Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160753/7/Zo/Da

Linz, 09.11.2005

 

 

 

VwSen-160753/7/Zo/Da Linz, am 9. November 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn F P, geb. , vertreten durch Rechtsanwälte Dr. V, Dr. G, L, vom 14.7.2005 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 22.6.2005, VerkR96-242-2004, wegen Übertretungen der StVO 1960 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 18.10.2005 zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 45 Abs.1 Z1 VStG

zu II.: §§ 64 ff VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, dass er am 10.12.2003 um 17.45 Uhr in G auf der B auf Höhe Strkm den LKW mit dem t Kennzeichen in Fahrtrichtung S gelenkt habe und mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden ist, wobei er

  1. nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Gendarmeriedienststelle verständigt habe, obwohl er dem Geschädigten seinen Namen und seine Anschrift nicht nachgewiesen habe und
  2. das von ihm gelenkte Fahrzeug nicht sofort angehalten habe.

Der Berufungswerber habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 4 Abs.5 und § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 begangen, weshalb über ihn Geldstrafen in Höhe von 50 Euro zu 1. sowie 90 Euro zu 2. verhängt wurden. Weiters wurden für den Fall der Uneinbringlichkeit entsprechende Ersatzfreiheitsstrafen festgesetzt und der Berufungswerber zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages verpflichtet. Die bereits am 10.12.2003 durch Orange der öffentlichen Straßenaufsicht eingehobene vorläufige Sicherheit in Höhe von 140 Euro wurde auf die verhängten Geldstrafen angerechnet.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorbringt, dass er seinen LKW vor Fahrtantritt ordnungsgemäß beladen habe und die Ladung mit Gurten gesichert und fixiert habe. Dabei habe die Ladung nicht über die Bordwand hinausgeragt. Auch während der Fahrt sei für ihn nicht ersichtlich gewesen, dass sich die Ladung verschoben hätte. Bis zur Anhaltung durch Gendarmeriebeamte in G seien ihm keine Unregelmäßigkeiten aufgefallen und er habe während der gesamten Fahrt weder Geräusche noch sonstige Anhaltspunkte wahrgenommen, die auf ein Unfallgeschehen hingedeutet hätten. Die Fahrtstrecke weise keine Engstellen auf und er habe sich während der gesamten Fahrt auf seiner Fahrbahnhälfte befunden weshalb selbst das behauptete Hinausragen eines Heuballens über die Bordwand einen ordnungsgemäß seine Fahrbahnhälfte benützenden Gegenverkehr nicht behindern konnte. Es sei während der gesamten Fahrt weder zu einem Auslenken noch Verreißen eines im Gegenverkehr befindlichen Fahrzeuges gekommen und er hat nicht wahrgenommen, dass irgendein entgegenkommendes Fahrzeug nach dem Vorbeifahren stehen geblieben sei.

 

Das Sachverständigengutachten habe ergeben, dass er die behauptete Kollision akustisch nicht wahrnehmen konnte. Auch eine visuelle Wahrnehmungsmöglichkeit habe der Sachverständige auf Grund der Dunkelheit ausgeschlossen. Es sei für ihn nicht ersichtlich gewesen, dass die von ihm transportierte Ladung über die Bordwand seitlich hinausgeragt habe. Selbst der entgegenkommende Unfalllenker habe dieses seitliche Hinausragen auf Grund der Dunkelheit nicht wahrnehmen können. Es hätten ihm daher keinerlei objektiven Umstände zu Bewusstsein kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte. Er sei davon ausgegangen, dass es zu keinem Verkehrsunfall gekommen sei, weshalb ihm die angeblichen Verwaltungsübertretungen nicht schuldhaft zugerechnet werden können. Weiters wurde beantragt, die vorläufig eingehobene Sicherheit zurückzuzahlen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Freistadt hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 18.10.2005, bei welcher die Vertreterin des Berufungswerbers und die Erstinstanz gehört sowie das Gutachten des Sachverständigen vom 17.2.2005 verlesen und ausführlich erörtert wurde.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit den LKW mit dem t Kennzeichen auf der B aus Richtung F in Richtung S. Der LKW war mit 14 Stück Heuballen beladen. Bei der Anhaltung bei Strkm. wurde in weiterer Folge festgestellt, dass ein Heuballen in der Höhe von ca. 2,6 m ca. 50 cm über die linke Bordwand des LKW geragt hatte. Bereits vorher bei Strkm. 95,800 kam es zu einer Kollision dieses seitlich hinausragenden Heuballens mit dem linken Außenspiegel eines entgegenkommenden LKW. Dabei wurde das Gehäuse dieses Außenspiegels beschädigt und das Spiegelglas zerbrochen. Weiters wurde eine Beschädigung des Windabweisers und der Innenverkleidung der Fahrertür behauptet.

 

Der Berufungswerber behauptete, dass er die Heuballen ursprünglich ordnungsgemäß geladen hatte und das Verrutschen des einen Heuballens nicht bemerkt habe. Er habe auch die Kollision mit dem entgegenkommenden LKW nicht bemerkt.

 

Aus dem Sachverständigengutachten ergibt sich, dass der gegenständliche Verkehrsunfall weder in akustischer Form noch als Reaktion eines Stoßes wahrgenommen werden konnte. Eine Wahrnehmungsmöglichkeit bestand nur in visueller Form, wobei auch nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann, ob der Beschuldigte die Kontaktierung der beiden Fahrzeuge tatsächlich gesehen hat.

