Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160783/12/Br/Wü

Linz, 11.10.2005

VwSen-160783/12/Br/Wü Linz, am 11. Oktober 2005

DVR. 0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau H K, O G S, S, vertreten durch M B, O G S, S, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 10. August 2005, Zl. S 2612/ST/05, nach der am 11. Oktober 2005 im Rahmen eines Ortsaugenscheins durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 10/2004 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1,
§ 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 117/2002 - VStG;

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über die Berufungswerberin wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr wegen der Übertretungen nach § 103 Abs.2 KFG 1967 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 80 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 24 Stunden verhängt, weil sie als Zulassungsbesitzerin des KFZ mit dem Kennzeichen, auf Verlangen der Behörde vom 26.4.2005, zugestellt durch Hinterlegung des Rsa-Briefes am 2.5.2005, binnen zwei Wochen keine Auskunft darüber erteilt habe, wer das o.a. KFZ am 23.4.2005 um 20.45 Uhr in Steyr an näher bezeichneter Örtlichkeit gelenkt habe.

1.1. In der Begründung ging die Behörde erster Instanz von einer ordnungsgemäßen Zustellung durch Hinterlegung betreffend die Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe aus. Dies unter Bezugnahme auf den im Akt erliegenden Rückschein. Diesbezüglich verwies die Behörde erster Instanz auf die Angaben der Zustellerin. Im Übrigen wurde auf die einschlägige Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG verwiesen.

2. In der dagegen fristgerecht durch den Sohn der Berufungswerberin M B, fälschlich als Beschwerde bezeichneten, eingebrachten Berufung wird das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalt nach angefochten und die Verfahrenseinstellung nach § 45 Abs.1 VStG beantragt.

Die Berufungswerberin bestreitet die Richtigkeit der Angaben der Zustellerin betreffend die von ihr vorgenommene Hinterlegung bzw. Ankündigung der Hinterlegung. Sie hätte nicht nachvollziehbar darlegen können ob sie die Ankündigung der Rsa-Sendung über die Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe in ein Hausbrieffach oder Briefkasten eingeworfen habe. Gemeint wohl, ob sie dies entsprechend am Rückschein angekreuzt habe.

Es könne daher von einer rechtswirksamen Zustellung nicht ausgegangen werden bzw. eine darauf gestützte Bestrafung nicht ausgesprochen werden. Die Behörde erster Instanz sei daher zu unrecht deren Angaben gefolgt.

Das übrige nicht sachbezogene und sich in weitwendige theoretische Betrachtungen ergehende Vorbringen kann auf sich bewenden.

3. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung war hier trotz einer 500 Euro nicht übersteigenden Geldstrafe in Wahrung der durch Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte geboten.

3.1 Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes im Rahmen der am 11.10.2005 im Zuge eines Ortsaugenscheins durchgeführten öffentlichen Berufungsverhandlung. Als Zeugin einvernommen wurde die Zustellerin C H zur Vorgehensweise bei der Ankündigung von der Hinterlegung einer Rsa-Sendung in den hierfür vorgesehenen Einrichtungen (Postfach, Hausbrieffach). Ebenfalls wurde die Berufungswerberin als Beschuldigte gehört.

Die Berufungswerberin nahm persönlich an der Berufungsverhandlung teil.

4. Folgender Sachverhalt ist als erwiesen anzusehen:

4.1. Als unstrittig ist hier die Sendung über die Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe nach § 103 Abs.2 KFG von der Berufungswerberin nicht behoben wurde. Der Rückschein findet sich auf Seite 3 im Akt. Dem zur Folge fand der erste Zustellversuch am 28.4.2005 und ein zweiter Zustellversuch am 29.4.2005 statt. Diesbezüglich findet sich betreffend die Verständigung iVm der Ankündigung eines zweiten Zustellversuches die Markierung "in das Hausbrieffach eingelegt" angekreuzt. Ab 30.4.2005 wurde das Schriftstück beim Postamt S - Zustellbasis zur Abholung bereit gehalten.

