Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160790/7/Br/Wü

Linz, 05.10.2005

VwSen-160790/7/Br/Wü Linz, am 5. Oktober 2005

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn A K, L, W an der T, vertreten durch RA Dr. R S, F, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen, vom 12. Juli 2005, Zl. VerkR96-2467-2005, nach der am 5. Oktober 2005 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Punkte 1.) und 2.) Folge gegeben; das Straferkenntnis wird diesbezüglich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt. Im Punkt 3.) wird das Straferkenntnis vollinhaltlich und im Punkt 4.) im Schuldspruch mit der Maßgabe bestätigt, dass der Tatvorwurf sinngemäß dahingehend abgeändert wird, dass auf der genannten Wegstrecke der Sicherheitsabstand "vorübergehend" in der zur Last gelegten Form unterschritten wurde.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 117/2002 - AVG iVm § 19 Abs.1 u.2, § 21, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 117/2002 - VStG;

II. Im Punkt 1.) und 2.) entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge. Zu 3.) und 4.) werden dem Berufungswerber zuzüglich den erstinstanzlichen Verfahrenskosten als Kosten für das Berufungsverfahren 14,40 und
7,20 Euro
(20% der verhängten Geldstrafen) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.1 u. 64 Abs.1 u. 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen wegen Übertretungen der StVO 1960 nach 1.) § 52a Z10a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, 2.) § 7 Abs.1 erster Satz iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, 3.) 97 Abs.5 iVm § 99 Abs.3 lit. j StVO 1960 u. 4. § 18 Abs.1 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 vier Geldstrafen verhängt (€ 50,00 € 36,00, € 72,00 und
36, Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit jeweils 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafen), weil er am 01.12.2004 Gemeindegebiet von Ansfelden Bezirk Linz-Land, auf der Westautobahn A1 in Fahrtrichtung Salzburg als Lenker des Personenkraftwagens der Marke C, T P, mit dem behördlichen Kennzeichen

1.) um kurz nach 21.35 Uhr von Strkm.169,000 bis ca. Strkm.170,000 der A1 die dort verfügte und durch Vorschriftszeichen kundgemachte Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit) von 100 km/h wesentlich (um 21 km/h nach Abzug der Verkehrsfehlergrenze) überschritten habe,

2.) um kurz nach 21.35 Uhr von Strkm.169,000 bis ca. Strkm.170,000 der A1 insoferne nicht so weit rechts gefahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich war, weil er mit beiden linken Rädern über die dortige linke Randlinie gefahren sei,

3.) um kurz nach 21.36 Uhr ab Strkm.171,000 der A1 das unter Verwendung eines Anhaltestabes deutlich sichtbar mittels Rotlicht gegebene Zeichen "Halt" eines Organes der Straßenaufsicht insoferne nicht Folge geleistet, habe als er die Fahrt ununterbrochen fortsetzte und auch die Ausfahrt Ansfelden zum Autobahnparkplatz Ansfelden ignoriert habe und

4.) kurz nach 21.36 Uhr von Strkm.171,000 bis mind. Strkm.174,000 der A1 beim Hintereinanderfahren keinen ausreichenden, ein rechtzeitiges Anhalten ermöglichenden Sicherheitsabstand zum Vorderfahrzeug der Marke Volkswagen, Type Sharan, mit dem behördlichen Kennzeichen eingehalten habe, indem er bei einer Fahrgeschwindigkeit zwischen 80 km/h und 100 km/h mit einem solchen knappen Abstand zum oa. Vorderfahrzeug nachgefahren sei, dass beide Straßenaufsichtsorgane im Rückblickspiegel die Beleuchtungseinrichtungen seines gelenkten Kraftfahrzeuges nicht mehr sehen konnten."

