprechenden Verpflichtungserklärung ergebe - sowohl Unterkunft und Lebensunterhalt gesichert, sodaß keine Fluchtgefahr bestehe.

Aus diesen Gründen wird die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

2.3. Die belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.

Darin wird ausgeführt, daß dem Beschwerdeführer die vorläufige Aufenthaltsbewilligung rechtswidrigerweise bescheinigt worden sei, weil er nicht direkt aus einem Verfolgerstaat, sondern über sichere Drittländer in das Bundesgebiet eingereist sei. Außerdem müsse er nach seinen eigenen Anga ben über einen Reisepaß verfügen, den vorzulegen er sich jedoch bislang standhaft geweigert habe, weshalb auch für ihn ein Heimreisezertifikat habe beantragt werden müssen.

Aus allen diesen Gründen wird die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BPD Linz zu Zl. Fr85656; da aus diesem in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien, konnte im übrigen gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 FrG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 51 FrG hat ua. derjenige, der unter Berufung auf das FrG angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Anhaltung anzurufen.

Nach § 41 Abs. 1 FrG können Fremde in Schubhaft angehalten werden, wenn dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern.

Gemäß § 48 Abs. 2 FrG darf die Schubhaft nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

4.2. Die Auffassung der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer trotz gegenteilig lautender Bescheinigung des Bezirkshauptmannes von Baden (s.o., 1.4.) nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist, trifft im Ergebnis zu. Denn der Beschwerdeführer ist seinem eigenen Vorbringen nach nicht direkt aus jenem Land, durch das er verfolgt zu werden behauptet (Ghana), sondern über sichere Drittstaaten, nämlich Ungarn und Bulgarien, in das Bundesgebiet eingereist, sodaß die Bestimmung des § 7 Abs. 1 des Asylgesetzes 1991, BGBl.Nr. 8/1992 (früher: § 5 Abs. 1 des Asylgesetzes 1968, BGBl.Nr. 55/1955 idF BGBl.Nr. 190/1990) im vorliegenden Fall nicht zum Tragen kommt. Anderes würde nur gelten, wenn einer rechtswidrigerweise erteilten (überdies ohnehin bloß zeitlich befristeten) Bescheinigung gemäß § 7 Abs.4 AsylG 1991 (früher: § 5 Abs. 4 AsylG 1968) Bescheidcharakter zukäme, was aber nach dem Willen des Gesetzgebers nicht zutrifft (vgl. dazu die E zur RV, 270 BlgNR, 18. GP). Daher bewirkt auch die vom Verwaltungsgerichtshof seiner Beschwerde gegen den letztinstanzlich abweisenden Asylbescheid zuerkannte aufschiebenden Wirkung (vgl. oben, 1.4.) nicht, daß der Beschwerdeführer zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt wäre.

4.3. Der Beschwerdeführer bringt mit der gegenständlichen Beschwerde lediglich pauschal vor, daß ihm im Falle einer Abschiebung in seinen Heimatstaat dort "die politsche Verfolgung sowie die unmenschliche und erniedrigende Behandlung bzw. Folter im Sinne der §§ 37 Abs. 1 bzw. 2 Fremdengesetz" droht; zum Beweis für diese Behauptungen verweist er auf seine Angaben im Asylverfahren.

Dieses und auch das gesamte bisherige Vorbringen im Rahmen der zahlreichen behördlichen Verfahren ist jedoch insgesamt nicht geeignet, den Oö. Verwaltungssenat davon zu überzeugen, daß der Beschwerdeführer im Falle einer Abschiebung um eine Zurückweisung oder Zurückschiebung iSd § 37 Abs. 2 FrG geht es im vorliegenden Fall nicht - nach Ghana gemäß § 37 Abs. 1 FrG Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.

Nach seiner eigenen, mehrfach bekräftigten Aussage wurde nämlich über ihn zwar wegen Teilnahme an einem Putschversuch eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt; doch wurde diese Strafe - so der Beschwerdeführer - von einem Gericht ausgesprochen und vom Beschwerdeführer nicht einmal andeutungsweise behauptet, daß dessen Einrichtung, Zusammensetzung oder Verfahren nicht rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprochen hätte, sondern nur, daß er sich unschuldig verurteilt fühle.

Somit bildet diese Behauptung aber selbst dann, wenn man unterstellt, daß diese tatsächlich zutrifft (wogegen die besseren Argumente sprechen würden), keinen Grund dafür, anzunehmen, daß die Strafe "unmenschlich" iSd § 37 Abs. 1 FrG wäre.

4.4. Die Anhaltung des Beschwerdeführers entspricht auch dem evidenten Bedürfnis der belangten Behörde nach der Sicherung des fremdenpolizeilichen Verfahrens.

So hat sich der Beschwerdeführer nun schon über zweieinhalb Jahre unberechtigterweise an wechselnden Orten im Bundesgebiet aufgehalten, ohne sich jeweils zeitgerecht und ordnungs gemäß polizeilich zu melden. Zudem war er unmittelbar vor seiner Inschubhaftnahme im Begriff, verbotenerweise ein Beschäftigungsverhältnis mit einem Werbeunternehmen in S einzugehen. Schließlich hat er während der behördlichen Verfahren mehrmals zu erkennen gegeben, daß er keinesfalls in seinen Heimatstaat abgeschoben werden will. Die Prognose, daß sich der Beschwerdeführer im Wissen um die zu erwartenden fremdenpolizeilichen Maßnahmen gegen ihn diesen durch ein Untertauchen in der Anonymität zu entziehen versuchen wird und jene damit vereiteln oder zumindest erheblich erschweren könnte, ist daher begründet.

Daran vermag eine - den strengen Anforderungen der verwaltungsgerichtlichen Judikatur ohnehin nicht entsprechende - Verpflichtungserklärung eines Dritten, für dessen Unterkunft und Unterhalt sorgen zu wollen, jedenfalls nichts zu ändern, weil damit keineswegs sichergestellt wäre, daß die Behörde auch tatsächlich zu dem von ihr beabsichtigten Zeitpunkt auf den Beschwerdeführer zugreifen kann.

Daß und insoweit sich seine Anhaltung in Schubhaft durch die Notwendigkeit der Beantragung eines Heimreisezertifikates verlängert, hat sich der Beschwerdeführer - wenn er die Herausgabe seines Reisepasses, sollte er tatsächlich über einen solchen verfügen, verweigert - als Folge seiner dann fehlenden Bereitschaft, mit der belangten Behörde zu kooperieren, hingegen selbst zuzuschreiben.

4.5. Bei dieser Sachlage war sohin die vorliegende Beschwerde gemäß § 67c Abs. 3 AVG abzuweisen und unter einem gemäß § 52 Abs. 4 FrG festzustellen, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

5. Angesichts dieses Verfahrensergebnisses waren der belangten Behörde gemäß § 79a AVG antragsgemäß Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in Höhe von 2.023,33 S zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum