Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160760/7/Br/Gam

Linz, 13.09.2005

VwSen-160760/7/Br/Gam Linz, am 13. September 2005

DVR.0690392

ERKENNTNIS

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn D T, K, L, vertreten durch Dr. A Z, Rechtsanwalt, S, L, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, vom 12. Juli 2005, Zl.: S-41.527/04-4, wegen Übertretungen der StVO 1960, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 u. 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen Übertretungen nach § 20 Abs.1 und 23 Abs.2 StVO je eine Geldstrafe von 35 Euro und für den Nichteinbringungsfall je eine Ersatzfreiheitsstrafe von sechzehn Stunden verhängt, wobei ihm sinngemäß zur Last gelegt wurde, er habe am 21.10.2004 idZ zwischen 14.10 Uhr und 14.40 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen, gelenkt und sei

1) auf der Brennstraße, stadteinwärts fahrend und einen Teil der Hagenstraße stadtauswärts fahrend ohne zwingenden Grund so langsam gefahren, dass der übrige Verkehr behindert wurde;

2) habe er auf Höhe des Hauses Hagenstraße 16 das Fahrzeug nicht am Rande der Fahrbahn, sondern in Fahrbahnmitte aufgestellt (gemeint abgestellt).

1.1. Begründend führte die Behörde Folgendes aus:

"Der dem Spruch zugrundeliegende Sachverhalt ist durch die Anzeige einer Privatperson und aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens zweifelsfrei erwiesen. Es steht daher fest, dass Sie die im Spruch angeführten Verwaltungsübertretungen begangen haben.

Sie wurden von der Zulassungsbesitzerin als Lenker bekannt gegeben.

Die Ihnen mit Ladungsbescheid vom 7.2.2005 vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen bestritten Sie niederschriftlich zur Gänze. Sie könnten einen Zeugen, den Sie als Beifahrer gehabt hätten, angeben. Die zeugenschaftliche Einvernahme dieser Person brachte das Ergebnis, dass es am 21.10.2004 nachmittags keine besonderen Vorfälle gegeben hätte.

Unter Zeugenschaft gibt die Privatperson an, sich an den Vorfall ganz genau erinnern zu können und bezieht sich auf ihre Angaben in der Anzeige. Beim Beschuldigten handle es sich um einen südländischen Mann mit dunklen Haaren. Sie wisse ganz genau, dass sich der Beschuldigte während der angezeigten Verwaltungsübertretungen alleine im Kraftfahrzeug aufgehalten habe.

Gemäß § 20 Abs. 1 letzter Satz StVO darf der Lenker auch nicht ohne zwingenden Grund so langsam fahren, dass er den übrigen Verkehr behindert.

Gemäß § 23 Abs. 2 StVO ist außerhalb von Parkplätzen ein Fahrzeug, sofern sich aus Bodenmarkierungen oder Straßenverkehrszeichen nichts anderes ergibt, zum Halten oder Parken am Rande der Fahrbahn und parallel zum Fahrbahnrand aufzustellen.

Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu E 726,-, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 2 Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes verstößt.

Die Behörde schenkt den Angaben der Anzeigerin mehr Glauben als Ihren Angaben, weil die Anzeigerin aufgrund ihrer verfahrensrechtlichen Stellung der Wahrheitspflicht unterliegt und bei deren Verletzung mit strafrechtlichen Sanktionen rechnen muss, hingegen Sie als Beschuldigter keine Sanktionen treffen, und außerdem keine Veranlassung gesehen werden kann, dass der Anzeigerin eine Ihr unbekannte Person wahrheitswidrig habe belasten wollen.

Für die erkennende Behörde ist erwiesen, dass Sie die Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretungen in objektiver und subjektiver Hinsicht zu vertreten haben.

Bei der Bemessung der Strafe wurde das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, berücksichtigt.

Die verhängte Geldstrafe entspricht somit dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat und erscheint der Behörde notwendig, Sie in Hinkunft von der Begehung derartiger Obertretungen abzuhalten.

Es lagen keine Milderungs- oder Erschwernisgründe vor, somit die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf § 19 VStG als angemessen erscheint.

Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse waren der erkennenden Behörde nicht bekannt. Es wurde daher bei der Strafbemessung davon ausgegangen, dass Sie kein hiefür relevantes Vermögen besitzen, keine ins Gewicht fällenden Sorgepflichten haben und ein Einkommen von mindestens Euro 1.000,- netto monatlich beziehen.

Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet."

2. Diesem Schuldspruch tritt der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung mit folgenden Ausführungen entgegen:

"Sehr geehrte Damen und Herren!

