Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160786/2/Ki/Da

Linz, 01.09.2005

 

 

 

VwSen-160786/2/Ki/Da Linz, am 1. September 2005

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des T S, c/o M, I, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. R G, Dr. F W und Mag. T N, M, B, vom 9.8.2005 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 25.7.2005, VerkR96-2497-1-2004, wegen einer Übertretung der StVO 1960 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit Straferkenntnis vom 25.7.2005, VerkR96-2497-1-2004, den Berufungswerber für schuldig befunden, er habe in seiner Eigenschaft als mit Schreiben vom 16.3.2004 bekannt gegebener verantwortlich Beauftragter und somit gemäß § 9 Abs.2 VStG strafrechtlich Verantwortlicher der Zulassungsbesitzerin der Firma W GmbH mit dem Sitz in M, I, diese sei Zulassungsbesitzerin des Sattelanhängers der Marke Schmitz mit dem behördlichen Kennzeichen MD nicht dafür Sorge getragen, dass der Zustand des genannten Fahrzeuges den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht. Das Fahrzeug sei am 5.2.2004 um 11.15 Uhr im Gemeindegebiet von Kematen am Innbach, Bezirk Grieskirchen, Oberösterreich, auf der Innkreisautobahn A 8 bis zum Verkehrskontrollplatz Kematen am Innbach in Höhe des Strkm.s 24,900 in Fahrtrichtung Autobahnknoten Wels vom Lenker Herrn R D verwendet worden, wobei festgestellt worden sei, dass das Gewebe der Reifenschulter des rechten Reifens der 2. Achse des Sattelanhängers beschädigt war und sohin laut Gutachten des Amtes der Oö. Landesregierung vom 5.2.2004 ein schwerer Mangel vorlag und daher dieser Reifen nicht mehr verkehrs- und betriebssicher war, obwohl die Verwendung von Reifen, die mit freiem Auge sichtbare, bis zum Unterbau des Reifens reichende Risse und Ablösungen des Laufbandes oder der Seitenbänder aufweisen, verboten ist.

 

Er habe dadurch § 9 Abs.2 VStG iVm § 103 Abs.1 Z1 KFG 1967 iVm § 7 Abs.1 KFG 1967 iVm § 4 Abs.4 KDV (Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung) verletzt.

Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 wurde eine Geldstrafe in Höhe von 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 21 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 5 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 9.8.2005 Berufung mit dem Antrag unter anderem um Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

 

Im Wesentlichen wird dazu ausgeführt, dass den Berufungswerber an der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung kein Verschulden treffe.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens werden nachstehende entscheidungsrelevante Fakten festgestellt:

 

Anlässlich einer Teiluntersuchung gemäß § 58 KFG 1967 am 5.2.2004 um 11.15 Uhr in Kematen am Innbach (Verkehrskontrollplatz) hat ein verkehrstechnischer Amtssachverständiger des Amtes der Oö. Landesregierung die Bereifung des im Spruch bezeichneten Anhängers bemängelt. Festgestellt wurde, dass das Gewerbe der 2. Achse des rechten Reifens (Reifenschulter) beschädigt sei, das Fahrzeug nicht den Erfordernissen der Umwelt und der Verkehrs- und Betriebssicherheit entspricht und der Schaden einen schweren Mangel darstellt, dieser sei erkennbar gewesen. Weitere Angaben finden sich im Protokoll über die Teiluntersuchung vom 5.2.2004 nicht und es geht aus diesem Protokoll auch nicht hervor, dass die Benützung des Anhängers vorläufig untersagt worden wäre.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat zunächst gegen den handelsrechtlichen Geschäftsführer der Zulassungsbesitzerin des Anhängers (Firma W GmbH, M) eine Strafverfügung erlassen, diese wurde beeinsprucht. In der Folge wurde eine weitere Strafverfügung gegen den nunmehrigen Berufungswerber als vom handelsrechtlichen Geschäftsführer bekannt gegebene Person und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG strafrechtlich Verantwortlicher der Zulassungsbesitzerin erlassen. Diese Strafverfügung wurde ebenfalls beeinsprucht.

 

In beiden Strafverfügungen wurde bezüglich der Beschädigung des Reifens konkret lediglich festgestellt, dass das Gewebe beschädigt gewesen sei. Darüber hinaus wurde der allgemeine Hinweis angefügt, dass die Verwendung von Reifen, die mit freiem Auge sichtbare Mängel aufweisen, verboten sei. Im ordentlichen Ermittlungsverfahren hat die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen die Bezirkshauptmannschaft Schärding mit Schreiben vom 10.5.2004 im Rechtshilfewege ersucht, den Gendarmeriebeamten als Zeugen einzuvernehmen, hinsichtlich zur Last gelegter Tat wurde auf die Strafverfügung vom 2.4.2004 verwiesen.