1.1. Die Übertretung erblickte die Behörde erster Instanz in den zeugenschaftlich bestätigten Angaben des Meldungslegers als erwiesen. Die zur Last gelegte Fahrweise sei von einem Dienstfahrzeug der im Straßenaufsichtsdienst stehenden Beamten wahrgenommen worden. Dabei sei das Gendarmeriefahrzeug vom wesentlich schneller als 100 km/h fahrenden Pkw des Berufungswerbers überholt worden. Dabei herrschten durch Bodennebel schlechte Sichtbedingungen. Sodann wurde die Nachfahrt auf eine Wegstrecke von etwa 900 bis 1000 m in gleichbleibendem Abstand aber unter Wahrung des erforderlichen Sicherheitsabstandes aufgenommen. Dabei seien 135 km/h vom Tacho des Dienstfahrzeuges abgelesen worden. Der Berufungswerber habe während der Nachfahrt den linken Fahrstreifen benützt, obwohl auch ein Umspuren nach rechts möglich gewesen wäre. Als das Dienstfahrzeug sich schließlich auf dem Verzögerungsstreifen zur Ausfahrt Ansfelden, die Höhe des Berufungswerberfahrzeuges gesetzt hatte und eine Anhaltung durch Signalstab vom rechten Seitenfenster aus durchzuführen versucht wurde, wurde vom Berufungswerber dieses Anhaltezeichen nicht befolgt. Auch ein weiterer Anhalteversuch wurde ignoriert. In der Folge fuhr der Berufungswerber auf den nächsten drei Kilometern in einem so knappen Abstand hinter dem Dienstfahrzeug her bzw. auf dieses auf, dass am Fahrzeug des Berufungswerbers teilweise nicht mehr die Motorhaube sichtbar war.

Diese Darstellungen seien von beiden Gendarmeriebeamten übereinstimmend vor der Behörde erster Instanz zu Protokoll gegeben worden.

2. Die dagegen fristgerecht erhobene Berufung hat folgenden Inhalt:

"In umseits bezeichneter Rechtssache gebe ich bekannt, die Mag. Dr. R S Rechtsanwalts-KEG, F, W, mit meiner rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt zu haben und erhebe gegen das Straferkenntnis der BH Grieskirchen, VerkR96-2467-2005 vom 12.07.05, durch meinen ausgewiesenen Vertreter binnen offener Frist das Rechtsmittel der Berufung.

Diese wird begründet wie folgt:

Die dem Straferkenntnis zugrundliegenden Verwaltungsübertretungen wurden von mir einerseits nicht begangen, andererseits wurden die im zugrundeliegenden Straferkenntnis mir angelasteten Verwaltungsübertretungen, insbesondere betreffend die Tatumstände und -ort, unrichtig und widersprüchlich widergegeben.

Es liegt somit Unbestimmtheit des Straferkenntnisses, unrichtige Tatsachenfeststellung sowie unrichtige rechtliche Beurteilung und unrichtige Beweiswürdigung vor. Die mir im Straferkenntnis unter Punkt 1. vorgeworfene Geschwindigkeitsübertretung habe ich tatsächlich nicht gesetzt.

Als ich mich am 01.12.04 dem Polizeifahrzeug mit etwa 107 km/h näherte, war dieses für mich eindeutigerkennbar. Es ist unlogisch und lebensfremd, hätte ich das Polizeifahrzeug bei Bestehen einer 100 km/h-Beschränkung mit 135 km/h überholt. Darüber hinaus ist eine digitale Messung der von mir eingehaltenen Geschwindigkeit nicht erfolgt.

Beweis: meine Einvernahme

Auch die im Straferkenntnis unter Punkt 2. mir zur Last gelegte Verwaltungsübertretung habe ich nicht begangen.

Gemäß § 7 Abs.1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges soweit rechts zu fahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist.

Wie bereits oben erwähnt, wurde das Polizeifahrzeug nach Einmündung der Linzer Stadtautobahn in die A 1 Richtung Wels von mir überholt und fuhr ich während der Dauer des Überholvorganges auf dem dortigen linken der drei vorhandenen Fahrstreifen, wobei ich mich nach Beendigung des Überholmanövers wieder auf den mittleren Fahrstreifen eingeordnet habe.

