Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160747/9/Zo/An

Linz, 02.11.2005

 

 

 

VwSen-160747/9/Zo/An Linz, am 2. November 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn G D, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. R H, L, vom 4.8.2005 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 18.7.2005, VerkR96-722-2004, wegen insgesamt fünf Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 17.10.2005 zu Recht erkannt:

 

  1. Hinsichtlich der Punkte 1. 2. und 5. wird die Berufung abgewiesen und das Straferkenntnis mit folgenden Maßgaben bestätigt:
  2. Im Einleitungssatz hat das Wort: "stadteinwärts" zu entfallen.

    Anstelle von "den Fahrstreifen gewechselt" hat es zu lauten: "Den Fahrstreifen im Bereich der Kreuzung mit der Stelzerstraße gewechselt".

    Im Punkt 5. hat es anstelle von "Den Fahrstreifen gewechselt" zu lauten: "Den Fahrstreifen ca. 70 Meter nach der Kreuzung mit der Lederergasse gewechselt".

     

  3. Hinsichtlich der Punkte 3. und 4. wird der Berufung stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  4.  

  5. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 13,60 Euro, für das Berufungsverfahren hat der Berufungswerber Verfahrenskosten in Höhe von 27,20 Euro zu bezahlen (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG.

zu II.: § 66 Abs.4 iVm §§ 51 Abs.1, 51e und 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu III.: §§ 64 ff VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, dass er am 26.1.2004 um 11.58 Uhr in Linz auf der Gruberstraße stadteinwärts als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen UU-

  1. auf Höhe Stelzerstraße den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens nicht so rechtzeitig angezeigt habe, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen konnten,
  2. den Fahrstreifen gewechselt habe, ohne sich vorher zu überzeugen, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist,
  3. kurz nach der Kreuzung mit der Lederergasse verbotenerweise überholt habe, obwohl der Unterschied der Geschwindigkeit des überholenden und des eingeholten Fahrzeuges unter Bedachtnahme auf die am Tatort geltende Geschwindigkeitsbeschränkung von 50 km/h für einen kurzen Überholvorgang zu gering war,
  4. ca. 70 m nach der Kreuzung mit der Lederergasse den Wechsel des Fahrstreifens nicht so rechtzeitig angezeigt habe, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen konnten und
  5. als Lenker dieses Fahrzeuges den Fahrstreifen gewechselt habe, ohne sich vorher überzeugt zu haben, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist.

 

Der Berufungswerber habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 11 Abs.1, § 11 Abs.2 erster Satz (jeweils zwei Mal) sowie nach § 16 Abs.1 lit. b StVO 1960 begangen. Deshalb wurden über ihn Geldstrafen in Höhe von 36 Euro zu 1., 50 Euro zu 2., 100 Euro zu 3., 36 Euro zu 4., und 50 Euro zu 5. sowie entsprechende Ersatzfreiheitsstrafen verhängt. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 27,20 Euro verpflichtet.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber zusammengefasst vorbringt, dass sich die Bestrafung lediglich auf die Angaben eines privaten Anzeigers und dessen Gattin stützen würde, wobei sich diese in entsprechender Weise widersprochen hätten. Beispielsweise würden sie angeben, dass sie zunächst zehn Meter hinter dem Fahrzeug des Beschuldigten gefahren seien, während im Gegensatz dazu seine Gattin sagt, dass sie parallel neben diesem gefahren seien und dann nach außen abgedrängt worden seien. Wenn es tatsächlich so gewesen sei, hätte sie gar nicht sehen können, ob der Beschuldigte geblinkt habe. Es handelt sich daher um eine reine Vermutung, welche die Behörde nicht zu Ungunsten des Beschuldigten werten dürfe. Der Zeuge G habe weiters ausgeführt, dass der Beschuldigte ab der Lederergasse seine Geschwindigkeit auf 70 km/h erhöht habe. Seine Geschwindigkeit habe aber nur 50 km/h betragen, sodass nicht nachvollziehbar sei, wie es bei diesem Geschwindigkeitsunterschied beim Wiedereinordnen zu einer Gefährdung habe kommen können. Weiters sei unklar, ob der Beschuldigte beim Einordnen nach rechts diesen Vorgang durch Blinken angezeigt habe. Dies werde jedenfalls von allen Beteiligten für möglich gehalten.

