Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160888/9/Ki/Jo

Linz, 06.12.2005

 

 

 

VwSen-160888/9/Ki/Jo Linz, am 6. Dezember 2005

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des A S, S, S, vom 17.10.2005, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 03.10.2005, VerkR96-3020-2004-Hof, wegen Übertretungen der StVO 1960 nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 01.12.2005 zu Recht erkannt:

 

 

I. Bezüglich Faktum 1 wird der Berufung Folge gegeben, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Bezüglich Faktum 2 wird die Berufung als unbegründet abgewiesen, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Bezüglich Faktum 1 entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Bezüglich Faktum 2 hat der Berufungswerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 10 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: §§ 64 und 65 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat den Berufungswerber mit Straferkenntnis vom 03.10.2005, VerkR96-3020-2004-Hof, für schuldig befunden, er habe am 05.09.2004 um 11.20 Uhr in Wels auf der A 25 bei Strkm. 13,5, Fahrtrichtung Linz, als Lenker des Kraftfahrzeuges, behördliches Kennzeichen
RO-, 1. ein Fahrzeug vorschriftswidrig rechts überholt, 2. auf einer Autobahn den Pannenstreifen befahren, obwohl dies nicht durch Verkehrszeichen oder Bodenmarkierungen angeordnet wurde. Er habe dadurch 1. § 15 Abs.1 StVO iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, 2. § 46 Abs.4 lit.d StVO iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurde bezüglich Faktum 1 eine Geldstrafe in Höhe von 70 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) und bezüglich Faktum 2 eine Geldstrafe in Höhe von 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 12 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

I.2. Gegen das Straferkenntnis hat der Berufungswerber mit Telefaxeingabe vom 17.10.2005 Berufung erhoben, es wurde bemängelt, dass er in das Video, welches den genannten Vorfall dokumentieren soll, nicht Einsicht nehmen konnte und er bestreitet, rechts überholt bzw. den Pannenstreifen einige hundert Meter benutzt zu haben.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 01.12.2005. An dieser Berufungsverhandlung nahmen der Berufungswerber sowie eine Vertreterin der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach teil. Als Zeugen wurden die Lebensgefährtin des Berufungswerbers, Frau S M, sowie die beiden Polizeibeamten, RI M T und Insp. D P, einvernommen.

 

I.5. Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige der vormaligen Verkehrsabteilung Außenstelle Haid des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich vom 07.09.2004 zu Grunde. Danach hat der Berufungswerber am 05.09.2004 um 11:20 Uhr bzw. 11:21 Uhr auf der A 25 in Fahrtrichtung Linz im Bereich des vorgeworfenen Tatortes ein anderes Fahrzeug rechts anstatt links überholt bzw. hat er auf der Autobahn den Pannenstreifen vorschriftswidrig befahren.

 

Bei einer zeugenschaftlichen Einvernahme im erstbehördlichen Ermittlungsverfahren gab RI. T am 23.12.2004 zu Protokoll, dass er und sein Kollege zum angeführten Zeitpunkt mit dem Zivilstreifenwagen unterwegs gewesen wären. Er habe beobachten können, dass der Angezeigte einige hundert Meter vor der Ausfahrt Wels-Nord vom rechten Fahrstreifen auf den Pannenstreifen gewechselt habe, dabei habe er die am rechten Fahrstreifen befindlichen Fahrzeuge überholt.

 

Insp. P wurde ebenfalls bereits im erstbehördlichen Verfahren zeugenschaftlich einvernommen. In der diesbezüglichen Niederschrift vom 21.01.2005 ist ausgeführt, dass er am besagten Tag als Beifahrer mit Herrn T auf der angeführten Strecke unterwegs gewesen sei. Dabei habe er eindeutig feststellen können, dass der Beschuldigte mindestens 100 m vor der Ausfahrt Wels-Nord vom rechten Fahrstreifen auf den Pannenstreifen wechselte und in der Folge die auf dem rechten Fahrstreifen befindlichen Fahrzeuge überholt habe.

 

Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung bestritt der Berufungswerber grundsätzlich die Tatvorwürfe, er gestand lediglich ein, im Zuge der Ausfahrt ein kurzes Stück des Pannenstreifens benutzt zu haben und vermeint, dass die Meldungsleger wegen am rechten Fahrstreifen fahrender Anhängewagen ein allfälliges Befahren des Pannenstreifens durch den Beschuldigten hätten nicht sehen können. Weiters führt der Berufungswerber aus, dass das Dienstfahrzeug der Gendarmeriebeamten vor ihm in die Ausfahrt eingefahren wären.