Zu diesem Zeitpunkt waren auf dem äußerst rechten Fahrstreifen zahlreiche LKWs mit einer Geschwindigkeit von etwa von 85 km/h unterwegs, weshalb ich den mittleren der drei vorhandenen Fahrstreifen weiter benutzte. Dies ergibt sich auch aus der Aussage des Revierinspektor K (S. 5. 2. Absatz des zugrundeliegenden Straferkenntnisses).

Inwiefern hier eine Übertretung des § 7 Abs.1 StVO vorliegen soll, ist mir unerklärlich. Der Tatbestand wurde von mir nicht erfüllt.

Beweis: wie bisher

Auch wurde die mir in Punkt 3 zur Last gelegte Verwaltungsübertretung von mir nicht begangen.

Richtig ist, dass mich das Polizeifahrzeug überholte und während des Überholens das Rotlicht mittels Anhaltestabes gezeigt wurde. Ab diesem Zeitpunkt fuhr ich ununterbrochen hinter dem Polizeiauto bis zur Dienststelle T nach, inwiefern die mir angelastete Verwaltungsübertretung nicht vorliegt.

Auch stimmen die dem Straferkenntnis zugrundeliegenden Straßenkilometer-Angaben bzw. die diesen Punkten zugrundeliegenden Aussagen der einvernommenen Beamten RInsp. K und P nicht.

Grundsätzlich ist in einem Straferkenntnis die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass einerseits die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglich wird und andererseits die Identität der Tat, insbesondere nach Ort und Zeit, unverwechselbar feststeht. Diese Voraussetzungen erfüllt das bekämpfte Straferkenntnis nicht.

Das Polizeifahrzeug wurde von mir - wie bereits oben erwähnt - kurz nach Einmündung der Linzer Straßenautobahn in die A 1 Richtung Wels überholt.

Von dort, bis zur Ausfahrt Ansfelden / Autobahnparkplatz Ansfelden, ist eine Distanz von etwa 700 m gegeben (Straßenkilometer 170,5). Wären mir die beiden Beamten, wie behauptet, tatsächlich über eine Strecke von 900 m bis 1.000 m vor Setzen des eigenen Überholvorganges nachgefahren, so hätten mich diese bereits deutlich nach der Ausfahrt Ansfelden zum dortigen Autobahnparkplatz Ansfelden überholt, weshalb die von den Beamten angegebenen Daten nicht richtig sein können bzw. insbesondere die mir im Punkt 3.) zu Last gelegte Verwaltungsübertretung - Ignorieren der Ausfahrt zum

Autobahnparkplatz Ansfelden - gar nicht begangen werden konnte.

Ergänzend soll noch hinzugefügt werden, daß in diese Meterangaben die Dauer bzw. zurückgelegte Wegstrecke meines Überholvorganges, bevor mir die Beamten nachgefahren sind, noch gar nicht eingerechnet wurde.

Beweis: meine Einvernahme, Durchführung eines LA

Zu der mir unter Punkt 4.) des bekämpften Straferkenntnisses vorgeworfenen Verwaltungsübertretung ist nur auszuführen, daß eine tatsächliche Messung nicht durchgeführt wurde und ich während des Nachfahrens permanent einen Abstand von
1,5 Sekunden, der durch Mitzählen überprüft wurde, eingehalten habe.

Eine Übertretung des § 18 Abs. 1 StVO liegt somit nicht vor.

Beweis: wie bisher.

Aus all diesen Gründen stelle ich daher den

A n t r a g :

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. möge in Stattgebung dieser Berufung das angefochtene Straferkenntnis der BH Grieskirchen vom 12.7.2005, VerkR96-2467-2005 vollinhaltlich aufheben.

Wels, am 1.8.2005 A K"

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes. Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurden die zwei einschreitenden Polizeibeamten (früher Gendarmeriebeamten) GrInsp K und Insp. P zeugenschaftlich einvernommen. Ebenfalls wurde im Rahmen der Berufungsverhandlung in ein Luftbild mit der Darstellung der Autobahnkilometrierung im Bereich der Auffahrt A7 auf die A1 beim Knoten Linz aus dem System Doris eingesehen. Sowohl der Berufungswerber persönlich als auch ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung teil.