 

Zu Punkt 1. des Straferkenntnisses führte der Berufungswerber weiters aus, dass er das Fahrzeug des Anzeigers einige Fahrzeuglängen hinter ihm wahrgenommen habe. Er selbst sei dann an den auf der rechten Seiten abgestellten Fahrzeugen vorbei gefahren, wobei er den Anzeiger gar nicht gefährden konnte, wenn dieser, wie er behauptet eine Fahrgeschwindigkeit von 50 km/h eingehalten habe, weil auch er selbst mit 50 km/h gefahren sei. Auch unter Berücksichtigung der ersten Aussage des Anzeigers, wonach dieser zehn Meter hinter ihm nachgefahren sei, sei bei Einhaltung dieser Geschwindigkeiten eine Gefährdung nicht nachvollziehbar.

 

Zu Punkt 2. des Straferkenntnisses führte der Berufungswerber aus, dass § 11 Abs.2 nur dann erfüllt sei, wenn andere Straßenbenützer durch den beabsichtigten Vorgang behindert oder gefährdet werden konnten. Da dies nach den obigen Ausführungen nicht der Fall gewesen sei, sei er auch nicht verpflichtet gewesen, den Fahrstreifenwechsel anzuzeigen.

 

Hinsichtlich Punkt 3. habe die Behörde den Sachverhalt eher undeutlich ausgedrückt, sie geht offenbar davon aus, dass die Geschwindigkeitsdifferenz der beiden Fahrzeuge nicht ausreichend gewesen wäre. Dies sei aber nicht richtig, der Anzeiger habe nach seinem Überholvorgang die Geschwindigkeit deutlich reduziert, wobei dies nicht genau angegeben werden könne. Der Berufungswerber selbst habe ihn mit einer ausreichenden Geschwindigkeitsdifferenz überholt, wobei die Behörde selbst eine solche von 70 km/h vorgehalten habe.

 

Zum 4. Punkt führte der Berufungswerber aus, dass keine Verpflichtung zur Anzeige des Fahrstreifenwechsels bestanden habe, weil auf Grund der zu diesem Zeitpunkt eingehaltenen Geschwindigkeiten keinerlei Gefahr einer Behinderung oder gar Gefährdung des Anzeigers durch seinen Fahrstreifenwechsel bestanden habe. Weiters könne keiner der Beteiligten mehr angeben, ob der Berufungswerber beim Wiedereinordnen nach dem Überholvorgang rechts geblinkt habe oder nicht. Es müsse daher zu seinen Gunsten angenommen werden, dass dies sehr wohl der Fall war.

 

Es sei zwar richtig, dass er in seiner ersten Einvernahme bei der Polizei angegeben habe, er habe nicht mehr über die Schulter geblickt, dies sei jedoch egal, weil im Gesetz nicht geregelt ist, auf welche Art sich ein Fahrzeuglenker davon überzeugen muss, dass ein Fahrstreifenwechsel gefahrlos möglich ist. Jedenfalls habe zwischen ihm und dem überholten Anzeiger eine wesentliche Geschwindigkeitsdifferenz bestanden, sodass von einer Gefährdung oder allfälligen Behinderung beim Fahrstreifenwechsel überhaupt keine Rede sein könne.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung an Ort und Stelle, an welcher der Rechtsvertreter des Berufungswerbers teilgenommen hat und die Zeugen G und I G unter Ermahnung an die Wahrheitspflicht zum Sachverhalt einvernommen wurden. Der Berufungswerber selbst hat an der Verhandlung ohne Angabe von Gründe nicht teilgenommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

