Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160754/10/Ki/Jo

Linz, 04.10.2005

 

 

 

VwSen-160754/10/Ki/Jo Linz, am 4. Oktober 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Dr. H S, G, K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A R, V, P, vom 01.07.2005 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21.06.2005, VerkR96-3757-2005, wegen einer Übertretung der StVO 1960 nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 29.09.2005 zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die verhängte Geldstrafe auf 70 Euro bzw. die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II. Der Kostenbeitrag des Berufungswerbers zu den Verfahrenskosten für die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck wird auf 7 Euro herabgesetzt. Für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu entrichten.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG.

zu II: § 64 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat den Berufungswerber mit Straferkenntnis vom 21.06.2005, VerkR96-3757-2005, für schuldig befunden, er habe am 27.12.2004 gegen 19.30 Uhr den Pkw VB-351C in Timelkam in der Raiffeisengasse ausgeparkt und sei beim Reversieren mit dem rechten hinteren Eck seines Kraftfahrzeuges gegen die vordere Stoßstange des gegenüber der Hauszufahrt Raiffeisengasse 5 geparkten Pkws VB, welcher dabei beschädigt wurde, gestoßen. Obwohl sein Verhalten am Unfallort mit dem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang stand, habe er nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Gendarmeriedienststelle verständigt, obwohl er dem Geschädigten seinen Namen und seine Anschrift nicht nachgewiesen hat.

 

Er habe dadurch § 4 Abs.5 StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 wurde eine Geldstrafe in Höhe von 190 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 190 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

I.2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber mit Schriftsatz vom 01.07.2005 Berufung erhoben und beantragt, die zweite Instanz wolle der Berufung Folge geben und das angefochtene Straferkenntnis dahingehend abändern, dass das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten eingestellt werde.

 

Als Berufungsgründe wurden unrichtige und unzureichende Tatsachenfeststellung sowie unrichtige Beweiswürdigung, Mangelhaftigkeit des Verfahrens zufolge unvollständiger Tatsachenfeststellung und sonstiger Verfahrensmängel sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

 

Im Wesentlichen bestreitet der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung und er führt aus, dass er den gegenständlichen Unfall nicht bemerkt hätte.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung an Ort und Stelle am 29.09.2005. An dieser Verhandlung nahm der Berufungswerber im Beisein seines Rechtsvertreters teil, die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat sich entschuldigt. Als Zeugen wurden GI P G und Herr P T einvernommen.

 

I.5. Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des vormaligen Gendarmeriepostens Timelkam vom 07.01.2004 (gemeint wohl 2005) zu Grunde. Danach hat H S am 27.12.2004 um 20.16 Uhr auf der Dienststelle telefonisch Anzeige erstattet und es seien dann von der Sektorstreife "Timelkam Sektor 1" bestehend aus RI S und RI P Erhebungen durchgeführt worden.

 

Unter anderem wurde auch T P als Auskunftsperson befragt, dieser habe laut Anzeige angegeben, er hätte einen dunklen Mercedes wegfahren gesehen und dabei einen Tuscher wahrgenommen. Der Lenker habe ein paar mal reversiert, anschließend sei er rückwärts gefahren und habe angehalten, als würde er das beschädigte Fahrzeug anleuchten und schauen ob etwas beschädigt sei. Der Lenker sei nicht ausgestiegen und sei anschließend mit durchdrehenden Rädern weggefahren.

 

Weiters ist in der Anzeige ausgeführt, dass Herr Dr. S sich gerechtfertigt habe, der beschädigte Pkw sei so geparkt gewesen, dass die Front viel zu weit auf die Fahrbahn geragt hätte und er hätte dreimal reversieren müssen, um aus der Hauszufahrt herauszukommen. Beim dritten Mal habe er irgendetwas Knacksen gehört, worauf er ausgestiegen sei und sein Fahrzeug kontrolliert hätte. Da er keinen Schaden festgestellt habe, hätte er seine Fahrt fortgesetzt.

 

Letztere Angaben wurden vom Berufungswerber bereits im erstbehördlichen Verfahren und auch in der Berufungsverhandlung bestritten. Der in der Berufungsverhandlung als Zeuge einvernommene Gendarmeriebeamte P führte bei der zeugenschaftlichen Befragung dazu aus, dass er zusammen mit seinem Kollegen zunächst nach Anzeige des Schadens zum Wohnhaus des Berufungswerbers gefahren sei. Dort hätte zunächst die Gattin erklärt, Dr. S würde bereits schlafen, letztlich ist Dr. S dann doch erschienen. Sie hätten ihn befragt und Dr. S habe, nachdem er vorerst angegeben habe, er hätte den Schaden nicht bemerkt, eben erwähnt, er sei ausgestiegen bzw. hätte einen Knacks gehört. Der Gendarmeriebeamte führte weiters aus, dass er am Fahrzeug des Berufungswerbers eine entsprechende Beschädigung feststellen konnte und auch ein Teil der Kennzeichenhalterung des beschädigten Fahrzeuges am Fahrzeug des Berufungswerbers geklebt sei.

