Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-160756/2/Zo/Pe

Linz, 31.08.2005

 

 

 

VwSen-160756/2/Zo/Pe Linz, am 31. August 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufungen des Herrn L D, vertreten durch G K P L Rechtsanwälte OEG, vom 3.8.2005 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Wels vom 27.7.2005, Zl. III-S-1793/05, wegen Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie vom 5.7.2005 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Wels vom 21.6.2005, Zl. III-S-1793/05, wegen Zurückweisung eines Einspruches als verspätet zu Recht erkannt:

 

 

  1. Der Berufung vom 3.8.2005 wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid vom 27.7.2005, Zl. III-S-1793/05, aufgehoben und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt.
  2.  

  3. Der Berufung vom 5.7.2005 gegen den Bescheid vom 21.6.2005, Zl. III-S-1793/05, wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG und 71 Abs.1 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 VStG.

zu II.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 59 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Polizeidirektors von Wels vom 21.6.2005, Zl. III-S-1793/05, wurde der Einspruch des nunmehrigen Berufungswerbers gegen eine Strafverfügung der BPD Wels vom 22.2.2005, Zl. III-S-1793/05, als verspätet zurückgewiesen.

 

Mit dem weiteren Bescheid vom 27.7.2005, Zl. III-S-1793/05, wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 5.7.2005 gegen die bereits o.a. Strafverfügung abgewiesen. Weiters wurde der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen.

 

2. Dagegen richten sich die rechtzeitig eingebrachten Berufungen vom 5.7. sowie 3.8.2005. Diese begründete der Berufungswerber damit, dass die gegenständliche Strafverfügung am 25.2.2005 von einer Postbevollmächtigten übernommen worden sei. Er habe tatsächlich bereits am 4.3.2005 einen Einspruch zur Post gegeben, wobei dieses Schreiben aber offensichtlich bei der BPD Wels nicht eingelangt sei. Er habe diesen Einspruch nachweislich zur Post gegeben und zwar in der Form, dass er das an die BPD Wels adressierte und von der Post bereits abgestempelte Kuvert mit dem Einspruch am Postamt vor der Absendung noch habe kopieren lassen. Der Umstand, dass dieses Schriftstück durch einen Fehler der Post oder der Behörde nicht bei dieser eingelangt ist, sei für ihn unvorhersehbar und unabwendbar gewesen und es treffe ihn daran keinerlei Verschulden.

 

3. Der Polizeidirektor von Wels hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass die angefochtenen Bescheide aufzuheben sind, entfällt gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG die öffentliche mündliche Verhandlung.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Ein Organ der BPD Wels erstattete Anzeige gegen den Verantwortlichen der M S und L GmbH wegen einer Übertretung des KFG 1967. Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer dieses Unternehmens. Mit Strafverfügung vom 22.2.2005, Zl. III-S-1793/05, verhängte die BPD Wels wegen dieses Vorfalles eine Strafe über den nunmehrigen Berufungswerber. Diese Strafverfügung wurde am 25.2.2005 am Firmensitz des vom Berufungswerber vertretenen Unternehmens einer Postbevollmächtigten zugestellt.

 

Bei der BPD Wels langte kein Rechtsmittel gegen diese Strafverfügung ein. Mit Telefax vom 25.5.2005 wurde die gegenständliche Strafverfügung dem Berufungswerber nochmals übermittelt. Dieser gab daraufhin der Behörde mit Schreiben vom 27.5.2005 bekannt, dass er gegen die Strafverfügung in offener Frist Einspruch erstattet habe. Diesem Schreiben war ein begründeter Einspruch vom 4.3.2005 sowie die Kopie eines an die BPD Wels adressierten Kuverts, versehen mit dem Poststempel vom 4.3.2005, beigelegt.

 

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 21.6.2005, Zl. III-S-1793/05, wurde der Einspruch des Berufungswerbers als verspätet zurückgewiesen. Dies wurde damit begründet, dass es zwar durchaus möglich ist, dass der Berufungswerber seinen Einspruch tatsächlich am 4.3.2005 zur Post gegeben habe, dieser aber bei der BPD Wels nie eingelangt sei. Ein Rechtsmittel würde erst mit dem Einlangen bei der Behörde Wirksamkeit entfalten und der Verlust am Postweg gehe zu Lasten des Absenders.

 

Mit Schreiben vom 5.7.2005 stellte der Berufungswerber nunmehr einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erhob Berufung gegen den angeführten Bescheid (Zurückweisung des Einspruches als verspätet). Diesen Wiedereinsetzungsantrag begründet der Berufungswerber damit, dass er den Einspruch gegen die Strafverfügung nachweislich rechtzeitig zur Post gegeben habe und dies von der Behörde auch zugestanden würde. Der Umstand, dass das Schriftstück durch einen Fehler der Post oder der Behörde selbst nicht bei ihr eingelangt ist, sei für ihn völlig unvorhersehbar und unabwendbar und es treffe ihn daran keinerlei Verschulden. Die Behauptung der Behörde, dass der Einspruch auf dem Postweg verloren gegangen sei, sei unrichtig. Es sei davon auszugehen, dass der Einspruch bei der Behörde eingegangen und innerhalb dieser verloren gegangen sei. Die rechtzeitige Aufgabe des Einspruches sei nachgewiesen worden und die Beweislast, dass das Schriftstück nicht bei der Behörde eingelangt sei, treffe diese.