3.1. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurden ist der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung war hier trotz der 500 Euro nicht übersteigenden Geldstrafe zwecks unmittelbarer Darstellung und entsprechender Würdigung des Berufungsvorbringens in Wahrung der Verfahrensgarantien des Art. 6 EMRK geboten (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

4.1. Der Berufungswerber lenkte am 1.12.2002 um 21.35 Uhr den Pkw mit dem oben angeführten Kennzeichen auf der A7 in Richtung Westautobahn. Im Bereich der Auffahrtsrampe auf die A1 überholte er das Dienstkraftfahrzeug mit der angeblich zur Last gelegten Geschwindigkeitsdifferenz.

Das Gendarmeriefahrzeug war zu diesem Zeitpunkt mit annähernd der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h oder knapp darüber unterwegs. Es herrschte nebeliges Wetter, wobei unter Hinweis auf die o.a. Fahrgeschwindigkeit des Gendarmeriefahrzeuges von einer verkehrsrelevanten Sichtbeeinträchtigung wohl nicht ausgegangen werden kann.

Nach diesem Überholvorgang wurde die Nachfahrt aufgenommen. Dabei gelangte der Berufungswerber am Ende der Rampe über die dort quasi in einer Länge von
50 m als Verlängerung der Rampe angebrachte Sperrlinie. Die Rampe geht dort in die dreispurig ausgeführte A1 über, wobei die Rampe zweispurig verläuft (siehe unten den entsprechenden Streckenbereich der A1 mit Straßenkilometrierung).

Im Bereich des Strkm. 170,0 befand sich das Gendarmeriefahrzeug bereits auf gleicher Höhe links neben dem Fahrzeug des Berufungswerbers, wobei ihm per Blickkontakt und Handzeichen der etwa 500 m später befindlichen Ausfahrt zur Raststätte Ansfelden Nord die Anhaltung signalisiert wurde. Die Anhalteabsicht wurde dann zusätzlich noch durch Zeigen der Anhaltekelle signalisiert. Der Berufungswerber schien vorerst dem Gendarmeriefahrzeug, welches sich zwischenzeitig unter Verwendung von Blaulicht vor ihn gesetzt hatte, folgen zu wollen. Während sich das Einsatzfahrzeug bereits in der Ausfahrtspur zur Raststätte Ansfelden Nord befand, setzte der Berufungswerber seine Fahrt auf der A1 in Richtung Salzburg fort. Durch einen plötzlichen Spurwechsel über die schraffierte Fläche konnte vom Gendarmeriefahrzeug die A1 gerade wieder erreicht werden. In der Folge wurde ein weiteres Anhaltezeichen gegeben und der Berufungswerber am rechten Fahrstreifen bei einer Fahrgeschwindigkeit von 80 bis 90 km/h zur Polizeiinspektion (damals noch Gendarmerieposten) Haid eskortiert. Auf dieser Fahrt fuhr der Berufungswerber zum Teil so knapp auf das Gendarmeriefahrzeug auf, dass dessen Scheinwerfer im Rückspiegel (Innenspiegel) des Dienstfahrzeug nicht mehr sichtbar waren. Ebenfalls betätigte er mehrfach die Lichthupe. Dies offenbar um seinen Unmut über die langsame Fahrweise des Gendarmeriefahrzeuges zum Ausdruck zu bringen.

Der Berufungswerber bestritt im Rahmen seiner Anhörung im Berufungsverfahren die Geschwindigkeitsüberschreitung in dem zur Last gelegten Ausmaß. Er verweist diesbezüglich auf die Erkennbarkeit des Gendarmeriefahrzeuges und in Verbindung damit er eine derartig auffällige Geschwindigkeitsüberschreitung wohl kaum gesetzt hätte, räumt aber ein mit geringer Geschwindigkeitsdifferenz am Gendarmeriefahrzeug vorbeigefahren zu sein. Wie schon in der Berufung verweist er abermals auf die Unmöglichkeit einer Nachfahrt im gleichbleibenden Abstand auf einer Wegstrecke von 900 bis 1.000 m.

