Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160860/5/Br/Wü

Linz, 12.10.2005

 

 

VwSen-160860/5/Br/Wü Linz, am 12. Oktober 2005

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung des Herrn G K, L,E, betreffend das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, vom 15. September 2005, Zl.: VerkR96-4251-2005, zu Recht:

 

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf 300 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 130 Stunden ermäßigt wird.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.

 

 

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demnach auf
30 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

 

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem oben angeführten Straferkenntnis wurde wider dem Berufungswerber wegen Lenkens eines Mopeds in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Atemalkoholgehalt 0,52 mg/l) eine Geldstrafe von 700 Euro und 240 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

 

1.1. Begründend wurde zur Strafzumessung die Unbescholtenheit des Berufungswerbers und dessen jugendliches Alter als strafmildernd gewertet. Zusammenfassend vermeinte die Behörde erster Instanz jedoch, dass "die von ihr verhängte Geldstrafe gerade noch als ausreichend erachtet werden konnte, den Berufungswerber im Interesse der Sicherheit im Straßenverkehr in Hinkunft von der Begehung derartiger Übertretungen abzuhalten."

 

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner als fristgerecht gegen das Strafausmaß gerichtet zu erachtenden - fälschlich jedoch als Strafnachlass bezeichnet - Berufung. Darin verweist er auf sein Einkommen in der Höhe von nur 370 Euro und diverse Verbindlichkeiten, welche ihm die Leistung dieses Strafausmaßes als unmöglich bzw. die Geldstrafe als zu hoch erscheinen lasse.

 

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung konnte hier unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z2 VStG).

 

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch niederschriftliche Befragung des Berufungswerbers hinsichtlich der Umstände zu seinem Berufungsvorbringen und des erklärten Rechtsmittelverzichtes durch seine Mutter. Letztere wurde zu den Umständen der Erlassung des Straferkenntnisses und der Umstände betreffend ein Vollmachtsverhältnis mit ihrem Sohn im Zusammenhang mit diesem Verfahren befragt.

 

 

4. Zum Sachverhalt:

Im Zusammenhang mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 8.9.2005 ersuchte der Berufungswerber seine Mutter (Frau H K) um Vorsprache bei der Behörde um für ihn die zu erwartende Geldstrafe wegen seiner Alkofahrt mit dem Moped in Erfahrung zu bringen.

Dieser wurde in der Folge offenbar das Straferkenntnis mit dem hier angefochtenen Strafausmaß ausgefolgt. Die Übernahme des Straferkenntnisses bestätigte sie mit ihrer Unterschrift. Gleichzeitig fand sich diesem Beihang auch noch ein in einer Schriftgröße von 8 bis 9 DPI gestalteter Rechtsmittelverzicht angeschlossen, welcher von der Mutter des Berufungswerbers unterschrieben wurde.

Ebenfalls dieser Aktenseite 8 angeschlossen findet sich ein Antrag auf Ratenzahlung zu je 7 Raten à 110 Euro.

Diese wurde per Teilzahlungsbescheid vom 16.9.2005 bewilligt.

Die Einschreiterin verfügte über keine Vollmacht zum Einschreiten und daher auch nicht für die Erklärung eines Rechtsmittelverzichtes. Dies legte der Berufungswerber im Rahmen seiner niederschriftlichen Erklärung am 10.10.2005 dar. Von seiner Mutter wurde dies im Rahmen einer fernmündlichen Mitteilung bestätigt (AV v. 11.10.2005 und FAX vom 12.10.2005).

 

 

4.1. Auf Grund der obigen Fakten kann davon ausgegangen werden, dass dem Berufungswerber noch am gleichen Tag das Straferkenntnis im Wege seiner Mutter zugegangen ist. Jedenfalls wurde von ihm die offenkundige Ausfolgung des Straferkenntnisses als Zustellung akzeptiert. Dies im Zusammenhang mit dem dagegen innerhalb der Rechtsmittelfrist an die Behörde gerichteten und am 29.9.2005 der Post zur Beförderung übergebenen Schreiben. Dieses ist wiederum in Verbindung mit den ergänzenden Angaben des Berufungswerbers im Zuge seiner Anhörung als eine gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung zu qualifizieren.

Der Berufungswerber hinterließ im Rahmen seiner Vorsprache einen soliden Eindruck. Er legte seine wirtschaftlichen Verhältnisse dar. Dabei schilderte er insbesondere seine beruflichen Perspektiven recht eindrucksvoll, wobei er sich in seinen Ansichten Geld anzusparen (Lebensversicherung, Bausparen) sehr zukunftsorientiert zeigte. Die Alkofahrt beteuerte er, wobei durchaus der Eindruck einer bei ihm zwischenzeitig eingetretenen vertieften Problemeinsicht betreffend Alkohol und Teilnahme am Straßenverkehr als Lenker gewonnen werden konnte.

 

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

 

5.1. Der gesetzliche Vertreter eines jugendlichen Beschuldigten hat das Recht, auch gegen den Willen des Beschuldigten zu dessen Gunsten Beweisanträge zu stellen und innerhalb der dem Beschuldigten offenstehenden Frist Rechtsmittel einzulegen, Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu stellen (§ 60 VStG).

Unzutreffend wäre aus dieser Bestimmung ein Recht des gesetzlichen Vertreters zu einem Rechtsmittelverzicht - auch gegen den Willen - des selbständig prozessfähigen Jugendlichen ableiten zu wollen. Ebenfalls ist der gesetzliche Vertreter nicht Partei des Verfahrens.

Gemäß § 59 Abs.1 VStG hat die Behörde, wenn sie es im Interesse eines jugendlichen Beschuldigten für notwendig oder zweckmäßig hält, seinen bekannten gesetzlichen Vertreter von der Einleitung des Strafverfahrens und dem Straferkenntnis zu benachrichtigen. Diese Rechte stehen dem gesetzlichen Vertreter im eigenen Namen und nicht als Vertreter des Minderjährigen zu (vgl. VwGH 8.2.1996, 94/18/0185, und vom 13.11.1996, 95/21/1231).

Es handelt sich hiebei um die Befugnis der subsidiären Wahrnehmung von Parteienrechten des Jugendlichen. Der minderjährige Beschuldigte über 14 Jahre ist demnach im Verwaltungsstrafverfahren selbst prozessfähig (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S 1123, mit Judikaturhinweisen). Daraus folgt, dass das angefochtene Straferkenntnis nicht durch die Zustellung (im Berufungsfall: Verkündung) an den gesetzlichen Vertreter vorerst nicht rechtswirksam wurde, sondern vielmehr der Zustellung an den Beschwerdeführer bedurfte. Hinweise darauf, dass die Mutter des Beschwerdeführers eine rechtsgeschäftliche Vertretungsbefugnis behauptet hätte, sind dem Akteninhalt nicht zu entnehmen bzw. ist laut Berufungswerber vielmehr das Gegenteil der Fall. Da die Behörde erster Instanz die Rechtslage hier offenbar verkannte, indem sie eine Zustellung an den Beschwerdeführer für entbehrlich erachtete, war die Berufung des jugendlichen Berufungswerbers trotz des Rechtsmittelverzichtes seiner gesetzlichen Vertreterin (Mutter) als zulässig zu erachten.

Der von seiner Mutter erklärte Rechtsmittelverzicht erweist sich demgegenüber als rechtswidrig und nichtig (VwGH 23.10.1998, 98/02/0015).

 

6. Zur Strafzumessung:

Grundlage für die Bemessung der Strafe ist gemäß § 19 VStG stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

6.1. § 20 VStG räumt der Behörde ungeachtet der Verwendung des Wortes "kann" kein Ermessen ein. Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, dann hat er einen Rechtsanspruch auf die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes. Die Behörde hat in diesem Falle der Strafbemessung einen

Strafrahmen

zu Grunde zu legen, dessen Untergrenze die Hälfte der (gesetzlichen) Mindeststrafe beträgt und ausgehend davon die Strafe innerhalb des solcherart (nach unten) geänderten Strafrahmens festzusetzen. Mit Blick darauf ist hier angesichts der Jugendlichkeit des Berufungswerbers zwingend von einem Strafrahmen ab 290,50 Euro auszugehen (VwGH 2.9.1992, 92/02/0150).

 

Der § 20 VStG lautet:

"Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, so kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden." Bei der Beurteilung der Frage des 'beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe' kommt es nicht auf die Zahl, sondern auf das Gewicht der Milderungsgründe an (VwGH 15.12.1989, 89/01/0100). Derart gewichtige Milderungsgründe können hier beim Berufungswerber neben dessen Unbescholtenheit, auch noch dessen Schuld- und Problemeinsichtigkeit und sein offenkundig ordentlicher Lebenswandel gewertet werden.

Die Strafzumessung innerhalb dieses sich aus der Anwendung des § 20 VStG ergebenden Strafrahmens ist - wie in den Fällen, in denen das außerordentliche Milderungsrecht nicht zur Anwendung gelangt - in das Ermessen der Behörde gestellt, das sie nach den Kriterien des § 19 VStG auszuüben hat (vgl. etwa die VwGH 31.1.1990, 89/03/0027, vom 21.5.1992, 92/09/0015 und vom 2.9.1992, 92/02/0150, sowie VwGH [verstSen] 25.3. 1980, Slg. Nr. 10077/A).

Wenn nun hier der Berufungswerber in der verkehrsarmen Zeit ein Moped in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand lenkte, blieb dadurch der Tatunwert doch hinter dem mit einer solchen Übertretung in aller Regel zu erwartenden Umfang deutlich zurück.

Aber auch die Einsichtigkeit des Jugendlichen lässt es hier als wahrscheinlich annehmen, bereits mit einer deutlich geringeren Strafe den Strafzweck erreichen zu können.

Mit Blick darauf ist es unerfindlich, dass die Behörde erster Instanz den Strafzweck "nur gerade noch" mit 700 Euro zu erreichen können glaubt.

Wenn der Berufungswerber als Lehrling nur über ein Fünftel eines Durchschnittseinkommens verfügt, spricht dies bei objektiver Betrachtung für eine Unterschreitung des gesetzlichen Strafrahmens bis zum gerundeten Mindestausmaß. Dies folgt auch durchaus der Logik der bei Durchschnittseinkommen für derartige Delikte verhängten Strafrahmen. Diese sind nämlich kaum höher als sie hier von der Behörde erster Instanz gegenüber dem Berufungswerber ausgesprochen wurde, wobei in Relation dazu bei einem Durchschnittseinkommen fast die Höchststrafe verhängt werden müsste.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

Beschlagwortung:

Jugendlicher § 20 VStG

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