Die Gruberstraße weist im gegenständlichen Bereich eine Breite von ca. 12 Meter auf. In der Mitte befindet sich eine Leitlinie, sodass für den in Richtung Untere Donaulände fahrenden Verkehr eine Breite von ca. sechs Meter zur Verfügung steht. Bis zur Kreuzung mit der Stelzerstraße wird die Gruberstraße in der Regel von zwei Fahrzeugreihen benutzt, nach der Kreuzung mit der Stelzerstraße wird der rechte Teil der Gruberstraße als Parkstreifen benutzt, und zwar bis ca. 30 Meter vor der Kreuzung mit der Lederergasse. Ab diesem Bereich besteht ein Halteverbot und es sind zwei Fahrstreifen in Fahrtrichtung Untere Donaulände mittels Bodenmarkierungen markiert. Unmittelbar nach der Kreuzung mit der Lederergasse befindet sich am rechten Fahrbahnrand eine Bushaltestelle und im Anschluss an diese Bushaltestelle beginnt wieder eine Parkreihe am rechten Fahrbahnrand. In diesem Bereich ist die Gruberstraße aber so breit, dass links neben diesem Parkstreifen genügend Platz verbleibt, dass zwei Fahrzeugreihen nebeneinander fahren können. Auch während des Lokalaugenscheines konnte festgestellt werden, dass die PKW in zwei Fahrzeugreihen auf der Gruberstraße bis zur Kreuzung mit der Stelzerstraße fahren und auf Grund des dort befindlichen Parkstreifens die Fahrzeuglenker der rechten Fahrzeugreihe auf den linken Fahrstreifen wechseln. Nach dem Ende dieser Parkreihe, kurz vor der Kreuzung mit der Lederergasse wird die Gruberstraße in Fahrtrichtung Untere Donaulände wiederum durchgehend von zwei Fahrzeugreihen befahren.

 

Der Berufungswerber lenkte zum Vorfallszeitpunkt sein Fahrzeug auf der Gruberstraße in Richtung Untere Donaulände. Seine Geschwindigkeit konnte nicht genau erhoben werden, dürfte sich aber nach seinen Angaben im Bereich der im Ortsgebiet zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h bewegt haben. Er benutzte dazu in Annäherung an die Stelzerstraße vorerst die rechte Fahrspur. Schräg hinter ihm lenkte der Zeuge G seinen PKW in die selbe Fahrtrichtung, wobei er den linken Fahrstreifen benützte und eine geringfügig höhere Geschwindigkeit einhielt als der Berufungswerber. Der Abstand zum Fahrzeug des Berufungswerbers dürfte ursprünglich ca. zehn Meter betragen haben und verringerte sich auf Grund der geringfügig höheren Geschwindigkeit des Anzeigers in Annäherung an die Stelzerstraße ständig. In Annäherung an die Kreuzung mit der Stelzerstraße lenkte der Berufungswerber sein Fahrzeug immer weiter nach links, wobei dieser Vorgang eine längere Zeit in Anspruch nahm. Der Berufungswerber hat diesen Fahrstreifenwechsel nach links nicht mit den Blinkern angezeigt. Der Anzeiger hat sich dann entschlossen, das Fahrzeug des Berufungswerbers zu überholen, um diesem den Fahrstreifenwechsel nach links zu ermöglichen. Dazu beschleunigte er sein Fahrzeug kurzfristig. Im Nachhinein räumte der Zeuge ein, dass es auch möglich gewesen wäre, sein Fahrzeug abzubremsen, möglicherweise hätte es auch gereicht, lediglich Gas wegzunehmen, um so dem Berufungswerber das Einordnen auf dem linken Fahrstreifen zu ermöglichen. Die Geschwindigkeitsdifferenz zum Fahrzeug des Berufungswerber habe maximal 5 km/h betragen, in der damaligen Situation hat er eben dahingehend reagiert, dass er den Berufungswerber unter Befahren des Fahrstreifens für den Gegenverkehr überholt hat.