 

Der Zeuge P bestätigte bei seiner Einvernahme im Wesentlichen seine ursprünglich gemachten Aussagen, er habe sich gerade beim Eingang des Fitnessstudios befunden, welches ca. 40 Meter vom Tatort situiert sei, und er habe den Vorgang wahrnehmen können, insbesondere habe er einen "Tuscher" gehört. Der Berufungswerber sei dann mit seinem Fahrzeug rückwärts gestoßen, habe sekundenlang angehalten und sei dann Richtung Pollheimerstraße weggefahren, er habe den Eindruck gehabt, dass der Berufungswerber mit Vollgas weggefahren sei bzw. die Räder durchgedreht hätten. Er selbst hätte keine Anzeige erstattet, er habe aber den Geschädigten informiert und er sei schließlich auch von der Gendarmerie befragt worden.

 

Der Berufungswerber erklärte auch im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung, dass er nichts gehört und auch zunächst keine Beschädigung festgestellt hätte. Natürlich habe er die Beschädigung akzeptiert und seine Versicherung habe mittlerweile die Sache erledigt. Zum Vorfallszeitpunkt sei das Autoradio eingeschaltet gewesen, dieses schalte sich automatisch bei Einschalten der Zündung ein. Er habe eine CD mit arabischer Musik eingelegt gehabt, die etwas lauter gewesen sei.

 

Beim Fahrzeug des Berufungswerbers handelt es sich um einen 2 t schweren Mercedes, welcher laut Bestätigung der Firma P Automobilvertriebs GmbH über ein ASR-System verfügt, wodurch das Durchdrehen der Räder nicht möglich ist.

 

I.6. In freier Beweiswürdigung gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Auffassung, dass den Aussagen der Zeugen Glauben geschenkt werden kann. Einerseits ist zu berücksichtigen, dass diese unter Wahrheitspflicht standen und eine falsche Aussage für sie strafrechtliche Konsequenzen hätte, andererseits sind deren Aussagen durchaus schlüssig. Allfällige Widersprüche, wie im erstinstanzlichen Verfahren und auch in der Berufung behauptet wurden, des Zeugen P würden nicht schaden, offensichtlich hat der Zeuge seine subjektive Wahrnehmung wiedergegeben. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass er einerseits ein entsprechendes Anstoßgeräusch gehört hat und andererseits er eben wahrgenommen hat, wie der Berufungswerber zunächst zurückgestoßen ist, er dann einige Sekunden verweilt hat und letztlich Richtung Pollheimerstraße weggefahren ist. Ob dies tatsächlich mit Vollgas und durchdrehenden Rädern geschehen ist, sei dahingestellt.

 

Der Widerspruch zwischen den Angaben des Berufungswerbers, er hätte niemals angegeben, ausgestiegen zu sein bzw. er hätte einen Knacks gehört und den Angaben des Gendarmeriebeamten in der Anzeige, kann ebenfalls dahingehend gedeutet werden, dass sich der Berufungswerber offensichtlich aus subjektivem Empfinden zunächst entsprechend rechtfertigen wollte. Tatsächlich geht der Unabhängige Verwaltungssenat nicht davon aus, dass Herr Dr. S ausgestiegen ist.

 

Dass sich der Verkehrsunfall ereignet hat bzw. am Fahrzeug des Unfallgegners und auch am Fahrzeug des Berufungswerbers eine entsprechende Beschädigung entstanden ist, wurde nicht bestritten, ebenso gilt als erwiesen, dass Dr. S nicht die nächste Gendarmeriedienststelle verständigt hat.

 

I.7. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer in anderer als der in Abs.2 lit.a bezeichneten Weise gegen die Bestimmungen des § 4 verstößt, insbesondere die Herbeiholung einer Hilfe nicht ermöglicht, den bei einem Verkehrsunfall entstandenen Sachschaden nicht meldet oder als Zeuge eines Verkehrsunfalls nicht Hilfe leistet.

 

Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben die im Abs.1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die in Abs.1 genannten Personen, oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihre Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

Dazu wird zunächst festgestellt, dass allfällige Verfahrensmängel im erstbehördlichen Verfahren durch das nunmehrige Berufungsverfahren als saniert angesehen werden können.