4.2. Dazu ist festzustellen, dass sowohl in der Anzeige als auch in der Strafverfügung als Tatort der Geschwindigkeitsüberschreitung der Straßenkilometer "169.000" zur Last gelegt wurde. Dieser Bereich liegt jedoch noch mehr als 500 m östlich der Auffahrtsrampe auf die A1. Selbst wenn in der Strafverfügung der Rampenkilometer 0,200 bzw. 0,600 angeführt wurden, bleibt die Tatortbezeichnung in sich widersprüchlich.

Im Straferkenntnis wurde die Tatörtlichkeit schließlich mit Strkm. "169,000 bis ca. 170.000" umschrieben. Auch dies steht im Widerspruch zur dargestellten Straßenkilometrierung und insbesondere zum Weg-Zeit-Ablauf. Aus den Aussagen der beiden Meldungsleger bei der Berufungsverhandlung in Verbindung mit den obigen Kilometrierungsangaben ergeben sich Unschärfen hinsichtlich der Nachfahrtstrecke dahingehend, dass selbst eine solche von 500 m im gleichbleibenden Abstand auszuschließen ist.

Wenn laut Insp. P der erste Anhalteversuch noch deutlich vor der Ausfahrt Ansfelden erfolgte und sich zu diesem Zeitpunkt das Gendarmeriefahrzeug bereits links neben dem Berufungswerberfahrzeug befand - was durchaus glaubwürdig erscheint - bleibt aber bei logischer Betrachtung für die Nachfahrt im gleichbleibenden Abstand wohl kaum eine Wegstrecke von 500 m und erst recht nicht eine solche von 900 m übrig. Dies insbesondere unter Hinweis auf die Feststellung der Meldungsleger, das Überfahren der Sperrlinie am Ende der Rampe beobachtet zu haben. Dies konnte doch nur von hinten beobachtet werden. Da diese Örtlichkeit nur mehr 700 m vor der Ausfahrt Ansfelden lag und deutlich vor Erreichen der Ausfahrt Ansfelden bereits die Höhe des Fahrzeuges des Berufungswerbers erreicht worden war d.h. auf dieses aufzuschließen war, kann für die Nachfahrt im "gleichbleibenden Abstand" kaum Raum geblieben sein. Diesbezüglich war somit der Verantwortung, insbesondere dem Berufungsvorbringen des Berufungswerbers zur Tatortumschreibung zu folgen.

Das sich die Meldungsleger nach einem 3/4 Jahr nicht mehr exakt an die Details erinnern konnten, ist insbesondere hinsichtlich von Abläufen im Weg-Zeit-Bereich nicht verwunderlich. Die Feststellung der Fahrgeschwindigkeit erweist sich dennoch so wenig tragfähig, dass darauf ein Schuldspruch in einer für das Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit nicht gestützt werden könnte.

Im Gegensatz dazu lässt sich die Missachtung des Anhaltezeichens und der Nachfahrabstand leicht feststellen, was von den Meldungslegern auch glaubwürdig und nachvollziehbar geschildert wurde. Das Anhaltezeichen konnte dem Berufungswerber wohl nicht verborgen geblieben sein. Es bestand doch Blickkontakt mit Insp. P bei gleichzeitiger Abgabe eines deutlichen Zeichens mit der Winker- oder Anhaltekelle.

Das kurzfristige und sich im Ergebnis nur auf ein bis zwei Sekunden erstreckende Überfahren der Sperrlinie am Ende der Rampe könnte an sich wohl kaum als Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot beurteilt werden. Jedenfalls konnte sich dies in der hier dargestellten Form nicht auf einen Kilometer erstreckt haben. Im Bereich der Rampenausfahrt weist die A1 fünf Fahrstreifen auf, wobei die Breite jedenfalls mit
20 m angenommen werden kann. Inwiefern hier unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs weiter rechts gefahren werden hätte sollen, entzöge sich an diesem Punkt der A1 einer nachvollziehbaren Logik. Wenn der Berufungswerber wohl zu Recht die linke Spur der Rampe benützte (er überholte doch das Gendarmeriefahrzeug), lag es durchaus nahe in die "schnellere" mittlere Spur der A1 umzuspuren. Das Überfahren der Sperrlinie könnte daher wohl kaum mit dem Rechtsfahrgebot in Einklang gebracht werden.