 

Der Anzeiger konnte diesen Überholvorgang bereits 30 bis 50 Meter vor der Kreuzung mit der Lederergasse abschließen und wieder auf den rechten Fahrstreifen wechseln, wobei er nach dem Fahrstreifenwechsel seine Geschwindigkeit durch Wegnehmen von Gas wieder reduzierte. Unmittelbar nach der Kreuzung mit der Lederergasse überholte der Berufungswerber den Anzeiger auf dem linken Fahrstreifen. Die dabei von den beiden Fahrzeugen eingehaltenen Geschwindigkeiten können nicht mehr exakt festgestellt werden, der Anzeiger führt seine Geschwindigkeit mit ca. 50 km/h an, sie könnte aber auch nur etwa 40 km/h betragen haben. Der Berufungswerber hingegen behauptet, den Überholvorgang mit annähernd 70 km/h durchgeführt zu haben. Der Berufungswerber lenkte dann sein Fahrzeug, unmittelbar nachdem er sich am überholten Fahrzeug des Anzeigers vorbeibewegt hatte, vor diesem auf den rechten Fahrstreifen. Ob er bei diesem Fahrstreifenwechsel geblinkt hat, konnte nicht festgestellt werden. Diesbezüglich haben weder der Anzeiger noch seine ebenfalls als Zeugin einvernommene Gattin eine Erinnerung. Bezüglich des Abstandes zu seinem Fahrzeug bei diesem Wiedereinordnen durch den Berufungswerber führte der Anzeiger aus, dass ihn der Berufungswerber "geschnitten" und zum Abbremsen genötigt habe. Die Situation sei jedenfalls knapp gewesen. Der Berufungswerber hat zu diesem Zeitpunkt jedenfalls eine höhere Geschwindigkeit eingehalten als der Anzeiger, ob er sein Fahrzeug nach dem Wiedereinordnen abgebremst hat, konnte nicht festgestellt werden.

 

4.2. Im Rahmen der Beweiswürdigung ist festzuhalten, dass der Zeuge G den gesamten Vorfall nachvollziehbar und schlüssig schildern konnte. Er räumte auch ein, sich nicht mehr an alle Details erinnern zu können (z.B. hinsichtlich der Frage, ob der Berufungswerber nach dem Wiedereinordnen beim zweiten Überholvorgang sein Fahrzeug abgebremst hat bzw. ob er diesen Überholvorgang angezeigt hat). Der Zeuge hat also keinesfalls versucht, alle Umstände des gesamten Vorfalles zum Nachteil des Berufungswerbers zu schildern sondern hat durchaus eingeräumt, dass er sich an einzelne Details nicht mehr erinnern kann. Dies ist auch ein Hinweis darauf, dass er sich tatsächlich bemühte, den Vorfall aus seiner Erinnerung richtig wiederzugeben und den Berufungswerber nicht zu Unrecht zu beschuldigen. Die Zeugin G konnte sich an viele Details des Vorfalles nicht mehr erinnern und insgesamt nur wenig zur Klärung des Sachverhaltes beitragen. Sie konnte im Wesentlichen nur bestätigen, dass sie sich bei beiden Fahrstreifenwechseln geschreckt hat bzw. zumindest behindert gefühlt hat.

Der Berufungswerber selbst ist ohne Angabe von Gründen nicht zur Verhandlung erschienen und hat sich daher selber die Möglichkeit genommen, den Sachverhalt vor Ort persönlich zu schildern. Es konnten daher im Rahmen der Beweiswürdigung lediglich seine schriftlichen Angaben mitberücksichtigt werden. Der Umstand, dass sich die Zeugen zur Anzeige entschlossen haben, ist nur damit erklärbar, dass es sich tatsächlich um zumindest ungewöhnliche Verkehrssituationen gehandelt hat. Insgesamt konnten die Angaben des Zeugen G der Entscheidung zu Grunde gelegt werden.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 11 Abs.1 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges die Fahrtrichtung nur ändern oder den Fahrstreifen wechseln, nachdem er sich davon überzeugt hat, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist.

