Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160843/11/Ki/Da

Linz, 10.11.2005

 

 

 

VwSen-160843/11/Ki/Da Linz, am 10. November 2005

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des W S, F, A, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F B, L, L, vom 15.9.2005, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 31.8.2005, VerkR96-1044-2005-BB, wegen einer Übertretung der StVO 1960 nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 9.11.2005 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 31.8.2005, VerkR96-1044-2005-BB, den Berufungswerber für schuldig befunden, er habe dem von einem Straßenaufsichtsorgan mittels Rotlicht des Anhaltestabes deutlich sichtbar gegebenen Zeichen zum Anhalten nicht Folge geleistet, weil die Fahrt ununterbrochen fortgesetzt wurde. Als Tatort wurde Gemeinde Feldkirchen an der Donau, B131 bei km 11.880, als Tatzeit der 6.3.2005, 01:20 Uhr festgestellt. Er habe dadurch § 97 Abs.5 StVO 1960 iVm § 99 Abs.3 lit.j StVO verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit.j StVO wurde eine Geldstrafe in Höhe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) verhängt.

 

I.2. Dagegen richtet sich die vorliegende mit Schriftsatz vom 15.9.2005 eingebrachte Berufung, es wird beantragt, der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als Berufungsbehörde wolle in Stattgebung der Berufung das angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung ersatzlos beheben.

 

Die Rechtfertigung des Berufungswerbers zielt im Wesentlichen dahin, dass er das Anhaltesignal nicht gesehen habe bzw. er zum Anhalten nicht verpflichtet gewesen wäre, weil er auf der B131 nach rechts Richtung St.Martin eingebogen sei.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung an Ort und Stelle am 9.11.2005. An dieser Verhandlung nahm der Berufungswerber im Beisein einer Rechtsvertreterin teil, als Zeugen wurden Herr M S sowie die Polizeibeamten RI S, RI S, BI S und GI L einvernommen. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat sich entschuldigt.

 

I.5. Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige der vormaligen Verkehrsabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Oö. vom 8.3.2005 zu Grunde. Darin wurde festgehalten, dass der Berufungswerber zur vorgeworfenen Tatzeit im Bereich des vorgeworfenen Tatortes dem von einem Straßenaufsichtsorgan mittels Rotlicht des Anhaltestabes deutlich sichtbar gegebenen Zeichen zum Anhalten nicht Folge geleistet habe, weil die Fahrt ununterbrochen fortgesetzt wurde.

 

Bei seiner Befragung im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung erklärte der Berufungswerber, er sei damals als Taxilenker mit einem Taxifahrzeug von Feldkirchen kommend in Richtung St.Martiner Straße unterwegs gewesen. Er habe einen Fahrgast transportiert. Im Bereich der Kreuzung B131 mit der St.Martiner Straße habe er rechtzeitig den Blinker betätigt, weil er eben beabsichtigt hat, nach rechts in die St.Martiner Straße einzubiegen. Er habe keine Gendarmeriebeamten und auch kein Anhaltesignal wahrgenommen. Er habe dann den Fahrgast an seinem Wohnort abgesetzt und als er den Fahrpreis kassierte, sei er vom Gendarmeriebeamten informiert bzw. befragt worden, warum er das Anhaltesignal missachtet habe.

 

Der damals als Fahrgast im Fahrzeug des Berufungswerbers sich befindliche M S hat bei seiner zeugenschaftlichen Aussage ausgeführt, dass er weder Gendarmeriebeamte noch ein Anhaltesignal wahrgenommen habe. Es sei ihm aufgefallen, dass am Vorplatz der Firma xx ein oder zwei Fahrzeuge gestanden seien. Auch vertrat er die Auffassung, dass der Fahrzeuglenker rechtzeitig den Blinker betätigt habe, wäre dies nicht der Fall gewesen, so wäre ihm das aufgefallen.

 

Die Gendarmeriebeamten bestätigten im Wesentlichen, dass sie im Bereich des vorgeworfenen Tatortes Verkehrskontrollen durchgeführt hätten, insbesondere RI S, welcher den Anhalteversuch bzw. die anschließende Amtshandlung durchgeführt hat, bestätigte, dass er bei der Annäherung des Fahrzeuges des Berufungswerbers ordnungsgemäße Signale mit dem Anhaltestab (MAG-LITE Lampe) gegeben hat. Der Fahrzeuglenker sei jedoch nach rechts in die St.Martiner Straße eingebogen und habe die Aufforderung missachtet. Er sei dann zusammen mit seinem Kollegen mit dem Dienstfahrzeug dem Fahrzeug nachgefahren und letztlich ist es zur Amtshandlung gekommen.

 

I.6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, durch deutlich sichtbare oder hörbare Zeichen Fahrzeuglenker zwecks Lenker- oder Fahrzeugkontrolle, zwecks anderer, den Fahrzeuglenker oder eine beförderte Person betreffende Amtshandlungen oder zwecks Durchführung von Verkehrserhebungen (wie Verkehrszählungen u.dgl.) zum Anhalten aufzufordern. Der Fahrzeuglenker hat der Aufforderung Folge zu leisten.

 

Wenn dies auch im angefochtenen Straferkenntnis im Schuldspruch nicht ausdrücklich angeführt wurde, geht der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich davon aus, dass Herrn S vorgeworfen wird, er habe als Lenker eines Fahrzeuges die entsprechende Anordnung nicht befolgt.

 

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass die Gendarmeriebeamten auf der B131 im Bereich der Firma xx, das ist unmittelbar nach der Kreuzung mit der St.Martiner Straße in Fahrtrichtung Aschach gesehen, Verkehrskontrollen durchgeführt haben und es besteht auch kein Zweifel dahingehend, dass RI S, wie er ausgesagt hat, deutlich sichtbare Anhaltezeichen gegeben hat.

 

Der Berufungswerber ist mit seinem Fahrzeug (Taxifahrzeug) auf der B131 Richtung Aschach unterwegs gewesen und er konnte glaubhaft versichern, dass er vorhatte, nach rechts in die St.Martiner Straße einzubiegen, um seinen Fahrgast, welcher in diesem Bereich wohnhaft ist, nach Hause zu bringen. Glaubhaft konnte er auch darlegen, dass er den Einbiegevorgang rechtzeitig angezeigt hat.

 

Ob Herr S letztlich die Signale des Meldungslegers bemerkt hat oder nicht, kann im vorliegenden Falle dahingestellt bleiben, zumal die Anordnung des § 97 Abs.5 StVO 1960 wohl nur so ausgelegt werden kann, dass ein am Meldungsleger vorbeifahrender Fahrzeuglenker das entsprechende Anhaltezeichen zu befolgen hat. Wenn, wie im gegenständlichen Falle, der Fahrzeuglenker, aus welchem Grunde immer, die Fahrtrichtung vorher ändert, kann ihm diese Verpflichtung nicht mehr auferlegt werden, eine derartige Verpflichtung würde nämlich dazu führen, dass der Fahrzeuglenker gezwungen wäre eine Art Umweg in Kauf nehmen zu müssen.

 

Außerdem vertritt die Berufungsbehörde die Auffassung, dass im Zuge der Annäherung zwar durchaus zu erkennen sein kann, dass irgendwelche Zeichen gegeben werden, ob es sich aber tatsächlich um ein Anhaltesignal iSd § 97 Abs.5 StVO handelt, kann grundsätzlich erst im Zuge der weiteren Annäherung festgestellt werden. Wenn nun, wie im vorliegenden Falle der Fahrzeuglenker schon vorher die Fahrtrichtung ändert, kann ihm auch nicht unterstellt werden, er habe ein konkretes Anhaltesignal auch nur in fahrlässiger Weise missachtet.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich verkennt nicht, dass durch die vorgenommene Auslegung des § 97 Abs.5 StVO 1960 Fahrzeuglenkern die Möglichkeit gegeben werden könnte, Verkehrskontrollen entsprechend auszuweichen, wobei im vorliegenden Falle festgestellt wird, dass der Berufungswerber glaubhaft darlegen konnte, dass er keinen Grund für eine derartige Maßnahme hatte, andererseits könnte durch gezielte Positionierung der Beamten einem derartigen Vorhaben ein Riegel vorgeschoben werden. Im konkreten Falle haben mehrere Beamte Verkehrskontrollen durchgeführt und es wäre wohl kein Problem gewesen, dass sich Beamte auch im Bereich vor der Einmündung St.Martiner Straße (in Fahrtrichtung Aschach gesehen) positioniert hätten. Dann wäre auch eine gesetzeskonforme Anhaltung des Berufungswerbers durchaus möglich gewesen.

 

Zusammenfassend stellt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich fest, dass im vorliegenden konkreten Falle der Berufungswerber nicht verpflichtet war, dem Anhaltesignal des Gendarmeriebeamten Folge zu leisten, zumal dieser den Standort des Beamten nicht passiert hat, sondern er bereits vorher zulässigerweise in die St.Martiner Straße eingebogen ist.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn u.a. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Wie bereits dargelegt wurde, bildet das Verhalten des Berufungswerbers im konkreten Falle keine Verwaltungsübertretung, in Stattgebung der Berufung war daher das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. K i s c h

 

 

Beschlagwortung: § 97 (5) StVO - Anhalteverpflichtung nur für Lenker von Fahrzeugen, die am anhaltenden Straßenaufsichtsorgan tatsächlich vorbeifahren; keine Anhalteverpflichtung, wenn Organ nach einer Kreuzung positioniert ist, der Lenker aber vor der Kreuzung einen zulässigen Abbiegevorgang vornimmt.

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