 

Die Beifahrerin des Berufungswerbers, Frau M, gab bei ihrer zeugenschaftlichen Befragung zu Protokoll, dass sie damals gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten auf der Welser Autobahn Richtung Attersee gefahren sei. Sie hätten sich zunächst verfahren und hätten dann bei der gegenständlichen Ausfahrt wieder abfahren wollen. Ihr Lebensgefährte sei zunächst auf dem rechten Fahrstreifen der Autobahn gefahren, ein vor ihnen fahrender Pkw-Lenker habe auf den linken Fahrstreifen gewechselt und es wären dann mehrere 100 m freie Fahrt nach vorne gewesen. Weiter vorne sei in einiger Entfernung ein Fahrzeug mit einem glaublich Pferdewagenanhänger oder Wohnwagenanhänger gefahren und sie wären dann über die Abfahrt nach rechts abgefahren. Welche Fahrlinie ihr Lebensgefährte eingehalten hat, das könne sie nicht sagen, am linken Fahrstreifen sei eine Kolonne unterwegs gewesen. Als sie sich bereits auf der Abfahrt befunden hätten, sei vor ihnen ein Pkw ebenfalls auf die Abfahrt eingebogen, der Lenker dieses Fahrzeuges habe dann zu erkennen gegeben, dass es sich um eine Gendarmeriestreife gehandelt habe. Die Amtshandlung habe sie nur teilweise mitbekommen.

 

RI. T erklärte zunächst bei seiner Einvernahme, dass das betreffende Videoband nicht mehr zur Verfügung stehe. Ausdrücklich wies er jedoch darauf hin, dass man auf dem Videoband das Befahren des Pannenstreifens nicht hätte erkennen können. Es habe zum Vorfallszeitpunkt reges Verkehrsaufkommen geherrscht, am rechten Fahrstreifen habe sich zu diesem Zeitpunkt ein Pkw befunden, welcher glaublich einen Pferdeanhänger gezogen hätte. Der Übertreter habe unmittelbar hinter dem Pferdeanhänger auf den Pannenstreifen gewechselt und sei über eine Strecke von etwa 100 m auf dem Pannenstreifen zur Ausfahrt Wels-Terminal gefahren. Da der erwähnte Anhänger einen höheren Aufbau aufgewiesen habe, sei das Befahren des Pannenstreifens nicht durch das Videogerät dokumentierbar gewesen. Entgegen dem Vorbringen des Berufungswerbers führte der Zeuge jedoch aus, dass er mit seinem Dienstfahrzeug nach dem Fahrzeug des Berufungswerbers in die Ausfahrt eingefahren ist.

 

Bezüglich des Vorwurfes des Rechtsüberholens führte der Zeuge aus, dass er das vorgeworfene Rechtsüberholen durch Blick in den Rückspiegel habe wahrnehmen können, der Vorgang habe sich etwa einen halben Kilometer vor dem Befahren des Pannenstreifens abgespielt.

 

Insp. P bestätigte im Wesentlichen die Aussagen seines Kollegen, bezüglich des Rechtsüberholens konnte er jedoch keine Angabe machen.

 

In freier Beweiswürdigung stellt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich fest, dass grundsätzlich die Angaben der Gendarmeriebeamten der Entscheidung zu Grunde gelegt werden können. Es ist zu berücksichtigen, dass sie als Zeugen zur Wahrheit verpflichtet waren und überdies eine falsche Aussage für sie sowohl dienst- als auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen würde. Auch muss von im Rahmen der Verkehrsüberwachung tätigen Gendarmeriebeamten erwartet werden, dass sie in der Lage sind einen entsprechenden Sachverhalt zu beurteilen. Dass im gegenständlichen Falle das Videoband nicht mehr zur Verfügung steht, schadet nicht, der Meldungsleger selbst hat ausgeführt, dass der Vorgang des Befahrens des Pannenstreifens wegen des Anhängewagens nicht dokumentiert werden konnte. Ob letztlich die Gendarmeriebeamten vor oder nach dem Berufungswerber auf die Auffahrt eingefahren sind, ist nicht verfahrensrelevant.

 

Die Lebensgefährtin des Beschuldigten konnte schon deshalb keinen wesentlichen Beitrag zur Sachverhaltsfeststellung leisten, zumal sie ausgeführt hat, dass sie nicht sagen könne, welche Fahrlinie ihr Lebensgefährte eingehalten hat.