 

Gemäß § 11 Abs.2 1. Satz StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung oder den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens so rechtzeitig anzuzeigen, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen können.

 

5.2. Das Ermittlungsverfahren hat keine Beweise dahingehend ergeben, dass der Geschwindigkeitsunterschied beim Überholen durch den Berufungswerber zu gering gewesen sei. Es gibt hingegen mehrere Hinweise, dass dieser Überholvorgang insgesamt relativ schnell abgeschlossen wurde, was eher für einen deutlichen und ausreichenden Geschwindigkeitsunterschied spricht. Auch die Frage, ob der Berufungswerber beim Fahrstreifenwechsel nach dem Überholvorgang geblinkt hat oder nicht, konnte nicht geklärt werden. Daran konnten sich beide Zeugen nicht mehr erinnern. Es war daher in diesen beiden Punkten (Punkt 3 und 4 des Straferkenntnisses) der Berufung stattzugeben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, weil dem Berufungswerber diese Verwaltungsübertretungen nicht bewiesen werden konnten.

 

5.3. Gemäß § 2 Z5 StVO 1960 gilt als Fahrstreifen ein Teil der Fahrbahn, dessen Breite für die Fortbewegung einer Reihe mehrspuriger Fahrzeuge ausreicht.

Die Fahrbahnbreite beträgt im gegenständlichen Bereich in Fahrtrichtung Untere Donaulände 6 m, diese Breite reicht eindeutig für die Fortbewegung von zwei Reihen mehrspuriger Kraftfahrzeuge aus. Es ist zwar richtig, dass diese beiden Fahrstreifen nicht durch Bodenmarkierungen gekennzeichnet sind, darauf kommt es aber nicht an. Auch der Lokalaugenschein hat ergeben, dass die Gruberstraße in Annäherung an die Stelzerstraße von zwei Reihen mehrspuriger Kraftfahrzeuge tatsächlich benutzt wird. Es liegen daher jedenfalls zwei (wenn auch nicht gekennzeichnete) Fahrstreifen vor und der Berufungswerber hat in Annäherung an die Stelzerstraße vom rechten auf den linken Fahrstreifen gewechselt.

 

Den ersten Fahrstreifenwechsel nach links hat der Berufungswerber nicht angezeigt. Er führte diesen so knapp vor dem auf dem linken Fahrstreifen mit geringfügig höherer Geschwindigkeit fahrenden Zeugen durch, dass sich dieser zum Überholmanöver entschloss. Hätte der Zeuge den beabsichtigten Fahrstreifenwechsel rechtzeitig erkannt, so hätte es ausgereicht, sein Fahrzeug abzubremsen bzw. allenfalls sogar nur Gas wegzunehmen, um dem Berufungswerber den gefahrlosen Fahrstreifenwechsel zu ermöglichen. Jedenfalls war er aber durch das Fahrmanöver des Berufungswerbers genötigt, seine ursprünglich beabsichtigte - und der damaligen Situation durchaus angepasste - Fahrlinie oder zumindest Fahrgeschwindigkeit zu ändern. Der Berufungswerber hat sich daher nicht ausreichend überzeugt, ob er den Fahrstreifen wechseln kann, ohne dabei andere Straßenbenützer zu gefährden.

 

Entgegen dem Berufungsvorbringen ist der Wechsel eines Fahrstreifens nicht nur dann anzuzeigen, wenn ein anderer Fahrzeuglenker tatsächlich behindert wird, sondern immer dann, wenn andere Straßenbenützer sich auf diesen Fahrstreifenwechsel einstellen müssen. Nachdem der Anzeiger vom Fahrsteifenwechsel des Berufungswerbers tatsächlich betroffen war, hätte dieser jedenfalls rechtzeitig angezeigt werden müssen. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass bei rechtzeitigem Blinken durch den Berufungswerber sich der Anzeiger frühzeitig auf den beabsichtigten Fahrstreifenwechsel eingestellt hätte und sich die Verkehrssituation insgesamt problemlos gestaltet hätte.