Eine Abholung erfolgte jedoch seitens der Berufungswerberin nicht. Das Schriftstück wurde mit dem Vermerk "nicht behoben" der Behörde rückgeleitet. Es wurde mit Aktenseite 4 zum Akt gelegt.

4.2. Im Rahmen der Berufungsverhandlung, welche vor der Wohnungstür der Berufungswerberin durchgeführt wurde, wurde die Berufungswerberin zu Ihrer Rechtfertigung ausführlich gehört. Festgestellt konnte werden, dass an der Wohnungstür der im ersten Stock gelegenen Wohnung eines Reihenhauses ein verkehrsüblicher älterer Briefkasten angebracht ist. Dessen rückwärtiger Deckel ist versperrbar und es befindet sich oben eine Einwurfklappe angebracht.

Die Berufungswerberin gab an, dass in der letzten Aprilwoche ihre Wohnung renoviert wurde. Da der Postkasten an der nach innen sich öffnenden Tür für die stattfindenden Möbeltransporte hinderlich war, sei dieser während dieser Woche abmontiert worden.

Die Berufungswerberin beteuerte keine Verständigungszettel vorgefunden zu haben. Wäre dies der Fall gewesen hätte sich ihr Ehegatte, der Polizeibeamter ist, bei seiner Dienststelle wohl sofort über den Grund dieser Sache erkundigt.

Unmittelbar links neben dem Eingangsbereich befindet sich ein etwa 1,6 m hoher schmaler Kasten, welcher in seiner Tiefe von etwa 15-20 cm ungefähr mit der Fluchtlinie der Eingangstür zur Wohnung abschließt. Sollte die Hinterlegungsanzeige auf diesem Kasten abgelegt worden sein, wäre es denkbar, dass im Zuge der umbaubedingten Bewegungen dort abgelegtes Papier in Verlust geraten sein könnte.

Die zeugenschaftlich befragte Zustellerin, Frau C H, räumte letztlich ein, dass sie die Einlage der Hinterlegungsanzeigen in einen Briefkasten wohl nicht bestätigen könne. Für den Fall des fehlenden Briefkastens könne sie nicht ausschließen, dass diese Verständigung allenfalls auch auf den Schrank neben der Tür gelegt haben könnte.

Diese Angaben sind von entscheidungswesentlicher Bedeutung.

4.2.1. Angesichts dieser an sich durchaus glaubwürdig und nachvollziehbar geschilderten Darstellungen der spezifischen Situation durch den demontierten Briefkasten, kann der Berufungswerberin gefolgt werden von der Hinterlegungsanzeige keine Kenntnis erlangt zu haben.

Dabei ist es durchaus denkbar, dass diese Hinterlegungsanzeigen allenfalls mit diversen anderem Papiermaterial (Werbematerial) für die Berufungswerberin über der Augenhöhe abgelegten Verständigungszettel nicht gesehen wurden und allenfalls von einer von der Berufungswerberin verschiedenen Personen entfernt bzw. entsorgt wurden.

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

5.1. Ein ordnungsgemäßes Anbringen im Sinne des § 17 Abs. 2 ZustG liegt nicht vor, wenn die Hinterlegungsanzeige vor die Tür gelegt oder bloß zwischen Türanschlag und Tür "hineingesteckt" wird. Es ist vielmehr erforderlich, dass sie in diesem Fall an der Tür befestigt, also etwa mittels Klebevignette angeheftet wird (VwGH 29.1.2003, 2002/03/0239 mit Hinweis auf Walter/Mayer, Das österreichische Zustellrecht,
S. 101, Anm. 24 zu § 17 Abs. 2 ZustG).

Da somit von einer ordnungsgemäß erfolgten Hinterlegung bzw. deren Kenntnis nicht ausgegangen werden kann, kam hier der Berufung Berechtigung zu.

Das Verwaltungsstrafverfahren war daher mangels Tatbegehung nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von
180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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