 

Der Berufungswerber selbst konnte sich in jede Richtung verteidigen, dieser Umstand darf zwar nicht schlechthin gegen ihn gewertet werden, im vorliegenden Falle ist es ihm jedoch, jedenfalls was das Befahren des Pannenstreifens anbelangt, nicht gelungen, den Angaben der Gendarmeriebeamten entgegen zu treten. Es mag durchaus zutreffen, dass er subjektiv vermeint, nur eine kurze Strecke des Pannenstreifens befahren zu haben, tatsächlich ist jedoch hervorgekommen, dass er den Pannenstreifen zumindest über eine Strecke von 100 m benutzt hat.

 

I.6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

I.6.1. Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

 

Dazu wird festgestellt, dass im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz in dubio pro reo (im Zweifel für den Beschuldigten) anzuwenden ist, wonach dann, wenn dem Beschuldigten die Tat nicht mit einer zur Bestrafung führenden Sicherheit trotz Aufnahme aller Beweise vorgeworfen werden kann, eine Einstellung des Verfahrens zu verfügen ist.

 

Im gegenständlichen Falle hat der Meldungsleger zunächst in der Anzeige und auch in seinen weiteren Aussagen im erstbehördlichen Verfahren lediglich ausgeführt, der Beschuldigte habe am Pannenstreifen rechts Fahrzeuge überholt, während nunmehr in der mündlichen Berufungsverhandlung ausgesagt wurde, der Vorfall hätte sich schon ca. einen halben Kilometer zuvor derart ereignet, dass der Beschuldigte am rechten Fahrstreifen fahrend am linken Fahrstreifen fahrende Fahrzeuge überholt hätte. Dies hätte der Beamte (T) durch Blick in den Rückspiegel feststellen können. Der zweite Gendarmeriebeamte konnte diesen Vorfall überhaupt nicht feststellen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vermeint, dass in Gesamtschau des zu beurteilenden Sachverhaltes dieser nicht mehr mit einer zur Bestrafung führenden Sicherheit nachvollziehbar ist, weshalb in diesem Punkt der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

I.6.2. Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer unter anderem als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes verstößt.

 

Gemäß § 46 Abs.4 lit.d StVO 1960 ist auf der Autobahn verboten den Pannenstreifen zu befahren, ausgenommen mit Fahrzeugen des Straßendienstes, der Straßenaufsicht oder des Pannendienstes, im Zuge des Beschleunigens zum Zwecke des Wiedereinordnens in den fließenden Verkehr und sofern sich nicht aus Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen etwas anderes ergibt.

 

Diesbezüglich hat das durchgeführte Ermittlungsverfahren ergeben, dass der Beschuldigte den ihm zur Last gelegten Sachverhalt in objektiver Hinsicht verwirklicht hat und es sind auch keine Umstände hervorgekommen, welche ihn im Bereich der subjektiven Tatseite entlasten würden. Der Schuldspruch ist daher zu Recht ergangen.

 

Was die Straffestsetzung ( § 19 VStG) anbelangt, so hat die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe festgestellt, bezüglich Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurde ein monatliches Einkommen von 500 Euro, Sorgepflicht für ein Kind sowie Betreiben einer Landwirtschaft zu Grunde gelegt.

 

Unter Hinweis, dass der Berufungswerber nicht verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist, erachtet auch der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass im vorliegenden Falle keine Milderungsgründe vorliegen, die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden nicht bestritten.

 

Unter Berücksichtigung des gesetzlich vorgegebenen Strafrahmens vertritt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich die Auffassung, dass die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach bei der Straffestsetzung vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat, zu berücksichtigen waren auch generalpräventive Überlegungen dahingehend, die Allgemeinheit zur Einhaltung der entsprechenden Rechtsvorschriften zu sensibilisieren und spezialpräventive Überlegungen, den Berufungswerber vor der Begehung weiterer gleichartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten, weshalb eine Herabsetzung sowohl der Geld- als auch der Ersatzfreiheitsstrafe hinsichtlich Faktum 2 nicht in Erwägung gezogen werden kann.

 

Zusammenfassend wird festgestellt, dass der Berufungswerber hinsichtlich Faktum 2 weder bezüglich Schuldspruch noch bezüglich Strafbemessung in seinen Rechten verletzt wurde, in diesem Punkt war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen.

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. K i s c h

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