 

Hinsichtlich des zweiten Fahrstreifenwechsels ist davon auszugehen, dass der Berufungswerber tatsächlich schneller gefahren ist als das überholte Fahrzeug des Anzeigers. Für einen gefahrlosen Fahrstreifenwechsel nach dem Überholvorgang ist aber erforderlich, dass beim Wiedereinordnen der Abstand zum überholten Fahrzeug zumindest dem Sicherheitsabstand von einer Sekunde entspricht. Dieser Abstand beträgt bei einer Geschwindigkeit von 40 km/h ca. 11 m. Hätte der Berufungswerber tatsächlich einen solchen ausreichenden Abstand eingehalten, so hätte der Anzeiger mit Sicherheit nicht davon gesprochen, dass ihn der Berufungswerber "geschnitten" habe bzw. er sich zum Abbremsen genötigt gefühlt hatte. Der Berufungswerber hat sich also auch bei diesem Fahrstreifenwechsel nicht ausreichend davon überzeugt, dass dieser ohne Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist.

 

In diesem Zusammenhang ist auf eine Entscheidung des OGH vom 28.06.1978, 8Ob103/78 hinzuweisen, wonach ein Fahrstreifenwechsel bereits dann zu unterbleiben hat, wenn die bloße Möglichkeit einer Gefährdung oder Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer gegeben ist.

 

Der Berufungswerber hat daher die ihm in den Punkten 1, 2 und 5 vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen in objektiver Hinsicht zu verantworten. Das Ermittlungsverfahren hat keine Hinweise darauf ergeben, dass ihn an diesen Übertretungen kein Verschulden treffen würde, weshalb gemäß § 5 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

 

Im angefochtenen Straferkenntnis ist der gesamte Vorfall in der zeitlichen Reihenfolge der jeweiligen Verwaltungsübertretungen aufgelistet und es ist auch die Örtlichkeit der einzelnen Übertretungen insofern klar, als diese alle auf der Gruberstraße, beginnend in etwa auf Höhe der Kreuzung mit der Stelzerstraße bis ca. 70 m nach der Kreuzung mit der Lederergasse, vorgefallen sind. Dem Berufungswerber war von Anfang an klar, um welche Vorfälle es sich handelt und er konnte sich in jeder Hinsicht verteidigen. Es bestand auch zu keinem Zeitpunkt die Gefahr, dass er wegen dieser Vorfälle ein zweites Mal verfolgt würde. Die Spruchformulierung im erstinstanzlichen Straferkenntnis war daher auch hinsichtlich der Tatorte ausreichend und die Konkretisierung in der Berufungsentscheidung diente lediglich der klareren sprachlichen Fassung.

 

5.4. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die Erstinstanz hat zutreffend die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers und das teilweise Tatsachengeständnis als strafmildernd gewertet. Weiters wurde berücksichtigt, dass keine Straferschwerungsgründe vorliegen. Im Hinblick auf die gesetzlich vorgesehene Höchststrafe von jeweils 726 Euro für jede einzelne der vom Berufungswerber verwirklichten Verwaltungsübertretungen bewegen sich die verhängten Geldstrafen ohnedies im untersten Bereich. Sie entsprechen auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers, wobei die erstinstanzliche Einschätzung (monatliches Nettoeinkommen 1.200 Euro, kein Vermögen, keine Sorgepflichten) zu Grunde gelegt wird, weil der Berufungswerber dieser nicht widersprochen hat. Die von der Erstinstanz festgesetzten Geldstrafen erscheinen ausreichend aber auch erforderlich, um den Berufungswerber in Zukunft zum genaueren Einhaltung der Verkehrsvorschriften zu bewegen. Auch generalpräventive Erwägungen sprechen gegen eine Herabsetzung der Strafen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Z ö b l

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