 

Der Sachverständige führte weiters aus, dass der Heuballen in einer Höhe von 2,6 m über die Bordwand geragt hatte, was der Höhe des Außenspiegels des entgegenkommenden LKW entspricht. Ob auch eine Beschädigung des Windabweisers durch diese Kollision möglich ist, konnte der Sachverständige nicht bestätigen. Die behauptete Beschädigung der Innenverkleidung der Fahrertür ist nach Angaben des Sachverständigen durch die Kollision mit dem seitlich herausragenden Heuballen nicht vorstellbar.

 

Der Sachverständige führte aus, dass der Berufungswerber auf Grund des seitlich herausragenden Heuballens zu einer erhöhten Aufmerksamkeit verpflichtet gewesen wäre. Er hätte daher bei dem mit einem relativ geringen seitlichen Abstand an ihm vorbeifahrenden LKW mit einer Kollision rechnen müssen und sich deshalb im Rückspiegel vergewissern müssen, ob es tatsächlich zu einer Kollision gekommen ist. Dazu führte der Sachverständige über Befragen aus, dass das Herausragen des Heuballens um ca. 1/2 m für den Berufungswerber bei Dunkelheit im Rückspiegel dann erkennbar gewesen ist, wenn der Berufungswerber Gegenverkehr hatte oder ein Fahrzeug hinter ihm nachgefahren ist. Auf Grund der Beleuchtung dieser Fahrzeuge hätte er das Herausragen der Ladung bemerken müssen. Auch der Sachverständige konnte aber die Behauptung des Berufungswerbers nicht widerlegen, dass der Heuballen erst während der Fahrt verrutscht ist. Er räumte auch ein, dass es möglich ist, dass der Heuballen auf der weiteren Fahrtstrecke zwischen Verkehrsunfall und Anhaltung durch die Gendarmerie noch weiter seitlich verrutscht ist.

 

Die Frage, zu welchem Zeitpunkt der Heuballen tatsächlich verrutscht ist und ob dieser verrutschte Heuballen durch entgegenkommende oder nachfahrende Fahrzeuge bereits vor dem Verkehrsunfall tatsächlich beleuchtet wurde, konnte nicht geklärt werden.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 4 Abs.1 StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht,

  1. wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten,
  2. wenn als Folge des Verkehrsunfalles Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten sind, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen,
  3. an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.

 

Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die in Abs.1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

5.2. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass der Berufungswerber den gegenständlichen Verkehrsunfall weder akustisch noch als Stoßreaktion bemerken konnte. Visuell hätte er ihn durch Beobachtung des an ihm vorbeifahrenden LKW in seinem Außenspiegel sehen können. Es ist davon auszugehen, dass der Heuballen bereits zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalles ca. 1/2 Meter seitlich über die Bordwand hinausgeragt hat. Das bedeutet, dass der entgegenkommende LKW einen seitlichen Abstand von etwas weniger als 1/2 Meter eingehalten hat. Bei diesem Abstand brauchte der Berufungswerber grundsätzlich nicht mit einem Verkehrsunfall zu rechnen und war daher auch nicht verpflichtet, einen entgegenkommenden LKW im Rückspiegel besonders zu beachten.

 

Diese Frage wäre nur dann anders zu beurteilen, wenn dem Berufungswerber zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalles bereits bekannt sein musste, dass sein Heuballen ca. 1/2 Meter über die Ladung hinausragt. In diesem Fall hätte er mit einer Kontaktierung rechnen müssen und daher den an ihm vorbeifahrenden LKW genau beachten müssen. Die Ausführungen des Sachverständigen, dass der Berufungswerber das Verrutschen des Heuballens auf Grund der Beleuchtung entgegenkommender oder nachfahrender Fahrzeuge erkennen konnte, sind durchaus nachvollziehbar. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass nicht bekannt ist, zu welchem Zeitpunkt der Ballen tatsächlich verrutscht ist. Es ist durchaus denkbar, dass dies erst relativ kurz vor dem Verkehrsunfall passiert ist und in der Zeit zwischen Verrutschen des Heuballens und dem Verkehrsunfall weder entgegenkommende noch nachfahrende Fahrzeuge den herausragenden Heuballen beleuchtet haben. Dies insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich bei der B im Bereich zwischen F und S um eine eher verkehrsarme Straße handelt. Es kann daher nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit erwiesen werden, dass der Berufungswerber den Umstand des seitlich herausragenden Heuballens tatsächlich wusste oder zumindest bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit wahrnehmen müsste. Wenn dies aber nicht der Fall war, so war er auch nicht verpflichtet, einen mit einem Seitenabstand von etwas weniger als 1/2 Meter an ihm vorbeifahrenden LKW besonders zu beachten. Er musste deshalb den gegenständlichen Verkehrsunfall nicht unbedingt wahrnehmen, weshalb nicht bewiesen werden kann, dass den Berufungswerber an den gegenständlichen Verwaltungsübertretungen ein Verschulden trifft. Seiner Berufung war daher stattzugeben.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen. Bezüglich der Rückzahlung der vorläufigen Sicherheit wird der Berufungswerber an die Erstinstanz verwiesen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Z ö b l

 

 

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