Hiermit berufe ich, D T, gegen Ihre Straferkenntnis vom 12.07.2005, da ich weiterhin zu meinen Aussagen stehe, die ich bereits bei der Bundespolizeidirektion Linz, Abteilung Strafamt, getätigt habe."

Im Rahmen der mit ihm als Beschuldigter bei der Behörde erster Instanz aufgenommenen Niederschrift vom 13. Mai 2005 bestreitet der Berufungswerber "das in der Anzeige angeführte Verhalten gesetzt zu haben."

Ergänzend reichte der Berufungswerber durch dessen zwischenzeitig bevollmächtigten Rechtsvertreter einen Schriftsatz vom 25.8.2005 unter Anschluss eines HV-Protokolls eines in diesem Zusammenhang gg. den Berufungswerber eingeleiteten strafgerichtlichen Verfahrens nach. Darin ersucht der Berufungswerber um Vertagung der bereits anberaumt gewesenen Berufungsverhandlung. Darüber hinaus verweist er inhaltlich auf die seiner Ansicht nicht ausreichend nachvollziehbaren Präzisierung des Tatvorwurfes und der unzureichend präzisierten Tatzeit. Diesbezüglich verweist er auf den Inhalt des HV-Protokolls vom 9.8.2005, 17 U 603/04y und sich der daraus angeblich ergebenden Widersprüche hinsichtlich der Tatzeit.

3. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Die bereits anberaumte öffentliche mündliche Berufungsverhandlung konnte hier letztendlich angesichts der offenkundig nicht mehr ausreichend präzisierbaren Tatzeit iVm einer diesbezüglich tauglichen Verfolgungshandlung unterbleiben (§ 51e Abs.1 VStG).

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt unter Einbeziehung des vom Berufungswerber nachgereichten HV-Protokolls.

Dieses wurde der Behörde erster Instanz mit dem Hinweis auf eine hier jedenfalls nicht ausreichend vorliegende Tatzeitpräzisierung zur Kenntnis gebracht.

4. Die erste gegen den Berufungswerber gerichtete Verfolgungshandlung ist im Ladungsbescheid vom 7.2.2005 zu erblicken. Darin wurde dem Berufungswerber noch vier Übertretungspunkte mit einer Tatzeit von "14.10 Uhr bis 14.40 Uhr" und als Tatort "auf der Hagenauerstraße stadtauswärts fahrend" zur Last gelegt. Auch in der Anzeige ist dieser Zeitrahmen genannt.

Im Rahmen der Hauptverhandlung benennt die Anzeigerin A über richterliche Befragung als wahrscheinliche Tatzeit 14.00 Uhr. Diese wird auch vom Zeugen R mit "ca. 14.00 Uhr" bezeichnet.

Demnach steht fest, dass mit einer um zumindest auf 40 Minuten nicht mehr eingrenzbaren Tatzeit auf ein punktuelles Geschehen (nicht angepasste [zu langsame] Fahrgeschwindigkeit und kurzfristiges Abstellen bzw. Anhalten des Fahrzeuges nicht am Fahrbahnrand, sehr wohl Einschränkungen in den Verteidigungsrechten und Tatidentität zu erwarten sind d.h. keine taugliche Verfolgungshandlung erblickt werden kann.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Einen Verstoß gegen das Konkretisierungsgebot des § 44 a Z1 VStG muss hier alleine schon in einer sich auf einen Zeitraum von 40 Minuten erstreckenden Übertretungszeitraum wg. einer unangepassten Fahrgeschwindigkeit und ein kurzfristiges Abstellen des Fahrzeuges erblickt werden. Ebenfalls bleibt völlig offen und ist wohl kaum mehr reproduzierbar, wie hoch denn die Fahrgeschwindigkeit wirklich war um dem § 20 Abs.1 StVO subsumiert werden zu dürfen. Eine diese Prämissen erfüllende Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG kann hier somit nicht erblickt werden. Der Berufungswerber ist demnach mangels ausreichender Identifizierbarkeit der Tatzeit und auch des Tatortes sowohl in seinen Verteidigungsrechten eingeschränkt und zusätzlich der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt (vgl. unter Vielen, VwGH 3.9.2003, 2001/03/0150, mit Hinweis auf VwGH 26.1.2000, 98/03/0089 mit näheren Ausführungen zur Tatortbezeichnung und Tatzeitangabe, ebenfalls VwGH 7.6.2000, 2000/03/0027).

Das Verfahren war daher nach § 45 Abs.1 Z3 VStG als verfolgungsverjährt einzustellen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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