Darüber hinaus wurde auch dieser Vorwurf mit der Straßenkilometrierung 169.000 in der Anzeige und der Strafverfügung und erst nach mehr als acht Monaten im Straferkenntnis ebenfalls mit Strkm. "169.000 bis ca. 170.000" umschrieben. Auch dieses lässt sich weder mit den Angaben der Meldungsleger bei der Berufungsverhandlung noch mit den tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten in Einklang bringen.

Offenbar versucht der Berufungswerber aber durch seine spontane Weiterfahrt auf der A1 seiner Anhaltung durch die bereits den Verzögerungsstreifen zur Ausfahrt Ansfelden befahrende Gendarmeriebeamten zu entgehen. Wenn schließlich die Scheinwerfer durch den Rückspiegel des Vorderfahrzeug nicht mehr sichtbar waren, muss der Abstand als so knapp angesehen werden, dass dieser zum Teil im Bereich von zehn Meter oder darunter gelegen sein muss. Dies kann als eine jeden Autofahrer evidente empirische Tatsache gelten. Das dies aber nicht während der gesamten Fahrtstrecke der Fall gewesen sein wird, entspricht andererseits aber ebenso den Erfahrungstatsachen.

Wenn demnach bei einer für diesen Fall zu Gunsten des Berufungswerbers angenommenen Fahrgeschwindigkeit von nur 80 km/h in der Sekunde etwa 22 m zurückgelegt werden, entspricht dies einer Zeitdimension von weniger als einer halben Sekunde. Das Betätigen der Lichthupe bleibt selbst vom Berufungswerber unbestritten. Auch das Motiv einer vom Berufungswerber selbst zugestandenen Verärgerung über die langsame Fahrt lässt den knappen Sicherheitsabstand als Folge seiner Verärgerung erklären. Der Unabhängige Verwaltungssenat folgt in diesen Punkten den Angaben der Meldungsleger. Diesbezüglich gibt es im Gegensatz zur vorherigen Tatortangabe und Verlaufsschilderung keine Anhaltspunkte für Zweifel.

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

5.1. In Punkt 1.) und 2.) wurde eine zutreffende Tatortbezeichnung - die allenfalls nur den Bereich 169,800 umfassen hätte können - nicht zum Gegenstand einer Verfolgungshandlung. In der Strafverfügung wurde mit Strkm. 169,000 ein über
500 m entfernter Ort, welchen der Berufungswerber überhaupt nicht befuhr, angezogen, während sich diese Örtlichkeit im Straferkenntnis unzutreffend auf einen Kilometer erstreckt haben soll und somit zu ungenau umschrieben wurde. Dies trifft ebenso auf den vermeintlichen Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot zu. Unter Hinweis auf die obigen Feststellungen hat es letztlich dahingestellt zu bleiben ob diese Übertretungspunkte überhaupt als erwiesen angesehen werden könnten, weil zumindest weg-zeit-logische Überlegungen sehr deutlich dagegen sprechen. Abgesehen von der rechtlichen Subsumption unter § 7 Abs.1 StVO für das Überfahren einer Sperrlinie auf wenige Meter.

5.1.1. Nach § 32 Abs.2 VStG ist eine Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u. dgl.).......

Bei der Umschreibung der für eine Verfolgungshandlung wesentlichen Kriterien in
§ 32 Abs.2 VStG hat sich die Verfolgungshandlung auf eine bestimmte Tatzeit und auf einen ausreichend zu konkretisierenden Tatort und auf sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z2 VStG zu beziehen (zu richten VwGH 16.1.1987, 86/18/0073 u. VwGH 16.1.1987, 86/18/0077).