 

Zur Sache wird zunächst festgestellt, dass eine Verletzung des § 4 Abs.5 StVO 1960 nur dann festgestellt werden kann, wenn entweder der Beschuldigte den Verkehrsunfall bzw. Sachschaden bemerkt hat bzw. er diese Umstände bei einer objektiven Betrachtungsweise bemerken hätte müssen.

 

Im gegenständlichen Falle bleibt unbestritten, dass der Berufungswerber an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden ursächlich beteiligt war, wobei darauf hingewiesen wird, dass in Bezug auf die Beurteilung der Bestimmung des § 4 Abs.5 StVO 1960 die Verschuldensfrage nicht zu berücksichtigen ist. Erwiesen ist auch, dass weder ein Identitätsaustausch noch eine entsprechende Meldung an die Gendarmerie durch den Berufungswerber erfolgte.

 

Im Berufungsverfahren konnte dem Beschuldigten auch nicht widerlegt werden, dass er den Vorfall zunächst nicht bemerkt hat, es bleibt daher zu prüfen, ob er den Vorfall bei Einhaltung der nötigen Sorgfalt hätte bemerken müssen.

 

Dazu wird festgestellt, dass von einem fachlich befähigten und gesundheitlich geeigneten Kraftwagenlenker grundsätzlich die Verursachung eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden erkannt werden muss. Wenn es sich im vorliegenden Falle beim Fahrzeug des Berufungswerbers auch um ein 2 t schweres Fahrzeug mit relativ leisem Motorgeräusch gehandelt hat, so vermeint die Berufungsbehörde, dass er dennoch hätte erkennen müssen, dass er einen Verkehrsunfall verursacht hat. Ausgehend davon, dass der Zeuge das Geräusch doch ziemlich deutlich wahrgenommen hat, müsste auch im Innenraum des Fahrzeuges bei Einhaltung der nötigen Aufmerksamkeit eine entsprechende Wahrnehmung möglich gewesen sein. Der Berufungswerber selbst hat ausgeführt, das Radio sei laut eingeschaltet gewesen (CD mit arabischer Musik). Dazu wird festgestellt, dass dieser Umstand nicht tatbestandsmäßig im Zusammenhang mit der zu beurteilenden Verwaltungsübertretung ist, dass dieses Verhalten des Berufungswerbers, nämlich das Abspielenlassen der lauten Musik, doch entsprechend als Fahrlässigkeit zu werten ist. Wäre die Musik leiser gewesen, so hätte er jedenfalls nach Auffassung der Berufungsbehörde den Anstoß bemerken müssen.

 

Sohin stellt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich fest, dass Herr Dr. S den Verkehrsunfall hätte bemerken müssen und als Folge die gesetzlich gebotenen Schritte in die Wege zu leiten gewesen wären. Nachdem er dies unterlassen hat, hat er den ihm zur Last gelegten Sachverhalt sowohl aus objektiver als auch aus subjektiver Sicht verwirklicht und es ist daher der Schuldspruch zu Recht erfolgt.

 

Was die Straffestsetzung (§ 19 VStG) anbelangt (der Berufungswerber führt auch aus, die Strafe sei zu hoch), so muss zunächst darauf hingewiesen werden, dass den sogenannten Fahrerfluchtdelikten doch ein entsprechender Unrechtsgehalt beizumessen ist, zumal hiedurch eine entsprechende Aufklärung und Klaglosstellung der Geschädigten vereitelt werden kann. Aus diesem Grunde erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass aus generalpräventiven Gründen eine entsprechende Bestrafung geboten ist, um die Allgemeinheit entsprechend zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu sensibilisieren. Außerdem sind auch spezialpräventive Überlegungen dahingehend anzustellen, dass der Beschuldigte durch eine entsprechende Bestrafung vor der weiteren Begehung derartiger Verwaltungsübertretungen abgehalten werden soll.

 

Als Ausmaß der Schuld wird jedenfalls Fahrlässigkeit angenommen, die Folgen der Überschreitung sind letztlich eher unbedeutend.

 

Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kommt im vorliegenden Falle wegen einer im Akt aufscheinenden Verwaltungsübertretungsvormerkung nicht zu tragen, sonstige Milderungsgründe aber auch Erschwerungsgründe werden nicht festgestellt.

 

Die von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck in der Begründung des Straferkenntnisses angeführten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden im Rahmen der Berufungsverhandlung vom Berufungswerber bestätigt.

 

In Anbetracht all der Umstände erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass zwar eine entsprechende Bestrafung geboten ist, dass aber sowohl die Geld- als auch die Ersatzfreiheitsstrafe auf das nunmehr festgelegte Ausmaß herabgesetzt werden können.

 

I.8. Zusammenfassend wird festgestellt, dass der Berufungswerber weder durch den Schuldspruch noch durch das nunmehr festgelegte Strafmaß in seinen Rechten verletzt wird, es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Kisch

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