 

Nach weiteren Verfahrensschritten wurde letztlich das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

I.6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift ist dann entsprochen, wenn Dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Beschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen bzw sich rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Demnach ist die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die vorgeworfene Tat in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale exakt beschrieben wird und die Identität der Tat auch nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht.

 

Gemäß § 7 Abs.1 KFG 1967 müssen Kraftfahrzeuge und die mit ihnen gezogenen Anhänger außer Anhängeschlitten mit Reifen oder Gleisketten versehen sein, die nach ihrer Bauart, ihren Abmessungen und ihrem Zustand auch bei den höchsten für das Fahrzeug zulässigen Achslasten und bei der Bauartgeschwindigkeit des Fahrzeuges verkehrs- und betriebssicher sind und durch die die Fahrbahn bei üblicher Benützung nicht in einem unzulässigen Ausmaß abgenützt werden kann.

 

Konkretisiert wird diese Bestimmung durch § 4 der Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung 1967.

 

Der für das gegenständliche Verfahren relevante fünfte Satz des § 4 Abs.4 KDV lautet wie folgt: "Die Reifen dürfen keine mit freiem Auge sichtbaren bis zum Unterbau des Reifens reichenden Risse oder Ablösungen des Laufbandes oder der Seitenbänder aufweisen."

 

Dazu wird zunächst festgestellt, dass gemäß § 31 Abs.1 VStG die Verfolgung einer Person unzulässig ist, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2 und 3) vorgenommen worden ist. Gemäß § 31 Abs.2 VStG beträgt die Verfolgungsverjährungsfrist im vorliegenden Falle sechs Monate.

 

Gemäß § 32 Abs.2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung udgl.) und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

 

Eine Verfolgungshandlung hat u.a. sämtliche wesentlichen Tatbestandsmerkmale, welche überdies im Spruch des Straferkenntnisses aufzuscheinen haben, zu umfassen. Im gegenständlichen Falle wird bezüglich der Bereifung in der KDV ausdrücklich angeordnet, dass Reifen keine mit freiem Auge sichtbaren bis zum Unterbau des Reifens reichenden Risse oder Ablösungen des Laufbandes oder der Seitenbänder aufweisen dürfen. Eine derartige, eine allfällige Strafbarkeit begründende Beschädigung eines Reifens stellt nach Auffassung der Berufungsbehörde jedenfalls ein wesentliches Tatbestandsmerkmal dar.

 

Wenn auch im Spruch des Straferkenntnisses allgemein darauf hingewiesen wurde, dass die Verwendung von Reifen, die mit freiem Auge sichtbare, bis zum Unterbau des Reifens reichende Risse und Ablösungen des Laufbandes oder der Seitenbänder aufweisen, verboten ist, so wurde dem Berufungswerber während des gesamten Verfahrens doch lediglich konkret vorgeworfen, dass das Gewebe der Reifenschulter des rechten Reifens der 2. Achse des Sattelanhängers beschädigt war und ein schwerer Mangel vorlag. Dass es sich dabei allenfalls um eine im § 4 Abs.4 KDV umschriebene Beschädigung handelt, wurde dem Berufungswerber in keiner Phase des Verfahrens direkt vorgeworfen und es wurde diese konkrete Beschädigung auch im Protokoll über die Teiluntersuchung gemäß § 58 KFG 1967 durch den verkehrstechnischen Amtssachverständigen nicht ausdrücklich festgehalten.

 

Nachdem zwischenzeitlich hinsichtlich des benannten wesentlichen Tatbestandsmerkmales Verfolgungsverjährung eingetreten ist, ist es der Berufungsbehörde auch verwehrt, weitere zusätzliche Erhebungen hinsichtlich der konkreten Beschädigung anzustellen und den Strafvorwurf entsprechend zu ergänzen.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG hat die Behörde von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

 

Nachdem, wie bereits dargelegt wurde, im vorliegenden Falle betreffend eines wesentlichen Tatbestandsmerkmales Verfolgungsverjährung eingetreten ist, liegt ein Umstand vor, welcher eine weitere Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Angelegenheit ausschließt. Aus diesem Grunde war der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. K i s c h

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