Die Berichtigung eines Tatbestandmerkmales durch die Berufungsbehörde würde voraussetzen, dass innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs.2 VStG eine entsprechende Verfolgungshandlung hinsichtlich der erforderlichen Merkmale erfolgt ist (VwGH 24.9.1997, 97/03/0113). Eine solche liegt hier nicht vor.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ua VwGH [verst. Sen.] v. 13. Juni 1984, Slg. Nr. 11.894/A) ist dem Ziel der Vorschrift des § 44 a Z1 VStG dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen des selben Verhaltens nochmals zu Verantwortung gezogen zu werden.

Wenn eine offenkundig nur punktuelle Geschwindigkeitsüberschreitung auf einen Bereich der nachweislich nicht befahren wurde erstreckt, wäre damit sowohl die Gefahr der Doppelverfolgung als auch eine Einschränkung in den Verteidigungsrechten nicht auszuschließen (VwGH 7.6.2000, 2000/03/0027 mit Hinweis auf VwGH 20.3.1991, 90/02/0185 uwN).

5.2. Nach § 97 Abs.5 StVO 1960 (idF BGBl.I Nr. 52/2005) sind Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, durch deutlich sichtbare oder hörbare Zeichen Fahrzeuglenker zwecks Lenker- oder Fahrzeugkontrolle, zwecks anderer, den Fahrzeuglenker oder eine beförderte Person betreffende Amtshandlungen oder zwecks Durchführung von Verkehrserhebungen (wie Verkehrszählungen u. dgl.) zum Anhalten aufzufordern. Der Fahrzeuglenker hat der Aufforderung Folge zu leisten.......

5.3. Gemäß § 18 Abs.1 Straßenverkehrsordnung 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird. Es bedarf keiner weiteren Ausführung, dass bei einer Fahrgeschwindigkeit von zumindest 80 km/h ein Abstand von 10 m nur einer Wegzeit von einer knappen halben Sekunde entspricht. Ein plötzliches Abbremsen eines Vorderfahrzeuges führt angesichts einer solchen Situation zwingend zu einem Auffahrunfall, weil selbst bei der geringsten Reaktionszeit von einer halben Sekunde auf ein solches Manöver nicht mehr wirkungsvoll reagiert werden kann (unter vielen VwGH 30.9.1999, 98/02/0443). Selbst wenn hier der Berufungswerber mit einem plötzlichen Abbremsen des Gendarmeriefahrzeuges wohl konkret nicht rechnen muss, kann ein solches jederzeit durch ein unvorhersehbares Ereignis ausgelöst oder erzwungen werden. Dies etwa durch einen auf der Fahrbahn liegenden Gegenstand.

6. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Betreffend die auf den Tatvorwurf nach § 97 Abs.5 StVO vorgenommene Strafzumessung mit 72 Euro ist mit Blick auf die nicht unwesentliche Schutzgutverletzung in der dadurch erschwerten Kontrolltätigkeit durchaus sachgerecht und im Rahmen des gesetzlichen Ermessensspielraumes gelegen. Für jeden Verkehrsteilnehmer muss klar sein sich den Anordnungen von Straßenaufsichtsorganen sofort befolgen zu müssen. Angesichts des hohen abstrakten Gefährdungspotenzials eines zu knappen Sicherheitsabstandes (§ 18 Abs.1 StVO), was empirisch belegt eine der höchsten Unfallursachen begründet, kann der hierfür verhängten Geldstrafe mit nur 36 Euro bloß symbolischer Charakter zugeordnet werden. Da der Berufungswerber laut eigenen Angaben über sein Einkommen von 2.200 Euro verfügt ist die verhängte Geldstrafe im Punkt 4.) jedenfalls als unangemessen milde zu bezeichnen. Dies insbesondere in der sich empirisch ergebenden Unwertrelation der übrigen Punkte.

Dies durchaus in Beachtung des Strafmilderungsgrundes der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von
180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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