 

Mit Bescheid vom 27.7.2005, Zl. III-S-1793/05, wurde der Antrag des Berufungswerbers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Strafverfügung abgewiesen. Dies wurde damit begründet, dass eben die Einspruchsfrist versäumt wurde und es der allgemeinen Lebenserfahrung entspreche, das Schriftstücke am Postweg verloren gehen können. Es sei üblich, dass wichtige Schriftstücke eingeschrieben mit der Post versendet werden. Nachdem der Berufungswerber dies nicht getan habe, könne darin kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis erblickt werden.

 

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung bringt der Berufungswerber nochmals vor, dass er in seinem Antrag glaubhaft gemacht habe, den Einspruch rechtzeitig zur Post gegeben zu haben. Eine eingeschriebene Aufgabe sei nicht notwendig gewesen, weil dies gesetzlich nicht verlangt sei. Der Sinn einer eingeschriebenen Briefsendung bestehe darin, dass der Sender bei der Post einen Aufgabeschein erhalte, dieser könne nur das rechtzeitige Absenden nachweisen. Die "Reise" des Schriftstückes unterscheidet sich in keiner Weise von der eines nicht eingeschrieben versandten Schreibens. Auch eine eingeschriebene Briefsendung könne - wie eine gewöhnliche - auf dem Postweg verloren gehen. Darüber hinaus hat der Berufungswerber bei der Post eine Kopie des Kuverts anfertigen lassen, mit welcher er ebenfalls das Datum der Postaufgabe belegen könnte. Die nicht eingeschriebene Absendung stelle allenfalls einen minderen Grad des Versehens dar, weshalb der Wiedereinsetzungsantrag nicht hätte abgewiesen werden dürfe. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei im Hinblick auf die Zuverlässigkeit des Postverkehrs zwischen Österreich und Deutschland das Einwerfen eines Briefstückes in den Postkasten ausreichend. Der Berufungswerber musste daher keinesfalls mit dem Verlust des Schriftstückes rechnen und es handelt sich dabei um ein für ihn unabwendbares Ereignis.

 

5. Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

5.1. Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

 

Gemäß § 71 Abs.1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn

  1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft oder
  2. .......

 

5.2. Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.11.2001, Zl. 2001/08/0148, kann dann, wenn eine fristgebundene Postsendung nicht eingeschrieben aufgegeben wird, die Rechtzeitigkeit der Postaufgabe nicht nachgewiesen werden. Es fehlt damit jegliche Kontrolle darüber, ob und wann eine fristgebundene Postsendung tatsächlich aufgegeben wurde. Die Unkenntnis dieses Umstandes ist weder unvorhersehbar noch unabwendbar, weil eben die Möglichkeit bestanden hätte, einen Nachweis über die Postaufgabe zu erlangen.

 

Der Berufungswerber hat zwar im konkreten Fall seinen Einspruch ebenfalls nicht eingeschrieben zur Post gegeben, hat jedoch glaubwürdig bei der Post eine Kopie des Kuverts anfertigen lassen, aus welchem sich der Adressat und das Aufgabedatum ergeben. Es liegt daher ein glaubhaftes Beweismittel vor, dass der Berufungswerber den Einspruch tatsächlich rechtzeitig zur Post gegeben hat. Der Sachverhalt unterscheidet sich von jenem im o.a. Erkenntnis des VwGH wesentlich.

 

Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.9.2000, Zl. 99/02/0356, stellt der Verlust eines Schriftstückes auf dem Postweg ein unvorhergesehenes Ereignis dar. Im Hinblick auf die Zuverlässigkeit des Postverkehrs zwischen Deutschland und Österreich hat der Verwaltungsgerichtshof in dieser Entscheidung, den Umstand, dass der Einspruch nicht "eingeschrieben" zur Post gegeben wurde, nur als minderen Grad des Versehens gewertet.

 

Im konkreten Fall konnte der Berufungswerber tatsächlich glaubhaft machen, dass er eben am 4.3.2005 einen Einspruch gegen die Strafverfügung an die BPD Wels zur Post gegeben hat. Der Umstand, dass dieses Schriftstück nicht bei der BPD Wels (bzw. dort beim zuständigen Bearbeiter) einlangte, stellt für den Berufungswerber ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis dar. Der Umstand, dass er das Schriftstück nicht eingeschrieben zur Post gegeben hat, wobei er aber ohnedies in anderer Form einen Nachweis für die Postaufgabe erbringen konnte, stellt jedenfalls nur einen minderen Grad des Versehens dar, weshalb im Ergebnis der Wiedereinsetzungsantrag des Berufungswerbers zu Recht erfolgte. Es war daher seiner Berufung gegen den Bescheid vom 27.7.2005 stattzugeben und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Aus diesem Grund musste auch der Bescheid, mit welchem sein Einspruch als verspätet zurückgewiesen wurde, aufgehoben werden. Ein gesonderter Ausspruch über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erübrigt sich.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Z ö b l

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum