Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400301/4/Gf/Km

Linz, 19.10.1994

VwSen-400301/4/Gf/Km Linz, am 19. Oktober 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde des W, vertreten durch RA, wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Kirchdorf zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird abgewiesen und es wird festgestellt, daß die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 AVG; § 52 Abs. 4 FrG; § 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt zugrunde:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein liberianischer Staatsangehöriger, ist am 3. September 1994 von Ungarn aus kommend ohne gültige Reisedokumente und unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet eingereist.

1.2. Zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung und der Abschiebung wurde über den Beschwerdeführer mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf vom 7.

September 1994, Zl. Sich40-687-1994, die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das Polizeigefangenenhaus Linz sofort vollzogen.

1.3. Am 12. September 1994 hat der Beschwerdeführer einen Asylantrag gestellt. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 16. September 1994, Zl. 9402631-BAL, abgewiesen; unter einem wurde die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung ausgeschlossen. Dagegen hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 5. Oktober 1994 Berufung erhoben.

1.4. Mit Schreiben vom 3. Oktober 1994, Zl. Sich40-687-1994, hat der Bezirkshauptmann von Kirchdorf die Botschaft der Republik Liberia um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer ersucht.

1.5. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf vom 3. Oktober 1994, Zl. Sich40-687-1994, wurde über den Beschwerdeführer die Ausweisung verfügt; gleichzeitig wurde mit einem auf § 54 des Fremdengesetzes, BGBl.Nr. 838/1992 (im folgenden: FrG), gegründeten Bescheid vom selben Tag und zur selben Aktenzahl festgestellt, daß Hinderungsgründe für eine Abschiebung gemäß § 37 Abs. 1 und 2 FrG nicht vorliegen.

1.6. Mit Schriftsatz vom 6. Oktober 1994 hat der Beschwerdeführer neuerlich einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit seiner Abschiebung nach Liberia gestellt.

1.7. Mit Schriftsatz vom 13. Oktober 1994 hat er gegen den zuvor angeführten Ausweisungsbescheid berufen.

1.8. Gegen die auf dem oben unter 1.2. angeführten Bescheid basierende Anhaltung in Schubhaft wendet sich die vorliegende, am 17. Oktober 1994 - und damit rechtzeitig beim Oö. Verwaltungssenat eingebrachte und auf § 51 FrG gestützte Beschwerde.

2.1. Im o.a. Schubhaftbescheid führt die belangte Behörde begründend aus, daß die Schubhaft deshalb zu verhängen gewesen sei, weil sich der Beschwerdeführer seit seiner Einreise am 3. September 1994 illegal im Bundesgebiet aufgehalten habe und er weder über ausreichende finanzielle Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes noch über eine Aufenthaltsmöglichkeit verfüge.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, daß der Umstand, daß seine Abschiebung nach Liberia gegen das "refoulement"-Verbot des § 37 Abs. 1 und 2 FrG verstoßen würde, eine Schubhaftverhängung von vornherein ausschließe. Außerdem hätten praktische Erfahrungen mit anderen Schubhäftlingen gezeigt, daß es tatsächlich unmöglich sein wird, vom Staat Liberia für den Beschwerdeführer ein Heimreisezertifikat zu erlangen, sodaß der mit der Schubhaft verfolgte Zweck unerreichbar erscheine.

Aus diesen Gründen wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der Schubhaftverhängung bzw. deren Aufhebung beantragt.

2.3. Die belangte Behörde hat die bezughabenden Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch abgesehen.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Kirchdorf zu Zl.

Sich40-687-1994; da aus diesem in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt erschien, konnte im übrigen gemäß § 52 Abs. 2 Z. 1 FrG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 1.

dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 51 FrG hat ua. derjenige, der unter Berufung auf das FrG angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Anhaltung anzurufen.

Nach § 41 Abs. 1 FrG können Fremde in Schubhaft angehalten werden, wenn dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern.

Gemäß § 48 Abs. 2 FrG darf die Schubhaft nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

4.2. Im gegenständlichen Fall, wo der Beschwerdeführer über (von einer - überdies ungestempelten - Geburtsurkunde abgesehen) keinerlei Identitätsnachweis verfügt, liegt es auf der Hand, daß es für ihn ein Leichtes wäre, im Falle seiner Ent lassung aus der Schubhaft in der Anonymität unterzutauchen und dadurch die gegen ihn beabsichtigten fremdenpolizeilichen Maßnahmen - von der in Aussicht genommenen Ausweisung ist der Beschwerdeführer seit 7. Oktober 1994 in Kenntnis zu vereiteln bzw. zumindest zu erschweren. Da er überdies lediglich über 300 S Bargeld und damit kaum über finanzielle Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes verfügt, liegt weiters die Vermutung nahe, daß er sich diese durch rechtswidrige Verhaltensweisen (Diebstahl, Schwarzarbeit, etc.) anzueignen versuchen müßte. Daran, daß der Beschwerdeführer keinesfalls freiwillig in seinen Heimatstaat zurückkehren möchte (und er dies mangels der hiefür erforderlichen Reisedokumente auch gar nicht könnte), hat er während der bisherigen behördlichen Verfahren keinen Zweifel gelassen.

Aus allen diesen Gründen ist daher evident, daß es im gegenständlichen Fall geboten war, über den Beschwerdeführer zur Sicherung des fremdenpolizeilichen Verfahrens die Schubhaft zu verhängen und diese bis zu dessen Abschluß weiterhin aufrechtzuerhalten.

4.3. Die vom Beschwerdeführer hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Schubhaftverhängung ins Treffen geführten Einwände vermögen demgegenüber nicht zu überzeugen.

4.3.1. Daß nämlich allein die Stellung eines Asylantrages und die Erhebung einer Berufung gegen den negativen erstinstanzlichen Asylbescheid keineswegs eine Gewähr dafür zu bieten vermag, daß sich der Beschwerdeführer den gegen ihn beabsichtigten fremdenpolizeilichen Maßnahmen nicht entziehen wird, liegt unter den oben, 4.2., angeführten Umständen auf der Hand.

4.3.2. Ob für ihn innerhalb der höchstzulässigen Dauer der Schubhaft (vgl. § 48 Abs. 2 bis 4 FrG) ein Heimreisezertifikat seines Heimatstaates - zu dessen Ausstellung jener völkerrechtlich verpflichtet ist - erlangbar sein wird oder nicht, wird die Zukunft weisen. Ob es diesbezüglich mit den Vertretungsbehörden des Staates Liberia in anderen Fällen tatsächlich Schwierigkeiten gegeben hat, kann hingegen auf sich beruhen, weil selbst zutreffendenfalls damit noch nicht feststeht, daß - berücksichtigt man die jeweiligen Spezifika - auch in der gegenständlichen Causa kein Heimreisezertifikat ausgestellt wird, solange es (was derzeit nicht zutrifft) nicht notorisch ist, daß Liberia in völkerrechtswidriger Weise generell die Austellung von Heimreisezertifikaten verweigert.

4.3.3. Was die Behauptung des Beschwerdeführers, daß die beabsichtigte Abschiebung in seinen Heimatstaat gegen das "refoulement"-Verbot des § 37 Abs. 1 und 2 FrG verstoße, betrifft, so ist er schließlich darauf zu verweisen, daß die Prüfung dieser Frage nich dem Oö. Verwaltungssenat im Rahmen einer Schubhaftbeschwerde, sondern - insbesondere im Hinblick auf seine dementsprechenden Antragstellungen (vgl.

oben, 1.5. und 1.6.) gemäß § 54 FrG der belangten Behörde bzw. im Berufungsfall deren Oberbehörde, d.i. die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich, obliegt.

4.4. Bei dieser Sachlage war sohin die vorliegende Beschwerde gemäß § 67c Abs. 3 AVG abzuweisen und unter einem gemäß § 52 Abs. 4 FrG festzustellen, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

5. Eine Kostenentscheidung gemäß § 79a AVG war mangels eines darauf gerichteten Antrages der belangten Behörde nicht zu treffen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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